- Deutscher Titel: Geheimauftrag CIA - Istanbul 777
- Original-Titel: Coplan FX 18 casse tout
- Alternative Titel: Phantom FX 18 | The Exterminators | FX-18 Superspy | Coplan FX 18 Strike Again | Agente 077 Summergame |
- Regie: Riccardo Freda
- Land: Frankreich/Italien
- Jahr: 1965
- Darsteller:
Richard Wyler (Francis Coplan/Jeff Collins), Robert Manuel (Hartung/Ranjan), Jany Clair (Helena Jordan/Helena Jardin), Valeria Ciangottini (Gelda/Esther), Maria-Rosa Rodriguez (Sheila), Gil Delamare (Shaimon), Jacques Dacqmine (Le „Vieux“), Bernard Lajarrige (Bruno Schwartz), Christian Kerville (Argaz), Guy Marly (Said)
Vorwort
Der beste Mann des französischen Geheimdiensts, Francis Coplan – oder „Jeff Collins“, Top-Agent der CIA, je nach Sprachfassung – (Richard Wyler, DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU, DJANGO – UNERSÄTTLICH WIE DER SATAN, DICK SMART 2.007), wird mit Shaimon (Gil Delamare, TEXASMÄDEL, DIE GOLDENE GÖTTIN VOM RIO BENI), einem israelischen Agenten, zusammengespannt. Es sind nämlich zwei vormalige Nazi-Raketenwissenschaftler, Block und Schwartz, spurlos verschwunden. Die Israelis hegen die zarte Befürchtung, dass die Ägypter sich der Bombenbastler bemächtigt haben, um perspektivisch dem Judenstaat Atombomben auf den Kopf werfen zu können. Collins (ich bleib mal dabei, ist schließlich die deutsche Version) weiß aber sogar schon, dass Block tot ist – er hatte versucht, den in einem Koffer Entführten in einer waghalsigen Aktion in Griechenland zu befreien, leider vergebens.
Der Mossad hat die Agentin Esther (ich nehme an Valeria Ciangottini, LA DOLCE VITA, LES DEUX ORPHELINES) bereits in Verbindung mit ägyptisch bezahlten Gewährsmännern gebracht, doch das Rendezvous endet für die junge Frau – zu Shaimons Bestürzung – tödlich. Doch sie konnte noch in einer Puppe eine Botschaft hinterlassen – und die führt das Agentenduo nach Istanbul.
Dort wartet auf Collins gleich eine schlechte Nachricht – der örtliche Resident seines Diensts liegt mit etwas, was verdächtig nach radioaktiv verursachten Verbrennungen aussieht, delirierend im Krankenhaus. Und Rahjan (Robert Manuel, RIFIFI, BEI OSCAR IST ´NE SCHRAUBE LOCKER), der zwielichtige Geschäftsmann, zu dem Esthers Hinweis führt, macht keinen Hehl daraus, dass er Block kannte und mit ihm befreundet war. Block übergab ihm sogar vor einiger Zeit einen Brief zur Zustellung an einen gewissen Jardin, falls ihm etwas zustoßen sollte. Das kann, meint Rahjan, ja nun auch gerne Collins besorgen.
Macht er auch. Der Empfänger ist allerdings kein gewisser Jardin, sondern eine gewissE Jardin (Jany Clair, DER MOLOCH, RASPUTIN, DER DÄMON VON PETERSBURG, HERCULES AGAINST THE MOON MEN), die Collins in Nullkommanix verführt und nach einer Runde Matratzenakrobatik beabsichtigt, ihn in ihrer Dusche umbringen zu lassen. Collins wehrt sich nach Leibeskräften, wird aber zumindest überwältigt und findet sich – zu seiner Überraschung neben Shaimon, der auf der Suche nach dem Kollegen selbst in die Hände der Böswatze gefallen ist – im Laderaum eines Frachters wieder. Wer ein taffer Gemeinagent ist, weiß sich aus einer solchen Bredouille aber zu befreien.
Collins ist sich nunmehr sicher, dass Shaimon mit dem Gefühl, die Ägypter wären die Drahtzieher der Angelegenheit und Israel das Ziel der Operation, nicht weiter vom Schuss liegen könnte. Hier sind wesentlich finsterere und bedrohlichere Mächte am Werk, und der Schlüssel liegt bei Rahjan und Helene Jardin. Rahjan ist aber ausgeflogen.
Ein Verhör von Rahjans Sekretärin führt die Agenten wieder auf die richtige Spur (wenn sie allerdings bei ihrem ersten Meeting mit dem Bösewicht aufgepasst hätten… nun, dann hätten sie sich die letzte Stunde Film komplett sparen können). Rahjan finanziert archäologische Ausgrabungen im tiefsten Anatolien, und wie’s der Deibel so will, wird da weniger aus- als eingegraben, z.B. eine voll funktionsfähige Raketenabschussanlage…
Inhalt
Der französische Agentenfilm hat’s grad in Deutschland nicht immer leicht gehabt – unser aller Freund O.S.S. 117, größter aller Spione aus dem Franzmannsland, rangierte bis zu seiner parodistischen Neuinterpretation von Jean Dujardin unter „ferner liefen“, und auch sein Gefährte Francis Coplan litt in Teutonien unter einer schweren Identitätskrise. Kein einziger der fünf Filme aus der 60er-Filmreihe (wie auch Monsieur de la Bath erlebte auch Coplan 1957 einen Probelauf mit dem in Deutschland einfallsreich SPIONE betitelten „Pilotfilm“) lief in Deutschland als „Coplan“-Film. Man nannte ihn Jack Clifton, Jeff Collins, Frank Cooper, Frank Milland oder Frank Collins, aber nie Francis Coplan (gerade Jack Clifton kann man als „Sammelpseudonym“ für diverse Eurospy-Heuler begreifen, unter dem verschiedenste Agenten aus aller Herren Länder in eine „Reihe“ gepackt wurden. Irgendwoher mussten ja die Leute, die das KARATE TIGER-„Franchise“ verbrachen, ja ihre Inspiration ziehen).
GEHEIMAUFTRAG CIA – ISTANBUL 777 ist dann auch der eigentlich dritte Coplan-Film, was aber der deutsche Kinogänger 1965 schlichtweg nicht wissen konnte, sofern er nicht des Französischen mächtig war und gelegentlich auch bei den Nachbarn im Westen ins Lichtspieltheater ging oder die dortigen Magazine konsumierte. Es ist schon komisch – während sich heute alles um im Filmbiz um etablierte „Marken“ mit Wiedererkennungswert dreht und ein typischer Produzent nur unter Androhung schwerster körperlicher Züchtigung dazu bewegt werden kann, ein neues „original property“ ins Kino zu bringen, ging man in den 60ern zumindest bei deutschen Verleihern offenbar davon aus, dass, wer einen Francois-Coplan-Film gesehen hatte, nie wieder einen zweiten anschauen wollte, und man deswegen am besten von Haus aus dafür sorgte, dass der eine Film mit dem anderen möglichst nichts zu tun hat. Andere Zeiten, andere Sitten.
Nuja, es ist auch nicht so, als hätten es die französischen Filmemacher ihren deutschen Nachverarbeitern schon sonderlich schwer gemacht, denn sie schafften’s ja auch nicht, ihren Superagenten in fünf Filmen wenigstens zweimal vom gleichen Darsteller spielen zu lassen. Ken Clark machte den Anfang, dann übernahm mit Dominique Paturel unverschämterweise sogar ein echter Franzose, auf den hier amtierenden Richard Wyler folgte dann Perry Rhodan Lang Jeffries himself, ehe mit Claudio Brook sich dann sogar ein Mexikaner versuchen durfte. Auf dem Regiestuhl sah’s nicht viel besser aus, nur der Italo-Hansdampf in allen Gassen, Riccardo Freda (Mario Bavas Mentor), durfte zweimal ran, hier, und beim direkten Nachfolger FRANK COLLINS 999 – MIT CHLOROFORM GEHT ALLES BESSER (sprach der Vergewaltiger).
Gut, auch Kollege OSS 117 war nicht gerade aus Ausbund personeller Kontinuität, und letztlich muss ein Film ja auch aus sich selbst heraus überzeugen und darf sich nicht nur auf Ruhm und Glanz seines Franchise verlassen (was selbst ein STAR WARS ja erleben musste). Ursprünglich wollte Produzent Robert de Nesle zwar einen anderen Pulp-Agenten, Malko, auf die Leinwand bringen, bekam aber die Rechte nicht und musste sich dann damit begnügen, den insgesamt vierten Coplan-Film auf die Beine zu stellen. Lose basierend auf einem der weit über 200 Pulp-Romane des unter dem Gemeinschaftspseudonym Paul Kenny belgischen Schreiberlingsteams Gaston van den Panhuyse und Jean Libert, erzählt der Film prinzipiell eine einigermaßen brauchbare Agentengeschichte mit einem Hauch tagesaktuellen Realismus – die Sorgen der Israelis vor dem Großmachtstreben des ägyptischen Machthabers Nasser war nicht unbegründet und führte 1967 auch dann auch zum Präventivschlag des Sechs-Tage-Kriegs. Als teutonischer Filmbetrachter ist man möglicherweise dezent verwundert, dass die deutsche Fassung, die ansonsten keine Skrupel hat, durch zahlreiche Änderungen in die Originalgeschichte einzugreifen, diese realpolitischen Bezüge intakt ließ, gerade wenn’s um Israel geht und der Holocaust ja erst 20 Jahre her war.
Aber egal. Am Ende erweist sich die Spur nach Ägypten ja eh als Fehleinschätzung – in einem 60er-Eurospy wollen wir ja nicht wirklich mit Realismus anfangen, da braucht’s schon etwas Phantastischeres, und das liefert der Film dann mit seinem wahren Schurken, der (SPOILER) nominell womöglich für Maos Chinesen tätig ist, aber in Wahrheit sein eigenes Ding dreht und als Rache für Hiroshima einen weltweiten thermonuklearen Krieg auslösen will (das macht in der internen Timeline zwar kaum Sinn, aber was soll’s… dass Ranjan nicht wirklich aussieht wie ein Japaner, ist dann schon eher wieder Verdienst der deutschen Synchro, denn im Original heißt der Schurke Hartung, und bei den deutsch-japanischen Verstrickungen im Zweiten Weltkrieg könnte man da womöglich schon eine persönliche Motivation reinbasteln. Muss ich mir den Film doch noch mal im englischen Dubbing ansehen? Hmpf). Durchaus tauglicher Stoff für einen Eurospyfetzer, das Problem ist, dass Freda und sein Drehbuchautor Claude-Marcel Richard (ein Bursche ohne weitere Screencredits) die Story nicht nur einigermaßen konfus erzählen, Charaktermotivationen kaum herausarbeiten und generell ihre Nebenfiguren nicht sehr elegant und/oder schlüssig ins Script integrieren, sondern, und das ist in diesem Zusammenhang sicher die größere Sünde, den Film praktisch dramaturgisch „umgekehrt“ aufbauen (der Fachmann sprich vom DAKOTA HARRIS-Prinzip) – er beginnt spektakulär und mitreißend, wird in der Folgezeit aber immer matter und mauer und muss für den Showdown sogar einen der lahmsten deus-ex-machinas der kompletten Filmgeschichte auspacken (nur „es war nur ein Traum“ wäre noch billiger gewesen).
Wobei auch die reißerische Auftaktphase mit einem fiesen Mord in einem Nachtclub und einem wirklich für Alter und Handelsklasse des Films phänomenalen Stunt (ein Sportflugzeug wird auf einem fahrenden Laster gelandet) das Problem hat, dass wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal wissen, wer überhaupt wer ist und warum sich das alles so abspielt, was dem erwähnten Stunt die dramaturgische Wirkung raubt (dass derjenige, der da so halsbrecherisch amtiert, wirklich der Held ist, weiß nur der, der sich auf Anhieb erinnert, wie Richard Wyler aussieht. So, wie die Figur im Film eingeführt wird, könnte man ihn erst mal für einen der Bösewichter halten).
Von da an geht’s langsam, aber kontinuierlich bergab – den zweiten bemerkenswerten Stunt gibt’s dann erst eine Minute vor Ultimo, bis dahin müssen wir uns mit ein paar akzeptablen, aber auch nicht weiter erwähnenswerten Schlägereien oder wenig aufregenden Autoverfolgungen zufrieden geben, während unsere Helden (bei denen auch noch ein bisschen professionelle Rivalität ins Spiel kommt, ohne dass dieser Aspekt wirklich ausgearbeitet würde) treudoof in jede ihnen gestellte Falle tappen, bis sie mehr oder weniger ohne eigenes Zutun auf des Schurken Operationsbasis stoßen (worauf sie, wie oben schon erwähnt, schon wesentlich früher hätten kommen können).
Ricardo Freda ist als Regisseur erfahren und gut genug, um aus dem geringen Budget, das ihm seine Auftraggeber zur Verfügung gestellt haben, zumindest das Optimum herausholen zu können, mit einigen netten location-Aufnahmen in Istanbol und dann später in Kappadokien. Das Schurken-Lair ist dann ausstattungstechnisch nicht überwältigend, aber immerhin noch brauchbar. Auch wenn die Dramaturgie etwas rumplig und haklig ist (was auch am teilweise suboptimalen Schnitt liegt), hält Freda das Tempo immerhin hoch genug, um keinen Leerlauf aufkommen zu lassen, allerdings entwickelt der Film nie einen richtigen roten Faden, bleibt episodisch, und laboriert an dem eben schon erwähnten Problem, dass er in seine famosen Auftaktsequenz zu keinem Zeitpunkt mehr übertrifft oder wenigstens nur annähernd erreicht.
Richard Wyler ist dann auch nicht gerade ein Ausbund an Charisma und Screenpräsenz – er ist einfach nicht der Typ, dem man weder den smarten Superagenten noch den virilen Frauenschwarm oder den sich mit Kraft seiner Fäuste aus allen Bredouillen herausprügelnden Actionhelden wirklich abkaufen kann. Das Schicksal teilt er zwar mit so manchem Agentendarsteller der kontinentaleuropäischen Schule, aber er ist schon wirklich im unteren Drittel der Möchtegern-Bonds anzusiedeln – Gil Delamare als Shaimon macht da schon den „bondigeren“ Eindruck, ohne selbst aus dem Mittelfeld herauszustechen. Die Frauen haben wenig zu tun – ob das Jany Clair, Maria-Rosa Rodriguez oder Valeria Ciangottini sind; ja, türlich sind Frauen im Eurospy-Film zumeist nicht mehr als bessere Fußabtreter oder Schlafunterlagen für den Superhelden-vom-Dienst, aber die hiesigen Grazien haben schon besonders wenig Gelegenheit, sich auszuzeichnen oder wenigstens –ziehen (aber wenigstens erlebt eine von ihnen den Abspann…). Robert Manuel ist als Schurke adäquat, ohne große Möglichkeiten zu haben, sich sonderlich memorabel ins Gedächtnis des Zuschauers zu spielen.
Die DVD von Cargo Records ist in Bild und Ton allenfalls durchschnittlich, Extras gibt’s nicht.
Französische Geheimagenten bleiben im Rahmen der klassischen Eurospy-Welle der 60er also eher eine Randnotiz – auch Freund Coplan ist in der Konkurrenz mit den meisten Kollegen aus italienischer oder spanischer Produktion bestenfalls ein Anwärter für einen „ferner liefen“-Award. GEHEIMAUFTRAG CIA ist zweifellos ansehbar, wenn man ein Faible fürs Genre hat, aber seine unglückliche Dramaturgie, der holprige Erzählstil und die nicht sonderlich charismatischen Darsteller tragen gemeinschaftlich dazu bei, dass es ein Film für die Genre-Komplettisten ist.
© 2020 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 6
BIER-Skala: 5
Review verfasst am: 09.03.2020