Frozen

 
  • Deutscher Titel: Frozen
  • Original-Titel: Frozen
  •  
  • Regie: Adam Green
  • Land: USA
  • Jahr: 2010
  • Darsteller:

    Emma Bell (Parker O’Neill), Shawn Ashmore (Joe Lynch), Kevin Zegers (Dan Walker), Ed Ackerman (Jason), Rileah Vanderbilt (Shannon), Kane Hodder (Cody)


Vorwort

Vom Alltagsstreß abschalten und ein paar ordentliche Runs auf der Piste runterreißen, das wollen Joe und Dan – zu Joes überschaubarer Begeisterung hat sich aber Dans neue Freundin (und miese Snowboarderin) Parker dem Trip angeschlossen, was sich als verhängnisvolle Entscheidung entpuppt. Weil nämlich Parker mehr damit beschäftigt ist, auf ihrem Hintern den Hang runterzurutschen und die Jungs dadurch nicht zum richtigen Fahren kommen, überreden sie den Lift-Operateur, sie nach eigentlichem Betriebsschluss noch einmal zur Bergstation zu kutschieren. Es kommt, wie’s kommen muß – der Liftarbeiter, mit dem sie gedealt haben, wird von seinem Arbeitsplatz weggerufen, sein Vertreter erhält mißverständliche Informationen zugerufen und schon ist der Lift abgeschaltet und unsere Freunde hängen buchstäblich auf halbem Weg in der Luft. Nun ist eine Nacht in luftiger Höhe im Sessellift kein Sugarschlecken, aber nix, was man nicht durchstehen könnte und zukünftig bei jeder Geburtstagsfeier o.ä. als juxiges Gruppenerlebnis durchdiskutieren könnte, nur hat die Sache einen Haken – es ist Sonntag abend, und die Piste macht erst am nächsten Freitag wieder auf. Nach einigen Stunden entscheidet sich Dan zur Harakiri-Aktion des Runterspringens aus ca. 15 Metern Höhe. Leider landet er nicht gerade im Pulverschnee und bricht sich beide Haxen. So immobilisiert wird er sprichtwörtlich leichte Beute für ein hungriges Wolfsrudel. Joe und Parker können nur hilflos zusehen und sind ansonsten ihrem Schicksal um Frostbeulen, verlorene Handschuhe, Hunger und fehlende Toiletten ausgesetzt…


Inhalt

Seien wir ehrlich – allen Beteuerungen zum Trotz ist „Frozen“ „Open Water“ im Schnee. Kann man gutfinden, muss man aber nicht. Eins ist jedenfalls klar, diese Art „high concept“-Filme ist nicht gerade die einfachste Art, abendfüllendes Entertainment zu fabrizieren; eingeschränkte Locations, eingeschränkte Charaktere, da ist eine eingeschränkte Dramaturgie nicht gerade unwahrscheinlich – es braucht einen guten Autoren und einen ebenso guten Regisseur, damit die Sache funktioniert. Ist Adam Green (der auf dem Festival auch noch mit „The Hatchet 2“, den ich mir geschenkt habe, vertreten ist?) einer?

Hmmm… naja… ich weiß nicht so recht… Originalität sieht auf alle Fälle anders aus. Green bedient sich der 08/15-Mittel, um zu seiner Extremsituation zu kommen, wir sind so ca. 20 Minuten damit beschäftigt, unsere Protagonisten kennenzulernen (steigen allerdings direkt auf der Skipiste ein) und ihre Charaktere vorzustellen (was einigermaßen gut funktioniert, obwohl solche Charakterisierung-en-bloc-Methodik auch übel nach hinten los gehen kann), bekommen ein „foreboding“ des aufziehenden Unheils (schon bei der ersten Fahrt nach oben bleibt der Lift, hier noch wegen technischen Defekts, stehen), bis wir zum Kern der Geschichte kommen, unsere Helden aufgrund einer Mischung aus eigener Schuld (sie belabern den Lift-Aufseher, sie noch mal hochfahren zu lassen, obwohl der Betrieb eigentlich eingestellt ist *und* bekanntermaßen schlechtes Wetter aufzieht) und der Verkettung unglücklicher Umstände (der Lift-Aufseher ruft seinem Vertreter zwar zu, dass noch drei Leute „oben“ sind, aber als kurz darauf drei anderweitige Snowboarder ins Tal kacheln, hält der neue Liftboy die natürlich für diejenigen welchen und schaltet ab) festsitzen und dann noch die einzige Aussicht auf kurzfristige Rettung (eine anrollende Pistenraupe bzw. deren Fahrer) die Hilferufe und zur Aufmerksamkeitserregung abgeworfenen Gegenstände wie Skibrillen, Mützen oder Stöcke überhört bzw -sieht, weil er gerade zurück ins Tal beordert wird.

Soweit funktioniert’s ja noch ganz gut, das Szenario wird plausibel etabliert (inklusive der sukzessiven Verschlimmerung der Lage, als unseren Helden klar wird, dass sie vermutlich vier-fünf Tage ausharren müssten), und erfreulicherweise verzichtet Green weitgehend auf nerviges Gezicke zwischen den Figuren (klar, natürlich gibt es die Szene, in der Joe Parker vorwirft, das alles ihre Schuld sei, weil sie sich erstens in das Männerfreundschaftsding zwischen ihm und Dan eingemischt habe und zweitens noch nicht mal anständig Snowboard fahren könne, aber es hält sich im erträglichen und glaubhaften Rahmen, ansonsten bleiben die Typen verhältnismäßig sachlich und fair), kämpft aber schon bald mit den, ta-daa, eingeschränkten dramaturgischen Möglichkeiten. Er verwendet viel zu viel Zeit auf die „erste Nacht“, was kurioserweise den Film einerseits ein wenig aufhält, andererseits dafür sorgt, dass er so manche Entscheidung überhastet. Dan verfällt viel zu früh auf die Wahnsinnsaktion, aus dem Sessel zu springen (und begeht dabei m.E. noch den Deppenfehler, nicht mit angeschnalltem Snowboard zu springen, was seine Chancen, so wie ich als passionierter Sesselfurz-, äh, -sportler das sehe, doch deutlich erhöht hätte) und wird dann relativ umgehend von den Wölfen (die hier zwanglos die Rolle der Haie aus „Open Water“ übernehmen) gefressen. Das hat zur Folge, dass der Film sich ohne Not um einen Charakter reduziert, der (als Parkers Freund) durchaus für die ein oder andere Konfliktsituation noch brauchbar gewesen wäre (und aus Dans Tod selbst schlägt das Script auch recht wenig Kapital. Parker hat verständlicherweise ’ne Krise, aber die ist schnell ausgestanden).

Wie gesagt, ich bin nicht traurig darüber, dass „Frozen“ versucht, Charaktere zu zeigen, die nicht nur panisch und hysterisch herumschreien und -heulen, sondern im Rahmen ihrer Möglichkeiten (die sind knapp) versuchen, einigermaßen sinnvoll zu handeln, but that does not an exciting movie make, zumindest nicht per se. Beinahe schon folgerichtig arbeitet sich „Frozen“ zu einer eher als Antiklimax zu wertenden Auflösung (aber nicht die „Open Water“-Variante) und plätschert mehr aus, als dass zum Ende hin die Spannungsschraube richtig angezogen wird (die größte Spannungsszene ist so ungefähr mit dem Ende des zweiten Aktes erreicht).

Technisch gesehen kann man Adam Green wenig Vorwürfe machen – er holt aus der hübschen Location in Utah trotz der selbstauferlegten Beschränkung, sich nicht mehr als ein paar Meter um die Sesselliftgondel wegzubewegen, viel heraus (und, wie ich schon bei Cold Prey anmerkte, I’m a sucker for winter movies) auch die Tatsache, dass der Film wirklich zu 100 % on location, ohne Greenscreen- oder andere Studiotricks gedreht wurde, nötigt Respekt ab. Trotzdem – die Dramaturgie stimmt nicht ganz, Green setzt die Höhepunkte suboptimal, auf der anderen Seite ist der Streifen trotz der vordergründigen Statik so dynamisch wie möglich in Sachen Kameraführung und Schnitt, die Musik ist mir stellenweise zu pompös für einen nicht direkt dokumentarischen, jedoch „intimen“ Film.

Ein paar Härten hat Green auch eingebaut – hier gelingt ihm das Kunststück, dass seine wenigen drastischen Effekte tatsächlich … unangenehm wirken. Vielleicht bin das noch ich, aber eine zünftige Gedärm-Ausweidung entlockt mir zumeist nur noch ein Grinsen, aber ein doppelter offener Beinbruch (und Dans nachfolgende Versuche, sich trotz dieses gewichtigen Handicaps zu bewegen) tut eben auch beim Zuschauen weh (dito die Erfahrung, die Parker machen muss, als ihre ungeschützte Hand am Sicherheitsgriff der Liftgondel festfriert. Stichwort „RATSCH“).

Die Schauspieler tun ihr bestes – Emma Bell (theoretisch auch sehr schnucklig anzusehen, nur halt permanent in dicke Skiklamotten gepackt, „The Walking Dead“) ist eine sympathische, glaubwürdige Protagonistin, Shawn Ashmore („X-Men“, „Earthsea“, „Ruins“) gefällt gleichfalls als Joe (interessant ist allerdings, dass ihn mit Bell überzeugendere Chemistry verbindet als mit ihrem apostrophierten Film-Freund Zegers), Kevin Zegers („Zoom“, „Dawn of the Dead“, Wrong Turn) bleibt gegen die beiden etwas blass. Kane Hodder, der bekannteste und beliebteste Jason, schaut für einen kurzen Cameo-Auftritt vorbei, und zumindest in der O-Ton-Fassung gibt’s einen voice-cameo vom alten Twisted-Sister-Frontman Dee Snider (der Tatsache geschuldigt, dass sein eigen Fleisch und Blut Cody Blue Snider als Assistant Director arbeitete und sich auch selbst einen kleinen Cameo-Aufrtitt als „Twisted-Sister-Fan“ gönnte).

Fazit: Ich kann mir nicht helfen – wenn man „Open Water“ gesehen hat, muss man „Frozen“ nicht unbedingt auch anschauen – dem Mini-Sub-Genre kann Adam Green nicht wirklich neue, inspirierte Ideen hinzufügen. Es sieht hübsch aus, ist gewiss routiniert gemacht und grundsolide geschauspielert, aber der rechte Funke will nicht überspringen; ein Film, für den man das Prädikat „Durchschnitt“ erfunden hat, oder eben anders ausgedrückt, ein Kann-, aber beileibe kein Muss-Film.

3/5
(c) 2010 Dr. Acula


mm
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