Frankensteins Monster (1973)

 
  • Deutscher Titel: Frankensteins Monster
  • Original-Titel: Frankenstein
  •  
  • Regie: Glenn Jordan
  • Land: USA
  • Jahr: 1973
  • Darsteller:

    Robert Foxworth (Dr. Viktor Frankenstein), Susan Strasberg (Elisabeth), Bo Svenson (Das Monster), Heidi Vaughn (Agatha), Robert Gentry (Henry Clavell)


Vorwort

Ingolstadt, 1856 – der junge Arzt und Wissenschaftler Dr. Viktor Frankenstein findet an der Universität wenig Beifall für seine Theorien, den Tod zu überwinden, das Leben zu verlängern oder gar künstliche Übermenschen herzustellen. Hindert den fanatisierten Forscher natürlich nicht, mit seinen Handlangern Otto und Hugo persönlich aus Leichenteilen einen Prototypen zusammenzubasteln. Das fehlende Herz stiftet, eher unfreiwilligerweise, Hugo nach einem schief gegangenen Beutezug auf dem örtlichen Friedhof. Mit dem üblichen Blitzschlag wird die Kreatur erweckt, erweist sich aber zu Frankensteins Erstaunen trotz der Verwendung eines Professoren-Gehirns als auf dem geistigen Level eines Vierjährigen. Frankenstein will seine Schöpfung geheimhalten, bis er der Kreatur genügend Wissen beigebracht hat. Zur Unzeit taucht leider Frankensteins Braut Elisabeth auf und muss feststellen, dass ihr Ausersehener leider überhaupt keine Zeit für sie hat, denn der hat ganz andere Sorgen – im Spiel hat die Kreatur Otto getötet und ist danach schockiert stiften gegangen. Während Frankenstein nach einer Weile Monstersuche lieber seine Beziehung mit Elisabeth kittet, stromert das Monster durch die Lande, erschreckt und killt (aus Versehen) da und dort mal ein paar Leute, versteckt sich schließlich in einem abgelegenen Gehöft und lernt dort auf dem zweiten Bildungsweg richtige Artikulation. Von seiner eigenen Hässlichkeit abgestossen und durchaus in der Lage, sich die Rechnung aufzumachen, unter Menschen kaum glücklich werden zu können, kehrt die Kreatur nach weiteren gewalttätigen, aber nicht von ihr gewollten Zwischenfällen zu Frankenstein zurück und verlangt ultimativ die Erschaffung einer Gefährtin…


Inhalt

Tss, ich muss mich wundern, es gibt immer noch „Frankenstein“-Verfilmungen, die ich noch nicht kenne und von den bewährten Billigheimer-Labeln auf DVD geklatscht werden. An dem Thema hat sich von Roger Corman über Jess Franco bis Kenneth Branagh nun wirklich schon everyone and his brother versucht, und trotzdem kam noch keiner an James Whales genrebegründende Verfilmungen mit Boris Karloff heran. Wenn einem dann aus dem Sponsoren-Päckchen eine, wie gesagt, völlig unbekannte Version entgegenkullert, darf man schon mal grundsätzlich skeptisch sein – wenn das Ding wirklich GUT wäre, hätte sich das wohl herumgesprochen. Andererseits – das Cover behauptet, dass es sich um einen Dan-Curtis-Film handelt, und das bedeutet zweierlei; zum einen, dass es sich höchstwahrscheinlich um eine TV-Produktion handelt (das ist auch so), zweitens, dass man sich durchaus Hoffnungen auf Qualität machen kann, denn Curtis hat in Sachen TV-Horror in den 70er Jahren Maßstäbe gesetzt – „The Night Stalker“ und „The Night Strangler“ mit Darren McGavin als zerknittertem Sensationsreporter Kolchak gelten mit Fug und Recht als moderne Genre-Klassiker und auch die vor einigen Monaten besprochene „Dracula“-TV-Verfilmung mit Jack Palance war so schlecht nicht.

Die sich schon auftürmende Erwartungshaltung fällt aber schon beim Vorspann wie ein Kartenhaus in sich zusammen – Dan Curtis ist hier nur Produzent und überlässt den Regiesessel Glenn Jordan, einem zwar renommierten und mit zwei Emmys ausgezeichnetem TV-Regisseur, der aber nicht gerade für Thriller und Horror bekannt ist, sondern eher für Drama und Komödie. Der noch größere Haken an der Sache ist allerdings, dass das Drehbuch nicht von Curtis‘ kongenialem Partner Richard Matheson verfasst wurde, sondern von Curtis mit einigen Co-Autoren selbst. Tja, und man merkt schon, dass an allen Ecken und Enden ein Autor von der herausragenden Qualität eines Richard Matheson fehlt. „Frankensteins Monster“ entwickelt sich leider leider zu einer sehr zähflüssigen (und dabei schon von Haus aus überlangen) Angelegenheit, die nur schwer in einem Stück zu ertragen ist.

Der Streifen krankt schon mal an einer eher unglücklichen Strukturierung – ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich Mary Shelleys Roman nie gelesen habe und kann daher nicht ausschließen, dass die Filmstruktur der Werktreue geschuldet ist, aber es ist einfach nicht im Sinne einer gelungene Dramaturgie, den Höhepunkt einer jeden Frankenstein-Verfilmung, die Erweckung des Monsters zum Leben, gleich in der ersten Viertelstunde anzupacken; andererseits – Höhepunkt ist in diesem Fall zu vel gesagt, denn viel unaufgeregter kann man das wohl gar nicht abbilden (ich will jetzt gar keine Vergleiche zur Tour de Force, die sich im Branagh-Film abspielt, ziehen, weil das Ego-Werk des Briten nun doch ein paar Tage jünger ist und ein paar Öre mehr gekostet haben dürfte), der „Aufwand“ der Szene beschränkt sich darauf, fünfmal den gleichen „elektrische Entladung“-„Spezialeffekt“ einzublenden und das war’s. Danach verabschiedet sich jedes Interesse automatisch. Es ist zwar recht löblich, dass der Film sich recht viel Zeit lässt, die „Unschuld“ der Kreatur dadurch zu verdeutlichen, es bei kindlichen Lern- und Spielvorgängen zu zeigen, aber der Punkt ist schnell gemacht und danach wird’s langweilig. Auch in der Folge gewinnt „Frankensteins Monster“ nie mehr Fahrt und Energie als eine handelsübliche Seifenoper – der Schwerpunkt des Films liegt zweifellos im „human drama“, vor allem, nachdem sich der Film erzählerisch in zwei Stränge aufteilt (auf der einen Seite Viktor Frankenstein und seine Beziehungsprobleme, auf der anderen Seite das geflohene Monster, das sich von den Menschen unverstanden zurückzieht und versucht, mit seiner Existenz irgendwie fertigzuwerden), es tut sich einfach nicht viel – und in getreuer TV-Tradition können wir darauf wetten, dass, wenn etwas passiert, entweder die ominöse Schwarzblende zur Werbepause folgt oder, dank der Unfähigkeit des Regisseurs, eine Szene spannend zu gestalten, es einfach uninteressant bleibt. Gelegentlich schimmert ein gewisser trockener Humor durch, aber viel zu selten, um den Film ernstlich zu retten.

„Frankenstein“-Kenner werden sicherlich viel wiedererkennen – bis auf das Ende (und den Umstand, dass Curtis sich einer Art Mixtur aus Romanvorlage, Whale-Verfilmung und eigener Idee bediente, um zu erklären, wie das Monster das Sprechen lernt) scheint der Film sehr dicht an Shelleys Roman zu liegen (wie gesagt, ich hab das Buch nie gelesen), aber alle wesentlichen bekannten Figuren treten auf, die wesentlichen bekannten Plotpoints werden abgearbeitet, aber eben auch nicht mehr. Dem Film fehlt für mich irgendwie die Existenzberechtigung, weil er dem Thema keine neuen Aspekte abgewinnt; filmisch bleibt „Frankensteins Monster“ sowieso eher Literaturverfilmung denn Gruselfilm; und selbst für „Literaturverfilmung“ eine ziemlich lahme. Über den Großteil der Laufzeit wirkt das eher nach abgefilmten Theaterstück, die Kameraführung des exklusiv fürs Fernsehen tätigen Kamermanns Ben Colman („Galactica 1980“, „Buck Rogers“) kann keine Stimmung erzeugen, ist eher unbeholfen, die Ausstattung nicht gerade opulent, das Tempo, wie bereits gesagt, schlafwandlerisch.

Horror-Gehalt ist daher nicht wirklich zu vermelden – es gibt einen (herrlich schlecht realisierten) abgerissenen Arm und das relativ schlichte, aber nicht ganz wirkungslose Monster-Make-up (von dem aus sich bei gutwilliger Betrachtung eine direkte Verbindung zu Kenneth Branaghs Verfilmung ziehen lässt), ansonsten regiert in dieser Version des Themas das Wort, nicht der Effekt oder die Tat.

Dr. Viktor Frankenstein wird von Robert Foxworth verkörpert, den viele TV-Zuschauer noch aus der beinahe endlos langen Weingut-Soap „Falcon Crest“ kennen werden. Foxworth kann zu Beginn des Films, wenn er seinen Frankenstein noch als beinahe blindwütigen Fanatiker anlegt, durchaus überzeugen, ergibt sich dann aber im weiteren Filmverlauf relativ kampflos dem biederen Soap-Niveau. Elisabeth wird dargestellt von Susan Strasberg, Tochter des berühmten Schauspiellehrers Lee Strasberg, die man später noch in „Achterbahn“, „Der Manitou“ oder „Delta Force“ sah. Obwohl das Script nun deutlich in die Drama-Schiene tendiert, hat sie nicht viel mehr zu tun, als sich in relativ regelmäßigen Abständen über ihre Vernachlässigung auszuheulen. Nicht gerade großes Tennis. Bo Svenson, jüngst von Quentin Tarantino für „Kill Bill Vol. 2“ in eine Nebenrolle gelotst, und eine Ikone des 70er-Jahre-Exploitationkinos (im zweiten und dritten Teil der „Walking Tall“-Filmserie spielte er den 2×4-schwingenden Buford Pusser), agiert als Monster und liefert hier eine überraschend nuancierte Vorstellung. Svenson wäre nun nicht wirklich meine erste Wahl, wenn es darum geht, unter Make-up auch noch Emotionen zu transportieren, aber der Schwede erledigt das wirklich gut, vielleicht manchmal sogar zu gut, denn seine Monster-Interpretation mag Puristen vielleicht sogar zu weinerlich erscheinen, was dann seine Gewaltausbrüche fast schon lächerlich erscheinen lässt (aber die physische Präsenz hat Svenson allemal).

Der Rest des Ensembles besteht aus größtenteils routinierten, aber nicht gerade exaltiert agierenden TV-Darstellern.

Abschließend sie noch gesagt, dass ich nicht sicher bin, ob „Frankensteins Monster“ in der vorliegenden Fassung ungekürzt ist. Der Film lief 1973 offensichtlich als TV-Zweiteiler im amerikanischen Fernsehen und wird von der IMDB mit einer Laufzeit von 180 Minuten angegeben – kann aber durchaus sein, dass der Streifen einfach zwei 90-Minuten-Sendeplätze besetzte und die Werbung hier eingerechnet wurde. Die Vorstellung, der Film könnte noch 55 Minuten länger sein, ist mir schon arg unheimlich, es passiert ja schon in der 126-Minuten-Fassung herzlich wenig.

Bildqualität: Abgesehen davon, dass bei den Billigheimer-Publishern jetzt schon gar nicht mehr getarnt wird, wenn Lizenzen getauscht werden (die Power-Station-DVD meldet sich beim Einlegen allerliebst mit dem Best-Entertainment-Logo) ist der 4:3-Vollbildtransfer ziemlich grützig. Das Bild zeichnet sich durch ein starkes Grundrauschen aus, die Kantenschärfe ist miserabel zu nennen und insgesamt wirkt der Transfer zwar weitgehend bildstörungs- und verschmutzungsfrei, aber eher milchig. In den zahlreichen Nachtszenen ist mal wieder der Kontrast zu bemängeln, die Kompression ist liederlich ausgefallen.

Tonqualität: Best/Power Station erfreuen uns ausschließlich mit deutschem Ton im 5.1-Split-Verfahren. Die Synchronisation scheint neueren Datums zu sein, ist daher sehr gut verständlich, aber auch sehr steril und stimmungstötend, die Sprecherleistungen alles andere als überzeugend (insbesondere der Sprecher des Monsters geht mir ziemlich auf den Senkel). Nebengeräusche und Score sind arg in den Hintergrund gedrängt. Macht nicht wirklich akustischen Spass.

Extras: Die „Trailershow“ besteht aus exakt einem Trailer, nämlich dem beliebten und bekannten Vorschaufilmchen für „The Fog“.

Fazit: Sorry, Dan Curtis, ich bin ja eigentlich ein Fan von Dir, aber das… das war nix. „Frankensteins Monster“ dürfte als eine der langweiligsten Verfilmungen des klassischen Horror-Archetyps, die je realisiert wurde, in die Geschichte eingehen. Dem Film fehlt es sowohl an der schreiberischen Klasse eines Richard Matheson, der sicherlich ein wesentlich strafferes Script vorgelegt hätte, als auch an der zupackenden Regie – ich weiß nicht, ob Glenn Jordan die Direktive hatte, statt knackigen Horror oder wenigstens angenehmen Grusel eine geschwätzige Literaturverfilmung abzuliefern, aber ganz ohne Dramaturgie und Spannungsbogen sollte man „Frankenstein“ eigentlich nicht erzählen. Was bleibt, ist eine recht interessante Interpretation des Monsters selbst durch Bo Svenson und ansonsten jede Menge öder Langeweile. Für „Frankenstein“-Komplettisten only.

2/5
(c) 2003 Dr. Acula


mm
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