Game Over

 
  • Deutscher Titel: Game Over
  • Original-Titel: Game Over
  •  
  • Regie: Peter Sullivan
  • Land: USA
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Andrew „Chyna“ McCoy (Victor Knox), Daz Crawford (The Ref), Latrice Harper (Violet), Joel King (Acton), Ron Ware (Stone), Heidi Marie Wanser (Lyse), David Lawrence Simmons (Geoff), Dabir Snell (Trace)


Vorwort

Ex-Knacki Victor Knox bringt nach der Haftentlassung (trotz elektronischer Fußfessel) kein Bein auf die Erde – niemand gibt einem vormaligen Sträfling einen Job, sein Bewährungshelfer lässt keine Chance aus, ihn daran zu erinnern, dass er ihn schnellstmöglich wieder hinter schwedischen Gardinen sehen will und seine Ex-Frau verhindert erfolgreich Besuche beim gemeinsamen Sohn Trace. Kumpel Stone gibt Vic einen Tipp – illegale Untergrund-Kämpfe sind schwer in und als ausgezeichenter Boxer müsste Vic gute Chancen haben, bei einem Geheimturnier die Siegprämie von 100.000 Dollar abzusahnen. Organisator Acton weiht Victor in die Spielregeln ein – es gibt keinen Ring, Victor wird nie wissen, wann und gegen wen er antreten muss, es gibt keine Regeln und ein Kampfrichter wird nur auftauchen, um das Ende eines Fights und den Sieger zu proklamieren. Der lieben Kohle wegen willigt Victor ein. Und tatsächlich geht’s zunächst aufwärts – nicht nur fegt Victor mit seinem ersten Gegner den Boden auf (auch wenn ihm der Ref noch klarmacht, dass es ausschließlich Entscheidungen durch K.O. gibt) und darüber hinaus ergattert er bei der stinkreichen Violet noch einen leichten Job als Chauffeur. Doch die Freude hält nicht lange an – immer öfter wird Victor von gedungenen Kämpfern attackiert und die Fights werden zunehmend „unfair“. Dennoch setzt Victor sich Runde um Runde durch; bis es wirklich dreckig wird – kaum hat Victor durch schlichte Bestechung den neuen Stecher seiner Frau überredet, einen Spaziergang mit Trace unternehmen können, wird er von zwei Kämpfern attackiert; während des Fights verschwindet Trace; und bei anderer Gelegenheit vermöbelt Victor in gepflegter Paranoia, es mit einem Turnierteilnehmer zu tun zu haben, einen Unbeteiligten. Victor will aussteigen, aber der Ref stellt klar, dass es nur einen Weg gibt, aus dem Turnier auszusteigen – gewinnen! Und als kleine Motivationshilfe hat Acton Trace entführen lassen…


Inhalt

Herrje, es ist ein Ärger. Da hat mal ein kleiner, billiger Ultra-Low-Budget-Streifen eine richtig gute Idee und dann ist’s halt doch am Ende nur ein kleiner, billiger Ultra-Low-Budget-Streifen, der weder die handwerklichen, schreiberischen oder darstellerischen Qualitäten mitbringt, um sie umzusetzen.

„Game Over“ greift nämlich durchaus Aspekte auf, die der gemeine Feld-, Wald- und Wiesenkampfsportklopper in der Form noch nicht gesehen hat. Wie Acton unserem Helden erklärt, sind der gemeinen Kundschaft „herkömmliche“ Prügeleien, selbst wenn sie in Form von Mixed Martial Arts a la Ultimate Fighting zunehmend extremer gestaltet werden (MMA ist von der Entwicklung her sicherlich DER Trend-TV-Sport jenseits des großen Wassers und drauf und dran, dem normalen Boxen den Rang abzulaufen), zu langweilig – man will’s dreckig, schmutzig, unfair – und es im Internet sehen (zwar bereitet die Tatsache, dass die Fights live ins Netz übertragen werden, eine ganze Menge logischer und logistischer Probleme – wo sind die Kameras? Ist ja nicht damit getan, an der voraussichtlichen Kampfstelle ’ne Webcam zu installieren…). Wenn man so will, vereinigt „Game Over“ von der Idee her relativ schlüssig Ideen aus „EdTV“, „Fight Club“ und – wer sich die Überraschung nicht verderben lassen will, höre JETZT auf zu lesen, „The Game“. Leider beschränkt sich „Game Over“ sich nicht darauf, das Potential dieser Idee auszuschöpfen (zwar wird der Gedanke der Paranoia, der dazu führt, dass Victor drauf und dran ist, auf jeden loszugehen, der ihn nur schief ankuckt, weil er ihn für einen bestellten Gegner hält, aufgegriffen, aber daraus hätte man mehr entwickeln *müssen*), sondern beackert in seiner schmalen Laufzeit noch etliche Nebenkriegsschauplätze: Victor hat nicht nur seine angepisste Ex-Alte am Start, sondern muss sich noch mit einem erpresserischen Bewährungshelfer rumärgern und versuchen, mit Violet anzubandeln. Diese Soap-Opera-Plots werden mit erbärmlichen Dialogen (die durch die lustlose, unpassende und pornomäßige Schludersynchron natürlich nicht verbessert werden) vorangetrieben (Lieblings-Bonmots: „Ist das der Himmel?“ – „Weißt du, wie der Himmel aussieht?“ – „Nein, aber ich habe die Hölle gesehen!“ oder „Ich bin doch nur eine Randerscheinung der Gesellschaft!“). Der Film packt sich da eindeutig zuviel auf, anstatt sich auf das zu konzentrieren, was integral wichtig ist, und das ist nun mal die Kampfsport-Geschichte; einen „dramatischen“ Subplot nehm ich ja noch gerne mit, um die Zeit zwischen den Actionszenen zu füllen, aber drei sind dann eindeutig mindestens zwei zuviel (und dass zumindest der „Familiensubplot“ wie ein Uhrwerk exakt nach den Erwartungen des Zuschauers „funktioniert“, dürfte naheliegen – wenn ein zehnjähriger Dreikäsehoch als Sohn eines Superfighters, der aus dem Kampf aussteigen will, ausgeführt sein, ist ja sonnenklar, dass der Kurze als Druckmittel von den Bösen eingesetzt wird).

Regisseur Peter Sullivan, hauptamtlich Drehbuchautor von mittelmäßigen TV-Action- und Katastrophenfilmen (u.a. fürs christlich orientierte PAX-Network) legt nach einigen offenbar recht wohlgelittenen Kurzfilmen mit „Game Over“ sein Langfilmdebüt vor. Sullivan müht sich redlich, aus den arg beschränkten Mitteln (gefilmt wurde ersichtlich auf billigstem Video-Equipment) kinematischen Drive zu schöpfen – es werden (zum Glück nicht inflationär) Splitscreens eingesetzt, die Kamera lotet ab und an einen verwegenen Winkel aus und der Versuch, die Kampfszenen dynamisch zu gestalten, ist anerkennenswert; allerdings geht dem Film in den dramatischen Sequenzen enorm die Puste aus und die Actionszenen leiden an dem bei Low-Budget-Unternehmen immer wieder auftretenden Problem, dass der ein oder andere Dollar in Soundeffekte hätte gesteckt werden sollen. Wenn Karate-/Martial-Arts-Szenen sich „realistisch“ anhören (d.h. mit lauen Klatschgeräuschen anstatt den genregewohnten Dampfhammerschlägen), stellt sich beim Zuschauer eben nicht das Gefühl ein, wirklich harten FIGHTS beizuwohnen, sondern lockeren Sparrings aus’m Kinderkarateclub von umme Ecke. Dabei sind die Kloppereien gelegentlich ansprechend choreographiert, die ausführenden Akteure sind nicht gänzlich untalentiert und die Mischung unterschiedlichster Kampfstile hat immer wieder ihre Reize.

Die deutsche Fassung könnte – ich hab das nicht verifiziert – um einige Ruppigkeiten gekürzt sein, in der vorliegenden Fassung sind keine gröberen Abgefeimtheiten zu betrachten.

Der Soundtrack bietet einige erträgliche Soul/R’n’B-Nummern, geträllert von Co-Star Heidi Marie Wanser und einen unmemorablen Score von Dmytry Vainshtain.

Ein empfindliches Manko hat der Film bei den Schauspielern – klar, in der Preisklasse bekommt man keine Shakespeare-Mimen, aber Talent bringt kaum einer der Beteiligten mit. Andre „Chyna“ McCoy, gut beschäftigter Bit-Player in „urbanen“ Produktionen wie dem Full-Moon-Heuler „Cryptz“, „Love and a Bullet“ oder „Random Act of Violence“ (und auch mit Mini-Rolle im hier ausführlich gewürdigten Trashheuler „The Third Society“ bringt zwar eine gewisse Likability ein, aber halt kaum schauspielerische Begabung, speziell in seinen dramatischen Szenen ist er schnell mit seinem Pidgin-Latein am Ende. Daz Crawford, der seine Karriere im britischen „American Gladiators“-Ableger startete und sich mittlerweile zu höheren Aufgaben in Blockbustern wie „Blade II“ oder „Die Another Day“ hochgedient hat, ist zweifellos eine coole Sau von impressiven Ausmaßen, aber man stelle sich vor, was ein Vinnie Jones aus seiner Rolle gemacht hätte… Latrice Harper hat einen Background im professionellen Wrestling aufzuweisen und kann daher zumindest ihre Fightszenen selbst durchziehen, aber eine mit darstellerischem Talent gesegnete Actrice ist sie beileibe nicht. Ein Großteil des Casts trifft sich übrigens zur Stunde in „Urban Assault“, einem Regiewerk des hiesigen Produzenten Declan Mulvey, wieder, in dem es, haha, um ein Underground-Kampfsport-Turnier geht…

DVD: Aus unerfindlichen Gründen packt „Great Movies“ „Game Over“ auf die „Horrorbox“. Gut, horribel sind die Schauspieler und weite Teile des Scripts, aber ein Horrorfilm ist dieses Martial-Arts-„Spektakel“ natürlich nicht. Vielleicht meint „Horror“ in dem Fall aber auch die Bildqualität, die endlich mal so beschissen ist, wie man erwarten darf, wenn sich fünf Filme eine DVD-9 teilen… Das ca. 1.85:1-Widescreen dürfte kaum das intendierte Format sein, das Bild wirkt gequetscht, ein Ruckeln aufgrund vermutlich falsch gelaufener NTSC/PAL-Konvertierung (die auch für die Bildquetschung verantwortlich sein könnte) ist ständiger Begleiter, die Nachzieher sind mit bloßem Auge für Blinde mit Krückstock erkennbar. Die Schärfe- und Kontrastwerte sind knapp unterdurchschnittlich. Der ausschließlich deutsche Dolby 2.0-Ton krankt schon mal an der extrem grauenvollen Synchro und ist überdies verdammt leise (naja, vielleicht ist das ja ’ne Gnade). Extras gibt’s natürlich nicht.

Fazit: In „Game Over“ steckt, wie angedeutet, eine patente Idee – eine, die es durchaus verdient hätte, mit größeren Budget, einem besseren Script und einer Fuhre qualifizierter Schauspieler aufgegriffen zu werden. Dann könnte der Gedanke eines „24-h-Internet-Kumite“ durchaus zum „Bloodsport“ für das 21. Jahrhundert werden. „Game Over“ traut seiner guten Prämisse leider nicht über den Weg, pflastert das Script mit doofen Subplots zu und kommt mit einer komplett geklauten Schlusspointe (und einer SOOOO offensichtlichen Nach-Schluss-Pointe) daher. Schade drum, aber es hat wohl seine Gründe, warum die wesentlichen Beteiligten an diesem stolzen Werk bestenfalls in der vierten Liga Hollywoods agieren…

1/5
(c) 2007 Dr. Acula


mm
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