Geisterjäger John Sinclair: Engelsgrab

 
  • Deutscher Titel: Geisterjäger John Sinclair: Engelsgrab
  • Original-Titel: Geisterjäger John Sinclair: Engelsgrab
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  • Regie: Daniel Anderson
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2000
  • Darsteller:

    Kai Maertens (John Sinclair)
    Jana Hora (Glenda Perkins)
    Urs Remond (Bill Connolly)
    Antonio Wannek (Chris)
    Matthias Klimsa (Samael)
    Silvia Rachor (Alice)
    Sylvia Leifheit (Claudine)


Vorwort

Und weiter geht es mit unserem Streifzug durch die Untiefen des Serientrashs. Wer sagt eigentlich, dass hier nur amerikanische Serien besprochen werden müssen? Wenn der Doc sich derzeit mit der deutschen TV-Kultur aufhält, kann ich euch doch genauso gut das andere Ende der Skala zeigen (nicht, dass ihr noch zu glauben beginnt, im deutschsprachigen Raum gäbe es nur Qualitätsprodukte, hehehe). Und was wäre naheliegender, als dies mit der Vergewaltigung von einer der Ikonen meiner Kindheit zu tun? Die „Geisterjäger John Sinclair“-Romane von Helmut Rellergerd alias Jason Dark habe ich so im Alter von acht bis neun Jahren sehr gerne gelesen (und wenn ich nostalgisch werde, tue ich das heute noch). Ein paar Jahre später, es war 1997, versuchte sich RTL zum ersten Mal an dem Thema und verfilmte den Roman „Die Dämonenhochzeit“ mit Florian Fitz in der Rolle des Geisterjägers. Der Film hatte gute Einschaltquoten, fiel aber bei den Fans aufgrund der vielen Änderungen zur Vorlage und der generell billigen Machart durch.

Drei Jahre nach diesem Zelluloiddesaster, man schrieb mittlerweile das Jahr 2000, dachte man sich bei RTL (wohl auch aufgrund des anhaltenden Erfolges von Serien wie „Buffy“ und später auch „Angel“), dass man dem Geisterspezialisten von Scotland Yard noch eine Chance geben könnte und drehte einen neuen Fernsehpilotfilm und eine Serie. Dies tat man gleich mit komplett neuer Besetzung (was die Leute von RTL nicht davon abhielt, den drei Jahre älteren FIlm nochmal vor dem ersten Pilotfilm zu zeigen, was die Zuschauer – da es sowas wie ne Erklärung vonseiten RTLs nicht gab – doch ein wenig verwirrte). Um es kurz zu machen: Die Serie schaffte etwas, was viele nicht für möglich gehalten hätten: Sie war noch billiger gemacht als der Film aus dem Jahr 1997 und wurde nach der achten Folge eingestellt, da die Quoten den Tiefpunkt auch nur dann erreicht hätten, wenn sie sich auf die Zehenspitzen gestellt hätten.

Die Folge „Engelsgrab“ ist die sechste Episode der Serie und soll hier und heute das Thema sein. Als wünsche ich euch schon einmal viel Spaß, denn es wird euch ja sicher gefallen, wenn ihr lesen könnt, wie ich leide. (Tut nicht so scheinheilig, deshalb seid ihr doch hier!)


Inhalt

Wir sehen eine Boutique mit einigen Schaufensterpuppen. Eine der Puppen bekommt plötzlich rot leuchtende Augen (sprich: Man hat den Darsteller wohl mit zwei Minitaschenlampen angestrahlt) und marschiert schnurstracks durch die Scheibe, was natürlich ganz doll theatralisch wirkt (zumindest will uns das die Musik erzählen). Sie sieht dabei zweimal eine halbattraktive Blondine vor ihrem geistigen Auge, wirft die Perücke weg, die sofort in Flammen aufgeht. Kann mir mal jemand sagen, wieso eine Schaufensterpuppe unter der Perücke noch eine Frisur hat? Oder hat sich unser Bad Guy mal schnell ne coole Geltolle wachsen lassen, damit er nicht glatzköpfig dasteht? Jedenfalls ist Blondie offenbar das Ziel des Bösewichts und er macht sich auf den Weg, um gar Böses mit ihr anzustellen (nein, nicht sowas, ihr Ferkel!).
Irgendwo läuft gerade ein Junge von einem Zug davon. Über die Szene wird das Bild von einer jungen Frau (es ist Blondie) geblendet. Währenddessen träumt eine Mutter offenbar von ihrem Sohn Chris (??? Jedenfalls ist Chris der Junge auf der Flucht vor dem Zug), der ihr offenbar Probleme macht. Sie wird von ihrem Mann aufgeweckt. Dessen Aussage, dass Chris in seinem Bett wäre, wird recht schnell von der Polizei widerlegt, welche die Frucht seiner Lenden vor seiner Haustür abliefert. Chris habe mit ein paar Freunden im Bahntunnel herumgehangen und die Vollbremsung eines Betriebswagens ausgelöst, verletzter Lokführer inklusive. Wie Chris das überlebt hat, ist eher rätselhafter Natur (ich würde auf wienerisch sagen: „Die Bleden hobens Glück!“). Jedenfalls behauptet Chris steif und fest, ein Rendezvous mit seinem Schutzengel gehabt zu haben (und morgen gibts dafür mit Sicherheit ein Date mit dem Psychiater). Damit verabschiedet sich die Polente. Danach sehen wir, dass unser Schaufensterpuppenheini gar gruselig bei einer Statue steht, während der Mond mit Höchstgeschwindigkeit über ihn hinwegbraust (das wäre sogar ein wenig creepy, wenn man in die Optik mehr als 3€ 50 investiert hätte). Es läuft der Vorspann.

Papa ist noch immer damit beschäftigt, Chris zur sprichwörtlichen Sau zu machen (und outet sich dabei als veritables Arschloch), während wir – wir könnten es ja schon wieder vergessen haben – noch einmal sehen, wie unsere Schaufensterpuppe durch die Scheibe steigt. Der Grund für die Wiederholung: Der Besitzer des Ladens hat den Schaden bemerkt und die Polizei gerufen. Er möchte Anzeige erstatten, da offenbar jemand die Scheibe eingeschlagen und seine Puppe geklaut hat. Einer der Bobbies macht ihn dezent darauf aufmerksam, dass die Scherben allesamt auf der Straße liegen und das Schaufenster deshalb nur von innen zerbrochen sein kann. Der Polizist verdächtigt die Mitarbeiter (warum sollten die die Scheiben von innen einschlagen, wenn die wahrscheinlich eh den Schlüssel haben?). Der Besitzer beklagt sich darüber, dass seine Puppe und mit ihr das Outfit von Armani weg ist.

Bei Chris wird diesem von seiner Mutter gerade erklärt, dass es auf dieser Welt keine Engel gibt und fragt ihn, ob er Drogen nimmt. Chris verneint dies und erklärt, dass er in diese gefährlichen Situationen immer wieder hineingezogen wird und ihn sein Schutzengel dann befreien würde. Außerdem müsse sie sterben und wenn sie stirbt, ist er auch dran. Papa hängt sich an der Vokabel „sie“ auf und vermutet, dass Chris in ein Mädchen verliebt sei und vor ihr den großen Macker spielen würde (und schafft es, eindrucksvoll zu beweisen, dass er ein noch größeres Arschloch sein kann als noch vor zwei Minuten). Chris meckert herum, dass ihn niemand verstehen würde: „Ich geh ins Bett, ich brauche jemanden, der mich versteht!“ (Seltsamer Satz. Wen meint er denn, seine linke Hand vielleicht?)

John Sinclair und sein Freund Bill (ein Journalist) sind unterdessen damit beschäftigt, Fotos für einen Newsweek-Artikel auszusuchen, der John und sein Geisterjägertum zum Thema haben soll. John sind die Bilder ziemlich wurscht, er muss zum Flughafen, weil im Ausland eine wichtige Tagung auf ihn wartet, auf die er aber auch keinen Bock hat. Sein Chef will halt nur leider, dass er mit ihm gemeinsam dort aufkreuzt. Außerdem denkt John, dass sein Job nichts für die breite Öffentlichkeit ist und hat noch eine Bitte: „Dann lass wenigstens den ‚Geisterjäger‘ weg, das hört sich an wie ein Groschenroman.“ Warum habe ich gerade ein Bild in meinem Kopf, das zeigt, wie Helmut Rellergerd dem Drehbuchautor eine runterhaut? (Ganz zu schweigen davon, dass das Drehbuch glücklich wäre, wenn es überhaupt die Qualität eines durchschnittlichen Groschenromans hätte.) Bill lehnt diese Bitte ab, da so etwas die Auflage steigern würde. Jedenfalls sucht John noch die Tickets, während euer Chronist sich darüber wundert, wieso Johns Wohnung weißer ist als weiß.
Bill schenkt ihm zum Abschied ein Diktiergerät und John erzählt uns per Voiceover, was er an Tagungen nicht mag. John verlässt seine Wohnung (wenn wir man sich seine Wohngegend ansieht, könnte man glauben, er wohnt nicht in London, sondern in Lagerhallen-City), als er sieht, dass da gerade ein Irrer auf nem Moped (es ist Chris) frontal und ohne zu bremsen in einen LKW donnern möchte. Natürlich schreitet da der Schutzengel ein und sorgt dafür, dass Chris – obwohl er bei seinem Abflug schätzungsweise die Höhe des fünften Stocks erreicht – nur ein paar Kratzer am Knie davonträgt. Oh Gott, wir sind erst bei Minute elf und ich bin schon auf Seite 4. Nehmt euch nen Keks Leute, das könnte noch länger dauern…

Chris liegt am Boden, während ihm sein Schutzengel erscheint und sich zu ihm setzt. Die Engelin macht Chris Vorwürfe, weil sie seinetwegen immer wieder Schwerstarbeit zu verrichten hat, während Chris moniert, dass ihm sowas immer nur dann passiert, wenn sie auftaucht (warum willst du sie dann nochmal dauernd sehen?).
Schutzengelchen will mit ihm nicht die „Huhn oder Ei“-Diskussion führen (das sagt sie wirklich so) und eröffnet ihm, dass er sein Leben schon zu oft in Gefahr gebracht hat und sie nicht mehr sein Schutzengel sein könne, weil sie sterben würde. Es will sie nämlich jemand umbringen und damit auch die letzten Idioten kapieren, wer das sein könnte, sehen wir jetzt zum dritten Mal die Szene, in welcher die lebendig gewordene Schaufensterpuppe durch das Schaufenster marschiert. (Dreimal in 12 Minuten. Haltet ihr euer Publikum wirklich für so dumm, liebe Macher?) Chris fragt seinen Engel noch, wer ihm denn ans Leder will. „Samael“, antwortet Blondie und macht sich vom Acker. Lustig, dass da dabei auf ihrem Rücken plötzlich Flügel auftauchen und sie trotzdem einfach im Gehen verschwindet.

Jetzt wird es ein wenig verwirrend. Denn anscheinend hat das ganze Gespräch im Zeitraffer in einer anderen Dimension (oder so) stattgefunden. Jedenfalls sehen wir noch nochmal kurz den Crash, John läuft los um dem Jungen zu helfen, aber als er bei ihm ankommt steht dieser bereits wieder auf seinen Beinen (also entweder war das Gespräch wirklich im Zeitraffer, oder John hat für die drei bis vier Meter wirklich fünf Minuten gebraucht). Chris erkennt John von einem der Zeitungsartikel Bills und fragt ihn gleich, ob er schon einmal seinem Schutzengel begegnet ist. John verneint dies und bringt Chris zwecks erster Hilfe in seine Wohnung zurück (wenn mich ein Unfallopfer sowas fragen würde, würde ich ihn ja erst einmal zum Schädelröntgen ins Krankenhaus bringen).

Bei Chris‘ Eltern zuhause geht seine Mutter in den Garten. Plötzlich verschwinden alle Leute rund um sie herum (was sie mit einem Gesichtsausdruck zur Kenntnis nimmt, den ich aufsetze, wenn ich merke, dass es gleich regnen wird) und Samael taucht auf. Samael schnüffelt an Chris‘ Halstuch/whatever herum (pädophil, oder was?) und fragt die Mutter mit einem ziemlich perversen Grinsen im Gesicht, ob dies ihrem Sohn gehören würde. Mutti setzt Samael davon in Kenntnis, dass ihr Mann bald daheim sein wird und fragt außerdem, ob Samael von der Schule oder der Polizei kommt (klar, Schule und Polizei fielen mir auch immer als erstes ein, wenn ein blaugrauer Alientyp bei mir im Garten stehen und ein Halstuch von meinem Sohn beschnüffeln würde, newa? Das Boing-Geräusch gerade eben war übrigens mein Kopf, den ich gegen meinen Schreibtisch geknallt habe…). Samael, der offenbar wie ein kleiner Wauwau Chris‘ Fährte aufgenommen hat, verschwindet, und schon tauchen alle Leute wieder auf. Chris‘ Mutter will offenbar ihre Emotionen zum Ausdruck bringen und zieht ihre Oberlippe hoch. Wahrlich eine große Schauspielkünstlerin die Frau.

Chris befindet sich währenddessen mit John in dessen Wohnung und schiebt den allgemeinen „Keiner versteht mich!“-Pubertätsblues, während John seiner Assistentin Glenda sagt, dass er seinen Flug verpasst habe und ihr dabei gleichzeitig den schwarzen Peter zuschiebt, dass sie diese Tatsache dem Boss (der bereits bei der Tagung ist) verklickern soll. (Irgendwie irritiert mich die romantische Musik, die im Hintergrund läuft und zwar schon VOR Glendas Anruf.)
John fragt Chris, wieso er so eine Scheiße veranstaltet. Der antwortet darauf, dass das Leben eben langweilig sei, allerdings habe er jetzt ein „uncooles Gefühl“. Anstatt Chris für seine Blödheit eine reinzuhauen (außerdem ist die Aussage so ziemlich das Gegenteil von dem, was Chris vorhin seinen Eltern mitgeteilt hat) sagt John nur, dass sein Schutzengel wohl Schwerstarbeit zu leisten hatte bei dem Crash vorhin. Außerdem sagt John der Name Samael was. Bei ihm handelt es sich um einen Höllenengel, welcher der Todfeind aller Schutzengel sei und der außerdem den Hochmut bestrafen würde. Um es für dich nochmal zu übersetzen lieber Chris: Da damit wohl kaum der Hochmut der Schutzengel gemeint ist, kann das nur jenen der Schützlinge gedacht sein. Du hast also mit deinen bescheuerten Stunts deinen Schutzengel, der gleichzeitig die Frau ist, die du liebst, umgebracht. Ich glaube, du hast deinem Psychiater demnächst einiges zu erzählen, kann das sein?

Die Engelin hat sich mittlerweile auf einem Friedhof einen schönen Platz zum Sterben ausgesucht. John und Chris sind in der Zwischenzeit auf dem Weg, da Chris „weiß“, dass seine Engelin auf dem „Friedhof der gerechten Kinder“ (sind das Kinder, die als Kriegshelden gestorben sind, oder was?) sterben wird. Außerdem rhabarbert er über „Last Action Hero“ und John sagt, er wäre nicht Arnold Schwarzenegger (wär ich nie drauf gekommen). Samael sagt in der Zwischenzeit, was für ein schöner Platz das nicht wäre und dass es ihm das Herz brechen würde, dass er den Engel nun erledigen müsse. Er sagt ihr – bevor er sie mit Pfeil und Bogen erledigt – noch, dass er ihren Schützling bereits gefunden hat. Dann schießt er, unsere Engelin stirbt und verwandelt sich in eine Schaufensterpuppe. (What the Fuck??? Wollen die Macher damit echt sagen, dass JEDER Engel erst in eine Schaufensterpuppe steigen muss, damit er hier herumgeistern kann?? Der billige rote CGI-Nebel macht die Sache auch nicht wirklich besser. *kopfpatsch*) John und Chris finden den toten Schutzengel und John sagt zu dem Jungen daraufhin, dass sie leider zu spät gekommen wären (natürlich erkennt Chris in der Schaufensterpuppe, die nicht einmal die geringste Ähnlichkeit mit dem Schutzengel aufweist, sofort als die von ihm Geliebte wieder).

Um Chris zu beruhigen, erzählt John ihm die Geschichte, wie Satan im Inneren des Menschen nach dessen Seele gesucht hatte (Satan kroch in den Menschen hinein, suchte die Seele, fand sie nicht, da dieses menschliche Wesen aus seiner Sicht hohl war, und kroch hinten wieder raus. Dann setzte er sich hochmütig auf Gottes Thron und wurde dafür von selbigem rausgeworfen. Ja mir ist klar, dass das ne Metapher für die Schaufensterpuppen hier sein soll, aber nein, besser macht es die Sache nicht). John und Chris wollen den Engel beerdigen, als plötzlich der Friedhofsgärtner vorbeikommt, sich beschwert, dass alle hier ihren Müll abladen, und den Engel auf den nächsten Mistplatz werfen will. Chris will dem Kerl mal ein wenig aufs Dach steigen, aber John hält ihn gewaltsam zurück und meint, dass sie dafür keine Zeit hätten (Warum eigentlich? Es muss doch möglich sein, dem Typen die Puppe abzuschwatzen und sie woanders zu beerdigen). Chris kriegt einen Anfall, brüllt, dass er total verrückt wäre, drückt sich mit beiden Händen gegen die Schläfen und tut generell so, als ob er sich den Schädel runterreißen wollen würde (Was hat meine alte Grundschullehrerin bei so etwas immer gesagt? Ach ja: „Fester, vielleicht bringts was!“). John regt sich darüber auf, dass Chris einen Scheißdreck darüber weiß, was das Wort „verrückt“ eigentlich bedeutet, und dass alles wahr wäre, was hier passiert, auch wenn er es nicht begreift (Woher nimmt John eigentlich diese Sicherheit? Bis jetzt hat er als „Beweis“ nur eine Schaufensterpuppe auf einem Friedhof gesehen).

Wohl um Chris zu zeigen, was es heißt, wirklich irre zu sein, schleppt er ihn gleich ins Irrenhaus (meinetwegen kann er ihn gleich dort lassen). Chris wird zum Warten verdonnert, während unser Geisterjäger eine gewisse Claudine in ihrer Gummizelle besuchen geht. Claudine hat nämlich eine spezielle Fähigkeit: Sie kann die Stimmen der Engel hören. Und momentan sind diese wieder besonders laut. John Sinclair quasselt irgendetwas davon, dass sie in den Schaufensterpuppen stecken würden und zwar gar nicht so wenige von ihnen, nur wir könnten sie nicht sehen (ganz ehrlich, der Drehbuchautor sollte mal überlegen, ob er sich nicht gleich in diese Anstalt einweisen lassen will. Und wenn dies in der Vorlage auch so stand, dann kann er den Herrn Rellergerd gleich mitnehmen). „Die Puppen sind die Häuser ihrer Seelen“, faselt Claudine und beweist damit, dass sie nicht zu Unrecht in der Gummizelle einquartiert wurde. John verspricht Claudine noch, dass er sie später notfalls auch gegen den Willen ihrer Mutter hier herausholen möchte (ich kenne mich mit der Gesetzeslage ja nicht so aus, aber jemanden gegen den Willen der Erziehungsberechtigten aus der Anstalt zu holen, stelle ich mir doch ein wenig schwierig vor). Claudine will das nicht.

John verlässt das Irrenhaus gemeinsam mit Chris. Keine Sekunden später betritt Samael den Warteraum (ganz ehrlich, in den MÜSSEN sie reingelaufen, schließlich ist noch nicht einmal die Tür zugefallen, bevor Samael im Zimmer stand, herrgottnocheinmal!!). Der Warteraumfuzzi sagt, dass er Samael nicht auf seiner Liste habe (und das, ohne dessen Namen zu kennen. Läuft das dort mit Gesichtserkennung, oder wie?). „Sie haben Glück. Denn sie stehen heute nicht auf meiner Liste“, antwortet Samael und schluckt sämtliche Medikamente, die sein Gegenüber gerade auf einem Tablett spazieren trägt. Ich finde es echt putzig, wie das Aussehen und Verhalten von diesem Typen einfach akzeptiert wird, ohne dass es auch nur irgendjemand hinterfragt.

John hat Chris, da dieser nicht zu seinen Eltern wollte (übrigens findet es John die gesamte Folge lang nicht der Mühe wert, wegen Chris die Polizei anzurufen. Ist ja nicht so, dass ein mehrere Tage abgängiger Teenager von seinen Eltern vermisst werden könnte), mit in seine Wohnung genommen. Chris möchte gerne mit Johns Beretta spielen, was dem nicht wirklich gefällt. John fragt Chris, was denn dessen Vater von seinen Aktionen halten würde. Chris antwortet, dass er (sein Vater) nicht sein richtiger Vater wäre und sein Stiefvater nur so tun würde, als ob er sich für ihn interessiere, damit er weiter „seine Mutter bumsen“ kann, und mit Mama wäre es dasselbe, da diese ohnehin glücklich wäre, wenn er (also der Stiefvater, nicht Chris) über sie „drüberrutschen“ würde. Dann wird noch kurz diskutiert, wieso John keine Kinder hat. Der begründet dies damit, dass er erstens kein guter Vater wäre und er es zweitens nicht leiden kann, wenn Kinder nicht zuhören (und ihm – wie Chris – den Whisky wegsaufen). John bekommt einen Anruf von seinem Boss, der natürlich nicht sehr erfreut darüber ist, dass er allein in Brüssel sitzt. John legt relativ schnell wieder auf, wie Chris ins Badezimmer gegangen ist und dort offenbar beim Kotzen (Nach zwei Gläsern Whisky? Weichei!) sonderbare Geräusche von sich gibt.
Chris klettert währenddessen unter dem Einfluss von Samael, der auf dem Dach sitzt, aus dem Fenster. Wollt ihr mal ein Beispiel für sinnlosen Voiceover haben? Ja? Wie wäre folgendes: „Ich ging ins Bad. Sekunden später war ich da.“ Währenddessen sehen wir, wie aufregend es ist, wenn John Sinclair sein Badezimmer betritt. Spannend, oder? Und vor allem hätte man ohne Erzähler doch gar nicht begriffen, was hier passiert, oder? GEH ZU ENDE, BLÖDE SERIE!!

John bemerkt natürlich, dass Samael dafür gesorgt hat, dass Chris seit neuestem glaubt, er wäre ein passabler Reservespiderman, und klettert hinterher, um den Volldrömel zu retten. Sinclair verliert das Gleichgewicht und verliert sein Kreuz (das im Sinclair-Universum nicht unwichtig ist, was in der Serie gerade mal in dieser Folge ein wenig angedeutet wird). Samael sagt, dass die Versuchung, Sinclair zu töten, schon sehr groß wäre, und außerdem fragt Samael John, ob er nun Chris‘ neuer Schutzengel wäre, denn Schutzengel stehen auf seiner Liste, etc. Jedenfalls labert Samael so lange herum, bis Johns Putzfrau auftaucht und Samael dadurch verschwinden muss. Warum zum Teufel steigt er Sinclair, der sich eh nur noch mit Müh und Not an einer Stange festhält, nicht gezielt auf seine Hände und sorgt so dafür, dass unser Geisterjäger einen Abflug vom Dach unternimmt? So wird das natürlich nichts. Der Tipp der Hausmeisterin für John („Bleiben sie, wo sie sind!“) ist übrigens auch ein wenig sehr bescheuert, wenn man bedenkt, wo sich der gerade befindet….

In der Zwischenzeit spaziert Claudine einfach aus der Irrenanstalt. Und denkt bitte nicht, sie würde das heimlich tun, sie spaziert einfach mitten in der Nacht beim Haupteingang raus und begibt sich auf Engelsuche, wie uns der Erzähler erklärt. Wachen und abgeschlossene Türen sind hier wohl Fremdwörter.

John hat in der Zwischenzeit wieder festen Boden unter den Füßen. Die Fahndung nach Chris – der verschwunden ist – läuft schon, allerdings hat Chris ein rechtes Allerweltsgesicht und unser supertoller Geisterjäger, der ja auch Inspektor beim Scotland Yard ist (und so ein wenig Ahnung von solchen Dingen haben sollte) hat glatt vergessen, Chris nach seinem Familiennamen zu fragen (der Junge war wie lange bei dir, du Idiot??).
Sinclair will Samael und die anderen Engel (und so wohl auch Chris) finden. Dafür hält er sich an die Schaufensterpuppen (über diese behämmerte Idee bin ich immer noch nicht hinweg), als ihm plötzlich Claudine entgegen tanzt. Die erzählt ihm was davon, dass die Engel sich versammeln würden, sie eine große Konzentration spüre und sie jetzt die Engel retten geht. Dann tanzt sie einfach weiter ihrer Wege. Äh, John? Die Alte hat zwar eindeutig eine ganze Palette von Schrauben locker, aber wäre es echt zu viel verlangt, dass du sie verdammt noch mal nicht einfach gehen lässt, wenn sie dir schon sagt, dass sie weiß, was die Engel wollen (und du ihr ja glaubst, dass sie diese hören kann?)?? Unser Held hat hier echt einen IQ von zehn (und – um Forumskollege PoesRabe zu zitieren – „12 Punkte braucht der Knoblauch zum Stinken“). John sagt als Erzähler noch etwas davon, dass sie sich nur gegen ihn gestellt hätte, wenn er sie gewaltsam festgehalten hätte. Junge, dann sag doch einfach sowas wie „Gehen wir gemeinsam die Engel suchen!“, da wäre die doch eh Feuer und Flamme gewesen.

Natürlich schwebt unsere Anstaltsbewohnerin, kaum dass sie außer Johns Sichtweite ist – am falschen Schaufenster vorbei. Nachdem sie an einem Passanten vorbeigegangen ist, der sie nach Feuer gefragt hat, steigt Samael auf seine bereits bekannte Art und Weise aus dem Fenster (er ist offenbar in eine neue Puppe gefahren, die zufälligerweise ganz genau so aussieht, wie die alte zuvor). Der Passant entblödet sich echt nicht, die gerade vor seinen Augen zum Leben erwachte Puppe zu fragen, ob sie vielleicht Feuer hat. Samael lacht nur und zündet nicht nur die Zigarette, sondern gleich den ganzen Typ an (ich sag ja, rauchen ist ungesund!) und geht lachend von dannen. Natürlich hat all das keiner bemerkt, obwohl wir mitten in der Stadt sind.

Chris sitzt währenddessen in einem zu einem Pub umgebauten Stockautobus (coole Location, gibt’s sowas wirklich?), den auch Claudine betritt, denn hier wollen sich die Engel versammeln (großer Zufall, was?). Während Chris zurück zu seinem Schutzengel flashbackt (lustig, dass er auch dessen Ermordung sieht, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in der Nähe des Friedhofs war. Schon einmal was von Sorgfalt und Continuity gehört, liebe Macher?), setzt sich Samael oben zu Claudine, macht ihr ein paar Komplimente, fragt sie, ob sie schon einmal einen Engel geküsst hat, und killt sie anschließend mit einem billigen roten CGI-Nebel, der aus seinem Mund kommt. Aber klar, was sonst? Natürlich bemerkt auch keiner von den anderen, die unten sitzen, was oben vor sich geht, obwohl man Claudines Schrei wahrscheinlich auch noch drei Kilometer weiter hören müsste.

John trifft natürlich genau eine Minute zu spät ein und findet in dem (nun leeren) Pub nur noch die tote Claudine. Er rennt nach draußen und findet dort neben Chris auch noch Samael, der bereits mit Pfeil und Bogen auf das Eintreffen unseres wackeren Helden wartet. Samael will Chris abmurksen (meinen Segen hätte er), aber John rettet ihn in letzter Sekunde (der Junge ist selbst zum in Deckung gehen zu blöd. Samael zielt in aller Seelenruhe mit dem Bogen auf ihn und schießt und unsere Teenager-Hohlbirne steht stocksteif da und rührt sich nicht. Macht aber nichts, denn erstens rettet ihn ja John und zweitens hat sich der Pfeil unterwegs offenbar in Luft aufgelöst, da er nicht an Chris vorbeifliegt. Die Schlampigkeit der Verantwortlichen erstaunt mich echt immer wieder). John schießt mit seiner mit geweihten Silberkugeln geladenen Beretta auf Samael, was keine Wirkung erzielt. Samael erzählt, dass er so alt wie das Zeitalter der Menschheit sei (und trotzdem musst du in ne Schaufensterpuppe schlüpfen, damit du auf die Erde kannst. Schöne Scheiße, was? Wie bist du eigentlich hier aufgeschlagen, bevor die Menschen die Schaufensterpuppen erfunden haben?). Johns Kreuz sprüht plötzlich Funken, Samael lacht und will ihn töten, als plötzlich ein LKW kommt und ihn überfährt (schon blöd, dass man ganz genau sieht, dass die Schaufensterpuppe schon vorher unters Auto gelegt worden ist). Samael ist damit erledigt (das war alles, was es dafür gebraucht hat? Ich will ja nicht prahlen, aber das hätte ich auch noch hingekriegt).
Chris fragt, was das war (das frage ich mich allerdings auch) und John antwortet darauf: „Ein Krieg unter Engeln um deine Seele.“ Bitte was? Wenn es darauf mal sowas wie einen Hinweis gegeben hätte ok, aber dass sich die Schutzengel wegen Chris getroffen haben könnten, wird nun einmal mit gar keinem Wort erwähnt (ganz zu schweigen davon, dass wir vielleicht mal einen der anderen Engel ganz gerne gesehen hätten). John sagt Chris, dass er nun seine Eltern anrufen soll und verspricht ihm, dass er mal mit seiner Beretta schießen darf. (Hoffentlich auf die Leute von Endemol und RTL.)

Eines vorweg: Ich mag John Sinclair. Ich habe als Kind und Jugendlicher die Romane sehr gerne gelesen und bin nun begeisterter Fan der „John Sinclair Classics“ Hörspielreihe, bei der mit viel Liebe zum Detail die ersten Abenteuer des berühmten Geisterjägers von Helmut Rellergerd alias Jason Dark vertont werden. Nur: Was man bei dieser Serie aus Rellergerds Werk gemacht hat, ist eine echte Schande. Das ist alles so bieder und langweilig inszeniert wie die allseits bekannten Telenovelas ala „Anna und die Liebe“. Das ist Horror auf GZSZ-Niveau (und teilweise noch darunter).

Kai Maertens, der hier die Hauptrolle spielt, ist laut IMDB ein durchaus beschäftigter Mann im deutschen TV-Bereich. Und Antonio Wannek, der hier Chris mimt, spielt nun unter anderem die Rolle des Armin Knopp in der „Pfarrer Braun“-Reihe mit Ottfried Fischer. Die zwei sollten also wissen, wie es geht. Hier stehen sie beide dermaßen auf verlorenem Posten, dass es einfach nur noch traurig ist und sie von Glück reden können, dass John Sinclair nicht zum Grab ihrer Karrieren wurde. Vor allem Maertens dürfte dies befürchtet haben, denn der wirkt in der ganzen Serie so, als ob ihn jemand auf Autopilot geschaltet hätte, damit er seine Texte so emotionsgeladen wie ein toter Fisch herunterleiern kann. Das gilt übrigens auch für alle anderen Schauspieler, nur die beiden Pappnasen, welche Chris‘ Eltern gespielt möchte ich hier ausnehmen. Die könnten nicht einmal einen Stapel Bretter glaubhaft verkörpern, weil sie dafür zu hölzern wären. Not gegen Elend so weit das Auge reicht.

Was die Musik angeht, wäre es vielleicht hilfreich gewesen, wenn man Karel Svoboda gesagt hätte, dass ein Keyboard mehr als nur drei Tasten hat. Dieses auf ach so symphonisch machende Gedudel geht einem jedenfalls so schon nach dem Vorspann gehörig auf den Sender.

Dennoch möchte ich hier alle thespischen Künstler (ähem) im Zweifel freisprechen. Die wahren Verbrecher tummeln sich hier nämlich hinter der Kamera. Wie zum Teufel ist es eigentlich möglich, eine Serie wie John Sinclair, wo der Einsatz von ein paar schönen Effekte durchaus notwendig wäre, mit einem Budget ausstatten, für das die Macher von so tollen Serien wie „Richterin Barbara Salesch“ nicht einmal vor die Haustür gehen würden? Leute, ihr hättet hier eine echte Chance gehabt. John Sinclair hatte bereits vor der Serie eine große Fangemeinde und eine Serie müsste – wenn man es richtig anpackt – durchaus so machbar sein. Wieso auch nicht? Dennoch habt ihr, liebe Leute von Endemol und RTL, die Sache hier so dermaßen versiebt, dass man als Fan eine adäquate TV-Umsetzung jetzt wohl für alle Zeiten vergessen kann. Vielen Dank auch.

Interessant dabei ist, dass man sich bei allen Folgen – bis auf eine einzige – zwar an den Romanvorlagen orientiert hat, aber dennoch nach Lust und Laune alles geändert hat, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Dass dabei die Logik auf der Strecke blieb und die Änderungen auch nicht mit dem fast nicht vorhandenen Budget erklärbar sind (es handelte sich zum Beispiel um völlig sinnlose Änderungen bei den Figuren), versteht sich von selbst. So ist es bei der Vorlage für Engelsgrab zum Beispiel so, dass eine Kollegin aus der Telefonzentrale mit Sinclair in Kontakt tritt, weil jemand den Schutzengel ihres Sohnes Toby getötet hat. Den findet man tatsächlich tot auf dem Friedhof der unschuldigen (und nicht der gerechten) Kinder (da war meines Wissens auch nix mit Schaufensterpuppen). Der Mörder war dabei übrigens Belial und nicht Samael, und dessen Interesse für den angesprochenen Toby tendierte in Richtung Null, der wollte einfach nur Schutzengel killen gehen (den genauen Grund dafür weiß ich leider nicht mehr). Wieso musste man das unbedingt in eine komplett unnötig-bescheuerte Lovestory ändern, bei der die Engel noch dazu in besessenen Schaufensterpuppen herumstolzieren?

Auch Rellergerd selbst hat sich von dieser Serie bereits vor langer Zeit distanziert. Allerdings gab er als Grund dafür an, dass Sinclair in dieser Version kein blonder und durchtrainierter Sonnyboy ist. Mir persönlich wäre das an seiner Stelle herzlich egal, wenn dafür der Rest stimmen würde, und ich finde solche Kleinigkeiten normalerweise absolut unwichtig. Da gäbe es schon schlimmere Sachen, die mich an Rellergerds Stelle viel mehr aufregen würden, aber die habe ich ja schon ausführlich behandelt.

Update: Ich habe auf meinem Blog eine Rezension zu dem dieser Vorlage zugrunde liegenden Taschenbuch geschrieben und mich ausführlich den Unterschieden zwischen der Vorlage und der hier besprochenen Verwurstung gewidmet.

Irgendwie nehme ich es Endemol und RTL heute noch übel, was sie aus John Sinclair gemacht haben. Die Optik ist augenkrebserzeugend, die Drehbücher haben von Logik noch nie etwas gehört und für die Schauspieler kann man nur noch Mitleid haben.

(c) 2011 G


BOMBEN-Skala: 8

BIER-Skala: 1


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