
- Deutscher Titel: Harry Potter und der Orden des Phoenix
- Original-Titel: Harry Potter and the Order of the Phoenix
- Regie: David Yates
- Land: Großbritannien/USA
- Jahr: 2007
- Darsteller:
Daniel Radcliffe (Harry Potter), Rupert Grint (Ron Weasley), Emma Watson (Hermoine Granger), Michael Gambon (Dumbledore), Gary Oldman (Sirius Black), Imelda Stauton (Dolores Umbridge), Ralph Fiennes (Lord Voldemort), Jason Isaacs (Lucius Malfoy), Alan Rickman (Severus Snape), Helena Bonhame Carter (Bellatrix Lestrange), Robbie Coltrane (Hagrid), Robert Hardy (Cornelius Fudge)
Vorwort
HERE MAY BE SPOILERS.
Angeschlagen davon, den Tod Cedrics von der Hand Lord Voldemorts nicht verhindert haben zu können, verbringt Harry erneut die Sommerferien in der Welt der Muggel bei seinen Pflegeeltern – bis er und Dudley eines sonnigen Tages überraschend von Dementoren angegriffen werden. Nur durch einen verzweifelten und verbotenen „Patronas“-Zauber gelingt es ihm, die Dementoren zu besiegen. Doch dem Zauberministerium ist sein magischer Einsatz ein Dorn im Auge. Dumbledore gelingt es zwar, den zunächst ausgesprochenen Schulverweis aufzuheben und in einem Tribunal werden die Vorwürfe gegen Harry niedergeschlagen, doch eins ist klar – so wenig die Dementoren zufällig auftauchten, so wenig ist Zauberoberminister Fudge daran interssiert, die Wahrheit über Voldemorts Rückkehr zu akzeptieren. Harry und Dumbledore sehen sich in der Folge einer Diffamierungskampagne ausgesetzt; während Dumbledore, Sirius Black und einige andere versuchen, mittels der Geheimorganisation „Orden des Phönix“ eine Armee gegen Voldemort aufzubauen, schickt das Ministerium mit Dolores Umbridge eine Aufpasserin nach Hogwarts. Umbridge errichtet in der Zauberschule ein Schreckensregiment aus Disziplin und Theorie [die Worte verstehe ich, der Inhalt jedoch ist auf Enigma-Level 5… – der Lektor]. Auf Hermoines und Rons Drängen willigt Harry, gepeinigt von Alpträumen über Voldemort, die eine psychische Verbindung zwischen dem Jungzauberer und dem dunklen Lord nahelegen, ein, die Schüler heimlich in praktischer Magie zu unterrichten. Umbridge sägt Dumbledore als Schulleiter ab, nachdem Harrys geheime „Dumbeldore-Armee“ auffliegt. Durch seinen psychischen Link kann Harry einen Mordanschlag auf Papa Weasley aufdecken, doch dann packt Voldemort Harry an seiner empfindlichsten Stelle – Sirius Black…
Inhalt
Ich habe mich lange, sehr lange, mit Zähnen und Klauen gegen Harry Potter gewährt. „Potter-freie Zone“ war ein Banner, dass ich mit gewissem Stolz vor mir her trug, man muss ja nicht jeden Hype mitmachen. Wenn man allerdings mit einer Potter-Fanin liiert ist, lässt sich das nicht wirklich aufrecht erhalten. Ich wurde im Crashkurs durch die ersten vier Filme gejagt (wobei ich alle ganz okay fand und den „Gefangenen von Askaban“ zum Highlight erkläre [Zu Recht. – der Lektor]) und folgerichtig bereits am ersten Wochenende in den „Orden des Phönix“ mitgeschleift (jaja, es war schon recht freiwillig, man will ja dann doch wissen, wie’s weitergeht, aber auf die Bücher hab ich immer noch keine Lust).
Aber durch meine Einstellung zum Franchise betrachte ich mich immerhin als hinreichend qualifiziert, eine halbwegs objektive Meinung zum Film abgeben zu können – ich bin weder Fanboy der einen („oh, Potter, alles geil“) noch der anderen („die haben einen Absatz auf Seite 385 mitte ausgelassen“) Sorte und kann mich auf die filmisch-erzählerischen Qualitäten des Films konzentrieren. Und so bleibt mir das Resümee, dass „Orden des Phönix“ auch innerhalb des Potter-Kanons eine milde Enttäuschung darstellt.
Gut, dass Neulinge im Potter-Kosmos auf der Strecke bleiben, weil Vorkenntnisse der bisherigen vier Filme zwingend vorausgesetzt werden, ist mir Schnuppe. Auf die Idee, auf Verdacht in den fünften Film einer siebenteiligen Serie einzusteigen, wird ja kein normaler Mensch kommen. Womit ich schon eher ein Problem habe, sind gravierende Plotholes (woher, zum Geier, kommen nun eigentlich die Dementoren zu Beginn? Nur ein Beispiel, aber auch die Frage, warum die Prophezeihung, das eigentilche MacGuffin des Plots, so wichtig ist, darf man sich stellen – wenn man sie denn hört, fragt man sich schon, was daran für Voldemort so existentiell wichtig ist, dass er es sich nicht schon hätte vorher ausrechnen können) – das dürfte schon an Kürzungen der Vorlage liegen (dafür wurde, wenn man den Potter-Anbetern glaubt, einiges NEU und eher überflüssig in den Film geschrieben worden sein), aber es macht den Streifen für Nicht-Leser extrem unübersichtlich (dem Film nicht geholfen wird durch einen sehr konfusen Schnitt, der sehr oft nicht deutlich macht, ob eine Szene jetzt eine Traumsequenz oder „Realität“ ist). Die Entscheidung, aus dem bislang umfangreichsten Buch den bislang kürzesten Film zu machen, wirkt angesichts der sehr sprunghaften und uneinheitlichen Erzählweise unglücklich, andererseits ist der „Orden des Phönix“ auch in seiner 138-Minuten-Fassung schon zähflüssig und langamtig genug. Nach der zugegeben sehr coolen Dementoren-Szene zu Beginn verliert sich der Film gefühlt stundenlang in „Innenpolitik“ des Zauberministeriums – statt mit Magie darf sich der Zuschauer mit Bürokratie auseinandersetzen und obwohl Imelda Staunton eine ausgezeichnete Performance als Alptraum-50er-Jahre-Lehrerin als Dolores Umbridge bietet, zieht sich der Film in den (leider überwiegenden) Sequenzen um ihren Disziplin-Fanatismus mächtig auf dem Niveau einer x-beliebigen High-School-Klamotte. Erst im Schlussakt kommt die Geschichte ordentlich in die Puschen (allerdings so sehr, dass es schon fast gehetzt wirkt. Harry und seine Freunde dringen schon lächerlich einfach in die Halle der Prophezeihungen ein. Man könnte meinen, sowas würde doch etwas, naja, konsequenter bewacht und im Buch ist es wohl auch so).
Ich denke, die „Schuld“ daran, dass „Orden des Phönix“ (der titelgebende Orden spielt übrigens nahezu keine Rolle im Film, ebenso wie beinahe alle Figuren neben Harry zu Randfiguren degradiert werden – seien es die Mitglieder des Lehrerkollegiums von Moody, McGonagall, Trelawny bis Snape und Hagrid, Ron, Hermoine, Draco und auch Cho Chang [etwas ironisch ob des Gedöns um die Kussszene zwischen ihr und Harry], sie alle kommen kaum vor, ihre Auftritte, teilweise mit zwei-drei Lines sind mehr face-dropping denn integraler Bestandteil des Plots) so „disjointed“ wirkt, kann man zwischen Drehbuchautor und Regisseur aufteilen. Michael Goldenberg (Screenplays für „Contact“ und den 2003er-„Peter Pan“) scheitert ersichtlich daran, aus der komplexen Vorlage ein rundes, schlüssiges Drehbuch zu stricken und David Yates (als zumeist im Briten-TV beschäftigter Director auch eine eher zweifelhafte Wahl für eine solche Multimillionen-Blockbuster-Geschichte, was die Produzenten nicht daran hinderte, ihn auch für „Half-Blood Prince“ zu engagieren) kann daraus auch keinen wirklich packenden Film werkeln. Trotz over-editing in den Flashback-/Traumszenen injiziert er der trägen Auftaktphase keinen Drive, trotz des düstereren Looks (und dem weitgehenden Verzicht auf Humor) stellt sich nicht wirklich die gewünschte Bedrohlichkeit ein. Wie schon einige US-Kritiker anmerkten, wirkt „Orden des Phönix“ wie der Anlauf zu „Größerem“, ein Zwischenspiel, dass der ganzen Saga wenig neue Aspekte hinzuführt, eine gewisse lässliche Routine ausstrahlt und insgesamt wenig Faszination und „sense of wonder“ entwickelt (und abgesehen davon ist der Streifen manchmal richtig schlampert. Harrys Narbe kommt und geht nach Belieben).
Die Effekte sind, wenn sie denn kommen, zweifellos großartig (wobei mich die neue Figur des Grawp nicht vom Hocker gehauen hat, auch wenn der Riese mit völlig neuartiger Technologie kreiiert wurde), und der Showdown zwischen Dumbledore und Voldemort ist wirklich „a sight to behold“, aber es ist zu wenig, zu spät, um den Film über das Niveau guten Durchschnitts hieven zu können.
Schauspielerisch muss Radcliffe den Film weitgehend im Alleingang tragen – seine Performance scheint den Reaktionen nach eine „love it or hate it“-Angelegenheit zu sein. Sein Harry wirkt zuweilen tatsächlich etwas dämlich, aber ich schätze, das ist weniger Radcliffes Schuld aufgrund mangelnden Talents, sondern eher Yates‘ Unfähigkeit, den Jungschauspieler zu führen (das mache ich daran fest, dass auch Emma Watson als Hermoine mit dem wenigen an Material, das sie hat, nicht viel anstellt). Von den Jungstars fahren Rupert Grint, Neuzugang Evanna Lynch (als Luna) und Matthew Lewis (als Neville) am besten, die Erwachsenenrollen leiden darunter, dass kaum jemand wirklich etwas zu *spielen* hat. Gary Oldman KANN bekanntlich nicht schlecht sein, selbst, wenn er wollte und stiehlt jede Szene (um so bedauerlicher, dass er, unerwartete Ereignisse in Band 7 nonwithstanding, nicht mehr mitmischen können wird), Michael Gambon kommt als Dumbledore langsam in Fahrt und Imelda Staunton ist, wie gesagt, eine Schau als Umbridge, aber Alan Rickman, Robbie Coltrane und Jason Isaacs verkommen zu Stichwortgebern.
Ich denke, es ist exemplarisch, dass der Film vom (nicht ausverkauften) Kino am vierten Spieltag eher apathisch aufgenommen wurde (Szenenapplaus gab’s nur für Minister Fudges Bemerkung nach dem Showdown, Voldemort sei zurück). Man wird beobachten müssen, ob dieser eher mediokre Eintrag ins Potter-Franchise dem sechsten Film schaden wird (da Band 6 eh von einem ziemlich großen Fan-Anteil als schwächstes Buch gehandelt wird) – im „Orden des Phönix“ passiert einfach zu wenig, der Filmt treibt die große, übergreifende Story kaum voran und leidet insgesamt an einer schmalbrüstigen, unübersichtlichen und langwierigen Dramaturgie. Potter-Fans müssen natürlich reingehen, aber zu Begeisterungsstürmen riß er in der von mir bezeugten Vorstellung niemanden hin…
3/5
(c) 2007 Dr. Acula