- Deutscher Titel: Godzilla gegen Destoroyah
- Original-Titel: Gojira vs. Desutuoroia
- Regie: Takao Okawara
- Land: Japan
- Jahr: 1995
- Darsteller:
Takurô Tatsumi (Dr. Kensaku Ijuin)
Yôko Ishino (Yukari Yamane)
Yasufumi Hayashi (Kenichi Yamane)
Megumi Odaka (Miki Saegusa)
Sayaka Osawa (Meru Ozawa)
Saburo Shinoda (Professor Fukazawa)
Akira Nakao (Commander Takaki Aso)
Masahiro Takashima (Major Sho Kuroki)
Momoko Kôchi (Emiko Yamane)
Vorwort
Die Hysterie um das Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi und seine diversen leckgeschlagenen Reaktoren hat sich inzwischen etwas gelegt (eine wohltuend sachliche und immer noch aktuelle Zusammenfassung der Ereignisse gibt es hier), so dass wir uns allmählich den *wirklich* interessanten Aspekten der Katastrophe widmen können. Ich spreche natürlich von dem gloriösen Kommbäck, das unser aller Lieblingsmonster Godzilla in der öffentlichen Wahrnehmung feierte.
Ist schon klar: Wo von Japan und nuklear und Katastrophe die Rede ist, kann man den Sauriermutanten unmöglich außen vor lassen; dass er das japanische Trauma angesichts der Atombombe verkörpere, ist eine oft kolportierte Binsenwahrheit (mehr dazu hier, hier oder hier).
Nun ist es aber so, dass Godzilla nicht immer nur das total üble Bösmonster war, sondern der Menschheit schon mal tatkräftig unter die Arme griff und mitunter andere Ungeheuer oder sogar |die Umweltverschmutzung bekämpfte. Ein eher ambivalentes Bild der Superechse – und damit der Kernkraft – entwirft auch „Godzilla vs. Destoroyah“; ein Streifen, der sich wunderbar auf Fukushima münzen lässt und sich deswegen für ein Review mit geschmacksvollem Aktualitätsbezug geradezu zwingend anbietet. Zudem passt der Streifen ganz hervorragend zu Ostern, aber dazu später.
„Godzilla vs. Destoroyah“ ist jedenfalls schon etwas älter: Ins Kino kam er 1995, als siebter und letzter Teil der sogenannten Heisei-Serie (von 1984 bis eben 1995). Nachdem sich Godzilla im Laufe der klassischen Showa-Ära (16 Filme von 1954 bis 1975) mehr oder weniger zu einer Witzfigur entwickelt hatte, war den Leuten von Toho in den Achtzigern eine durchaus ernstzunehmende Neuauflage gelungen – die Mitte der Neunzigerjahren aber schon wieder etwas zu schwächeln begann (vor allem an den Kinokassen). Angesichts des finanziellen und, hüstel, künstlerischen Flops, den Godzilla vs. Spacegodzilla darstellte, sowie der überlegenen Konkurrenz durch Daieis Gamera-Reboot und der absehbaren Hollywood-Fassung (die ihre Inkarnation in dem allseits beliebten Emmerich-Streifen fand), entschied man sich schließlich dazu, Godzilla erneut zur Ruhe zu setzen und dabei zugleich werbewirksam um die Ecke zu bringen.
(Inzwischen ist mit sechs Filmen von 1999 bis 2004 eine dritte Serie – bekannt als Millenium-Serie – in die Kinos/Videotheken gekommen und gegangen. Seitdem ruht Godzilla, aber nach den jüngsten Ereignissen darf man sich Hoffnungen auf neue Abenteuer machen. Immerhin: Eine zweite Hollywood-Version ist schon länger in der Planungsphase.)
Soviel zu den Hintergründen. Nun zur Handlung.
Inhalt
Nach den Ereignissen in Godzilla vs. Spacegodzilla leben Godzilla und Babygodzilla fröhlich und unbeschwert auf dem Baas-Eiland vor sich hin (oder so, ich hab die ganzen Filme schon länger nicht mehr gesehen). Besagte Insel ist aber eines Tages plötzlich wie vom Erdboden, soll heißen, vom Ozean verschluckt (dem Anschein nach infolge eines Vulkanausbruches). Sehr zur Besorgnis von Miki, die bekanntlich mit dem kleinen Godzilla in telepathischem Kontakt steht. (An der Stelle sei angemerkt, dass die Heisei-Streifen einen übergreifenden Handlungsbogen haben, den man wohl kennen muss, um sämtliche Subtilitäten der vorliegenden Story nachvollziehen zu können. Aber es geht auch so.) Apropos Miki: Sie heißt nicht nur wie das Disney’sche Nagetier, sondern hat auch die gleichen Segelohren.
Jedenfalls: Während Junior vorerst verschwunden bleibt, taucht Godzilla wieder auf und zwar mitten im Hafen von Hongkong – stinksauer und rotglühend. Nachdem er bei den Chinesen eine Weile um sich gewütet und rot geleuchtet hat, verzupft er sich wieder in die Fluten. (Unglaublich, diese Chinesen: Schlendern im Vordergrund gemütlich über die Strasse, während im Hintergrund Godzilla alles auseinander nimmt.)
In Japan wird daraufhin eine Krisensitzung einberufen, wo über Godzillas Zustand fleißig Mutmaßungen angestellt werden.
„Denken Sie daran, eine durch eine gigantische unterirdische Eruption hervorgerufene Uranspaltung ließ Baas-Island innerhalb von Minuten verschwinden.“
„Diese Eruption muss sich auf Godzilla ausgewirkt haben.“
Soweit, so gut. Zur weiteren Klärung wird der Godzilla-Spezialist Dr. Marvin live aus Washington zugeschaltet. Seine Meinung: „Wie wir alle wissen, wird davon ausgegangen, dass Godzilla von einer Art Kernkraftwerk anstelle eines Herzen angetrieben wird. In diesem Reaktor, in Godzillas Herz also, laufen gravierende Veränderungen ab.“ (Ja, das macht Sinn.)
Weiterhin verweist er auf eine angeblich glaubhafte und bemerkenswerte Analyse, die ein japanischer College-Student übers Internet verschickt habe.
Besagter genialer College-Student, ein gewisser Kenichi Yamanae, kriegt dann auch Besuch vom G-Force-Chef. Beim Namen Yamane horcht der Godzilla-Kenner auf, hießen doch auch der alte Professor und dessen Tochter im allerersten Film so. Unser Kenichi bestätigt, dass sein Vater der Adoptivsohn des Professors war. Bei der Gelegenheit wird auch geklärt, dass Yukari Yamane, die berühmte Fernsehreporterin, Kenichis Schwester ist.
Wie dem auch sei: Der G-Force-Chef bietet unserm japanischen Wesley Crusher eine Stelle bei der G-Center an, der Teenager sagt aber erst zu, nachdem er hört, dass auch Miki Saegusa (die Telepathin mit den Segelohren) dort arbeitet (die freut sich sicherlich schon darauf, dass ihr ein notgeiler Teenager auf die Pelle rückt). Ich nenne Kenichi ab jetzt Kenny, weil ich wünschte, dass er tot wäre (nicht, weil er kurze Shorts trägt und vier Jahre alt ist).
Apropos Yukari Yamane: Die fleißige Fernsehreporterin interviewt grade den Nobelpreisträger Dr. Kensaku Ijuin, welcher den sogenannten Mikro-Sauerstoff erfunden hat: „Anhand der kompletten Analyse des Sauerstoffs gelang es uns, die Atome zu mikronisieren.“ Aha. Und was bringt das? „Nun, wir können zum Beispiel kleinere und leichtere Sauerstoffflaschen für Taucher herstellen. Und wenn wir Fische mit Mikro-Sauerstoff füttern, werden sie viel größer als herkömmlich ernährte Fische; der Mikro-Sauerstoff könnte das Problem der Nahrungsmittelknappheit lösen.“ Ja, ähm … Uffza. Der Mann ist Nobelpreisträger.
Während ich schon mal die Kopfwehtabletten raussuche, fängt Yukari an, kritische Fragen zu stellen: „Aber hat diese Erfindung nicht auch eine dunkle Seite, Doktor?“
Dr. Ijuin: „Was für eine dunkle Seite?“
Yukari: „Nun, Berichten zufolge soll die Substanz auch zur Waffenherstellung geeignet sein.“
Dr. Ijuin: „Nun ja, es ist war, dass die Atome jedes Metall durchdringen können. Möglich wäre es also. Jede Waffe, die auf diese Weise hergestellt würde, wäre extrem effektiv.“
Nach dem Interview spricht Yukari mit ihrem Redaktor und erklärt diesem, dass sie mit Dr. Ijuin deshalb so hart ins Gericht gegangen sei, weil sie den für einen „blasierten, selbstgefälligen Klugscheißer“ hält (wieso auch immer). Damit ist die Romanze zwischen den beiden besiegelt (also, zwischen Yukari und dem Doktor).
Inzwischen im G-Center: Segelohr Miki macht sich Sorgen um den nach wie vor verschwundenen Godzilla jr. Das neu eingetroffene Teen-Genie Kenny macht sich bei ihr beliebt, indem er Vermutungen äußert, dass der kleine Sauriermutant die Explosion der Insel nicht überlebt habe.
Fernsehreporterin Yukari schaut inzwischen bei ihrer Tante Emiko Yamane vorbei – die erwähnte Professorentochter aus dem ersten Godzillafilm (es handelt sich bei der Darstellerin tatsächlich um Momoko Kôchi, die ihre Rolle wiederaufgenommen hat). Die hat vorhin das Interview mit Dr. Ijuin gesehen und befürchtet jetzt, dass dessen Mikro-Sauerstoff im Grunde dasselbe Zeug ist, das damals Dr. Serizawa für seinen Oxygen-Zerstörer verwendet hat. Wir erinnern uns (oder auch nicht): Serizawa ließ sich erst nach längerer Überzeugungsarbeit dazu überreden, besagten Oxygen-Zerstörer gegen den ersten Godzilla einzusetzen, ging danach aber freiwillig in den Tod, um das Geheimnis um die entsetzliche Superwaffe mit sich ins Grab zu nehmen.
Tante Emiko: „Er sagte, wenn es je als Waffe missbraucht würde, wäre es vernichtender als jede Nuklearwaffe.“
Was also tun? Yukari sucht das Gespräch mit Dr. Ijuin. Der gibt zu, dass er sich bei seinen Forschungen zum Teil auf Dr. Serizawas Erkenntnisse gestützt hat und dass durchaus eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den beiden Erfindungen besteht. Yukaris Appell, damit aufzuhören, ist für ihn aber bloß „Gefühlsduselei“: „Wir dürfen den wissenschaftlichen Fortschritt nicht verhindern.“
Inzwischen finden unter der Tokio-Bucht Tunnelarbeiten statt, die jedoch in Anbetracht eines unerklärlichen Temperaturanstieges sofort unterbrochen werden, nachdem man auf eine eigentümliche Gesteinsschicht gestoßen ist.
Zugleich stellt das „U.S. Satellite Information Center“ im Meer von Taiwan einen „abnormen Anstieg der Wassertemperatur“ fest. Ursache des Anstiegs ist … Godzilla! Endlich wieder Monsteraction!
Wobei, nein, bloß eine Weitere G-Force-Konferenz. Och Menno. Bei der kommt raus, dass Godzillas Körper jetzt zuviel Radioaktivität enthält. Oder, wie Teenager-Genie Kenny erklärt: „Wie Sie inzwischen wissen, ist Godzillas Radioaktivität seine Energiequelle, aber sein Kraftwerk muss natürlich durch Luft und Wasser gekühlt werden. Der Vorfall von Baas-Island hat jedoch seinen Gehalt an Radioaktivität dramatisch erhöht.“
Chef: „Und worauf läuft das hinaus?“
Kenny: „Godzillas Kraft wird zunehmen und am Ende wird er … EXPLODIEREN.“
Und seine Kollegin ergänzt: „Nach unseren Berechnungen wird sich die Erdatmosphäre aufheizen und dann explodieren und sämtliche Materie wird verdampfen.“
Mit anderen Worten: Godzilla leidet an einer nuklearen Verstopfung und droht, die gesamte Erde kaputtzufurzen. Schöne Scheiße.
Inzwischen unterhält sich Fernsehmoderatorin Yukari mit Dr. Ijuin, der als typischer Universalgelehrter nicht nur für Mikro-Sauerstoff, sondern auch für unterirdischen Temperaturanstieg zuständig ist und zur Untersuchung des Tunnels unter der Tokio-Bucht hinzugezogen wurde. Nun, auf den zweiten Blick scheint das gar nicht so daneben zu sein, denn Yukari erläutert: „Sie haben doch Bodenproben aus dem Tunnel entnommen, oder? Es war doch genau da, wo der erste Godzilla vor ca. 40 Jahren getötet wurde, richtig?“ (Dazu muss ich sagen: Der Godzilla in diesem Film ist in der Tat nicht der aus dem Original, sondern ein anderer, später mutierter Gojirasaurus. Ja, die ganze Hintergrundgeschichte ist ein wenig kompliziert.)
Während sich das Gespräch der beiden auf das Deck eines Romantik-Kreuzers verlegt (hab ich’s nicht gesagt?), demonstriert Dr. Ijuin, dass er nebenher auch Paläontologe ist: „Vielleicht geben diese Bodenproben Aufschluss. Die Erdschichten weisen darauf hin, dass der Boden irgendwann in der Vorzeit keinen Sauerstoff enthielt. Ich denke, dieser Zeitraum wird uns Hinweise bringen.“
Yukari: „Sie meinen, es gab eine Ära, in der es keinen Sauerstoff gab?“
Dr. Ijuin: „Vor Jahrmilliarden. Im Präkambrium, um präzise zu sein.“
Yukari: „Und da hat es Lebewesen gegeben?“
Dr. Ijuin: „Ja, aber sie waren anders als die Lebensformen, die wir heute kennen. Und die Bodenproben dürften alles an den Tag bringen.“
Gesagt, getan: Im Labor analysieren Dr. Ijuin und sein Team die besagten Bodenproben und finden dabei Spuren von Leben. Hm, mal gucken … Meine Kopfwehpillen sind schon über Verfallsdatum hinaus. Na, scheiß drauf. *runterschluck*
Zurück bei der G-Force-Konferenz: Der hoch dotierte General Aso ist in Grund und Boden entsetzt, weil er keine Bomben auf Godzilla mehr werfen darf. Kenny: „Er ist ein wandelndes Pulverfass, General. Es könnte eine Explosion geben, die den ganzen Planeten vernichtet. […] Es gibt nur eine Lösung: Wir müssen ihn so töten, wie der erste Godzilla getötet wurde: Der Oxygen-Zerstörer!“
Tante Emiko ist gar nicht begeistert von diesem Vorhaben ihres Neffen und mahnt an Dr. Serizawa, hat diverse Vorbehalte, blablablubb.
Fernsehmädel Yukari kommt hinzu und unser Japano-Wesley bittet sie darum, bei Dr. Ijuin ein gutes Wort einzulegen, auf dass dieser der G-Force eine Mikro-Sauerstoff-Waffe bastelt, um Godzilla zu neutralisieren.
Der gute Doc ist aber immer noch mit der Analyse von Dreck zugange. Lebenszeichen hat er zwar keine mehr festgestellt, aber in einem der Glasbehälter findet er ein kleines Loch: Was auch immer in den Bodenproben war, hat sich befreit, ist ins Abwassersystem gelangt und hat sich von dort Zugang zu einem nahe gelegenen Aquarium verschafft, wo die feindseligen Organismen vor den Augen eines entsetzten Wachmannes (Comedy!) Fische bis auf den Knorpel abfressen.
Doc Ijuin ahnt freilich noch nichts von diesem Verhängnis und ärgert sich stattdessen mit Yukari und Kenny rum, die von ihm den besagten Oxygen-Zerstörer fordern. Er hat ernsthafte Bedenken (seufz): „Ich habe das umliegende Erdreich analysieren lassen. Ich habe gesehen, welche Wirkung der Oxygen-Zerstörer hatte. Hätte man ihn an Land eingesetzt, wäre es sehr wahrscheinlich, dass Tokio zum Friedhof geworden wäre.“
In der Sekunde düdelfröpt Yukaris Ziegelstein-Handy: Es geht ums Aquarium.
Vor Ort sehen sich unsere drei Helden zusammen mit der gesamten Belegschaft des besagten Aquariums die Videoaufzeichnungen des Fischfraßes an. (Gut, dass zufällig jemand eine Kamera hingestellt hatte.)
Ich weiß nicht genau, weshalb unsere Protagonisten sich überhaupt dafür zuständig halten, aber eine genauere Analyse der Videobänder im Labor (warum Dr. Ijuin eine entsprechende Ausrüstung dort hat? Darum) bringt doch tatsächlich ans Licht, dass es sich bei den Verursachern des Fischsterbens um präkambrische Kleinstlebewesen aus der Bodenprobe handelt. Unser Doc erkennt nicht nur das auf den ersten Blick, sondern stellt auch fest, dass besagte Kleinstlebewesen mutiert sind: „Ursprünglich war es ein harmloser und träger Mikroorganismus, bis er vor vierzig Jahren beim Einsatz des Oxygen-Zerstörers getroffen wurde. Und seitdem hat er sich abnormal entwickelt. […] Eventuell ist es schon zu spät.“ Biologe ist er also auch. *Kopf in die Hände schlag* Verdammt, wann wirken meine Pillen endlich?
Präkambrische Mikroorganimsen hin, Oxygen-Zerstörer her, nördlich von Okinawa taucht Godzilla wieder mal auf. Die G-Force macht mobil und unsere Experten zermartern sich die pampelmusengroßen Hirne darüber, wohin die Riesenechse eigentlich will – der Kurs Hongkong, Taiwan und Okinawa scheint darauf hinzudeuten, dass er gen Norden unterwegs ist (ach). Segelohr-Telepathin Miki fragt sich, ob das was mit Godzilla jr. zu tun hat, und springt in den Hubschrauber, um sich auf die Suche nach demselben zu machen. Vorerst erfolglos.
Während mir auffällt, dass Godzilla seit mehr als zwanzig Minuten nichts wirklich Handlungsrelevantes mehr angestellt hat, laufen im Industriegebiet Tokios die präkambrischen Mirkoorganismen Amok – wobei die nicht mehr mikro sind, sondern so weit gewachsen, dass sie ganze Brücken zum Einsturz bringen. Die Polizei schickt ein Grossaufgebot hin, die Presse ist allerdings auch nicht weit. An vorderster Front dabei: Yukari.
Schwerbewaffnete Polizeikräfte stürmen das Gebäude, in dem sich die Ungeheuer verstecken, und liefern sich im Keller ein Katz-und-Maus-Spiel, das eindeutig beweist, dass Regisseur Okawara „Aliens“ gesehen hat (inklusive Bewegungsmeldern und Monstern, die durch die Decke krachen). Die Nicht-mehr-Mirkoorganismen sehen dann auch aus, als habe einer von Gigers Xenomorphen einen Predator vergewaltigt (und anschließend ein paar feuerspuckende Krebse gebumst).
Während sich die japanische Polizei nur wenig besser anstellt als James Camerons Space Marines, fährt draußen Dr. Ijuin vor und verlangt, dass sofort das Feuer eingestellt werde. Natürlich hört keine Sau auf ihn. Derweil kämpft sich eins der Krebs-Alien-Predator-Monster ins Freie und bringt die Presse in Bedrängnis, allen voran Yukari. Sie liefert sich mit dem Ungeheuer ein kleines Versteckspiel und bringt sich schließlich in einem günstig herumstehenden Auto in Sicherheit, sitzt damit aber auch in der Falle, während das Untier das Gefährt nach und nach zerlegt. Ach ja, wer’s noch nicht gemerkt hat: Okawara hat inzwischen die Kassette gewechselt und bedient sich jetzt bei „Jurassic Park“ (die Szene mit dem T-Rex und dem Explorer), ohne aber ganz von „Aliens“ zu lassen: Das Monster präsentiert einen zweiten Satz Zähne wie weiland, na, ihr könnt’s euch denken.
Eine Zehntelsekunde, bevor aus Yukari Monstermampf wird, holt sie Dr. Ijuin aus dem Auto. Die Polizei fackelt das Vieh mit dem Feuerwerfer ab.
Kaum zu glauben, nach beinahe vierzig Minuten gibt’s endlich mal wieder richtige Godzilla-Action: Besagter Sauriermutant taucht im Bongo-Kanal auf (mein Atlas kennt diesen Kanal nicht). Teenager-Genie Kenny: „Er will zum Kernkraftwerk.“ Und wieso? „Ich glaube, seine Radioaktivität ist jetzt so intensiv, dass er mehr nukleare Energie braucht.“ Ach so. *Pillendose leer mach* Ui, mir ist plötzlich so schummrig.
In Zeiten der Not meldet sich das Verteidigungsministerium und setzt die G-Force davon in Kenntnis, dass der sogenannte SX III bereitstehe. Beim SX III (ausgesprochen: „Super X 3“) handelt es sich um ein inoffizielles „Thunderbirds“-Spielzeug, äh, um ein Multifunktions-Flugzeug. General Aso: „Es wurde speziell umgebaut, um bei Unfällen in Kernkraftwerken eingesetzt zu werden. Es ist mit hochmodernen Cadmiumraketen ausgerüstet, aber keins seiner Waffensysteme benutzt Sprengköpfe: Es handelt sich um sogenannte Gefrierwaffen. […] Es sind Ultraniedrigtemperaturlaserkanonen, die Materie auf minus 200 Grad einfrieren.“ (Hey, sag mal „Ultraniedrigtemperaturlaserkanonen“ zehnmal schnell hintereinander.)
Na, da sind wir doch gespannt. Kann das Militär Godzi aufhalten und einfrieren, bevor er das Kernkraftwerk zertrampelt und einen Super-GAU von tschernobylesken Dimensionen auslöst? Ja, kann es. Der Sauriermutant wird per Ultraniedrigtemperaturlaserkanonen und Cadmiumraketen schockgefrostet und im Meer versenkt.
Ist Godzilla also für immer außer Gefecht? Von wegen: Nach kaum fünf Minuten ist er wieder aufgetaut. Aber statt sich zum Kernkraftwerk zu begeben, wendet er sich gen Osten. Kenny erklärt: „Die Radioaktivität scheint unter Kontrolle zu sein! […] Das Cadmium scheint seine Wirkung zu entfalten.“
Chef: „Großartig. Dann wird es keine Explosion geben?“
Kenny: „Nein, das Schlimmste ist überstanden.“
Na, wir werden sehen. Inzwischen bauen Dr. Ijuin und sein Team in Tokio die erwähnte Mikro-Sauerstoff-Waffe, um sie gegen die Alien-Predator-Krebs-Monster einzusetzen. Aus irgendeinem Grund ist das Ergebnis eine Gefriermaschine, wie sie vorhin gegen Godzilla angewendet wurde. Logische Kontinuität ist die stärke dieses Filmes nicht.
Im G-Center unterhält sich Segelohr Miki mit einer Kollegin über ihre sich abschwächenden telepathischen Fähigkeiten. Das ist langweilig, aber zum Glück tut sich was an einem nahegelegenen Strand: Godzilla jr. taucht auf! Miki ist überglücklich und die Tonspur kitscht nach Kräften.
Die Experten ziehen zwei Erkenntnisse aus dem Auftauchen Juniors:
Godzilla jr. ist inzwischen mehr oder weniger ausgewachsen
Der Kurs des großen Godzilla rührt daher, dass er dem kleinen Godzilla folgt
Miki teilt dem Hauptquartier mit, dass Godzilla jr. nach Norden disloziere, zur Beringsee (ihr erinnert euch, telepathische Verbindung, etc.).
Kenny: „Natürlich will er das! Er will in sein Nest!“
General Aso: „Und wenn Godzilla Junior folgt, heißt das, er schlägt auch diese Richtung ein!“
In dem Moment kommen schlechte Nachrichten rein: Godzillas Temperatur ist wieder stark gestiegen, auf 900° Celsius. Kenny: „Sein Reaktor geht voll in die Brüche, er gerät außer Kontrolle.“
General Aso: „Und was wird dann passieren?“
Kenny: „Eine Kernschmelze. […] Zuerst wird sein Herz, der Reaktor, schmelzen, dann sein äußerer Körper. Es wird nichts übrig bleiben.“
Kollegin: „Aber wenn er schmilzt, wird er auch die Erde vernichten.“
Genral Aso: „Wie beim China-Syndrom, aber viel schlimmer.“
Chef: „Eine Kernschmelze ist das schlimmstmögliche Szenario, schlimmer als eine Explosion.“ (Ja, viel schlimmer: Durch die Explosion würde die gesamte Erde vernichtet, aber durch die Kernschmelze würde die gesamte Erde vernichtet!)
Kenny: „Ich habe berechnet, dass er bei 1200 Grad schmelzen wird.“ Bei der Rate blieben der Welt grade noch eine Woche.
Was für eine Gehirnscheiße. *die leere Pillendose auf den Bildschirm schmeiß*
In Tokio bringt das Militär inzwischen die Mikro-Sauerstoff-Laser (oder sind das die Ultraniedrigtemperaturlaserkanonen?) in Stellung, um den Alien-Predator-Krebs-Monstern Feuer unterm Hintern zu machen. Die finden sich dann auch pflichtschuldigst ein und das Militär feuert drauflos, als würd’s morgen verboten. Eine Weile läuft’s ganz gut, aber plötzlich passiert etwas, das Yukari in ihrem Pressehelikopter wie folgt zusammenfasst: „Die Kreaturen haben sich vereint zu einem einzigen gigantischen Organismus!“
Besagter Organismus feuert zurück und zerlegt die Panzer des Militärs. Dr. Ijuins Kommentar: „Ich kenne Mikro-Sauerstoff, und diese Wirkung hat er nicht.“
Kommisskopp: „Was denn sonst?“
Dr. Ijuins: „Ein Oxygen-Zerstörer. Er kann jede Materie vernichten, seine Kraft ist überwältigend. Destoroyah.“
Kommisskopp: „Destoroyah?“
Äh, ja. Ich geb nicht vor, dass ich dem Film noch folgen kann. Jesu Christo! Wo sind die verdammten Pillen? *auf den Boden kotz* Egal. Destoroyah mutiert ein wenig und fliegt von dannen.
Das kriegt auch die G-Force mit. General Aso fällt aus allen Wolken: „Godzilla und Destoroyah. Das kann doch nicht wahr sein. Jetzt haben wir zwei Monster!“ (Gab’s noch nie zuvor, was.)
Chef: „Das ist ein Oxygen-Zerstörer. Könnte das Ding von Menschenhand geschaffen sein?“
Kenny: „Ein Oxygen-Zerstörer wurde für unmöglich gehalten. Aber trotzdem ist er da, vor unseren Augen.“
Chef: „Was denkst du?“
Kenny: „Ich denke nur eins: Dass nur dieses Monster die Kernschmelze verhindern kann.“
Chef: „Du meinst, der Destoroyah soll gegen Godzilla kämpfen?“
General Aso fasst meine Gedanken exakt zusammen: „Du bist verrückt, das ist grotesk!“
(Ich würd allerdings Wörter wie „Schimmelhirn“ oder „der größte Blödsinn seit Wagners BILD-Kolumne„ ergänzen.) Während ich an mir selbst die ersten Anzeichen einer neuralen Kernschmelze entdecke, entscheiden die Verantwortlichen von der G-Force, Godzilla und Destoroyah aufeinander zu hetzen, indem sie Godzilla jr. per Telepathie nach Tokio lotsen (der große Godzilla wird ihm folgen, gell).
Segelohr Miki ist nicht glücklich über diese Entwicklung. Trotzdem hilft sie ihrer Kollegin, telepathischen Kontakt zu Godzilla jr. aufzunehmen und ihn gen Tokio zu schicken.
Indes läuft, will sagen, fliegt Destoroyah in Tokio Amok und hinterlässt immense Sachschäden. Aber schließlich tritt Godzilla jr. auf den Plan und stellt sich dem fliegenden Berserker. Yeah, endlich mal richtig derbe Monsterkeile!
Beobachtet von zwei Helikoptern (im einen sitzen Miki und deren Kollegin, im anderen Dr. Ijuin und Yukari), treten sich die beiden Monster gegenseitig in den Hintern. Godzilla jr. schleudert Destoroyah schließlich in ein Kraftwerk. Tja, schaut ganz so aus, als sei der rotglühende große Godzilla ganz umsonst angereist, Junior hat schon alles erledigt. Einen plötzlichen Tag/Nacht-Wechsel später (wtf?) geht die schönste Familienzusammenführung seit „Findet Nemo“ vonstatten.
Doch da: Destoroyah mutiert erneut und nimmt seine finale, Ultrabös-Gestalt an.
Und als sei das nicht schlimm genug, stellt man im G-Center fest, dass Godzillas Temperatur bereits auf 1140° geklettert ist (zur Erinnerung: bei 1200° droht die fatale Kernschmelze). Da meldet sich Dr. Ijuin über Funk und fordert den SX III an (ihr erinnert euch, das „Thunderbirds“-Flugdingens): „Selbst wenn wir nicht verhindern können, dass Godzilla schmilzt, können wir vielleicht den Schaden begrenzen, aber dazu müssen wir ihn einfrieren. Der Zeitpunkt ist wichtig, wir müssen ihn im richtigen Moment einfieren.“ Also genau bei 1200° Celsius. Wieso Ijuin das weiß? Weil er im Drehbuch nachgesehen hat, deshalb. (Was läuft mir da zu den Ohren raus …?“)
Also wird das supertolle Multifunktions-Flugzeug wieder an Fäden durch die Luft gezogen, während die beiden Godzillas und Destoroyah sich prügeln wie die besoffenen Hühnerzüchter. Insbesondere Godzi jr. sieht angesichts des um ein Vielfaches größeren Desty ganz schön alt aus. Nachdem das Bösvieh ihn aus großer Höhe in ein Gebäude stürzen lässt und ein paar Laserstrahlen hinterher schickt, fällt der Kleine ins Koma. Miki und ihre Kollegin landen mit dem Hubschrauber und brechen ob der tragischen Entwicklung in Tränen aus.
Auch Godzilla gibt laut heulend seiner Trauer Ausdruck, ist anschließend aber umso angepisster, als er Destoroyah gegenüber steht. Zunächst obliegt das signifikant größere und stärkere Alien-Predator-Krebs-Monster, während Godzillas Körpertemperatur beständig steigt. Sieht nicht gut aus.
Schließlich landet aber Godzi ein paar gute Treffer und streckt Desty nieder; der trennt sich dafür wieder in mehrere kleine Monster auf, die unserm Sauriermutanten zusetzen, schließlich aber verschwinden.
Nebenbei retten Dr. Ijuin und Yukari mit ihrem Pressehubschrauber Miki und deren Kollegin (deren Helikopter vorhin zu Bruch gegangen ist) aus der Gefahrenzone. Ijuin: „Die Kernschmelze muss kurz bevorstehen, Beeilung! Nichts wie weg.“ Gesagt, getan.
Der große Godzilla trauert einstweilen um seinen beinahe toten Sohn (heul), während sich der SX III bereit macht, bei genau 1200° zuzuschlagen. Freilich kann Godzilla nicht in Frieden trauern, denn Destoroyah hat sich wieder zu seiner finalen Form zusammengesetzt und greift an. Godzi fängt bereits an zu schmelzen (wortwörtlich) und fällt allmählich auseinander – die Energie, die er dabei freisetzt, nutzt er, um Destoroyah in Fetzen zu schießen. Es sind aber schlussendlich die Gefrierkanonen des Militärs, die dem fliehenden Desty den Rest geben (buh!).
Jetzt endlich klettert Godzis Temperatur auf 1200°; die Kernschmelze setzt ein. Der SX III und die Ultraniedrigtemperaturlaserkanonen-Panzer feuern aus allen Rohren, um ihn einzufrieren. Dennoch, die Radioaktivität klettert auf unfassbare Werte, während Godzilla in sich zusammen schmilzt.
Dr. Ijuin: „Godzilla ist weg. Er hat Tokio in eine Geisterstadt verwandelt.“
Yukari: „Und wir haben am Ende für alles bezahlt.“
Dr. Ijuin: „Bezahlt? Wofür?“
Yukari: „Für alles. Besonders für den leichtsinnigen Umgang mit nuklearer Energie.“ (Blöde Öko-Hippe, lass dich doch für die Grünen aufstellen.)
Doch da: Plötzlich sinken die radioaktiven Werte wieder. Was ist hier los? Im Nebel erhebt sich eine Gestalt: Es ist Godzilla jr., der die tödliche Radioaktivität des großen Godzilla in sich aufgesogen hat und wieder zu Leben erwacht ist!
Fassen wir also zusammen: Godzilla opfert sich für die Rettung der Menschheit und gibt sein Leben hin, aufersteht anschließend aber von den Toten. Euch ist klar, was das bedeutet, oder?
Frohe Ostern.
Und der Nostradamus-Award geht an die Macher von „Godzilla vs. Destoroyah“, denn dass der Streifen den nukularen Unfall von Fukushima vorausgesagt hat, liegt klar auf der Hand. Rekapitulieren wir:
Eine Naturkatastrophe „beschädigt“ Godzilla. Aufgrund dessen spielt sein Herz, also der Reaktor im Inneren des Sauriermutanten, verrückt – es droht eine Kernschmelze und die Verstrahlung bewohnter Gebiete. Die japanischen Behörden versuchen verzweifelt, den Reaktor herunterzukühlen (wobei Ultraniedrigtemperaturlaserkanonen und Cadmiumraketen etwas cooler sind als schlichtes Meerwasser). Noch ist unklar, wie sich die reale Situation in Fukushima auf lange Sicht entwickeln wird, aber wenn wir den visionären Godzilla-Filmern glauben dürfen, wird sie ein gutes Ende nehmen. Filme wie „Godzilla vs. Destoroyah“ sind sicherlich mit daran verantwortlich, dass die realen Japaner auch angesichts der vorliegenden Nuklearkatastrophe ungebrochen am Optimismus festhalten (während sich die dummen Massen im Westen, von den Medien angestachelt und längst nicht so godzilla-gefestigt wie ihre schlitzäugigen Brüder, vor Angst ins Hemd scheißen).
Oh, wie passt eigentlich Destoroyah ins Bild? Nun, die winzigen Urzeitkrebse, aus denen er sich entwickelt, stammen bekanntlich aus der Erde unter der Tokio-Bucht – und in der Szene verursachen die Viecher unter anderem einen Stromausfall. Ergo: Destoroyah verkörpert die Gefahr des Energiemangels, die im Verlauf der Handlung mit der Kernenergie (verkörpert durch Godzilla) bekämpft wird.
Ist das völlig an den Haaren herbeigezogen? Ja. Aber so oder so, Kernenergie wird in diesem Film durchaus ambivalent gezeichnet: Godzilla ist einerseits eine Gefahr für die gesamte Menschheit (wobei er nicht einmal was dafür kann, dass ihn ein Vulkanausbruch trifft), andererseits ist er ihre letzte Hoffnung – und das nicht nur in „Godzilla vs. Destoroyah“. (Hölle, ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass der erwähnte Godzilla vs. Hedorah die Kernkraft als saubere Alternative zur derb umweltverschmutzenden Kohlekraft propagiert.) Man könnte sagen: Je weiter Hiroshima und Co. zurückliegen, gleichzeitig aber die zivile Nutzung des Atoms auch in Japan voranschreitet, umso mehr rückt die Darstellung von Godzillas reinem Bösechstentum ab (bis hin zum Knuddelgodzi der 70er).
Apropos sowohl nützlich als auch gefährlich: Dasselbe gilt für den Oxygen-Zerstörer, bzw. Mikro-Sauerstoff: Ist das Zeug zum einen zur zivilen Verwendung geeignet, kann es zum anderen gar schröckliche Folgen haben, wenn es als Waffe verwendet wird – genau das ist schließlich aber unausweichlich, um das größere Übel Destoroyah zu vernichten (womit der Film nebenbei den amerikanischen Einsatz von Atomwaffen in Hiroshima und Nagasaki rechtfertigt).
Sowohl was die Radioaktivität, als auch den Mikro-Sauerstoff angeht, oszilliert der Film also zwischen ziviler und militärischer Nutzung mit ihren negativen oder positiven Folgen und spielt die verschiedenen Extreme durch. Unterm Strich bleibt jedoch, dass nicht die Technik an sich, sondern nur der verantwortungslose Umgang damit beklagt wird – eine grundsätzliche Absage wird nicht erteilt, stattdessen ist es ja grad die Technik (in Form des SX III und den Ultraniedrigtemperaturlaserkanonen), die zum Schluss die Rettung bringt.
Kinematische Heilige
Apropos visionäre Godzilla-Filmer: Das waren im vorliegenden Fall Regisseur Takao Okawara und Drehbuchautor Kazuki Ohmori, welche die Heisei-Filme nachhaltig prägten: Okawara drehte schon „Kampf der Sauriermutanten“ (aka „Godzilla vs. Mothra“) und „Godzilla vs. Mechagodzilla II“; ferner sollte er später Godzilla 2000 inszenieren (der Film ist toll, egal, was der alterssenile Doc sagt); jenseits von Godzilla kurbelte er das Kaiju-Eiga-Märchen „Madra, der achtköpfige Drache“ runter.
Ohmori wiederum war selbst Regisseur bei „Der Urgigant“ (aka „Godzilla vs. Biollante“; einer der besten der gesamten Serie!) und „Duell der Megasaurier“ (aka „Godzilla vs. King Gidhora“), für die er auch das Drehbuch schrieb. Ferner skriptete er „Kampf der Sauriermutanten“ (seine erste Zusammenarbeit mit Okawara) und eben den vorliegenden Streifen. Er war nicht nur für Godzilla, sondern auch sonst viel im japanischen Kino unterwegs, aber ich will verdammt sein, wenn mir auch nur einer der Filme was sagt.
Die einzigen Heisei-Filme, an denen weder Okawara noch Ohmori beteiligt waren, waren „Godzilla – Die Rückkehr des Monsters“ und „Godzilla vs. Spacegodzilla“ (insbesondere zweiterem fehlt offensichtlich die gesegnete Hand unserer Filmer-Helden).
Ein Name muss hier unbedingt noch Erwähnung finden, denn „Godzilla vs. Destoroyah“ war der letzte Film des 1997 verstorbenen, legendären Produzenten Tomoyuki Tanaka, der die Urzeitechse Jahrzehnte zuvor zusammen mit Ishirō Honda und Effektespezialist Eiji Tsuburaya aus der Taufe hob. (Für ihn sollte dann Shogo Tomiyama übernehmen, der schon seit „Der Urgigant“ dabei war und inzwischen Präsident von Toho ist.) Ein großer Mann.
(Ich schreibe nur deswegen so ausführlich von diesen Männern, weil ich hoffe, dass der Papst hier mitliest, und ich sie zur Heiligsprechung vorschlagen möchte. Auch wenn es Heiden sind.)
Halbgelungene Hommage
Zurück zum Film selbst: In dem Bewusstsein, nicht nur einen Blick in die Zukunft, sondern auch den (vorerst) letzten Godzi-Streifen zu drehen, bemühten sich Okawara und Ohmori darum, dem Sauriermutanten ein würdiges Ende zu bereiten. Dies zum einen mit ein paar Rückgriffen auf den originalen „Godzilla“: Die Familie Yamane, der Oxygen-Zerstörer und ein bisschen Footage aus dem Schwarzweiss-Hobel. Eine nette Verbeugung vor dem Werk, mit dem alles angefangen hat. (Schnieke auch der – je nach Fassung leider gekürzte – Abspann.)
Zum anderen kurbelten sie den Tod des größten aller Monster in epischer Breite runter, mit jeder Menge Kitsch sowie Pathos und bedeutungsvollen Zooms in emotional aufwühlenden Momenten. Da bleibt kein Taschentuch trocken, schnüff. Aber ein Fünkchen Hoffnung bleibt dann doch – mit der Auferstehung von Godzilla jr., was in meinen Augen eine gelungene Erneuerung der christlichen Mythologie ist, mit der Urzeitechse als neuem (und coolerem) Jesus. (Es ist sicher auch kein Zufall, dass Destoroyah in seinem Äußeren stark an den biblischen Teufel erinnert – und hey, schließlich führt unser Lieblingsdinomutant seit jeher das „God“ im Namen.)
Besonders hübsch ist darüber hinaus der Soundtrack von Altmeister Akira Ikufube, der hier eine Variation auf seinen klassischen Godzilla-Marsch liefert, der mal so richtig derbe rockt. Aber auch die eher emotionalen Motive (das zu Godzilla jr. und natürlich dasjenige zum tragischen Ende) sind tief bewegend, wie ein inbrünstig gesungenes Lied in der Kirche. Der Streifen hier war übrigens auch sein letzter Filmbeitrag; inzwischen ist er 2006 verstorben.
Freilich, gelungen an „Godzilla vs. Destoroyah“ ist nicht alles (Okawara und Ohmori sind halt doch nur Menschen, und dazu noch Japaner): Ob man die doch ziemlich frechen, äh, Anleihen bei „Aliens“ und „Jurassic Park“ mag oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden (okay, ich find’s eigentlich ganz lustig).
Dass in einem Godzi-Film die Urzeitechse zwischendurch für mehr als eine halbe Stunde weitgehend aus der Handlung verschwindet, ist aber eindeutig suboptimal. Ganz zu schweigen davon, dass das zweitkreditierte Ungeheuer seinen ersten richtigen Auftritt erst nach einer geschlagenen Stunde hat. Immerhin: Ist das Vieh erst einmal da, folgt ein beinahe ununterbrochener, zwanzigminütiger Monster-Prügel-Porno der Superlative. Da fährt die Effekte-Crew noch einmal alles auf, was das japanische Monsterkino zu bieten hat, da werden ganze Modellstädte entvölkert und in Schutt und Asche gelegt, da gibt’s Explosionen im Dutzend billiger, da werden zig Spielzeugpanzer in die Luft gesprengt, da wird gesplattert, was das Gummi und das grüngelbe Kunstblut hält. Sehr kühl, auch deswegen, weil der rotglühende, extra-angepisste Godzilla ebenso eine Schau ist wie der gigantöse, wahrlich prächtig anzuschauende Destoroyah. Ein herzliches Kompliment an Effektespezialist Koichi Kawakita (der seit 1962 bei jedem zweiten Toho-Streifen die Tricks verantwortet hat, inzwischen aber in Rente zu sein scheint).
Aber ach, ein Wermutstropfen auch hier: Dass es am Schluss nicht Godzilla, sondern das japanische Militär ist, das Destoroyah den Rest gibt, ist eine Zuschauerverarsche sonderhausen. Den Analen zufolge wurde einst ein Ende gedreht, in dem Godzi Destoroyah eigenhändig killt, das habe Okawara aber nicht gepasst. Buh! Dafür möcht ich beiahe meinen Heiligsprechungsvorschlag zurücknehmen. (Gerüchten zufolge findet man das alternative Ende einzig im Bonusmaterial der japanischen DVD.)
Wie gesagt, abgesehen vom finalen Kampf und vereinzelten Possen vonseiten Godzillas oder den Monsterkrebsen nehmen menschliches Drama und Technoblabla viel zu viel Raum ein. Das ganze Gerede um Oxygen-Zerstörer und Mikro-Sauerstoff und das ewige Pro und Contra vonseiten sämtlicher Beteiligter langweilt. Dabei funktioniert das menschliche Drama eh kein Stück, weil die Charaktere plumpe Pappnasen sind und die angestrebte Ernsthaftigkeit von der schädelsprengenden Dummhaftigkeit der „wissenschaftlichen“ Erläuterungen unterminiert wird. Und diese „wissenschaftlichen“ Erläuterungen sind zwar herrlich doof, allerdings auch so widersprüchlich, dass sich eher Frustration als unfreiwillige Komik breit macht. Will sagen: Als die Rede davon war, „Atome zu mikronisieren“, hab ich noch gelacht, aber wieso scheint die Mikro-Sauserstoff-Waffe zum Schluss genau das Gleiche wie eine Ultraniedrigtemperaturlaserkanone zu sein? Wieso lernen wir den Oxygen-Zerstörer als menschgemachte Bombe kennen, wird aber plötzlich Destoroyah als solcher bezeichnet? Weshalb wird uns erzählt, ein Oxygen-Zerstörer, bzw. eine Mikro-Sauerstoff-Bombe habe wesentlich schlimmere Folgen als eine Atombombe, wenn besagte Folgen in keinem Verhältnis zu denen stehen, die durch den explodierenden (radioaktiven) Godzilla drohen? Das macht einfach keinen Sinn, dafür derbe Kopfweh. Dass der Film auch abgesehen von diesen Inkonsistenzen sämtliche Wissenschaftsfelder von Physik bis Biologie übelst schändet, versteht sich von selbst.
Wobei ich zugeben muss, keine Ahnung zu haben, wie viel dieser Stupidität nicht auf das japanische Original, sondern auch die amerikanische Bearbeitung, bzw. die deutsche Synchro zurückzuführen ist. Insofern: Im Zweifel für die Japanesen.
Menschliches Elend
Wie angedeutet, lässt der Streifen allzu viel Raum für menschliches Drama, was in Godzilla-Filmen immer schon eine schlechte Idee war. Auch hier gehen einem die Charaktere im besten Falle am Arsch vorbei, meist aber auf die Nerven. Nehmen wir zum Beispiel Dr. Ijuin (Takurô Tatsumi), bei dem es sich in schöner Tradition zweitklassiger Science-Fiction-Filme um einen Universalgelehrten und Berufshelden der Sonderklasse handelt: Er ist ein Experte in Physik, Chemie, Geologie, Paläontologie, Biologie und Videoanalyse, rettet mit seinen genialen Ideen (die aus dem Nichts kommen) die gesamte Menschheit und greift nebenbei eine junge, berühmte und hübsche Fernsehmoderatorin ab. So ein Arschloch.
Noch schlimmer ist freilich Yasufumi Hayashi als jugendlicher Brillennerd und Wesley-Crusher-Verschnitt Kenichi „Kenny“ Yamane. Wenigstens werden seine notgeilen Gelüste nach Segelohr-Telepathin Miki nicht weiter ausgeführt.
Apropos: Bei Miki Saegusa handelt es sich um eine wiederkehrende Rolle innerhalb der Heisei-Reihe; Megumi Odaka hat sie seit „Der Urgigant“ in jedem Teil derselben übernommen. Trotzdessen hat sie in „Godzilla vs. Destoroyah“ nicht allzu viel zu tun. Immerhin: Sie schaut süß aus (notgeile Gelüste nach ihr hab). Ihre Rolle als Miki gewann die ehemalige Zeichentrick-Sprecherin und Sängerin übrigens im Rahmen des „Toho Cinderella Contest“ (!) und hat seither als einzige Darstellerin in mehr als zwei Godzilla-Filmen denselben (menschlichen) Charakter gespielt. Dennoch hat sie ihre Lichtspielkarriere nach „Godzilla vs. Destoroyah“ ad acta gelegt und taucht heutzutage hauptsächlich in Theaterproduktionen (oder an Godzilla-Conventions) auf.
Die eigentliche weibliche Hauptrolle gibt hier Yôko Ishino als Fernsehreporterin Yukari Ishino. Dazu kann ich eigentlich nur sagen, dass aus der taffen Fernsehtante, die einen Hass auf Dr. Ijuin schiebt, arg schnell ein kicherndes Schulmädchen wird, dass sich in eben diesen Eierkopf verknallt – ich gebe allerdings zu, es sehr zu begrüßen, dass eben diese Lovestory nur angekratzt und vom Film ansonsten links liegen gelassen wird. Dafür Daumen hoch.
Ansonsten: Es gibt weitere Darsteller, die schon in anderen Godzilla-Streifen auftauchten und zum Teil bestehende Rollen wiederaufnehmen, aber das sind alles derartige Bit-Parts, dass ich es mir (und euch) erspare, näher darauf einzugehen. Erwähnenswert ist allenfalls noch Momoko Kôchi, die ihre Rolle als Emiko Yamane aus dem originalen „Godzilla“ wieder aufnahm (es war ihr letzter Film, drei Jahre später starb sie an Krebs).
Oh, und dann vielleicht noch Kenpachiro Satsuma und „Hurricane Ryu“ Hariken, die hier in den Kostümen von Godzilla, bzw. Godzilla jr. steckten. Satsuma spielte schon 1971 Godzillas Gegner Hedora und hat die Urzeitechse hernach in allen Heisei-Filmen verkörpert. Hariken hingegen spielte schon in „Godzilla vs. Mechagodzilla II“ Babygodzilla; nur logisch also, dass er sich hier in die Gummihaut von Godzilla jr. zwängt.
DVD
Die Silberscheibe von Marketing Film lässt wenig Wünsche offen. Beim Ton kann man zwischen Deutsch und Englisch wählen (kein japanischer Ton, weil die amerikanische Fassung zugrunde liegt – okay, das ist ein Wunsch, den die Scheibe offen lässt). Englisch gibt’s in Dolby Digital 2.0 mit festen deutschen Untertiteln, Deutsch gibt’s entweder in DD 2.0 oder als DD 5.1 Upmix (ich hab keine entsprechende Anlage, kann also wenig dazu sagen, wie gelungen dieser Upmix ist).
Im Bonusmaterial findet man den US-Trailer und eine Slideshow mit Screenshots, Pressefotos und Cover-Artworks. Hinter „Alternatives Ende“ versteckt sich nicht das oben erwähnte alternative Ende, sondern der vollständige Abspann (allerdings ohne Ton). „Die Geschichte des Monsters Teil 3“ ist, naja, der drittel Teil der Geschichte von Godzilla (nur Texttafeln); Teil 1 und 2 finden sich auf den Marketing-DVD zu „Godzilla vs. Mechagodzilla II“ und „Godzilla vs. Spacegodzilla“ – (japanische) Trailer zu den beiden Streifen befinden sich übrigens auch auf der DVD.
Fazit
„Godzilla vs. Destoroyah“ ist ein halbwegs würdiger (vorübergehender) Abschluss einer großen Serie, hat drei coole Monster und einen grandiosen Endkampf sowie coole Mucke zu bieten. Aber eben, etwas weniger menschliches Drama und pseudowissenschaftlicher Dummfug wären ganz nett gewesen, zudem werd ich den Verantwortlichen nie verzeihen, dass hier eben nicht Godzilla zum letzten Schlag ausholt.
Und dennoch: Vielleicht liegt es nur an den abgelaufenen Medikamenten, aber für mich ist Takao Okawara, Kazuki Ohmori und Co. aller Abzüge zum Trotz ein visionäres Meisterwerk gelungen, das nicht nur die Katastrophe von Fukushima und mutmaßlich deren Überwindung vorwegnimmt, sondern auch das christliche Evangeliums erneuert und in unsere moderne Zeit überführt. Ein Film, der nicht einfach nur das japanische Volk zum Optimismus anhält, sondern für die gesamte Menschheit eine Perspektive der Hoffnung bereithält. Angesichts dessen ist dieser Film sicherlich das wichtigste Werk seit der Bibel und sei jedem ans Herz gelegt. Insofern: Euch allen ein besinnliches Osterfest!
© 2011 Gregor Schenker (Manhunter)
BOMBEN-Skala: 4
BIER-Skala: 6
Review verfasst am: 24.04.2011