Going Back

 
  • Deutscher Titel: Going Back
  • Original-Titel: Going Back
  • Alternative Titel: Under Heavy Fire |
  • Regie: Sidney J. Furie
  • Land: Kanada
  • Jahr: 2001
  • Darsteller:

    Casper van Dien (Captain Ramsey), Carre Otis (Kathleen), Bobby Hosea (Ray Shepherd), Jaimz Woolvett (Tex), Daniel Kash (Eric), Joseph Griffin (Red), Austin Farwell (Doc Jordan), Martin Kove (Father Brazinski), Jason Blicker (Fred), Kenny Johnson (Jimmy Joe)


Vorwort

Über dreißig Jahre nach ihrer „tour of duty“ kehren fünf Vietnam-Veteranen in das Land ihrer Traumas zurück, um mit der Journalistin Kathleen eine Dokumentation über ihre damalige Einheit zu drehen. Wider Erwarten trifft auch ihr alter Captain Ramsey ein, der zwar zur Reise eingeladen war, sich aber nicht gemeldet hatte. Ramsey trifft bei seinen alten Kameraden auf harsche Ablehnung, und das hat einen guten Grund und der ist auch der Anlaß für den angestrebten Film. 1968 kam es nämlich zu einem bis dato ungeklärten Vorfall, bei dem einige G.I.s durch das, was man heutzutage „friendly fire“ nennen würde, ums Leben kamen. Die Ex-Soldaten beschuldigen ihren vormaligen Vorgesetzten unverblümt, seinerzeit der Artillerie falsche Koordinaten durchgegeben zu haben. Im Laufe der Dreharbeiten werden die Veteranen immer wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, sei es durch die Rückkehr an die Kriegsschauplätze oder Treffen mit einstigen Todfeinden. Erinnerungen werden wach und zeigen, wie sich im Krieg das Verhältnis der Truppe zu ihrem kommandierenden Offizier veränderte – von anfänglicher Skepsis gegenüber einem Kriegstheoretiker über offene Bewunderung über den einfallsreichen und unkonventionellen Offizier bis hin zum blanken Haß – der Wendepunkt: ein Massaker an Zivilisten in der Stadt Hue. Wollte der Captain Rache an seinen Untergebenen nehmen?


Inhalt

Vietnam und kein Ende – auch knapp dreißig Jahre nach dem Ende der bislang größten militärischen Blamage der Supermacht USA ist das Trauma ungebrochen und konsequent auch der filmische Output – Zyniker könnten vermuten, wenn’s den Vietnamkrieg nicht gegeben hätte, Hollywood hätte ihn erfinden müssen. Nun versucht sich mit Sidney J. Furie ausgerechnet ein Regisseur an der Thematik, der im Lauf seiner bisherigen Karriere nicht unbedingt durch politisch korrekte Feinfühligkeit aufgefallen ist – seine „Stählerne Adler“-Filmreihe gehört sicher nicht zum Speiseplan des gepflegten linksliberalen Cineasten (aber als Ausgleich dafür gibt’s ja seinen ultrapeinlichen „Superman 4“, der Erzkonservative wie Ken Begg von www.jabootu.com mühelos an die Zimmerdecke gehen läßt). Dankenswerterweise versucht sich Furie mit „Going Back“ nicht an revisionistisch-revanchistisches „Gewinnen-wir-den-Krieg-im-nachhinein“-Schönfärberei, sondern müht sich um ein seriöses Antikriegs-Drama.

Das ist zwar sicherlich gut gemeint, scheitert aber bis zu einem gewissen Grad am eigenen Anspruch. Obwohl die Story alles andere als uninteressant ist (aber gelegentlich an eine überlange „J.A.G.“-Folge ohne courtroom-Dramatik erinnert), wirkt sie stellenweise überfrachtet und unglaubwürdig (aber das Hauptproblem in Sachen „unglaubwürdig“ spreche ich später noch an) – der Film versucht auch auf einer psychologischen Ebene zu arbeiten, wofür ihm aber der nötige Tiefgang abgeht. Aber vergessen wir mal diese Aspekte – ein anderes Problem des Streifens ist, dass er letztendlich nicht weiß, ob und ggf. welche Stellung er beziehen soll. Zwar schustert er die Buhmann-Rolle (historisch sicherlich nicht unrichtig) recht eindeutig den USA zu (die Kriegsverbrechen der Amerikaner spielen eine zentrale Rolle), ertrinkt aber andererseits phasenweise in Pathos und Heldenverehrung – vor allem Ramsey wird vom Film zu einer wahren Lichtgestalt stilisiert, dass man sich wundert, dass der Kerl in der US-Armee dient (und kommandiert) und nicht mit Blümchen im Haar und Joint in der Gosche in Woodstock freie Liebe predigt. Auch seine vormaligen Untergebenen geraten in der Gegenwarts-Rahmenhandlung von einem Weinkrampf über die von ihnen begangenen Greueltaten in den nächsten, als würden sie sich um den Friedensnobelpreis bewerben. Versuche, diese Charaktere etwas zu differenzieren, werden zwar unternommen, bleiben aber oberflächlich und wirken aufgesetzt. Dennoch ist der Film beileibe kein Totalversager – dafür ist Furie ein zu routinierter Regisseur und die Geschichte selbst zu interessant. Die nonlineare Erzählweise (bzw. eine parallele Erzählstruktur, die Ereignisse von 1968 werden in Flashback-Form über den ganzen Film verteilt), obwohl von manchem Kritiker abgelehnt, ist m.E. für diese Art Film die einzig zulässige und sorgt dafür, dass sich trotz mancher Kriegs- (und Antikriegs-)Klischees durchaus Spannung einstellt. Immer wieder wird die „Spielhandlung“ des Films durch „Dokumentarbilder“, entweder aus Kriegsberichtserstattung bzw. Perspektive des Dokumentarfilm-Kamermanns, unterbrochen (was einerseits natürlich eine gewisse Anbiederung an Stilmittel von Oliver Stone ist, andererseits aber auch ganz gut funktioniert). Die Kriegs-Action-Szenen sind souverän inszeniert, bieten ordentlich Kugelgewitter und Pyrotechnik, die einer vergleichsweise kleinen kanadischen Produktion ziemlich gut zu Gesicht stehen, und, damit wir auch noch einen gewissen Lokalpatriotismus empfinden können, werden ergänzt durch hochanstädige Visual-FX-Arbeit von den Freunden von „Das Werk“. Fast schon unvermeidlich stellen sich bei einer vergleichsweise langen Laufzeit von 113 Minuten ein paar Längen ein (und vor allem bei einer vollkommen unnötigen Liebesszene zwischen Ramsey und Kathleen wäre ich dankbar gewesen, wenn sie auf dem Schneideraumboden verendet wäre) und das in jeder Hinsicht pathetische Ende sorgt für Punktabzüge, aber größtenteils gelingt es der routinierten Action und dem sichtlichen guten Willen der Story, die inhaltlichen Schwächen auszugleichen.

Schwerer tut man sich da schon, was die Darsteller angeht – und meine Probleme mit der Besetzung fokussieren sich auf den Schachzug, „Starship Trooper“ Caspar van Dien als Captan Ramsey einzusetzen. So, und jetzt denken wir darüber alle mal gemeinschaftlich fünf Sekunden nach. Caspar „Babyface“ van Dien? Nach grober Hochrechnung müßte Ramsey in der Gegenwarts-Rahmenhandlung so lockere 60 Lenze auf dem Buckel haben. Kleiner Tip sowohl an van Dien als auch an die Make-up-Crew: ein Vollbart im Gesicht und ein paar graue Strähnen in den Haaren machen aus einem Mittdreißiger beim besten Willen keinen überzeugenden Altsoldaten. Und obwohl van Dien um nuanciertes Spiel bemüht ist und sicher eine seiner besseren Leistungen abruft, kann man ihn halt nicht ernstnehmen – verdammt, es fällt mir schwer genug, van Dien den Captain anno 1968 abzunehmen, obwohl das wenigstens vom Alter einigermaßen hinkommt. Ähnliche Probleme gelten auch für die restlichen „Veteranen“ – auch hier beließ man es zur „Veralterung“ der Charaktere bei Vollbärten und ein paar grauen Strähnen, der einzige, bei dem das einigermaßen funktioniert, ist Bobby Hosea, allerdings wirkt der 1968 schon mitte Vierzig, d.h. der sollte in der Rahmenhandlung eigentlich höchstens noch mit Gehhilfe unterwegs sein… Hosea macht im übrigen auch darstellerisch den besten Eindruck der GI’s. Ex-Model und Mickey-Rourke-Partnerin in „Wilde Orchidee“ Carre Otis mimt das optische Beiwerk als taffe Journalistin Kathleen und agiert dabei ungefähr so glaubhaft wie mein Kater, der mir angesichts eines frisch gefüllten Freßnapfs miauend versichern will, mindestens seit vier Wochen kein Futter mehr bekommen zu haben (und das ist, um’s zu erklären, *nicht wirklich* glaubhaft). In einer kleinen Rolle als Feldkaplan ist übrigens B-Film-Veteran Martin Kove („Crocodile II“, „Attack on Devil’s Mountain“) mit von der Partie.

Anzumerken ist noch, dass sich die von mir getestete DVD zwar mit einem der gefürchteten „Neue Version“-Sticker ziert und eine Laufzeit von 105 Minuten angibt, der Streifen selbst allerdings nach allen mir zur Verfügung stehenden Quellen mit der tatsächlichen Laufzeit von 113 Minuten ungekürzt ist (ob das ein Fehler im Packaging ist oder aus unerfindlichen Gründen mein Testexemplar nur versehentlich die Uncut-Fassung enthielt, vermag ich nicht endgültig zu klären).

Bildqualität: Hollaho, das ist ja kaum zu glauben. Selbst dem allseits beliebten Label Best Entertainment gelingt es mal, eine Scheibe auf die Beine zu stellen, bei der einem nicht gleich ob gewohnt grottiger Bildqualität die Kinnlade runterklappt. Möglicherweise ist das der Mitwirkung der Freunde von MIB zu verdanken, aber sei’s wie’s ist – die Qualität des (16:9-optimierten) Vollbildtransfers (anständiges anamorphes Widescreen wär mir natürlich lieber gewesen, so aber bleibt für Nicht-16:9-TVs ein ziemlich deutlich abgeschnittener Bildausschnitt übrig) ist ziemlich gut! Die Farben sind frisch, der Kontrast ansprechend und Kanten- und Detailschärfe durchaus mit einem „gut“ zu bewerten. Erst der Vierfach-Zoom bringt wirklich Klötzchen an den Tag. Der Print ist sauber, Bildstörungen kommen nicht vor – lediglich beim Wechsel von Kapitel 10 auf 11 versetzte die Scheibe meinen Player in Freeze-Zustand, beim zweiten Anlauf klappte aber auch der. Insgesamt also ein solides „Gut“.

Tonqualität: Auch da kann man nicht wirklich meckern. Die deutsche Tonspur liegt im 5.1-Mix vor, der recht kraftvoll und schön differenziert geraten ist. Sowohl die klar verständlichen, absolut rauschfreien Dialoge als auch die ordentlich wummenden Soundeffekte und der gelegentlich etwas zu pathostriefende symphonische Score kommen ordentlich zur Geltung. Die freundlicherweise mitgelieferte englische Tonspur muß mit einem 2.0-Mix auskommen, der aber qualitativ dem (vermutlich upgemixten) deutschen Track kaum nachsteht (absolut rauschfrei ist auch der O-Ton).

Extras: Meine Herren, was ist mit Best los? Da sind ja wirklich EXTRAS drauf! Neben dem US-Kinotrailer (der etwas übertriebenerweise versucht, „Going Back“ auf ein Level mit „Apocalypse Now“ und „Platoon“ zu hieven) findet sich ein 33-minütiges unkommentiertes Making-of. Nett gemeint, aber ich bin kein großer Freund dieses unkommentierten Materials – Freaks mögen da anderer Meinung sein und durchaus Informationsgehalt daraus ziehen. Weitere 30 Minuten werden mit sogenannten „deleted scenes“ gefüllt, die allerdings größtenteils eher „extended scenes“ oder geringfügig andere Schnittfassungen in Rohschnitt-Ausführung, d.h. ohne post-production-Bearbeitung (aber dafür immerhin in Widescreen) darstellen. Lediglich eine etwa fünfminütige Szene, in der Ramsey versucht, den Eltern eines gefallenen GIs einen Kondolenzbrief zu schreiben, hat wirkliche Bedeutung (aber hätte den Film doch deutlich tempomäßig aufgehalten). Kurze Filmographien für Furie, van Dien und Otis runden die Extras-Sektion ab (die übrigens ungefragt hinter den Trailer für „Going Back“ noch den schon wohlbekannten für „Der Smaragdwald“ packt).

Fazit: „Going Back“ erfindet das Genre der Vietnam-Filme nicht neu. Stilistisch versucht Sidney J. Furie sich ein wenig an Oliver Stone zu orientieren, inhaltlich mag man eine gewisse Verwandschaft zu „Die Verdammten des Krieges“ ausmachen, ohne dass – wenig überraschend – die Klasse des einen oder des anderen erreicht wird. Trotzdem ist die gute Absicht spürbar und wenn man etwas mehr Sorgfalt bei der Auswahl der Darsteller hätte walten lassen (d.h. solche zu verpflichten, die sowohl 20-30-jährige als auch 50-60-jährige einigermaßen vertretbar darstellen können), wäre der Film sicherlich ein nicht uninteressanter Beitrag zum Thema. Wirklich schlecht ist „Going Back“ aber auch so nicht – man muß halt die suspension of disbelief hinsichtlich der Protagonisten bzw. ihrer Performer etwas strapazieren. Wer mit einer B-Ausgabe von „Die Verdammten des Krieges“ zufrieden ist, wird sich mit „Going Back“ anfreunden können. Die DVD von Best gehört technisch sicher zu den besseren Releases des Labels.

3/5
(c) 2006 Dr. Acula


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments