Five Corners

 
  • Deutscher Titel: Five Corners
  • Original-Titel: Five Corners
  • Alternative Titel: Pinguine in der Bronx |
  • Regie: Tony Bill
  • Land: USA
  • Jahr: 1987
  • Darsteller:

    Jodie Foster (Linda), Tim Robbins (Harry), John Turturro (Heinz), Todd Graff (James)


Vorwort

Bronx anno 1964 – während weit weg in den Südstaaten die Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King für die Gleichberechtigung der Schwarzen kämpft, versuchen im Schmelztiegel New York die verschiedenen ethnischen Gruppen zurechtzukommen. Ärger steht ins Haus, als Heinz aus dem Gefängnis entlassen wird. Der versuchte einst, die junge Linda zu vergewaltigen. Linda sucht Schutz und Sicherheit nicht bei ihrem Freund James, sondern bei Harry, der damals Heinz ein Bierglas über den Schädel gedroschen und damit die Vergewaltigung verhindert hatte. Leider hat bei Harry eine Art spirituelles Erwachen stattgefunden – aus dem einstigen Schläger ist ein Verfechter der Gewaltlosigkeit geworden. Dennoch verspricht er, Linda beizustehen. Als Heinz Linda allerdings zu einem nächtlichen Treffen nötigt, ist Harry nicht da. Zunächst läuft alles einigermaßen friedlich – Heinz unterbreitet ihr als „Versöhnungsgeschenk“ ein paar leibhaftige Pinguine. Doch sie weist ihn zurück, was einer der Pingus mit dem Leben bezahlt. Linda flüchtet zu James, doch Heinz gibt nicht auf. Es gelingt ihm, Linda zu entführen…


Inhalt

Sunfilm hat sich erfreulicherweise des Katalogs der britischen Qualitätsfilmschmiede Handmade angenommen und wird ein Dutzend Filme des von George Harrison ins Leben gerufenen Unternehmens veröffentlichen, so auch „Five Corners“, die erste US-Produktion der Firma. Etwas irreführenderweise versucht Sunfilm, den Streifen, seinerzeit in Deutschland unter dem nicht wirklich gelungenen Titel „Pinguine in der Bronx“ (vermutlich ein Versuch des damaligen Verleihers, Handmades Image für schräge Komödien auszuschlachten) als „Psychothriller“. Nichts liegt dem Film von Tony Bill, einem Regisseur, der hauptsächlich für’s US-Fernsehen arbeitete und mit „Five Corners“ seinen größten Wurf als Kino-Regisseur landete, ferner als dieses.

„Five Corners“ ist viel mehr Sozialdrama als Thriller, mehr Altman’esques Ensemblestück als packendes Spannungskino, was man schon daran erkennt, dass die eigentliche Story (im Sinne des oben Geschilderten) kaum mehr als die letzte halbe Stunde des Streifens ausmacht. Der Film interessiert sich stärker für die allgemeinen Befindlichkeiten und die Lebensumstände junger Leute der „lower class“ in einer haltlosen Zeit irgendwo zwischen althergebrachtem Konservativismus, zaghaft-zögerlich rebellischer Aufbruchsstimmung und no-future-Hoffnungslosigkeit, was sich in den verschiedenen Charakteren wiederspiegelt, vor allem in den für die eigentliche Handlung eher unbedeutenden Nebenfiguren wie den klebstoffschnüffelnden Proto-Girlies Melanie und Brita oder den orientierungslosen Scherzbolden Castro und Willie, die den Nervenkitzel u.a. darin suchen, auf Fahrstuhlkabinen durch die Liftschächte zu surfen. Das geht soweit, dass die vermeintliche Haupthandlung um Linda, Harry und Heinz (wobei auch zu sagen ist, dass Linda erstaunlich, hm, nichtssagend charakterisiert ist. Sie ist mit Abstand die blasseste Figur im ganzen Spiel) teilweise völlig in den Hintergrund gedrängt wird. Erst in den letzten 30 Minuten konzentriert sich „Five Corners“ auf die Thriller- (naja, eigentlich mehr Krimi-) Elemente, wobei auch dort eher die Zen-Philosophie „Der Weg ist das Ziel“ zuzutreffen scheint, denn die Auflösung bzw. kommt aus vollkommen unerwarteter und unvorhersehbarer Ecke – zweifellos überraschend, aber doch auch ein Indiz dafür, dass es dem Film nur nebensächlich um die vordergründige Thrillerstory ging.

Das ist alles optisch recht nett anzusehen, profitiert von gelungener Kameraarbeit und einem hübschen Soundtrack (Frühwerk von James Newton Howard, gemischt mit vielen 60er-Jahre-Oldies, u.a. von den Beatles themselves), gewinnt aber nur selten die nötige Intensität – vereinzelt mogeln sich Szenen von beeindruckender dramatischer Wucht (dazu gleich noch was bei der Schauspielerkritik) in den Film, aber vieles ist einfach nur nichtssagend, belanglos, uninteressant (das erwähnte und für die Story vollkommen irrelevante Fahrstuhlspiel von Castro und Willy in eine gut und gerne fünf Minuten dauernde Sequenz auszudehnen, ist erheblich zu viel des Guten). Die Anglophilen haben für eine Geschichte dieser Machart den schönen und irgendwie unübersetzbaren Ausdruck „meandering“ (dict.leo.org schlägt „abschweifend“ und „umherirrend“ vor. Na gut, vielleicht doch übersetzbar :-)). Im Gegensatz zu den besten Altman-Filmen, die auch mit vielen Charakteren arbeiten und keine wirklich zusammenhängende Story aufweisen, sondern viele kleine Einzelgeschichten, fügt sich „Five Corners“ nie richtig zusammen. Seine „Nebenschauplätze“ bleiben unaufgelöst, seine Hauptgeschichte scheint den Film zu wenig zu interessieren, es wird einfach nie ganz klar, welche Story der Film überhaupt erzählen möchte. Das macht den Streifen trotz seiner handwerklich guten Inszenierung und teilweise starken darstellerischen Leistungen eher ermüdend.

An den Darstellern liegt’s, soviel ist klar, kaum. Auch wenn Jodie Foster nicht gerade ihre allerbeste Performance aus dem Hut zaubert (und selten war ihr rauchige deutsche Synchronstimme deplazierter als hier), aber das Script gibt gerade ihr fast nichts zu tun (den Großteil des Finales absolviert sie daher folgerichtig im bewußtlosen Zustand). Tim Robbins fährt da schon besser – auch wenn Robbins in diesem Film noch nicht auf dem Zenit seines schauspielerischen Könnens angekommen ist, vermag er streckenweise zu überzeugen (besonders in einer Szene, in dem er einem schwarzen Bürgerrechtler seine „Würdigkeit“, für deren Sache mitzukämpfen, beweisen will). Das singuläre Highlight des Films ist allerdings John Turturro („Barton Fink“), der den Wahnsinn seiner Figur inspiriert verkörpert – nuanciert von zurückhaltend-leise bis hin zu einer wahren darstellerischen Tour de Force in der besten Szene des Films, wenn Heinz seine Mutter konfrontiert, die sich in eine Scheinwelt zurückgezogen hat und ihren mißratenen Sohn immer noch als lieben kleinen Jungen betrachtet. Das ist grandios gespielt.

Bildqualität: „Five Corners“ ist nicht mehr ganz neu und das macht sich auch im Bild bemerkbar. Zwar ist anamorphe 1.85:1-Transfer insgesamt anständig, kann aber gelegentliches, wohl altersbedingtes Filmmern nicht ganz vermeiden. Detail- und Kantenschärfe sind sehr zufriedenstellend, die Kompression gut gelungen, der Kontrast durchschnittlich. Mit ein bisschen Aufwand hätte man sicher etwas noch etwas mehr aus dem Material herausholen können. Bildstörungen sind minimal vorhanden.

Tonqualität: Da muss man aber schon einmal leicht mosern, vor allem, weil man von Sunfilm durchaus herausragende Audioqualität gewohnt ist. Dass man dem Streifen keinen 5.1-Upmix spendiert hat, ist mehr als verzeihlich (ich bin ein strikter Gegner des künstlichen Aufplusterns von Tonspuren), aber sowohl der deutsche als auch der englische 2.0-Ton können gerade in der Disziplin Sprachqualität nicht überzeugen. Während der englische Ton etwas verknarzt klingt (und wieder einmal ziemlich leise ist), bemüht die deutsche Sprachfassung ein irgendwie nölend klingendes Quäken (oder quäkend klingendes Nölen?). Jedenfalls machen beide Tracks nicht wirklich Riesenfreude.

Extras: Das Bonusmaterial ist nicht wirklich umfangreich ausgefallen. Neben dem Originaltrailer und Biographien der wichtigsten Beteiligten verspricht ein 31-minütiges Feature namens „Die Handmade Story“ Hintergründe über die Geschichte der Produktionsfirma. Leider entpuppt sich die vermeintliche Dokumentation relativ schnell als lieblos zusammengepfriemelte Clipshow, für die man einige Handmade-Trailer mit ein paar Artwork- und Promo-Stills zusammengekloppt hat und einen wenig aufregenden Kommentar (von überschaubarem Informationswert – die meisten Statements lauten ungefähr „198x produzierte Handmade den Film „Xy“ von Regisseur Blabla mit Star Sowieso und Star Sowieso“). Recht erschreckend ist dabei, dass sich dieses Feature wohl auf allen zwölf erscheinenden Handmade-DVDs von Sunfilm wiederfinden wird. Der Hauptfilm kann übrigens mit optionalen deutschen Untertiteln genossen werden, als „Booklet“ findet sich im Amaray ein gefaltetes Plakat, dessen Rückseite mit dem kompletten Kommentar der „Dokumentation“ (zum Auswendiglernen und Mitsprechen) bedruckt ist.

Fazit: „Five Corners“ ist ein leider recht uninteressantes Sozialdrama mit aufgesetztem Thriller-Finale, dessen Geschichte letztlich niemanden hinter dem Ofen hervorlocken wird. Zwar ist der Streifen handwerklich ansehnlich und allein John Turturros Glanzleistung verdient Anerkenntnis, letztlich ist der Film aber einfach „blah“. Nicht gut genug, dass man sich noch lange später daran erinnert, aber auch nicht schlecht genug, um richtig zu nerven. Ein Durchschnittsfilm also – und das ist, wenn man sich den Output von Handmade Films vor Augen hält, eigentlich schon ein ziemlich vernichtendes Urteil. Die DVD von Sunfilm ist von der technischen Umsetzung her akzeptabel, aber nicht wirklich umwerfend. Das Bonusmaterial kann eigentlich kaum ernstgenommen werden.

2/5
(c) 2004 Dr. Acula


mm
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