- Deutscher Titel: Frankensteins Sohn
- Original-Titel: Son of Frankenstein
- Regie: Rowland V. Lee
- Land: USA
- Jahr: 1939
- Darsteller:
Basil Rathbone (Baron Wolf von Frankenstein), Boris Karloff (Das Monster), Bela Lugosi (Ygor), Lionel Atwill (Inspektor Krogh), Josephine Hutchinson (Elsa von Frankenstein), Donnie Dunagan (Peter von Frankenstein), Emma Dunn (Amelia), Edgar Norton (Fritz), Lawrence Grant (Bürgermeister), Lionel Belmore (Emil Lang)
Vorwort
Nachdem der alte Monsterbastler Baron Frankenstein in die nächste Welt aufgefahren ist, kehrt sein Sohn Wolf mit Frau und Kind aus Amerika aufs alte Familienschloss (nicht wundern, ich komme auf den Punkt noch zu sprechen) zurück, um sein Erbe anzutreten. Die Dorfbewohner sind skeptisch bis offen feindselig und bereiten den Neuankömmlingen einen recht frostigen Empfang. Man befürchtet, dass ein Frankenstein so ist wie der andere und der neue Baron nichts besseres zu tun haben wird, als ein neues Monster zusammenzuschustern und es auf die Welt loszulassen. Auch der örtliche Polizeiinspektor Krogh, der als Kind einen Arm an das Monster verloren hat, warnt Frankenstein – es hat in den letzten Jahren ungeklärte Todesfälle gegeben, die viele als Werk des (offiziell vernichteten) Monstrums ansehen. Wolf verlacht den Inspektor, aber wer zuletzt lacht, lacht nicht immer am besten, hat aber meistens Recht. Kaum inspiziert Wolf das zertrümmerte Labor seines Vaters, macht sich der Bucklige Ygor bemerkbar. Der ist einst wegen Leichendiebstählen gehenkt worden, hat das lustige Strippenbaumeln aber mit einem gebrochenen Genick überlebt und residiert seither in der Laborruine, und das nicht allein, sondern mit dem intakten Monster, seinem „Freund“. Das allerdings liegt seit 20 Monaten im Koma und Ygor erhofft sich von Wolf in treuer Familientradition die Heilung der Kreatur. Wolf macht sich auch mit Feuereifer an die Arbeit, glaubt aber nach Vollzug des Experiments gescheitert zu sein. Aber nicht doch – das Monster lebt und unterliegt Ygors Kontrolle. Der Bucklige braucht das Monster, um seine Rache an den Geschworenen, die ihn einst zum Tode verurteilt hatten, zu vollenden. Die sechs Leichen gehen allesamt auf das Monster-Konto, zwei stehen noch aus. Das Monster macht sich an die Arbeit und die aufgebrachten Dorfbewohner stellen die Frankenstein-Sippe, Fackeln und Mistforken bei Fuß, unter Generalverdacht. Als Wolf Ygors Ränkespiel durchschaut und den BUckligen in Notwehr tötet, dürstet das Monster, seines einzigen Freundes beraubt, nach Rache und kuckt sich Wolfs kleinen Sohn Peter als geeignetes Opfer aus…
Inhalt
Nach „Bride of Frankenstein“ dauerte es erneut vier Jahre, bis Universal, mittlerweile nicht mehr unter der Ägide der Lämmles, die das Studio einige Jahre zuvor verloren hatten, eine weitere Fortsetzung auf Spur brachten. Für „Son of Frankenstein“ wurde eine eindrucksvolle Besetzung zusammengetrommelt. Neben Karloff, der natürlich erneut die Kreatur spielen durfte, wurde „Dracula“ Bela Lugosi als Buckliger Ygor verpflichtet, die Rolle des Frankenstein-Sohns Wolf ging an den berühmtesten aller Film-Sherlock Holmes Basil Rathbone (Hahn/Jensen jubilieren in ihrem, äh, Standardwerk „Lexikon des Horrorfilms“ von der „vielleicht besten Besetzung, die je für einen Horrorfilm vor der Kamera stand“). Insofern waren die Voraussetzungen auf Schauspielerseite nicht die schlechtesten, allerdings hatte James Whale, dessen Name unzweifelhaft für die herausragende Qualität der Vorgängerfilme steht, gefrustet vom Hollywood-Business das Regiehandwerk kurzerhand an den Nagel gehängt und beschäftigte sich, finanziell auf Rosen gebettet, nur noch mit seinem Hobby, der Malerei. Es ist aber davon auszugehen, dass Whale grundsätzlich kein Interesse an einem weiteren Frankenstein-Film gehabt hätte, da er sich schon zur „Braut“ hatte überreden lassen müssen und dort ursprünglich ein sehr düsteres Ende ohne Überlebende vorgesehen hatte.
Whale wurde durch Rowland V. Lee ersetzt, einen routinierten, aber nicht ambitionierten Regisseur, der seine Karriere bereits zur Stummfilmzeit begonnen, unkreditiert an den ersten beiden „Fu Man-Chu“-Filmen herumgewerkelt und allerhand Dramen- und Abenteuerfilme inszeniert hatte. Damit war die Marschrichtung klar – künstlerischer Anspruch war die Sache von „Son of Frankenstein“ nicht, Universal wollte einen Kommerzreißer – manche Dinge ändern sich eben nie – und sollte ihn auch bekommen.
Für das Drehbuch wurde Wyllis Cooper angeheuert, der sich durch das Verfassen dreier Scripte für die erfolgreiche „Mr. Moto“-Reihe mit Peter Lorre und das Bela-Lugosi-Serial „The Phantom Creeps“einen Namen gemacht hatte, trotzdem aber mit „Son“ sein letztes Filmdrehbuch ablieferte und nach dem Zweiten Weltkrieg unter die Fernsehproduzenten ging.
Cooper, dessen Script aber auch noch stark umgeschrieben wurde, so war in seiner Endfassung der Charakter des Ygor, der letztlich eine zentrale Rolle übernehmen sollte, nicht vorhanden, ging mit den Vorgaben der ersten beiden Filme, wie soll man sagen, recht freimütig um. Freunde der ersten beiden Filme werden nicht viel wiedererkennen, und, wenn man böse sein will, bestehen die beiden einzigen echten Anknüpfungspunkte aus dem Monster selbst und einem Gemälde des verstorbenen Barons, das Colin Clive, dem Frankenstein-Darsteller der ersten beiden Filme, vage ähnlich sieht. Die Veränderungen beschränken sich nicht nur auf schlichte faktische Fehler (so wird der Monsterbauer Frankenstein in „Son“ mit dem Vornamen „Heinrich“ versehen, obschon er eindeutig „Henry“ hieß), sondern auch auf grundsätzliche inhaltliche und künstlerische Erwägungen. Dass die Frankensteins ein gothisches Familienschloss besitzen, ist für die Kenner der Serie sicher eine Überraschung, ebenso die Tatsache, dass das Dorf auf den Namen der Sippe, „Frankenstein“, hört (dafür allerdings bekommen wir die wertvolle Information überliefert, dass die Ortschaft auf 638 Meter Höhe gelegen ist). Wolf Frankenstein räsoniert in einer Szene in der Familienbibliothek, dass sein Vater „genau hier“ den Bau seiner Kreatur ersonnen habe – wir wissen, dass die Forschungen in Goldstadt und dem alten Wachtturm, in dem Frankenstein sein Labor hatte, von statten gingen und seine Familie eben überhaupt nicht involviert war, auch nicht rein geographisch. Das Labor selbst, in „Bride“ vom Monster in die Luft gejagt, liegt nun nicht mehr in dem alten Wachtturm, sondern bequem mit wenigen Schritten vom Schloss aus erreichbar, in einem Kuppelbau – wenigstens ist selbiger halb zerstört, um so zumindest ansatzweise mit dem Showdown aus „Bride“ in Verbindung gebracht werden zu können. Vom Säuretümpel im Labor war in den Vorgängerfilmen natürlich auch nicht die Rede, ebensowenig von Ygor, von dem „Son“ impliziert, dass er für den Senior-Frankenstein die Leichen besorgt hat (was also im Ur-„Frankenstein“ Fritz gewesen wäre). Die technischen Apparaturen im Labor selbst unterscheiden sich deutlich von den bisher gezeigten, da muss man regelrecht froh sein, dass das Monster selbst noch aussieht, wie wir es kennen. Der Film ist sozusagen ein einziges Plothole in sich selbst, und schafft es dabei nicht nur, sich in Widersprüche mit den ersten beiden Teilen zu setzen, sondern auch in seiner eigenen Geschichte zum Kopfkratzen anregende Merkwürdigkeiten auszubauen – z.B. die Frage, warum die Frankensteins in einer Familiengruft beigesetzt werden, die nur durch eine Geheimtür vom Labor aus erreichbar ist (stellt sich die Frage, WER die Sarkophage dort aufgestellt und sich Zeit genommen hat, auf den von Heinrich Frankenstein „Maker of Monsters“ zu kratzen), und die dem Monster als Unterschlupf und Quartier dient. Das riecht nach schlichter Plot Conveniance.
Ich will den Film aber nicht übertrieben madig machen – „Son of Frankenstein“ ist in vielfältiger Hinsicht das letzte große Aufbäumen der Serie und vielleicht der klassischen Universal-Horrorfilme an sich (auch wenn das dritte große Franchise, „The Wolfman“, erst zwei Jahre später gestartet wurde. Es erreichte jedoch nie die filmhistorische Bedeutung und Würdigung der Frankenstein-Reihe), man muss den Film eigentlich, auch wenn es mehr oder weniger unmöglich ist, losgelöst von den Whale-Filmen begreifen und analysieren. Dann kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass „Son of Frankenstein“ auf keinen Fall die große künstlerische Klasse von „Frankenstein“ und „Bride of Frankenstein“ erreicht, aber für sich alleine genommen ein sehr kurzweiliger und unterhaltsamer – tada-da-tamm – Kommerzreißer ist.
Jetzt hab ich grad geschrieben, dass man „Son“ nicht mit den Vorgängern vergleichen soll und tu’s trotzdem gleich wieder. Ich komme jetzt nämlich auf die inhaltliche Komponente zu sprechen und da ist „Son“ natürlich völlig frei von jedem gesellschaftskritischen Subtext, wie ihn Whale subversiv einzubauen pflegte. Whales, speziell in „Bride“ deutliches Credo der Solidarität unter den Schwachen schimmert ganz dezent in der Verbindung zwischen Ygor und der Kreatur durch – wieder sind es zwei Außenseiter der Gesellschaft, die sich zum gegenseitigen Vorteil zusammentun und doch – in „Son“ ist diese Verbindung nicht nur mit einer gewissen Homoerotik (vor allem seitens Ygor in Richtung Monster), sondern eben eindeutig negativ belegt. Von der Tragik des unverstandenen Monsters ist nicht viel übriggeblieben (ebensowenig von seinen in „Bride“ erlernten Sprachfähigkeiten), es ist ein mehr oder weniger geistloses Werkzeug für Ygors Rache, ohne eigenen Willen (zumindest bis zu Ygors Tod), ohne eine eigene Persönlichkeit zu haben. Immerhin ist es insofern konsequent, dass das Monster eigentlich eine Nebenfigur des Films ist – die zentrale Gestalt des Films, der Katalysator der Story ist Ygor, das Monster übernimmt die Rolle des Mittelpunkts des Geschehens erst in den letzten vielleicht sieben-acht Minuten. Es hat wenig Screentime (taucht auch erst nach einer guten halben Stunde erstmals auf und ist dann noch ein gutes Weilchen komatös), es fehlt ihm sowohl an der physischen Präsenz im Film als auch der an der tragischen Ausstrahlung, in „Son“ ist Frankenstein einfach weniger die bedauernswerte Kreatur als das böse Monster. Im Widerspruch zur Darstellung der Kreatur als brutaler, aber auf tierische Instinkte reduzierte Killer steht, das die Kreatur bei den Kills selbst unerwartet aufwendig und kompliziert vorgeht (eines seiner Opfer drapiert er so unter einer Kutsche, damit der Todesfall nach Unfall aussieht), was man als aufmerksamer und mitdenkender Zuschauer auch nicht so einfach glauben kann (ja, natürlich kann man davon ausgehen, dass Ygor entsprechende Befehle erteilt hat, aber das Monster verhält sich in der entsprechenden Szene einfach zu „Intelligent“).
Was „Son“ völlig außer Acht lässt, ist der von Whale beabsichtigte „Alternativwelteffekt“. Die beiden ersten Filme verweigerten sich einer geographischen und zeitlichen Zuordnung – es gab verhältnismäßig moderne Technik und Mode, gleichzeitig aber hoffnungslos altmodische Pendants. „Son“ ignoriert diese Vorgabe, macht Nägel mit Köpfen und schafft es, sich gleichzeitig zu datieren als auch örtlich festzulegen. Die Plotte spielt nunmehr eindeutig in Deutschland bzw. im deutschsprachigen Raum, die Zeit ist die relative Gegenwart des Jahres 1939 – Dampfzüge und (damals) moderne Automobile befördern unsere Protagonisten. Zwar versucht der Film, das Dorf Frankenstein selbst weiter als „rückständig-primitiv“ zu schildern, es beisst sich allerdings mit der eindeutig definierten Epoche der Autos und modernen Züge – die leicht surreal-traumhafte Atmosphäre der beiden Vorgänger wird verschenkt.
Es ist schade, dass der Film sich nicht wirklich wie ein Sequel zu den vorhergehenden Filmen spielt, sondern eher den Eindruck erweckt, als wäre er in einem anderen Universum als „Frankenstein“ und „Bride“ angesiedelt, weil er in einigen Szenen dann doch wieder einen hübschen Sinn für witzige Details beweist, so nimmt der Streifen z.B. direkt Bezug darauf, dass viele Zuschauer irrtümlicherweise das Monster als „Frankenstein“ bezeichneten, indem es Wolf zu Beginn geplagt ausführen lässt: „9 von 10 Menschen glauben, dass das Monster Frankenstein heißt“.
Zu den filmisch-handwerklich-technischen Merkmalen. „Son of Frankenstein“ ist mit 95 Minuten Laufzeit außerordentlich lang für einen klassischen Horrorfilm – die meisten Genrefilme dieser Epoche schafften es mit Müh und Not über die Ein-Stunden-Marke und Universal selbst produzierte nur einen längeren Horrorfilm: die spanische „Dracula“-Version, die eine knappe Minute länger läuft. Rowland V. Lee treibt die Story durchaus kurzweilig voran – es gibt wenig bis kaum Leerlauf, auch wenn einiges streng genommen überflüssig ist (dass Wolf Frankenstein Familie mitbringt, tut bis auf die Tatsache, dass sein Sohn Peter sich im Schlußakt vom Monster kidnappen lassen kann, nichts zur Sache, speziell Elsa Frankenstein, Wolfs Ehefrau, ist zu einer Stichwortgeberin reduziert und macht so den Elizabeth-Charakteren der Vorgänger, die vielleicht auch nicht immer glücklich behandelt wurden, aber zumindest integral wichtige Plot-Bestandteile waren, keine Ehre). Im Vergleich (ja, schon wieder) zu den Whale-Filmen ist „Son of Frankenstein“ optisch ein relativ statischer Film – vorbei ist’s mit der visuellen Dynamik von Whales für die damalige Zeit spektakulären Kamerafahrten, Zooms und Schwenks, bei Lee regiert die klassische US-Schule – wir haben einen Szenenaufbau, wir montieren die Kamera fest und filmen das, was vor sich geht. Gelegentlich übertüncht verhältnismäßig schneller Schritt den Mangel an Kamera-Dynamik und oft ist Lee schlau genug, wenigstens innerhalb der festen Szenen für Bewegung zu sorgen, seine Schauspieler auf Trab zu halten und sie durch’s Set zu scheuchen. Allerdings: ein Anerkenntnispunkt für einen der meines Wissens ersten Monster-POV- Shots!
Die Ausstattung des Films offenbart Licht und Schatten. Das Frankenstein-Schloss-Set selbst ist eindrucksvoll, auch wenn es eher zum alptraumhaft-modernen Stil des Hjalmar-Poelzig-Hauses aus dem ebenfalls von Universal, fünf Jahre früher, produzierten Karloff/Lugosi-Classics „The Black Cat“ passen will als zu den etablierten Konventionen der „Frankenstein“-Reihe. Dennoch – das Schloss mit seinen unpassenden Winkeln, seiner unübersichtlichen, kalten Konstruktion ist unheimlich. Dafür ist es andererseits ziemlich leer und kahl (man fragt sich, ob sich Kenneth Branagh bei seiner Ego-Adaption des Themas daran orientiert hat, dort war das Frankenstein-Anwesen auch – bewusst? – sparsam ausgestattet), was zwar einerseits die sterile Wirkung des Gemäuers unterstreicht, nach dem ersten und zweiten Aha-Effekt aber auch ein wenig langweilig wirkt.
Effekttechnisch leidet der Film darunter, dass DIE Sequenz eines jeden Frankenstein-Films, die Erweckung des Monsters, bei weitem nicht so aufwendig zelebriert wird, wie man es sich wünschen möchte. Das Monster-Make-up ist immer noch effektiv (aber entweder sieht man sich dran satt oder es wirkt nicht so detailliert wie gewohnt), aber Lugosis Make-up mit dem einprägsamen Genickbruch überzeugt fast noch mehr. Während der Film seine Kills ansonsten in 30er-Jahre-Tradition off-screen oder maximal als Schattenspiel zeigt, überrascht er im Showdown mit der überraschend graphischen Darstellung des Abreißens eines Arms (auch wenn’s auch im Filmsinn nur eine Prothese ist).
Zu den Darstellern – Boris Karloff wirkt, sofern man das unter Jack Pierces Make-up beurteilen kann, etwas gelangweilt. Er spult den Part routiniert, aber scheinbar ohne großes Herzblut ab (nicht von ungefähr schlüpfte er zum letzten Mal ins Frankenstein-Kostüm, sein letzter Auftritt in der Serie in „House of Frankenstein“ war ein solcher als „Mensch“). Er hat dafür, dass er more or less die Rolle spielt, weswegen die Zuschauer ins Kino strömen sollten, nur relativ wenige Auftritte und nur die „Spiegel“-Szene (in der das Monster seine eigene äußerliche Abscheulichkeit wahrnimmt) und seine Trauer um Ygor sind einprägsam – den Rest des Films absolviert Karloff im generic-stalking- monster-Modus.
Die restlichen Hauptdarsteller sind aber ausgesprochen spielfreudig – Basil Rathbone ist eine wahre Schau. Seine Wandlung vom ernsthaften, selbstbewussten und leicht arroganten Wissenschaftler, der jede Monstergeschichte als Übertreibung oder simplen Aberglauben abtut, zum hypernervösen, völlig verunsicherten Nervenbündel ist eine Augenweide. Vielleicht nicht gerade die große Schauspielkunst, aber spaßig anzusehen – speziell seine Wortgefechte mit Lionel Atwill (Inspektor Krogh) sind Höhepunkte des Films, wie überhaupt Atwills Performance als Mann des Gesetzes, der einerseits versucht, die Frankensteins vor dem Volkszorn zu schützen, andererseits aber vermutet, dass der Baron mehr weiß, als er zugeben mag. Der Genre-Veteran („The Vampire Bat“, „Mystery in the Wax Museum“, „Murders in the Zoo“, „Mark of the Vampire“) sorgt auch für die komödiantischen Glanzlichter (sein „Kampf“ mit seinem künstlichen Arm, der manchmal eine Art Eigenleben zu leben scheint, sorgt für humorige Auflockerung, ohne dass der Film einen lästigen comic-relief-Charakter nötig hat). Eine seiner besten Vorstellungen liefert Bela Lugosi (unter schwerem Make-up, das seine Gesichtszüge aber trotzdem erkennbar lässt) als Ygor. Er ist, wie bereits mehrfach erwähnt, die heimliche Hauptfigur des Films. Es mag zwar eine im Vergleich zur Monster-Rolle der beiden ersten Frankenstein-Filme eine eher eindimensionale Schurkenrolle zu sein, aber Lugosi absolviert sie in Hochform – ein letztes echtes Karrierehighlight des Mannes, der die Karloff- Rolle ursprünglich abgelehnt hatte und sie vier Jahre später in „Frankenstein meets the Wolf Man“ dann doch, stumm und unter dem klassischen Monster-Make-up, annehmen musste (der Erfolg in und von „Son of Frankenstein“ brachte Bela übrigens eine gute Nebenrolle im Garbo-Film „Ninotchka“ ein). Welchen Stellenwert Lugosi bei Universal genoss, kann man übrigens schon daran erkennen, dass die große Rolle des Ygor ihm gerade mal 4.000 Dollar einbrachte, während Karloff schon für „Bride of Frankenstein“ das dreifache kassierte…
Josephine Hutchinson als Elsa hat, wie schon angedeutet, nicht wirklich weltbewegendes zum Erfolg des Films beizutragen – sie ist Staffage, tut aber niemandem weh, im Gegensatz zur Mordlust hervorrufenden Performance des Kinderdarstellers Donnie Donnegan, gegen den sich ein typischer Godzilla-Kenny als echtes Herzchen entpuppt (ganz abgesehen davon, dass Donnie sich mehrmals deutlich vernehmbar in seinen Lines verhaspelt). Der eher schauerlichen Leistung zum Trotz sprach Donnegan 1942 im Disney-Klassiker „Bambi“ die Titelrolle. Lionel Belmore, der im ersten Film den Bürgermeister spielte, gibt hier – als anderer Charakter – eines der Opfer des Monsters.
Bildqualität: „Son of Frankenstein“ findet sich in der Monster Legacy auf dem selben Datenträger wie „Ghost of Frankenstein“, der nächste Film der Serie aus dem Jahr 1942. Die Bildqualität ist voll zufriedenstellend. Schärfe- und Kontrastwerte sind absolut zweckmäßig, der Print ist sehr sauber und weist kaum Defekte und Verunreinigungen auf, die Kompression ist allerdings nur mittelmäßig.
Tonqualität: Universal legt den Film auf Deutsch, Englisch und Französisch vor. Der englische O-Ton, stets zu bevorzugen, allein schon wegen Belas Performance, ist nicht so gut wie der von „Frankenstein“. Zwar ist die Mono-Tonspur fast völlig rauschfrei, die Dialoge neigen aber gelegentlich zu leichter Verbreiung. Man kann den Dialogen dennoch gut folgen, und wenn alle Stricke reißen, gibt’s ja immer noch das übliche Rudel Untertitelspuren.
Extras: Für „Son of Frankenstein“ befinden sich leider keinerlei Zusatzmaterialien auf der DVD.
Fazit: Qualitativ kann „Son of Frankenstein“ den beiden direkten Vorgängern nicht das Wasser reichen – zu oft verheddert sich der Film in Widersprüchen zu etablierten Fakten der beiden ersten Filme und ist oft genug auch in sich nicht völlig logisch. Wo „Frankenstein“ und „Bride of Frankenstein“ mehr als nur plumpe Horrorfilme, sondern sich nach James Whales Willen nicht vor subversiver Gesellschafts- und Religionskritik drückte (speziell das Thema „Religion“ bleibt in „Son“ schon augenfällig ausgeklammert), ist „Son“ der Prototyp eines auf finanziellen Erfolg getrimmten, aber anspruchslosen und nach Möglichkeit nicht aneckenden Kommerzfilms. Das muss nichts schlechtes sein und in der Tat ist „Son of Frankenstein“ eine unterhaltsame Sache, vor allem dank der blendend aufgelegten Rathbone, Atwill und Lugosi, aber der Tiefgang, das Melodrama, die Tragödie der beiden Vorgängerfilme bleibt unerreicht. Summa summarum – verdientermaßen ein Genreklassiker, aber nicht in der selben Liga mit „Frankenstein“ und „Bride“.
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(c) 2006 Dr. Acula