Frankenstein – Auf der Jagd nach seinem Schöpfer

 
  • Deutscher Titel: Frankenstein - Auf der Jagd nach seinem Schöpfer
  • Original-Titel: Frankenstein
  • Alternative Titel: Frankenstein - Das Experiment geht weiter |
  • Regie: Marcus Nispel
  • Land: USA
  • Jahr: 2004
  • Darsteller:

    Parker Posey (Det. Carson O’Conner), Vincent Perez (Deucalion), Thomas Kretschmann (Dr. Victor Helios), Adam Goldberg (Det. Michael Sloane), Ivana Milicevic (Erika Helios), Michael Madsen (Det. Harker), Deborah Duke (Angelique), Ann Mahoney (Jenna), Deneen Taylor (Kathleen Burke), Brett Rice (Det. Frye)


Vorwort

Leichen türmen sich in New Orleans – der Serienkiller „Der Chirurg“ sorgt mit seinen fachmännischen Organentnahmen für so manches graues Haar bei den ermittelnden Polizeibeamten O’Conner und Sloane. Das jüngste Opfer, dem das Herz entfernt wurde, passt jedoch nicht ganz in den gewohnten modus operandi des Killers – es wurde nicht gefesselt und geknebelt, bevor gemetzelt wurde. O’Conners dezent unsympathischer Kollege Harker verweist daher flugs jede Verbindung zum Chirurgen-Fall ins Reich der Fabel.O’Conners Bauchgefühl sagt ihr allerdings etwas anderes und ein geheimnisvoller, von zahllosen Narben verunstalteter Fremder, bestätigt ihre Vermutungen – allerdings mit nahezu unglaublichen Behauptungen! Sowohl er, der sich Deucalion nennt, als auch der Killer und sein letztes Opfer seien keine normalen Menschen, sondern künstliche Geschöpfe mit übermenschlichen körperlichen Fähigkeiten. Wie sein letztes Opfer sei der Killer von einem Todeswunsch geplagt, doch hat ihr Schöpfer, den Deucalion als den einflussreichen Genmedizin-Pionier Victor Helios identifiziert, dem einen Anti-Selbstmord-Riegel vorgeschoben, weswegen der Killer seinem Freund zum Tod verholfen habe und selbst dringlich gefasst und getötet werden möchte. Da Deucalion seine Ausführungen durch eindrucksvolle Demonstration seiner Fähigkeiten untermauert, bleibt O’Conner nur übrig, ihm zu glauben. Während die Polizistin aufgrund Deucalions Hinweisen herausfindet, dass sie den Killer näher kennt als sie dachte, beginnt sich auch Helios, der immer noch fleißig künstliche Menschen bastelt, für den „Chirurgen“ zu interessieren, hat der sich doch anonym bei ihm gemeldet und als einer der seinen geoutet – und als einer, der etwas kann, was Helios‘ Geschöpfen bislang aus Sicht ihres Schöpfers aus gutem Grund verwehrt blieb…


Inhalt

Eine neue Woche, eine neue Variation des guten alten Frankenstein-Mythos – auch wenn obige Inhaltsangabe eher nicht den Eindruck erweckt, als hätten Film und Shelley-Roman über das Grundthema „künstliche Menschen“ etwas gemein, handelt es sich doch um eine „echte“ Frankenstein-Geschichte. Dass dies auf den ersten Blick nicht so wirkt, liegt auch in den kuriosen Produktionsumständen dieses US-Fernsehfilms begründet. Die Produktionsfirma wandte sich nämlich an den Bestsellerautoren Dean (ehemals „R.“) Koontz („Brandzeichen“), für eine potentielle TV-Serie ein zeitgemäßes Frankenstein-Konzept zu entwerfen. Koontz liess sich nicht lumpen und konstruierte ein Szenario, in dem Victor Frankenstein (als eindeutiger „Schurke“) in die heutige Zeit überlebt hat und unter dem Namen Helios nach der Weltherrschaft strebt, und sein ursprüngliches Monster (Deucalion) als sein Gegenspieler selbiges zu verhindern sucht. Die Firma, die mittlerweile niemand geringeres als Martin Scorcese („The Departed“) als Executive Producer gewonnen hatte, arbeitete Koontz‘ Konzept allerdings heftigst um, so dass Koontz und Scorcese wutig das Projekt verliessen. Während Scorcese später zurückkehrte, einigte Koontz sich schlussendlich mit den Produzenten darauf, dass diese seine Charaktere verwenden durften, aber seinen Namen aus Promotion und Credits heraushielten. Koontz selbst verarbeitete das Konzept in einer bislang dreibändigen Romanserie nach seinem Gusto.

Was aber nicht unbedingt hesst, dass die vorliegende Fernsehfassung automatisch schlecht sein muss (vor allem, wenn man sich Koontz‘, vorsichtig ausgedrückt, eher schwankende schreiberische Qualität vor Augen hält). Das Drehbuch krankt vor allem am arg offensichtlichen TV-Pilotfilm-Syndrom – viele Fragen werden aufgeworfen, kaum eine wird beantwortet. So wird Deucalion z.B. zu Beginn des Films verfolgt und angegriffen – das „Monster“ entledigt sich seines Verfolgers durch Mord. Wer ist der Angreifer, was will er von Deucalion, in wessen Auftrag handelt er? Niemand verrät es uns. Danach greift Deucalion bis zum Showdown nicht mehr aktiv in die Handlung ein, sondern dient nur als wandelnder Expositions-Erklärbär und trägt so zur manchmal enervierenden (aber pilotfilmtypischen) Geschwätzigkeit des Streifens bei. Ebenfalls fast schon liebe Gewohnheit bei Pilotilmen zu Serien mit übergreifendem Story-Arc – Hauptplot (in diesem Fall die Jagd auf den Serienkiller) und „großer Arc“ (die Umtriebe von Helios) verbinden sich kaum und wenn, dann nicht wirklich schlüssig. Positiv fallen die gelungenen und gelegentlich trockenen Humor aufweisenden Dialoge auf, während die Charaktere zumindest nach Eindruck des Pilotfilms (und da’s mt einer nachfolgenden Serie nichts wurde, haben wir keine anderen Anhaltspunkte) keine Originalitätspreise gewinnen (wobei zumindest die Figur des Deucalion einiges an ambivalentem Potential besitzt, das durchaus erkundenswert gewesen wäre):

Die Umsetzung des Scripts wurde vertrauensvoll in die Hände eines bewährten Teams gelegt – Regisseur Marcus Nispel und Kameramann Daniel Pearl arbeiteten schon bei Michael Bays überraschend gut gelungenem „Texas Chainsaw Massacre“-Remake zusammen und tauchen auch „Frankenstein“ in die von dort bekannten gleichermaßen hochglanzästetischen als auch trotzdem erdig-dreckig wirkenden Braun- und Blautöne. Die Beschränkungen des Mediums TV erlauben zwar keine rasanten Kamerafahrten und atemberaubende Bildkompositionen en gros, aber optisch steht der Streifen, bei federführender Mitwirkung zweier Musikvideo-Visual-Gurus wie Nispel und Pearl nicht verwunderlich, meilenweit über der üblichen TV-Dutzendware. Bei allem Bemühen, optisch-visuelle Finesse in den Streifen einzubringen, kann Nispel allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Spannungsaufbau scriptbedingt relativ mau bleibt und der Film eine ganze Weile braucht, bis er überhaupt in Fahrt kommt. Der Erzählrhythmus ist, auch dank der Tatsache, dass zwei Parallelhandlungen ohne große Berührungspunkte geschildert werden, betulich und gewinnt erst im letzten Drittel an Tempo (und zwar so auffällig, dass der Schlussakt fast schon wieder gedrängt wirkt).

Aufgrund der TV-Herkunft des Films kann Nispel nicht in Splatter und Gore schwelgen – das Monster-Make-up ist wenig eindrucksvoll, da schon ZU dezent; on-screen-Tode gibt’s grad mal drei und die sind nicht überaus explizit, Schmoddereien gibt’s nur im Sekundenbereich und im Hintergrund. Die wenigen visuellen Effekte laborieren an einem ersichtlich nicht üppigen FX-Budget und wirken etwas cheesy.

Auf der Haben-Seite verbucht „Frankenstein“ neben einem hochanständigen Theme von Lynch-Hauskompnst Angelo Badalamenti einen plausiblen Cast. Parker Posey („e-M@il für Dich“, „The Laws of Attraction“, „Blade: Trinity“, „Superman Returns“) liefert als O’Conner eine nicht herausragende, aber solide Leistung ab, der Schweizer Vincent Perez („The Crow: City of Angels“) bringt den gebotenen Tiefgang in die Deucalin-Rolle ein und auch Thomas Kretschmann („King Kong“, „Der Untergang“, „Immortal“) leiert sich als erzböser Mad Scientist Helios eine seiner besseren Performances aus dem Kreuz. Immer wieder gern gesehn ist natürlich Michael Madsen („Kill Bill“, „Sin City“, „BloodRayne“), auch wenn er wieder einmal „nur“ einmal mehr seinen Standard-Drecksau-Charakter vorführt. In der Nebenrolle der Helios-Ehefau Erika ist „Casino Royale“-Bond-Girl Ivana Milicevic zu sehen. Summa summarum keine denkwürdigen schauspielerischen Leistungen, aber für den Standard eines TV-Horrorfilms gewiss nicht übel.

Bildqualität: Ich habe „Frankenstein“ nicht auf meinem üblichen Equipment getestet, also seien folgende Bemerkungen nicht in Stein gemeißelt. Bildttechnisch macht die Scheibe von EuroVieo einen grundsoliden Eindruck und wird den optischen Darbietungen aus dem Hause Nispel duchaus gerecht. Detail- und Kantenschärfe sowie Kontrast bwegen sich im überdurchschnittlichen Bereich, die Kompression, nicht vor unüberwindliche Probleme gestellt, verrichtet unauffällig ihren Dienst. Geboten wird ein störungsfreier 1.78-Widescreen-anamorph-Transfer.

Tonqualität: EuroVideo bietet unspektakulären, aber zweckmäßigen deutschen Synchron-Ton und englischer Originalspur (nicht getestet), jeweils im Dolby-5.1-Format.

Extras: Außer zwei Progammvorschau-Trailern leider nix gewesen.

Fazit: Marcus Nispels „Frankenstein“ erfindet das Subgenre sicher nicht neu und kämpft auf breiter Front gegen die kaum zu vermeidenden Schwierigkeiten eines Pilotfilms, der gleichzeitig versucht, eine abgeschlossene Geschichte zu erzählen als auch einen großen Story-Arc aufzubauen, erweist sich aber, kann man mit eben diesen Problemen umgehen, dank der für TV-Verhältisse glänzenden visuellen Umsetzung und der soliden Besetzung als schmackhafter Snack für Zwischendurch. Eine Serie, die die aufgeworfene Fragen aufgreift, wäre gar nicht mal so wenig vielversprechend gewesen – so bleibt es bei einem zugegeben unbefriedigenden offenen Ende, aber wir Horrorfans sind allemal schlimmeres gewohnt. Da die Scheibe sich mittlerweile für den sprichwörtlichen Appel und Ei auf Kaufhaus- und Supermarktgrabbeltischen anfindet, kann ich Viel- bis Allessehern durchaus zur Investition des schmalen Obolus raten – es mag kein epischer Event-Film sein, aber ansehbar ist „Frankenstein“ auf alle Fälle.

3/5
(c) 2005 Dr. Acula


mm
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