Grendel

 
  • Deutscher Titel: Grendel
  • Original-Titel: Grendel
  • Alternative Titel: Beowulf & Grendel |
  • Regie: Nick Lyon
  • Land: USA
  • Jahr: 2007
  • Darsteller:

    Chris Bruno (Grendel), Ben Cross (Hrothgar), Marina Sirtis (Wealhtheow), Charles Hittinger (Finn), Alexis Kendra (Ingrid), Michael J. Minor (Unferth)


Vorwort

Der bärenstarke Krieger Beowolf vollbringt allerlei ungeheuervernichtende Heldentaten im Auftrag seines Königs mit dem lustigen Namen Higlack. Nachdem er gerade irgendwo in der Provinz eine Riesenschlange geplättet hat, hat sein Chef schon wieder einen neuen Auftrag für ihn. Das Königreich Dänemark, regiert vom an und für sich anständigen König Hrothgar, wird seit Jahren von dem fiesen Unholdmonstermööp Grendel terrorisiert. Higlack hält es nun für eine gute Idee, wenn Beowolf Grendel kaputtschlagen würde. Nicht, dass Hrothgar um Hilfe gebeten hat oder überhaupt nur weiß, dass Higlack seinen sozialen Tag hat, aber vielleicht ist das unter Könichs ja auch nur so eine Art royaler Schwanzvergleich: „Deine Helden können das Monster nicht töten? Ha, meiner kann’s!“ Mit einer Handvoll stolzer Krieger plus dem Königsneffen Finn segelt Beowolf gen Dänemark und nutzt die Reise, um Finn die Geschichte von Hrothgar vor’s Knie zu nageln. Der hatte nämlich, nach erfolgreicher Thronbesteigung, eine Feier- und Ruhmeshalle namens Hereot für seine Krieger errichtet. Grendel fühlte sich allerdings von der dortigen Dauerféte persönlich angepisst und sorgte für ein zünftiges Massaker – seitdem sucht das Monster Hrotghars Reich in schöner Regelmäßigkeit heim und der König residiert nun inmitten des gewöhnlichen Bauernplebs im nächstbesten Dorf, nachdem Grendel auch noch seinen Lieblingssohn Renn zerfetzt hat (und der andere Sohn Unferth durch bodenlose Feigheit glänzte).

Beowolf und seine Kameraden sind kaum an Land gegangen, da machen sie auch schon Grendels nähere Bekanntschaft. Mit einer von Higlack spendierten Superwaffe (einer Mega-Armbrust, die explosive Bolzen verschießt) kann man sich das Biest vom Hals halten, ohne zu wissen, dass man eigentlich schon das Zielobjekt gefunden hat. König Hrothgar ist durchaus erfreut, denn nicht nur kennt er Beowolf von ganz früher her, sondern weiß natürlich auch ob dessen Ruhm. Zudem hat seine leicht geistig malade Königin Wealhtheow (was sich ungefähr „Othau“ spricht) eine ihrer patentierten Visionen gehabt (sprich erfunden) und von netten Besuchern, die die Seelen der Dänen retten werden, geschwafelt. Beowolf, selbstbewusst und siegessicher, lässt gleich mal Hereot wiedereröffnen und große Party ausrufen, bevor zur Jagd auf Grendel geblasen wird – und Finn verknallt sich gleich mal in Hofdame Ingrid. Die Falle für Grendel entwickelt sich dann aber erwartungsgemäß zum mittleren Fiasko für Beowolf, der einen ganzen Haufen seiner Krieger und ein gutes Stück seines legendären Rufs bei Hrothgar einbüßt. Der allerdings muß einräumen, nicht mit offenen Karten gespielt zu haben, sondern vielmehr mit Grendel zwecks einigermaßen friedlicher Koexistenz einen Deal ausgehandelt zu haben – gegen das gelegentliche Menschenopfer lässt Grendel das Königreich in Ruhe, nur werden langsam die potentiellen Opfer knapp. Beowolf wappnet sich also zum Rückkampf, und mit Finns Hilfe bestreitet er ihn siegreich.

Hrothgar bedankt sich artig und komplimentiert Beowolf so höflich wie möglich umgehend vom Hof, doch kaum hat Beowolf sein Pferd gesattelt, greift ein garstiges geflügeltes Monster das Königreich an – Beowolfs liebe Mama, und die ist nun ziemlich sauer. Also muss Beowolf schnell zurückgeholt werden, damit Ingrid entführt, Unferth einen tapferen Heldentod sterben und Beowolf lernen kann, dass auch ein großer Held mal Hilfe braucht…


Inhalt

Die Beowulf-Saga gehört zum großen nordischen Legendenschatz und hat schon eine Fülle von Verfilmungen erlebt – die aufwendigste war der CGI-Motion-Capture-Blockbuster „Die Legende von Beowulf“ von Robert Zemeckis, die kurioseste die Zeichentrickversion „Grendel! Grendel! Grendel!“ (mit Peter Ustinov und aus der Monsterperspektive geschildert). Und weil solche Stoffe halt Public Domain sind, können sich auch unterbelichtete Schwachmatenfilmemacher drüber her machen. Wobei… das ist jetzt unfair, denn Nick Lyon ist zwar zweifellos einer aus der D-Liga der Genre-Regisseure, aber dort einer der besseren („Species IV: The Awakening“, „Hercules Reborn“), der aber auch mal kräftig daneben liegen kann („Operation Dünkirchen“). „Grendel“ (bzw. „Beowulf“, je nach Auswertung) markiert Lyons ersten Genre-Beitrag, nachdem er sich mit „I Love You, Baby“ und „Punk Love“, zwei reinrassigen Indie-Filmen, die Hörner abgestoßen hatte. Wie zu erwarten, handelt es sich bei dem Streifen um eine SyFy-Produktion – damals ließ der Sender aber noch nicht Asylum & Co. ran, sondern ließ sie noch quasi in-house von der TV-Abteilung von NBC Universal anfertigen. Die Produktion überwachte Phillip J. Roth, den wir ja alle als Chef von UFO kennen und lieben (UFO allerdings war an „Grendel“ in keiner Funktion beteiligt).

Nun erwartet der typische Syfy-Konsument keine historisch korrekte Aufarbeitung klassischen Heldenliedguts, sondern einen zünftigen Monsterreißer mit ein bissl Rumgesplattere, und damit da eine gewisse zielgruppentaugliche Dramaturgie reinkommt, muss man halt ein wenig dazu fabulieren. Manche Ideen sind ganz patent, wenn nicht grad super-originell – aus Beowulf (den die deutsche Fassung penetrant „BeowOlf“ nennt) eine Art Auftragssuperhelden zu machen, der im Auftrag seines Kings überall Monster abschlachtet, wo man ihn hinschickt, ist ein ebenso brauchbarer Einfall wie ihn erst mal zu einem mittelmäßig arroganten Burschen zu machen, der sich über seinen ihm vorauseilenden Ruf absolut klar ist und notfalls auch gerne darauf hinweist, falls das bei seinem jeweiligen Gastgeber grad nicht ausreichend angekommen ist, und der im Verlauf der Auseinandersetzungen mit Grendel und seiner Mutti einsehen muss, dass manchmal auch anderer Mütter Söhne Heldentaten vollbringen können bzw. im Kampf wenigstens nicht völlig unnütz sind. Die Kehrseite dieser Variante ist, dass „Grendel“ sich manchmal weniger als Beowulfs Story spielt (obwohl er natürlich die Hauptfigur ist), sondern als die von Finn, der nämlich derjenige ist, der über sich hinaus wachsen muss, der Liebe wegen. Es ist natürlich ein völlig valider Ansatz, eine altbekannte Geschichte mal aus einer neuen Perspektive zu erzählen, hier also quasi aus der Sicht von Finns Robin anstatt von Beowulfs Batman, aber es ergibt sich dann mal wieder das klassische Missverhältnis zwischen Erzählperspektive und nomineller Hauptfigur. Nun gut, sagen wir mal lieber, es würde ein Missverhältnis ergeben, wenn Nick Lyons Drehbuch sich einen feuchten Furz um Charaktere scheren würde – tut’s aber nicht, denn entweder sind die Figuren eindimensional, bleiben völlig „unerforschtes“ Land oder handeln inkohärent. Beowulf und Finn eben sind völlige Chiffren, ohne Eigenschaften, mit bestenfalls angedeuteten Backgrounds und „informed attributes“, bei Hrothgar versteht kein Mensch, warum er Beowulf zunächst den status quo der Koexistenz mit Grendel verschweigt, später unnötigerweise ausplaudert (um Beowulf zu motivieren?), und aus welchem Grund Hrothgars Königin Wealhtheow einen auf Bekloppti macht (was tatsächlich nur eine Show für Hrothgar zu sein scheint) und „Visionen“ aus der hohlen Hand erfindet, bleibt völlig ungeklärt (möglicherweise blieb hier auch der ein oder andere plot point auf der Schneideraum-Strecke – immerhin hatte man ja mit Marina Sirtis den bekanntesten „Star“ für die Rolle verpflichtet).

Für andere Dummheiten kann Lyon – zumindest in seiner Eigenschaft als Drehbuchschreiberling – nichts. Dass Dänemark nach dem Willen der Produzenten eine ziemlich bewaldete Gebirgslandschaft ist, muss man wohl akzeptieren, wenn man des Geldes wegen in Bulgarien dreht (oder die Erosion arbeitet schneller als man denkt). Die Schwertkampfchoreographie ist ausgesprochen armselig (ich konnte sie nur einigermaßen akzeptieren, weil im vorgeschalteten Trailer für „Knights of Bloodsteel“ noch ärmlicher mit Plastikschwertern gefuchtelt wurde) und die CG-Animation, die aus Grendel eine Art Hulk mit Wolfskopf und neckischem Schwänzchen macht, ist auch für 2007 und die Verhältnisse eines günstigen TV-Films (dem man immerhin ein Budget von so um 1,5 Mio. Dollar attestiert, also nicht gerade Spielgeld) inakzeptabel. Das Drachenmonster, das Grendels Mama mimt, ist auch nicht viel besser. Wie üblich im DTV-Bereich fehlt es den Animationen an jeglicher Physis und glaubhafter Einbindung in die live action.

Dramaturgisch gesehen inszeniert Lyon sich auch nicht grade ums Leben – nach dem Prolog, in dem Beowulf es mit der Riesenschlange aufnimmt, labert sich der Streifen eine Weile lang beinahe erfolgreich zu Tode und wenn die Monsterattacken dann kommen, sind sie auch keineswegs mitreißend oder packend – das bisschen Computer-Gore, das ausgepackt wird, macht das Kraut erstens nicht fett und sieht zweitens auch ziemlich beschissen aus. Aber immerhin – Pixel-Gedärm, für ’ne FSK 18 hat’s trotzdem nicht gereicht… Eine echte Spannungskurve bekommt Lyon hier nicht hin, es plätschert alles so vor sich hin, ohne gesteigerten Eindruck zu hinterlassen.

Die größtenteils lahmen darstellerischen Leistungen helfen auch nicht – Chris Bruno gehörte zwar zur Stammbesetzung der „Dead Zone“-TV-Serie, die sich ja immerhin über sechs Staffeln schleppte, aber dem guten Mann fehlt jedes Charisma für eine larger-than-life-Rolle, wie Beowulf, ganz besonders in dieser Interpretation der Geschichte, sie nun einmal darstellt (dass sein Kostüm mit dem Hörner-Helm lächerlich aussieht, kommt erschwerend hinzu). Charles Hittinger, der wohl so eine Art Orlando-Bloom-Legolas der Holzklasse versucht, landete später für ein paar Folgen in der Mädels-Mysteryserie „Pretty Little Liars“, tauchte im ungewünschten „American Pie: Das Klassentreffen“ auf und gab auch im ersten „Sharknado“-Film seine Visitenkarte ab. Michael J. Minor ist als Unferth zumindest halbegs engagiert, hat’s aber mit der Schauspielerei nach ein paar weiteren unbedeutenden Rollen dann lieber gelassen. Alexis Kendra (Ingrid) nennt sich heutzutage Alexis Peters und war unter diesem Namen in „Hatchet II“ und „Big Ass Spider!“ zu sehen. Als Ingrid kann sie sich nicht großartig auszieh-, äh, auszeichnen. Ben Cross, der bessere Rollen verdient hätte als er kriegt, spielt sowas wie König Hrothgar gemeinhin im Schlaf, und seine Performance kommt dem schon recht nahe… Marina Sirtis… naja… was will man sagen… der personifizierte Post-TNG-Karriereknick darf ein bissl overacten, ansonsten nichts zur Story beitragen, verdient sich einen Gagenscheck und tut insgesamt nicht viel dafür, der ewigen Deanna Troi große darstellerische Qualitäten nachsagen zu können.

Die DVD von Universal ist erwartungsgemäß technisch akzeptabel – Bild und Ton sind in Ordnung (1.78:1 anamorph, Dolby 5.1 deutsch/englisch, respektive), als Extras gibt’s eine Bildergalerie und Trailer.

Im breiten Kanon der Monster-of-the-Week-Filme aus dem Hause Syfy ist „Grendel“ aber, das muss man mal so deutlich sagen, eine ziemliche Graupe. Das Ding macht einfach nicht viel Fun, hat keinen Drive, keine gute Geschichte und ausgesprochen maue Tricks. Das dürfte selbst einem anspruchslosen Publikum viel zu wenig sein, zumal es durchaus ja genug Syfy-Movies gibt, die sich mehr Mühe geben, ihre Audience zu unterhalten.

(c) 2018 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 8

BIER-Skala: 2


mm
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