Hamburger Hill

 
  • Deutscher Titel: Hamburger Hill
  • Original-Titel: Hamburger Hill
  •  
  • Regie: John Irvin
  • Land: USA
  • Jahr: 1987
  • Darsteller:

    Dylan McDermott (Sgt. Frantz), Tim Quill (Pvt. Beletsky), Don Cheadle (Pvt. Washburn), Courtney B. Vance (Pvt. Bienstock), Steven Weber (Sgt. Worcester), Anthony Barrile (Languilli), Harry O’Reilly (Duffy)


Vorwort

Vietnam, 1969 – gerade erst wurde die 101. Airborne-Kompanie unter schweren Verlusten aus dem Kampfgebiet des Ashau-Tals ausgeflogen, da geht’s auch schon wieder zurück. Verstärkt um ein paar Frischlinge, denen erst beigebracht werden muss, dass der Krieg kein Abenteuerspielplatz für Halbstarke ist, einen Lieutenant, der noch grüner hinter den Ohren ist als einige der Rekruten und um den aus dem Fronturlaub zurückgekehrten routinierten Sergeant erhält die Truppe den Auftrag, „Hügel Nr. 937“ einzunehmen, eine strategisch vollkommen unbedeutete Erhebung, die der Vietcong trotzdem mit Bunkern, Schützengräben und allem, was des Guerillakämpfers Herz begehrt, befestigt hat und mit Zähnen, Klauen, MGs und Handgranaten verteidigt. Die Amerikaner greifen an und holen sich blutige Nasen – und Gefallene. Das Oberkommando lässt nicht locker – der Hügel MUSS eingenommen werden; also stürmen die Soldaten Tag für Tag (fast schon wie beim „Groundhog Day“) gegen die Vietcong-Verteidigungslinien – zwar wächst unter den Männern die Kameradschaft, Rassenschranken werden überwunden und Freundschaften geschlossen, doch die Verluste sind grauenvoll. Nicht nur die zu allem entschlossenen Verteidiger reiben die Amerikaner auf, sondern auch „freundliches Feuer“. Zehn Tage wird die sinnlose Offensive auf den Hügel, an dessen Flanken man zu Hackfleisch verarbeitet wird, dauern und den Durchhaltewillen von Frantz und seiner stetig schrumpfenden Truppe auf eine arge Probe stellen…


Inhalt

„Hamburger Hill“ beruht auf den persönlichen Fronterfahrungen von Drehbuchautor James Carabatsos, der sich über vierzehn Jahre hinweg sein Trauma von der Seele schrieb und dann mit Produzentin Marcia Nasatir weitere lange Jahre damit verbrachte, ein Filmstudio zu finden, dass den Streifen tatsächlich produzieren würde. Als der Film dann 1987 endlich in die Kinos kam, ging er, trotz einiger wohlwollender Kritiken, weitgehend unter – „Platoon“ und „Full Metal Jacket“ schienen alles gesagt zu haben, was zu dem Thema zu sagen war und diese ernsthafte Aufarbeitung des alltäglichen Front-Wahnsinns wurde vom Publikum größtenteils unbarmherzig in die der Legion billiger Nachzieher (wie „Platoon Leader“, „Bye Bye Vietnam“ etc.) eingeordnet.

Obwohl ich letztendlich dem Film ein wenig unschlüssig gegenüberstehe, versteige ich mich doch zu der Behauptung, dass „Hamburger Hill“ seinen stiefmütterlichen Stellenwert in der langen Vietnam-Filmographie zu Unrecht genießt – der Film hat seine Vorzüge, da schon einmal einige wesentliche Voraussetzungen stimmen. Das Script ist (nach Meinung von Leuten, die es wissen müssen, nämlich tatsächlichen Frontsoldaten) härter an der Realität als „Platoon“ & Co., als Regisseur steht mit John Irvin jemand hinter der Kamera, der zwar filmtechnisch von kaum einem Genre zurückschreckte, mit „Hamburger Hill“ aber ebenfalls persönliche Erfahrungen als langjähriger Frontberichterstatter verarbeiten konnte und die Schauspieler waren zum Drehzeitpunkt allesamt vollkommen unbeschriebene Blätter (für den Großteil des Casts bliebt das allerdings auch so), so dass der Zuschauer nicht durch vermeintliche Star-Power abgelenkt wird und der Film in seinen besten Momenten einen fast schon improvisierten-semidokumentarischen Eindruck hinterläßt.

Die Stoßrichtung von Script und Film sind eindeutig – die Vorführung der Irrationalität des Krieges an sich (und insofern könnte man „Hamburger Hill“ relativ problemlos auch auf andere Kriege übertragen, was John Irvin mit einem „Sequel“, „When Trumpets Blow“, der Jahre später für HBO entstand und in den letzten Tagen des II. Weltkriegs spielt, auch selbst versuchte), praktisch dargestellt an einer Handvoll junger Männer, die versuchen, in dem sie umgebenden Irrsinn ihre Menschlichkeit und ihre geistige Gesundheit zu behalten (mit zweifelhaftem Erfolg); hier haben wir nicht mit durchgeknallten Ohrabschneidern zu tun, sondern mit „normalen“ Typen, die dem Schrecken des Krieges kaum etwas entgegen zu setzen haben. Funktioniert gar nicht mal so schlecht, hätte das Script nicht ein paar dramaturgische Schwächen (im Sinne der Dramaturgie eine Spielfilms): es gibt zu viele Charaktere (15 „Hauptrollen“), da geht dem Zuschauer dann schon mal der Überblick verloren, und obwohl sich zwei Hauptfiguren (Sergeant Frantz und Private Beletsky) herauskristallisieren, fehlt ein wenig die zentrale Figur (sicher ist „Hamburger Hill“ im weitesten Sinne als „Ensemblestück“ zu sehen, aber es erleichtert den Zugang nicht wirklich). Was mir auch nicht gefällt, ist die indifferente Darstellung des Vietcong, der mal wieder als der übliche „gesichtslose Feind“ herhalten muss (das entspricht wahrscheinlich zwar dem, was der durchschnittliche GI erlebte, unterscheidet sich dann aber eben doch nur unwesentlich von den Klischee-„Charlies“ der billigen Actionfilme). Ähnliches gilt für das, was ich mal „politische Schärfe“ nennen würde – klar, „Hamburger Hill“ ist im Gegensatz zu „Platoon“ nicht mit messianisch-politologischen Ansprüchen gesegnet, aber durch die Konzentration auf eine Episode des Kriegs bringt es mit sich, dass keine „Ursachenforschung“ betrieben wird (d.h. wer eine umfassende Aufarbeitung des Vietnam-Kriegs sucht, wird mit dem Film nicht ganz glücklich werden, er empfiehlt sich dann doch eher als „Begleitmaterial“). Immerhin – es gibt einige schöne (d.h. überzeugend gelungene) kleine Szenen, in denen die politische und gesellschaftliche Dimension des ganzen Dramas angerissen wird (einer der Soldaten bekommt einen Brief seiner Freundin, die ihm mitteilt, ihm nicht mehr schreiben zu können, weil ihre College-Freunde den Kontakt mit ihm als „unmoralisch“ einstufen würden, Frantz‘ Sergeant-Kollege Worcester schildert, warum er nach einem frustrierenden Heimaturlaub freiwillig wieder an die Front zurückgekehrt ist). Großartige Plotentwicklungen darf man nicht erwarten – das ist auch nicht die Intention des Films, der nicht den Anspruch hat, eine abgeschlossene Geschichte zu erzählen, sondern sich eben einen kleinen Abschnitt des Krieges herauspickt. Gut gelöst ist die Anfangsphase, die nach einer kurzen Actionszene sich erst einmal eine halbe Stunde Zeit nimmt, um die Charaktere vorzustellen, ehe das Gemetzel beginnt und bis zum Ende kaum mehr unterbrochen wird. Die Kampf- und Actionszenen sind relativ hart (wobei die beiden härtesten Effekte – zumindest in der deutschen Fassung – in den ersten bzw. letzten Minuten untergebracht werden), technisch perfekt inszeniert (lediglich ein paar Pyroeffekte sehen mir zu sehr nach Feuerwerk aus) und nehmen in ihrer Eindringlichkeit, wenn die GIs ins MG-Feuer der Vietcong-Verteidiger stürmen, fast schon Spielbergs „Soldat James Ryan“ vorweg. Irvin (der direkt zuvor den Schwarzenegger-Flop „Der City-Hai“ drehte) gelingen aber nicht nur die Actionszenen, sondern auch einige fast schon intime dramatische Momente, kann (oder will) aber nicht verhindern, dass das Finale zwar einerseits durchaus berührt, aber andererseits auch – wohl irgendwie unvermeidlich – ein wenig Heldenverklärung betreibt.

Erwähnt werden sollte die musikalische Untermalung – neben einigen zeitgenössischen Oldies aus den 60ern steuert Avantgarde-Komponist Philipp Glass den Score bei, der sich aber sehr zurücknimmt (zu Tode komponiert hat sich Glass, rein quantitativ betrachtet, sicher nicht).

Die Schauspieler agieren durch die Bank überzeugend – heraussheben möchte ich vielleicht einmal Courtney B. Vance als Sanitätsoffizier „Doc“ Johnson und Tim Quill als Beletsky. In einem generell aber gut aufgelegten Ensemble fällt niemand wirklich negativ auf, wobei Tegan West als Lt. Eden eine relativ undankbare Rolle mit wenig Substanz zu spielen hat und Dylan McDermott als Sgt. Frantz nicht immer hundertprozentig überzeugt.

Die deutsche DVD-Veröffentlichung von Concorde entbehrt leider, wie schon frühere deutsche Videoveröffentlichungen, gut sechs Minuten Laufzeit – dabei handelt es sich um eine Gewaltszene sowie eine längere Handlungssequenz. Schade, dass man die DVD-VÖ nicht dazu genutzt hat, den Streifen erstmals in Deutschland ungeschnitten zu präsentieren.

Bildqualität: Concorde legt „Hamburger Hill“ in einem grundsoliden anamorphen 1.85:1-Widescreen-Transfer vor. Detail- und Kantenschärfe sind zufriedenstellend bis gut, der Kontrast kann ebenfalls überzeugen und die Kompression macht einen ebenfalls größtenteils anständigen Eindruck. Auf der Minusseite sind ein paar Farbschwankungen, vor allem in der Anfangsphase, ein paar kleinere Verschmutzungen im Mittelteil und einige Nachzieheffekte im letzten Akt zu verzeichnen. Nichts davon ist wirklich gravierend störend, sollte aber angemerkt sein und sorgt für leichte Abzüge.

Tonqualität: Drei Tonspuren werden geboten, wobei sowohl deutscher als auch englischer Ton im 5.1-Mix vorliegen (Deutsch zusätzlich auch im 2.0-Dolby-Verfahren). Die deutschen Tonspuren sind leider ein wenig dumpf ausgefallen, die Dialoge stehen zu stark im Vordergrund, dafür sind die Hintergrundgeräusche arg zurückgefahren. Die englische Tonspur ist gelegentlich schwer verständlich (was weniger an der Tonqualität an sich als an vertretenen Akzenten und dem heftigen Gefechtslärm liegt), manchmal in höheren Tonfrequenzen etwas knarzig, aber insgesamt aufgrund des deutlich lebhafteren Gesamteindrucks vorzuziehen (zumal die deutsche Synchro auch einige sinnentstellende Abweichungen von den Originaldialogen aufweist). Die Soundeffekte sind ordentlich laut und sorgen auch für Surround-Gefühle. Deutsche Untertitel werden mitgeliefert, können auf Wunsch aber auch beim englischen Ton abgeschaltet werden.

Extras: Das Bonusmaterial ist nicht wirklich extensiv – neben dem deutschen und dem amerikanischen Kinotrailer (die völlig unterschiedlich geschnitten sind – man könnte fast meinen, dass zwei unterschiedliche Filme beworben werden) finden sich ausführliche, aber nur sehr schwer leserliche (ein bisschen größere Schrift wäre nett gewesen) Cast- und Crew-Biographien (insgesamt ca. 30 Texttafeln) sowie Produktionsnotizen auf einem weiteren guten Dutzend Texttafeln. Eine Trailershow auf sechs weitere Concorde-Veröffentlichungen rundet das Extra-Angebot ab.

„Hamburger Hill“ ist als Momentaufnahme des Vietnam-Kriegs durchaus beeindruckend – der Streifen bemüht sich um Authenzität und Glaubwürdigkeit und macht seine Aufgabe als Dokumentation des Kriegs-Wahnsinns recht gut, laboriert aber an einigen kleineren dramaturgischen Schwächen. Die vom DVD-Cover aufgestellte These „Provokanter als ‚Apocalypse Now‘ und kompromissloser als ‚Platoon'“ kann ich guten Gewissens nicht unterschreiben, gerade was den Punkt „Provokation“ angeht. Der Film drückt sich doch ein bisschen um eine eindeutige Positionierung – aber vielleicht habe ich mittlerweile auch nur schon zu viele Nam-Filme gesehen. Die deutsche DVD von Concorde ist technisch durchaus akzeptabel, wobei eine umfangreichere Ausstattung und vor allem eine ungeschnittene Präsentation wünschenswert gewesen wäre.

3,5/5
(c) 2003 Dr. Acula


mm
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