Hancock

 
  • Deutscher Titel: Hancock
  • Original-Titel: Hancock
  •  
  • Regie: Peter Berg
  • Land: USA
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    Will Smith (John Hancock), Charlize Theron (Mary Embrey), Jason Bateman (Ray Embrey), Jae Haed (Aaron Embrey), Eddie Marsan (Red), David Mattey (Man Mountain), Maetrix Fitten (Matrix), Thomas Lennon (Mike), Johnny Galecki (Johnny)


Vorwort

Eigentlich ist John Hancock ein perfekter Superheld – superstark, flugtauglich, unkaputtbar. Allerdings lebt er in einem abgewrackten Wohnwagen, übernachtet schon mal im Fuselrausch auf einer Parkbank und wird nicht nur wegen seines zweifelhaften Lebenswandels, mangelnder Körperhygiene und unflätigen Wortschatzes sowohl von Kriminellen, Polizei als auch der Bevölkerung von L.A. allgemein für ein Arschloch gehalten. Seine Heldentaten richten nämlich üblicherweise Sachschäden in Millionenhöhe an. Mittlerweile wird öffentlich seine Inhaftierung gefordert – glücklicherweise hat er gerade (in einer weiteren schadensintensiven Aktion) dem erfolglosen PR-Manager Ray das Leben gerettet und aus Dankbarkeit heckt der eine Imagekampagne zur Hebung Hancocks öffentlichem Ansehens aus. Hancock soll medienwirksam brav ins Gefängnis gehen, dort dem Dämon Alkohol abschwören, und triumphal zurückkehren, wenn die Öffentlichkeit ob der erwartungsgemäß ansteigenden Verbrechensrate sein Comeback fordert. Der Held ist zwar alles andere als überzeugt, lässt sich aber breitschlagen – nicht zuletzt, weil er sich zu Rays attraktivem Eheweib Mary hingezogen fühlt. Während Hancock sich im Knast mit den größtenteils von ihm dort deponierten Knackis * und * Gesprächstherapien herumschlagen muss, geht Rays Plan tatsächlich auf. Bei einem spektakulären Banküberfall mit Geiselnahme kommt die Polizei ohne Superheldenhilfe nicht weiter. Hancock rettet den Tag (mit einem schicken, von Ray entworfenen Heldenoutfit) und ist plötzlich populärer Volksheld. So halbwegs wiederhergestellt, schüttet Hancock Ray sein Herz aus – er ist zusätzlich zu seinen Superheldenfähigkeiten auch noch unsterblich und leidet seit einem Schädelbruch aus dem Jahr 1931 unter Amnesie und akuter Einsamkeit. Allerdings stellt sich rasch heraus, dass Hancock nicht der einzige Supermensch ist – dummerweise führt der engere Kontakt der Überwesen zum fortschreitenden Verlust ihrer Fähigkeiten, und das nun ausgerechnet, als der frisch eingeknastelte Bankrüberchef mit zwei von Hancock dezent gedemütigten Knackis ausbricht und Hancock rachedurstig blutig durch den Wolf drehen will..


Inhalt

In einem an Superheldenfilmen, die auf Comicvorlagen basieren, nicht gerade armen Jahrgang, bescheren uns Jonathan Mostow („Terminator 3“) als Produzent und Peter Berg („Operation Kingdom“) nach einem Script von Vince Gilligan („Akte X“) und Vincent Ngo („Hostage“) einen sowohl originalen als auch originellen Film-Supermann. Es ist zugegebenermaßen auch wirklich ein interessantes Konzept – der Superheld als von niemandem akzeptierter Loser, der aber mindestens einen genauso großen Hass auf die Gesellschaft hat wie sie auf ihn (es ist ein bisschen die Übersteigerung des Dilemmas, das Spider-Man in den Comics lange Zeit erdulden musste, nur dass Peter Parker nie zu einem Aso-Zyniker wurde); das mag man sogar als einen vergleichsweise „realistischen“ Ansatz, sich dem Thema zu nähern, sehen (denn es ist wirklich fraglich, ob man einem Helden zujubelt, der, um ein paar flüchtige Ganoven dingfest zu machen, ein halbes Stadtviertel planiert. Die Idee, einem solchen gestrauchelten Helden einen PR-Berater zur Seite zu stellen, ist auch nicht übel und durchaus für eine sympathisch-satirische Superheldenkomödie brauchbar.

Trotzdem ist das Script die Schwachstelle von „Hancock“ – Rays Imagepflege beschränkt sich auf ein paar Benimm-Regeln a la „Miss Undercover“ und den Ratschlag, sich einknasteln zu lassen, bis die öffentliche Meinung sich gedreht hat; hier liegt zweifellos noch Potential brach. Und worauf natürlich JEDER im Zusammenhang mit „Hancock“ eingeht – ja, der Streifen hat einen ernstlichen dramaturgischen Bruch. Gerade weil das Script aus der reizvollen Grundsituation nicht das rausholt, was drin wäre, ist diese Story zu Filmmitte mit der Rehabilitierung Hancocks, die eigentlich ja das „Ziel“ sein sollte, abgeschlossen- es muss nun also notgedrungen eine zweite Geschichte her, die mit der ursprünglichen Prämisse nichts mehr zu tun hat (aber immerhin erlaubte dieser Kunstgriff den Machern, in den Trailern und Teasern ausschließlich Material aus der ersten Filmhälfte zu verwenden, so dass der geneigte Zuschauer eben nicht schon vor Kinobesuch alle „guten Stellen“ gesehen hat) – grundsätzlich natürlich ein nicht unbedingt elegantes, aber gangbares Mittel. Allerdings zeigt sich in dieser Phase dann ein grundsätzliches Problem bei Superheldenfilmen – Superhelden brauchen Superschurken als Gegner, damit richtig Stimmung aufkommt. „Hancock“ stellt unserem Helden im Finale aber nur ein paar zwar richtig gut killwütige, nichtsdestoweniger aber ordinäre Gangster entgegen. Ebenfalls zweifelhaft ist die Entscheidung, „Hancock“ im zweiten Part noch eine eigene Superhelden-Mythologie aufzuoktroyieren, die leider weder sonderlich intelligent durchdacht noch zwingend schlüssig ist (wer sich den Spaß nicht verderben lassen will, sollte den nächsten SPOILERifficen Absatz tunlichst überlesen).

Der zweite „Superheld“ ist Mary Embrey – die beiden sind Angehörige einer (nicht näher definierten) Gruppe von Supermenschen (und die letzten derselben), die immer „paarweise“ auftreten, wobei intelligenterweise ihre Kräfte abnehmen, je näher sie sich kommen (irgendwie ist auch nicht ganz schlüssig, ob damit „emotionale“ oder rein räumliche Nähe gemeint ist. Beide Argumentationen haben ‚was für sich bzw. werden vom Film auch mal negiert). Mary hat sich vor 80 Jahren, als Hancock amnesisch wurde, zum Schutz für beide von ihm getrennt. Wenn die beiden nämlich zusammenblieben, würden sie sterblich und verwundbar (was sie jedoch nicht daran gehindert hat, sich 3000 Jahre lang auf den Keks zu gehen. Mir deucht, der ein oder andere Rewrite wäre hier nicht unangebracht gewesen).

Mit diesen Enthüllungen nimmt der Film im Finale hin natürlich auch die Kurve hin zum Melodrama, übertüncht dies aber wenigstens damit, dass eben jenes Melodrama sich zeitgleich zum Showdown abspielt. Reine tearjerker-Passagen bleiben uns daher dankenswerterweise erspart.

Nun gut, dadurch dass wir in (angenehm kurzen) 92 Minuten praktisch zwei Filme zum Preis von einem erhalten, ist das Tempo ziemlich hoch, obwohl „Hancock“, auch wenn das Promo-Material etwas anderes andeutet, kein Action-Feuerwerk ist; Drama und Comedy sind mindestens gleichberechtigte Bestandteile – mit insgesamt vier großen Actionsequenzen muss der Kunde also Vorlieb nehmen.

Von der technisch-handwerklichen Seite gibt’s bei einem Blockbuster mit 150 Mio. Budget natürlich nicht viel zu kritteln. Peter Berg, der nach seiner Schauspielkarriere seinen zweiten Beruf als Regisseur dereinst mit kleinen Filmen wie dem kontrovers aufgenommenen „Very Bad Things“ begann, geht mit dem ihm zur Verfügung gestellten Monetenberg größtenteils souverän um. Das Timing der komödiantischen Einlagen stimmt, die dramatischen Elemente drücken auf die richtigen Knöpfe, nur die (freilich heftig CGI-lastigen) Actioneinlagen kranken am Michael-Bay-„Transformers“-Syndrom – es ist hektisch, schnell, mit dem bloßen Auge kaum zu erfassen (nicht ganz überraschend ist einer der Cutter, Paul Rubell, auch für den Schnitt von „Transformers“ . Da weiß man mal wieder, was man an „Iron Man“ hatte. Stichwort „Iron Man“ – die Qualität der CGI ist zwar gut, hält aber einen Vergleich mit Eisernen nicht völlig Stand, was angesichts des Budgets vielleicht eine kleine Enttäuschung ist. Kameraarbeit (von Tobias Schliessler, „Dreamgirls“) und Musik (John Powell, „Kung Fu Panda“, Horton hears a Who!, „X-Men 3“, „Das Bourne Ultimatum“) sind absolut professionell, aber nicht hochmemorabel.

Nichtsdestoweniger ist „Hancock“, wie gesagt, sehr flott inszeniert und vermeidet echte Durchhänger (die längere Montage-Sequenz, die Hancocks Knast-Alltag zeigt, nagt an der Grenze).

Ein gewaltiger Pluspunkt von „Hancock“ ist natürlich der Glücksgriff, die Hauptrolle mit Will Smith zu besetzen, der mittlerweile schon fast nichts mehr falsch machen kann. Andererseits – der gute Will ist ein solcher Charmebolzen, dass man ihm selbst in seinem Asi-Modus zu Beginn kaum etwas übel nehmen kann (was dem Gimmick der Story ein wenig zuwiderläuft). Selbst einen pöbelnden Proll-Smith kann man kaum ernstlich unsympathisch finden. Smith ist mittlerweile auch versatiler Schauspieler genug, um sowohl dramatische Charakter-Szenen, broad comedy und Actionszenen glaubhaft und überzeugend zu verkörpern. Seine hauptsächlichen Screen-Partner sind die zauberhafte Charlize Theron („Aeon Flux“, „Monster“), die übrigens mit „Kinder des Zorns 3“ die obligatorische Schmalspur-Horror-Leiche im Keller hat, die nuanciert agiert und auch in den Action-Einlagen (soweit non-CGI) nicht verliert. Jason Bateman („Operation Kingdom“, „Juno“, „Mr. Magoriums Wunderladen“), der in der ersten Hälfte für die humorige Auflockerung zuständig ist, bleibt in der zweiten Filmhälfte, in der sich der Fokus des Films deutlich ändert, nicht viel Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Die Fieslingsfraktion vertreten hauptamtlich Eddie Marsan („Mission Impossible III“, „The Illusionist“, „Miami Vice“) – schön eindimensional böse – und David Mattey („Toxic Avenger IV“), ein, ähm, massiver Stuntman, der gerne für „Riesen“- und Monsterrollen besetzt wird, Cameo-Auftritte gönnen sich Writer/Producer Akiva Goldsman und Director/Producer Michael Mann.

Fazit: „Hancock“ versucht, das Superheldengenre neu zu erfinden, ist dabei letztlich nicht ganz erfolgreich, aber nicht ganz das befürchtete dramaturgische Trainwreck. Klar, der Bruch zur Filmmitte wirkt künstlich und ein wenig schmerzhaft, aber der Streifen ist flott genug (vor allem, weil er relativ zeitig danach seine spektakulärste FX-Action-Sequenz einbaut), um dennoch gut zu unterhalten – getragen von einem einmal mehr bestens aufgelegten Will Smith. Kein Ewigkeits-Film, aber ein netter Zeitvertreib, bis die nächste „richtige“ Superheldenverfilmung in die Kinos kommt. Den Erwerb einer Kinokarte braucht man, trotz der erkennbaren Schwächen in der dramaturgischen Struktur, nicht zu bereuen, was ganz speziell natürlich für Will-Smith-Fans gilt…

3/5
(c) 2008 Dr. Acula


mm
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