Hard to Fight

 
  • Deutscher Titel: Hard to Fight
  • Original-Titel: Clementine
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  • Regie: Du-Yeong Kim
  • Land: Südkorea
  • Jahr: 2004
  • Darsteller:

    Dong-Jun Lee (Kim), Steven Seagal (Jack Miller), Hye-Ri Kim, Seo-Woo Eun, Ju-Bong Gi, Ho Lim, Hyeok-Pil Lim


Vorwort

Es läuft nicht gut für den koreanischen Tae-Kwon-Do-Fighter Kim – während er im fernen Amiland durch eine umstrittene Kampfrichterentscheidung seinen Weltmeistertitel an den arroganten Ami Jack Miller verliert, reicht seine Angebetete im heimischen Korea bei der Geburt der gemeinsamen Tochter Clementine den Löffel. Nachdem Kim sich eine Weile mit Cagefights über Wasser hält, schlägt er eine neue Karriere als Cop ein, zwar von den Ergebnissen her durchaus erfolgreich, aber auch mit einer langen Latte an Anzeigen wegen unnötiger Gewaltanwendung am Gürtel – letzteres hat sich auch auf Clementine vererbt, die im zarten Alter von sieben Jahren fröhlich ihre Mitschüler vermöbelt, wenn die ihr dumm kommen. Eine Fehde mit den Handlangern des vermuteten Gangsterbosses Chol kostet Kim den Job. Perspektivlos geht er auf Chols Angebot ein, für ihn in illegalen Cagefights, bei denen hohe Summen gewettet werden, anzutreten. Dieweil freundet sich Clementine mit einer Polizistin/Psychologin/Staatsanwältin (ich weiß echt nicht so wirklich, WAS genau die beruflich treibt), die rein zufälligerweise die Verlobte eines jungen Untersuchungsrichters ist, der versucht, Kim als Spitzel zu gewinnen, um Chols kriminelles Imperium zu infiltrieren. Als Kim Clementines neue Freundin erstmals trifft, ist die Überraschung perfekt – es ist… ihre Mutter! Der hatte man seinerzeit im Krankenhaus erzählt, ihr Kind sei gestorben und Kim wiederum den Bären aufgebunden, sie wäre dahingeschieden (weil man ärzteseitig davon ausging, sie würde schwächebedingt nicht überleben… auf die Idee käme nicht mal Dr. House). Mama hätte ihr Kind jetzt gern zurück, davon will Kim aber nichts wissen, dieweil Clementine die Andrea-Jürgens-erprobte „und-dabei-liebe-ich-euch-beide“-Routine anbringt. Dramatische Zuspitzung – amerikanische Promoter wünschen sich einen Rückkampf gegen Jack Miller, und damit Kim auch, wie’s dem Management des Cagefight-Champs so gefallen würde, programmgemäß verliert, wird Clementine entführt…


Inhalt

Heidewitzka. Was uns clevere Marketingstrategen rund um den Globus als Actionhammer von und mit Steven Seagal verkaufen wollen, entpuppt sich (was allerdings auch kein großes Geheimnis ist), als biederes koreanisches Familienmelodram mit einer Handvoll eingestreuten Prügel- und Copthriller-Elementen, in dem „man with 1000 faces“ Seagal, wohl aus Gefälligkeitsgründen, nicht mehr als einen extended cameo absolviert.

Nun ist es an sich kein Verbrechen seitens der koreanischen Filmemacher, Familienmelodramen zu drehen (auch wenn Regisseur Du-Yeong Kim abgesehen von diesem Streifen nur die dem Vernehmen nach geschmacklose – und unlustige – Actionkomödie „Live or Die“ auf dem Kerbholz hat) – für die Vermarktung als Seagal-Holzer kann der Film an sich ja nichts -, es sollten dann halt nach Möglichkeit wenigstens einigermaßen GUTE zu sein. Und „Clementine“ ist zweifellos das abstrus-konstruierteste Melodram diesseits einer schlechten Telenovela. Kucken wir uns exemplarisch die Ausgangssituation, aus der alle Komplikationen resultieren, an. Eine Ärztin entscheidet, weil sie GLAUBT, die Mutter könnte die Geburt nicht überleben und den Vater nicht erreichen kann, das Baby ins Waisenhaus zu geben und, als sich herausstellt, dass die Prognose etwas übertrieben pessimistisch war, erzählt nachher der Mutter, das Kind sei gestorben und dem Vater, die Mutter sei gestorben? HALLO? Das könnte ich mir mit Müh und Not irgendwo in einem Dritt-Welt-Land (oder einer stalinistischen Diktator) vorstellen, aber in einem doch recht zivilisierten Land wie Südkorea?

Mir deucht, man sich könnte eine * etwas * glaubwürdigere Ausrede für die „alleinerziehender-Vater-trifft-die-Mutter-seines-Kindes-wieder“ einfallen lassen. Dazu gesellen sich die, wie erwähnt, hyper-konstruierten Charakterbeziehungen (die Mutter ist ausgerechnet die Freundin des Richters, der Kims neuen Boss hinter Schloss und Riegel bringen will)… Als wäre das nicht schon genug, laboriert das Script an (durch die Synchronisation sicher nicht verbessere) erbarmenswürdigen Dialoge (sofern nicht eh, was ausgiebig zelebriert wird, von allen Beteiligten geflennt wird, dass jeder Heulschlund neidisch wird) und Situationen, die aus dem Film heraus nicht schlüssig vorbereitet werden (Beispiel im Showdown: Kim ist in LA und ruft in Korea an, dass seine Tochter in der Gewalt der – amerikanischen – Entführer ist. Daraufhin stürmt die Polizei Chols Anwesen in Korea und einen Schnitt später befreien Mama und Kims alter Manager-Freund Clementine in LA… woher sie wissen, WO sie gefangen gehalten wird? Fragt mich nicht…).

Wobei sicher nicht hilft, dass der Streifen schlicht schrecklich montiert ist – etlichen Szenen fehlt der Anschluss, Charaktere tauchen aus dem Nichts auf, obwohl wir sie offensichtlich kennen sollten (oder zumindest realisieren, dass die Figuren noch mal wichtig werden) – nee, das geht besser. Die Kameraführung ist zweckmäßig, soweit es sich um dramatischen Stuff geht, aber ziemlich lausig, sobald mal – rein versehentlich – eine Actionszene abgespult werden sollte. Stichwort „Actionszenen“ – da gibt’s abgezählte fünf, wenn man den (schlecht geschnittenen) Eröffnungskampf bei der Taekwondo-WM mitzählen will, zwei Prügeleien, solange Kim noch ein Cop ist, eine (immerhin nicht ganz einfallslose) Cagefight-Sequenz mit fünf Kämpen (inkl. einer Kämpin), in der zumindest auch ein wenig geschmoddert wird, und der extrem schlechte Schlussfight mit Steven Seagal (schlecht choreographiert, schlecht gefilmt)… Seagal selbst, um der Schauspielerschelte vorzugreifen, beschränkt sich auf Anwesenheit in close-ups und verteilt da mädchenhafte Schläge, sobald ’ne Totale angesagt ist, übernimmt ein deutlich erkennbares Stuntdouble (was aber auch mittlerweile usus ist). Die Synchro verdient sich (ich gehe zumindest davon aus, dass es ein „Gag“ der Synchro ist) einen Bonuspunkt durch die Ankündigung von Jack Miller „mit einem Gewicht von mindestens 250 Pfund“ (und selbstredend hat Seagal sich ausbedungen, kein Böser zu sein – von den Machenschaften seiner Entourage weiß er drehbuchgemäß nichts und überreicht am Ende noch gönnerhaft Kim den WM-Gürtel, der aussieht, als wäre er im WWE-Fanshop gekauft worden).

Für den unvorbereiteten Zuschauer erweist sich auch die Struktur des Films als problematisch – innerhalb von 15 Minuten rast der Streifen zunächst durch Kims WM-Kampf, seine Cagefight-Karriere und sein neues Dasein als alleinerziehender Dad und Cop. Dann wird er gefeuert und der Film kommt zum Stillstand. Ungefähr 20 Minuten später hebt dann etwas, was wir in unserem jugendlichen Leichtsinn zunächst für den Plot halten könnten, sein garstig Antlitz (nämlich Kims neue Laufbahn als Fighter für den Bösewicht), was sich aber schon fünf Minuten später wieder erledigt hat, weil wir uns DANN der eigentlichen Geschichte, dem Familiendrama, widmen (und zwar für die nächsten, naja, fuffzich Minuten). Folgerichtigerweise wird keine potentielle Zielgruppe an dem Machwerk ihren Spaß haben – Freunde des gepflegten Dramas müssen zu lange warten, bis Kampfsport und Copthriller sich zurückziehen, Actionfans werden entweder sanft entschlafen oder sich in den nächsten Kübel übergeben, sobald das moralinsaure Melodram die Regentschaft übernimmt. Da Regisseur Kim auch nichts einfällt, um die dramatischen Szenen wenigstens visuell interessant zu machen, bleibt es nur der geballten Inkompetenz des Scripts überlassen, zumindest den Trashfan halbwegs bei der Stange zu halten (aber meinereiner konnte sich nur mit äußerster Mühe und dank des Umstands, dass die Fernbedienung batterielos war, davon abhalten, gravierende Teile des Films im schnellen Vorlauf zu betrachten).

Zu erwähnen wäre noch die Musik, die im Schlussakt mit dem alten „Oh my darling Clementine“-Heuler Sachen anstellt, die ich nicht unbedingt hätte hören müssen…

Ganz sicher, ob das Ding ungeschnitten ist, kann man sich wohl nicht sein, andererseits hätte MiB wohl keinen großen Anlass, eine gekürzte Fassung auf eine mit KJ-Freigabe versehene Box zu packen. FSK 16 geht aufgrund der ruppigen Cagefight-Szene nach einer guten halben Stunde in Ordnung.

Für Hauptdarsteller Dong-Jun Lee bedeutet „Clementine“ nach neunjähriger Pause die Rückkehr auf die Kinoleinwand, wobei Lee wohl zuvor (wenn man den spärlichen IMDb-Infos trauen kann), wohl eher in romantischen Liebesfilmen u.ä. zu finden war (der Filmtitel „Foggy Nights in Rio are deep“ fasziniert mich irgendwie). Lee fällt wie so viele seiner asiatischen Kollegen in die – für westliche Sehgewohnheiten störende – Falle, Emotionalität mit Chargieren zu verwechseln; speziell, wenn dann wirklich Trauer und Kummer transportiert werden müssen, wirkt’s lächerlich. In seinen Actionszenen zieht er sich passabel aus der Affäre (soweit er seine Stunts selbst besorgt hat. Ich weiß es nicht). Hye-Re Kim als vermeintlich Verstorbene kennt der geneigte Asia-Konsument aus „The Legend of the Evil Lake“. Sie ist extrem sympathisch, in den dramatischen Szenen nicht gar so schrecklich wie Lee und darf sogar ein wenig ass kicken. Die Credit-Situation ist mal wieder recht unübersichtlich (der Print hat nur koreanische Angaben für die koreanischen Beteiligten) und die IMDb keine große Hilfe), so dass ich nur rate, dass Clementine von Seo-Woo Eun gespielt wird. Ich hab stets ein Problem mit Kindern, die zwischen Heulsusigkeit und altklugen Erwachsenen-Sprüchen pendeln… sprich: ich wollte sie manchmal an die berühmte Wand klatschen (aber immerhin hat sie den allerbesten Lacher des Films innerhalb eines outtakes im Abspann). Seagal selbst hat nichts zu erledigen, was an Schauspielerei grenzen würde (obwohl… so zu tun, als könnte ein 50-jähriger in die Breite gegangener Ex-Actionstar noch überzeugend einen Cagefight-Weltmeister verkörpern… das ist auch Schauspielerei).

Bildqualität: MiB legt „Clementine“ u.a. im Rahmen seiner „Premium Film Edition“ (einer 10-Filme-auf-5-DVDs-Box) vor. Der Print beschneidet das ursprüngliche 1.85:1-Ratio auf ca. 1.66:1. Da sich aber um Bildkomposition niemand einen gesteigerten Kopp gemacht hat, ist’s in dem Fall nicht sonderlich schlimm. Qualitativ geht der Print für eine Billigveröffentlichung (umgerechnet koscht‘ der Film innerhalb der Box einen lausigen Euro) in Ordnung.

Tonqualität: Geboten wird ausschließlich deutscher Synchronton in Dolby 2.0. Die technische Qualität der Audiospur ist okay, d.h. rauschfrei, klar und passabel abgemischt, die Synchro selbst (bis auf den einen oben erwähnten Gag, wenn er denn einer ist) allerdings ziemlich grottig.

Extras: Zip.

Fazit: Mir fällt ehrlich gesagt kaum jemand ein, der an „Clementine“ aka „Hard to Fight“ seine Freude haben könnte. Rührseliges tearjerker-Melodram hat sicherlich seinen Platz in der Filmwelt, aber dann sollte man es wenigstens kompetent machen und keine hirnverbrannten Situationen und Charaktergeflechte konstruieren, außer man legt es gezielt auf Kopfpatscher des Publikums an. Blutige Actionszenen schrecken die Zuschauerklientel, die sich rührseliges Melodrama gerne ansehen, ab und wer sehenswerte Martial Arts-Gefechte zu sehen hofft, naja, der sollte allein schon durch die Worte „Steven Seagal“ und die Jahreszahl „2004“ ins Bild gesetzt sein. Die-Hard-Seagal-Komplettisten, die jeede Sekunde belichteten Materials mit ihrem Hero brauchen, können zumindest recht einfach mit dem Streifen umgehen – die ersten vier und die letzten zehn Minuten kucken, den Rest braucht wirklich niemand. Ein jämmerliches Schundprodukt…

1/5
(c) 2007 Dr. Acula


mm
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