Ghost Town

 
  • Deutscher Titel: Ghost Town
  • Original-Titel: Ghost Town
  •  
  • Regie: Richard Governor (=Richard McCarthy), Mac Ahlberg
  • Land: USA
  • Jahr: 1988
  • Darsteller:

    Franc Luz (Langley), Catherine Hickland (Kate), Jimmie F. Skaggs (Devlin), Penelope Windust (Grace), Bruce Glover (Dealer), Michael Alldredge (Buddy), Laura Schaefer (Etta), Zito Kazann (Blacksmith), Blake Conway (Harper)


Vorwort

Irgendwo in der Wüste verschwindet die junge Kate, die gerade ihren Bräutigam vor dem Altar hat stehen lassen. Nur ihr ondoliertes Auto, offensichtlich in einem Sandsturm beschädigt, wird aufgefunden. Deputy Langley soll sich mal in der Gegend umsehen, bis der Sheriff eine ordentliche Suchmannschaft organisiert hat. Langley macht, kaum allein gelassen, die Bekanntschaft eines mysteriösen schwarz gekleideten Reiters, der mit ein paar gut gezielten Schüssen Langleys Karre in Brand schießt und sich umgehend in Luft auflöst.

Langley macht sich per pedes auf in Richtung Zivilisation, stolpert aber über eine ihm bislang unbekannte Wildwest-Geisterstadt und, dieser vorgelagert, den Grabstein eines 1870 erschossenen Sheriffs. Könnte man noch alles als pretty rational für die gottverlassenste Gegend Amerikas abtun, nicht aber, dass der umgelegte Sheriff sich reichlich vermodert aus seinem Grab erhebt, Langley am Kragen packt und von ihm dringlich als kollegialen Gefallen einfordert, „das Böse“ aus seiner Stadt zu vertreiben.

Unser Deputy schleppt sich in die Stadt, da er vermutet, Kate könnte von einem möglichen Entführer dorthin gebracht worden sein. Doch Langley plagen immer stärker Visionen aus der Vergangenheit, er sieht die Menschen der Stadt, wie sie damals lebten, und wird in diese Welt „hineingezogen“. Beim Hufschmied und dessen Schützling Etta findet Langley Unterschlupf, muss aber gleich mal zwei böse Buben umnieten. In Traumvisionen erlebt er mit, wie der Outlaw Devlin seinerzeit den guten Sheriff Harper angeschossen, gefoltert und lebendig begraben hat – Harper prophezeite vor seinem Abgang aber, dass die Stadt keinen Frieden finden wird, ehe Devlin nicht in die ewigen Jagdgründe eingezogen ist. Während für uns der Fall schon ziemlich klar liegt, braucht’s noch ein Weilchen, bis bei Langley der Groschen fällt, dass er auserwählt ist, um Devlins Schreckensherrschaft über die Geisterstadt ein für allemal zu beenden.

Was sich im Übrigen durchaus auch mit seinem Vorhaben, Kate zu retten, deckt, denn Devlin hält Kate für die Reinkarnation bzw. Personifikation einer einstmals von ihm angehimmelten Barsängerin und betrachtet Kätchen als sein persönliches Eigentum. Langley nimmt notgedrungen den Kampf auf, doch muss er feststellen, dass untote Geister-Cowboys recht schwer abzuknallen sind, zumindest mit seinen modernen Waffen. Es braucht schon die sanfte Mithilfe von Saloonbesitzerin Grace, um Langley auf den Trichter zu bringen, dass man Devlin und seine Spießgesellen nur mit Dingen verletzen und töten kann, die aus ihrer eigenen Zeit stammen…


Inhalt

Wenn man so will, ist die Existenz von Horror-Western ein Beleg für meine (zugegeben unpopuläre) These, dass „Western“ an und für sich kein spezifisches Genre ist, sondern ein „Setting“, in dessen Rahmen von der romantischen Liebeskomödie bis zum Splatterhorror jede beliebige Art Film machen kann. Egal, ob man das nun puristisch sieht oder nicht, jedenfalls ist die Verquickung von Horror und Western etwas, das mir durchaus Spaß bringt und eigentlich auch „mythologisch“ jede Menge Möglichkeiten bietet. Ob diese Möglichkeiten nun ausgerechnet bei Charles Band und Empire Pictures gut aufgehoben waren?

Darüber kann man sicher streiten, zumal „Ghost Town“ einer dieser Filme ist, dessen Entstehungsgeschichte allein schon Drama, Herzschmerz und Enttäuschungen beinhaltet, die einen Film für sich wert wären. Details finden sich im von mir immer wieder empfohlenen Buch „Empire of the B’s“ von Dave Jay, Torsten Dewi und Nathan Shumate, aber für ’ne Kurzfassung bin ich auch zu haben. Die ursprüngliche Geschichte verfaßte der eigentlich Empire-erprobte David Schmoeller, der auch die Regie übernehmen sollte, nach eigener Aussage aber keinen rechten Zugang zu dem Thema fand und durch First- (und Last-)Timer Richard McCarthy ersetzt wurde. Nun war Empire zweifellos ein Laden, wo man sich als Nachwuchsregisseur die Hörner abstoßen konnte, aber McCarthy machte sich ans Werk, als Empire bereits schwer in Richtung Abgrund taumelte und dementsprechend ein wenig konfus amtierte. Das Script wurde zigtausendmal umgeschrieben, während McCarthy schon längst drehte. Es wird letztlich nicht mit absolutem Wahrheitsanspruch zu klären sein, ob McCarthy einfach mit der Situation überfordert oder von den Begleitumständen genervt war, jedenfalls schmiss er mitten im Dreh das Handtuch, und so musste Kameramann Mac Ahlberg die Sache als Ersatz-Regisseur zu Ende bringen (nicht das schlimmste, was einer Produktion passieren konnte, schließlich ist Stuart Gordon gewillt, ihm ordentlich Kredit für die Unterstützung beim „Re-Animator“-Dreh zu verleihen). Für eine richtige Schnittfassung war dann auch keine Zeit mehr, ehe der Film mit einer halben Handvoll Kopien in ein acht (!) Kinos geprügelt wurde – anlässlich der Kinopremiere bemerkte dann z.B. Filmkomponist Havey Cóhen, dass man seinen Score beinahe völlig durch „stock music“ ersetzt hatte. Was dann später auf VHS erschien, war, so munkelt man, nicht mehr als ein hastig releasetauglich zusammengeklöppelter Workprint, von Director’s oder wenigstens Producer’s Cut kann da keine Rede sein. McCarthy war von diesem Erlebnis offenbar so stark beeindruckt, dass er von der Filmerei in der Folge komplett die FInger ließ – der Film selbst war lange Jahre rar wie die sprichwörtliche Seuche, aber nachdem sich mittlerweile bei den meisten Empire-Titeln die Rechtelage, die nach dem Bankrott der Firma in vielen Fällen sehr unübersichtlich war, geklärt hat, stand einem aufgepeppten HD-Release nichts mehr im Wege. Und da wären wir also jetzt…

Natürlich merkt man dem Film die ungünstigen Begleitumstände seiner Produktion an – die Story (that little that actually is) mäandert recht unfokussiert zwischen ihren Realitäts- und Zeitebenen hin und her, nie scheint sich der Streifen wirklich einig zu sein, welche *Art* Horrorfilm er sein will: ein atmosphärisches, ruhiges mood piece, das hauptsächlich mit der Mystik und der Stimmung eines surrealen Traums arbeiten will, oder doch lieber ein handfester Splatterfilm, dem’s darum geht, seine ansehnlichen Make-up- und Animatronic-Effekte ins rechte Bild zu setzen. Es ist ein Zwiespalt, den „Ghost Town“ nie wirklich in den Griff bekommt, was sicher aus der Unerfahrenheit des Regisseurs und den ständigen Scriptänderungen resultiert. Man wünschte sich, jemand wie David DeCoteau säße am Steuer, dem die unwirkliche Stimmung der aus ihrer Zeit versetzten Geisterstadt sicher gelegen hätte und mit seinem im besten Fall poetischen Stil einen einheitlicheren Film hinbekommen hätte, auch unter den gegebenen Schwierigkeiten. Aber DeCoteau war damals zwar schon in Charles-Band-Diensten, aber primär mit Microbudget-Projekten beschäftigt, die nicht für einen Kinoeinsatz konzipiert waren, sondern Fodder für Charlies Videolabel Wizard sein sollten.

Daran, dass das Script zwar die ein oder andere gute Idee hat, aber nie wirklich in die Form einer richtig packenden Geschichte hat, hätte er allerdings auch nichts änder können. Die Story ist einerseits sehr offensichtlich (und Langley wirkt ein wenig schwer von Begriff, weil er so lange braucht, um recht klar auf der Hand liegende Plotpoints zu kapieren), andererseits auch wieder zu vage, ohne eine echte klare Mythologie, die erklärt, wie Devlin zu diesem untoten Killer werden konnte und der ganze Fluch funktioniert (Devlin ist der einzige, der permanent eine Art Zombie-Make-up trägt, während seine Untergebenen, genau wie die Stadtbewohner, quicklebendig aussehen). Zwischendurch verliert der Film auch mal seinen Aufhänger, die Entführung Kates, etwas aus den Augen und bringt diesen Plotteil auch nur sehr gezwungen in seiner Gesamtgeschichte unter.

Allerdings bin ich immer für ein munteres Verschmelzen von Zeit- und Realitätsebenen zu haben und das macht „Ghost Town“ ganz gut, vom beginnenden Ein- und Aus-„Faden“ vergangener Elemente bis zum vollständigen Wechsel in die Western-Zeit (bzw. kompletten Erscheinen der Stadt und ihrer Bewohner in unserer Zeit. Mit mehr Zeit & Geld und weniger Produktions-Hassel hätte man sicher alles in eine etwas surrealere Atmosphäre verpacken können, klar – Mac Ahlbergs prinzipiell ausgezeichnete Kameraarbeit wirkt manchmal etwas zu klar, etwas zu steril, besonders in der neu abgetasteten HD-Fassung, aber ich verstehe und respektiere, dass man im Remastering-Prozess nichts durch Filter-Klatscherei nachträglich verfälschen mochte, selbst wenn es vielleicht sogar angebracht gewesen wäre.

Sehen lassen können sich auch die zwar dosiert gesetzten und nicht immer plakativ in den Vordergrund gerückten Splatter- und Make-up-Tricks aus der Werkstatt von John Carl Buechler und die Handvoll animatronischer FX – speziell für Empire, die nicht immer Top-Qualität im FX-Sektor bieten konnten, ist das sehr ehrbare Arbeit.

Franc Luz („Harry und Sally“, „Don Juan DeMarco“) ist überraschend gut in der Hauptrolle – ich hatte eher die Befürchtung, dass Empire wieder jemanden in eine Hauptrolle steckt, der dafür nicht unbedingt geboren war, aber Luz gelingt es, trotz der ein oder anderen Schwäche des geschriebenen Charakters, den Film mit sympathischer Ausstrahlung und Charisma zu tragen. Muss er eigentlich auch, denn Jimmie F. Skaggs („Die Piratenbraut“, „Oblivion“) dreht als Devlin ganz schön auf, da kommt schon Freude auf. Catherine Hickland („Witchcraft“, „Knight Rider“, ansonstne hauptsächlich im Daytime-Soap-Geschäft) hat nicht gerade eine Rolle, in der man sich auszeichnen kann, klassische damsel-in-distress, und drängt sich nicht für höhere Weihen auf. Penelope Windust („V – Die außerirdischen Besucher kommen“, „Bird“) macht sich als Grace recht patent, und Bruce Glover („Diamantenfieber“, „Chinatown“) setzt Akzente in einer weitgehend sinnfreien, aber schön mysteriösen Rolle als blinder Gambler.

Die britische Blu-Ray von 88 Films bietet einen ausgezeichneten, vielleicht, wie gesagt, ZU ausgezeichneten neuen HD-Transfer (1.85:1) und soliden O-Ton, ist aber ansonsten recht schmalbrüstig ausgestattet – nur der Trailer und eine (launige) Trailerreel.

„Ghost Town“ ist letztlich ein Film, der mit „eher interessant als *gut*“ einigermaßen passabel beschrieben ist – es stecken gute Ideen drin, Kamera, FX-Department und Schauspieler leisten durchaus Erbauliches, doch das Chaos hinter den Kulissen machte einen wirklich befriedigenden, spannenden und packenden Film nicht möglich. Dennoch – trotz des mäßigen Tempos und der ständigen Vorstellung, dass da viel viel mehr drin war, ist „Ghost Town“ recht angenehm anzuschauen; dass Charles Band „Western“ nur noch als SF („Oblivion“) oder Softsex anpackte, ist eigentlich verwunderlich, denn Potential, auch mit den Full-Moon-Budgets (in der besten Zeit der Unternehmung) in dem Genre punkten zu können, gibt es allemal. Empire hatte allerdings dann doch einen weiteren Fokus als Charlies spätere, strikt auf Serientauglichkeit gebürstete Firma. Wer die Möglichkeit hat, oder prinzipiell am Horror-Western seine Freude hat, sollte trotz der vorhandenen Schwächen mal reinkucken. Es mag kein perfekter Film sein, aber er belohnt das Zukucken mit schönen Bildern, guten Effekten und einem mächtig auftrumpfenden Jimmie F. Skaggs.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 6


mm
Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments