Heart of the Deal

 
  • Original-Titel: Heart of the Deal
  •  
  • Regie: Marina Levikova, Yuri Newman
  • Land: USA
  • Jahr: 1990
  • Darsteller:

    Ruben Blades (Graham), Lisa Blades (Beth), Vincent Spano (Bryce), James Karen


Vorwort

Graham, der sein brotloses Hobby der Kunstphotographie an den Nagel hängen musste, und seine Miete nunmehr mit Finanzberatungsdienstleistungen verdient, hat eines schönen Nachmittags Besuch von ungewöhnlichen Klienten. Die wollen nämlich keine Anlagetipps von ihm, sondern ihm selbst ein verlockendes Angebot überbringen: Ihr Auftraggeber benötigt für seine dreizehnjährige Tochter dringend ein Spenderherz und seine extensiven Recherchen haben ergeben, dass nur die olle Pumpe in der Brust von Grahams Eheweib Beth geeignetes Material wäre. Für nichts mehr als die schnöde Erlaubnis, sein Frauchen umzubringen, bietet man Graham einen schlichtweg obszönen Geldbetrag. Graham ziert sich begreiflicherweise aus moralisch-ethischen Gründen, den Vertrag zu unterschreiben, doch so, wie die beiden Besucher ihm verdeutlichen, wie sehr doch Beth sein Leben ruiniert hat, bilden sich Risse in seiner anfänglich unverrückbar ablehnenden Entscheidung…


Inhalt

Um wieder in meinen gewohnten Review-Rhythmus zu kommen, ist heute mal wieder ein Kurzfilm aus der „Cinema-Collection“-Sammlung fällig, der wir schon das eine oder andere mehr (12:01 PM) bzw. weniger (Fifteenth Phase of the Moon) erfreuliche Seherlebnis verdanken.

„Heart of the Deal“ ist ein Kurzwerk von Leuten, die man nicht kennen muss und für die der Kurzfilm-Showcase auch kein Startschuss zur großen Regiekarriere sein sollte – Yuri Neyman arbeitet hin und wieder als Kameramann für Indie-Produktionen, Marina Levikova hat ihr Glück als Hintergrundzeichnerin für Zeichentrickfilmprojekte gefunden. Mit ihrem einzigen Regiewerk versucht sich das Duo an einer Art filmischen Gedankenexperiment – wo liegt die Hemmschwelle, ab der man bereit ist, einen nahestehenden Menschen – vorgeblich zum Wohl eines Dritten – zum Tode zu verurteilen?

Normalerweise eine Frage, über die man (hoffentlich) gar nicht erst nachdenkt und die natürlich nie und nimmer im realen Leben so funktionieren würde (okay, Bill Gates könnte sich vielleicht leisten, so eine Aktion zu veranstalten und erfolgreich zu decken), aber eine nicht uninteressante theoretische Aufgabenstellung (Richard Kelly beackert ja ähnliches Terrain mit seinem kommenden „The Box“ in einer etwas allgemeiner gefassten, dafür aber streng phantastischen Prämisse). Wenn Bryce und sein Kollege als „advocati diaboli“ (ich hielt es eine Weile übrigens in der Tat für möglich, dass die beiden Gesellen tatsächlich Sendboten des Gottseibeiuns sein könnten, da sie ihren Auftraggeber nie explizit identifizieren) den armen Graham in die Mangel nehmen und ihm immer mehr anscheinend völlig rationale Gründe liefern, warum er doch bitteschön dem Handel zustimmen sollte und von den bloßen monetären Erwägungen über sein angeblich von Beth verpfuschtes Leben (sie hat ihn dazu gedrängt, die Photographierei zugunsten eines echten Jobs aufzugeben, liegt ihm auf der Tasche und ist dann noch nicht mal in der Lage, den gewünschten Stammhalter zu gebären, oder, wie es Bryce ausdrückt: „She took so much from you, isn’t it time to take something *back*?“) bis hin zu philanthropischen Erwägungen, wie viel Gutes er mit der (noch mal deutlich aufgestockten) Geldprämie doch tun könnte, ist es auf eine bösartige Weise durchaus unterhaltsam, dabei zuzusehen, wie Graham sich windet und vor sich selbst eine Rechtfertigung sucht, seine ursprünglich strikte Ablehnung des Angebots aufzuweichen.

Die Dialoge sind passabel, der strukturelle Kunstgriff, die komplette Story in einem Set, einer Szene und in Echtzeit abzuspielen, die richtige Herangehensweise für eine pointierte Kurzgeschichte, denn natürlich ist auch „Heart of the Deal“ auf eine böse Schlusspointe hin konstruiert (EXTREME SPOILER: Nachdem Graham endlich den Vertrag unterzeichnet hat, stellt sich heraus, dass Bryce & Kollege das Angebot eigentlich *seiner Frau* für *sein Herz* gemacht haben, und die als Bedingung für ihre Zustimmung gestellt hat, dass er einen solchen Vertrag für ihr Herz unterschreibt…).

Filmisch lösen Neyman und Levikova die Aufgabe in Form eines stark film-noir-geprägten Kammerspiels – die Idee, die Diskussion quasi als eine Verhörsituation zu gestalten und den mysteriösen Klienten eine Art „bad cop/good cop“-Rolle zuzuweisen, ist durchaus gelungen, und die noirshen Mittel, diese Situation auch durch Beleuchtung, Licht- und Schattenspiele und Positionierung der Charaktere im Set abzubilden, sind größtenteils gefällig. Allerdings können auch die hiesigen Jungregisseure der Versuchung nicht widerstehen, ab und zu mal selbstgefällig „Kunst“ um der Kunst Willen einzubauen – da wird dann mal unnötigerweise mit der Handkamera (wacklig) gewerkelt, da müssen sie uns beweisen, dass sie auch mal expressionistisches Kino gesehen haben und Schattenspiele betreiben können, oder, Jess Franco wär’ hin und weg, mal in einen Spiegel zu filmen. Unnötiger „künstlerischer“ Tinnef, denn die Storyidee ist kraftvoll und intellektuell genug, um auch ohne derartige Mätzchen zu funktionieren, und auch die Schauspieler, auf die gleich noch einzugehen sein wird, haben’s nicht nötig, dass man ihre Leistungen mit „Taschenspielertricks“ hintergeht. Aber zum Glück halt sich die Gimmickheischerei in Grenzen, größtenteils überlassen die Regisseure doch ihrer Geschichte und ihrem hochkarätigen Ensemble die Bühne.

Und es ist schon ein beachtlicher Cast, der sich für diesen kleinen Kurzfilm zusammengefunden hat. Der panamaische Latin-Musiker (und Grammy-Gewinner), Schauspieler und Politiker Ruben Bladés ist ironischerweise als Graham noch der „schwächste“ Darsteller, denn trotz seines durchaus erfolgreichen Bestrebens, seine Figur einerseits so sympathisch erscheinen zu lassen, um gewisses Verständnis für sein Dilemma entwickeln zu können, andererseits aber auch nicht SO sympathisch, um die Schlusspointe nicht mit einem bissigen „recht so, hähä“ quittieren zu können, ist er mir zu wenig präsent, was aber natürlich auch daran liegt, dass er stets derjenige ist, der auf die Einflüsterungen reagiert und keine eigene Initiative entfalten kann.
Linda Bladés – da vermute ich fast, dass ist Rubens real-life-Weib – begnügt sich mit einem kleinen, kaum zu beurteilenden Auftritt. Die beiden ominösen Klienten ergänzen sich perfekt – Veteran James Karen (Hercules in New York, „Poltergeist“, „Return of the Living Dead“, „Wall Street“) als sachlich-väterlicher Typ und Vincent Spano („Rumble Fish“, „High Frequency“, „Alive“) als der emotional-aufdringliche Kontrapunkt liefern ausgezeichnete Leistungen ab.

Bildqualität: Wie üblich ist die Qualität des von Pinewood in der „Cinema Collection“ gelieferten Vollbildtransfers mittelprächtig – Schärfe und Kontrast gehen in Ordnung, reißen aber keine Bäume aus, Verschmutzungen und Defekte sind minimal, einen heftigen Mastering-Fehler, bei dem mal kurz das ganze Bild seitlich wegrutscht, darf man aber nicht verschweigen.

Tonqualität: Passabler Dolby-Digital-2.0-Ton (english only), kein Ausbund an Dynamik, leichtes Grundrauschen, aber gut verständlich.

Extras: –

Fazit: „Heart of the Deal“ reiht sich ziemlich genau mittig zwischen „12:01 PM“ und „Fifteenth Phase of the Moon“ ein – es ist ein Kurzfilm mit einer hübschen inhaltlichen Idee, einer erkennbaren Vision der künstlerischen Gestaltung und gut aufgelegten Darstellern, aber von beschränkter rewatchability; hat man den Film einmal gesehen, fallen mir zumindest keine besonders guten Gründe ein, dieses Erlebnis zu wiederholen. Als Bestandteil eines Kurzfilmabends im Stile der „Shocking Shorts“ kommt der Streifen dank seiner Pointe ganz gut, aber aktiv danach auf die Suche gehen würde ich nicht.

3/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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