Firewall

 
  • Original-Titel: Firewall
  •  
  • Regie: Richard Loncraine
  • Land: USA
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Harrison Ford (Jack Stanfield), Paul Bettany (Bill Cox), Virginia Madsen (Beth Stanfield), Mary Lynn Rajskub (Janet Stone), Robert Patrick (Gary Mitchell), Robert Forster (Harry), Alan Arkin (Arlin Forester), Carly Schroeder (Sarah Stanfield), Jimmy Bennett (Andy Stanfield)


Vorwort

Jack Stanfield ist der Computer-Sicherheitsexperte einer kleinen, aber feinen Bank im amerikanischen Nordwesten und seines Zeichens eine echte Kapazität. Deswegen sucht sich eine Gangsterbande um den smarten Bill Cox Jack auch als geeigneten unfreiwilligen Helfershelfer für einen lukrativen Fischzug aus. Mit einem simplen Trick bringen Cox‘ Gefolgsleute Jacks Familie (Frau, Tochter, Sohn, Hund) in ihre Gewalt und erhoffen sich so seine Kooperation, ohne die Katze, sprich ihr eigentliches Ziel, gleich aus dem Sack zu lassen. Zunächst mal soll Jack, verwanzt und per Kuli-Kamera überwacht, einfach ganz normal weiterarbeiten – Jacks verzweifelte Versuche, sich und vor allem Frau und Kinder aus der Bredouille zu bringen, gehen ins Leere. Am zweiten Tag rückt Cox mit der Sprache heraus – als oberster Computerwizard der Bank dürfte es für Jack doch kein Problem sein, die zehntausend reichsten Kunden der Bank um jeweils unauffällige zehntausend Dollar zu erleichtern. Dummerweise IST es ein Problem, weil Jacks Bank gerade von einem Großkonzern übernommen wurde und den lokalen Angestellten in Seattle kein Zugriff mehr auf die Computerdaten möglich ist. Cox jedoch ist der Ansicht, dass das nicht sein, sondern Jacks Problem ist; soll der sich halt was einfallen lassen. Nach längerem Brainstorming (und einem gescheiterten Fluchtversuch) hat Jack tatsächlich eine praktikable Idee, doch ist ihm längst klar, dass die Gangster weder ihn noch seine Familie nach erfolgreichem Raubzug leben lassen werden…


Inhalt

Nanu, hat jemand ein Sequel zu „Password Swordfish“ in Auftrag gegeben? Okay, das ist ein bisschen fies (auch wenn der Schwertfisch die beste jemals gefilmte Explosion zu bieten hat. Und Halle Barrys, ähm, hervorragenden Eigenschaften), aber *originell* ist „Firewall“ wirklich nicht (auf der anderen Seite hat der Film nicht wirklich was mit dem zu tun, was der Titel verspricht, nämlich großangelegten Internet-Hackereien. Zwar ist das irgendwo ein kleiner Plotpunkt, aber nix entscheidendes). Vielmehr ist dieses neuerliche Vehikel für einen alternden Harrison Ford ein nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzter Mainstream-Thriller, der niemanden ernstlich überraschen dürfte, aber, um’s vorweg zu nerven, durch seine Existenz auch niemanden speziell beleidigt, nicht mal den in diesen Dingen bekanntlich gern mal etwas empfindlichen Doc.

Die Grundidee (Gangster bringen die Familien eines braven Bürgers in ihre Gewalt, um selbigen zu unfreiwilliger Komplizenschaft an ihrem schändlichen Tun zu bewegen) dürfte ungefähr so alt sein wie die Kunst des Geschichtenerzählens an sich – eine großartige Geistesleistung seitens des Debüt-Autoren Joe Forte ist hier nicht zu verzeichnen. Das Script zelebriert in größtenteils eher betulicher Manier sämtliche für notwendig erachteten Klischees (zum Scheitern verurteilte Fluchtversuche, den typischen „netten“ Gangster unter den Bösewichtern mit menschlichen Zügen usw. usf.), ohne eine einzige neue, eigene Idee aufzuweisen. Alles ist zwar dezent spannend und hält, da die ausgespielten Klischees ihre Wirkung halt nicht ganz verfehlen, den Zuschauer einigermaßen bei der Stange, aber es wird nie richtig packend, zumal sich trotz der für einen Hollywood-Blockbuster nicht gerade epischen 105-Minuten-Laufzeit vor allen in der ersten Hälfte die ein oder andere Länge einschleicht – das Set-up ist zu ausufernd, ähnlich wie Protagonist Jack würde man als zahlender Konsument vielleicht doch gerne etwas früher wissen, worum’s im Film eigenlich geht. Anstelle gesteigerter Suspense durch das Nichtverraten der entscheidenden Pläne der Böslinge stellt sich vielmeh ein gewisser Tempo- und Schwungverlust ein. Nicht immer ist die Struktur von Script und Film glücklich gewählt und im letzten Akt ergibt sich der Streifen dann kampflos der üblichen Big-Budget-Unlogik und unglaubwürdigsten Konstruktionen, um dem bis dahin eher unspektakulär ablaufenden Spiel einen aktionsgeladenen Showdown aufzuoktroyieren, in dem Harrison Ford dann beweisen darf (oder auch nicht), dass er auch im fortgeschrittenen Alter noch ein zünftiger ass-kicker ist.

Richard Loncraine, ein altgedienter britischer Regie-Veteran, der mit „Firewall“ so etwas wie ein freies Remake seines 1987er, für’s britische TV gedrehten Mehrteilers „Bellman and True“ abliefert und mich 1995 mit seiner schlicht fantastischen Shakespeare-Adapation „Richard III.“ (mit einem überragenden Gandalf, äh, Ian McKellan, in der Titelrolle) begeisterte, fällt denn auch nicht wirklich viel ein, was er aus dem Drehbuch machen könnte, dessen zentraler „catch“, der quasi virtuelle Bankraub, für einen Kinofilm nichts wirklich „kinematisches“ hergibt – das ist ein Stoff, der im Fernsehen, schätze ich, einfach besser funktioniert, für Kino die Plotte einfach eine Nummer zu bieder und Loncraines Regiestil passt sich dem weitgehend an. Hin und wieder wird mit zappeliger Handkamera gearbeitet (nicht genug, um zu nerven), die Actionszenen sind oft und gern sehr hektisch geschnitten und fotografiert (kommen also eher aus der Michael-Bay-school of action filming) und damit eher unübersichtlich, und auch mit den vom Script eher vage definierten Charakteren weiß Loncraine kaum etwas anzufangen, was über bis zum Erbrechen bekannte Klischees hinausgeht.

Die FSK-16-Freigabe ist eine „softe“ 16. Im Finale gibt’s die ein oder andere kleinere Ruppigkeit, aber nichts wirklich *hartes*. In den USA hielt man deswegen auch ein PG-13 für ausreichend.

Ein gravierendes Problem des Film ist, so leid es mir tut, die Besetzung. Harrison Ford, uns aller Han Solo und Indiana Jones, ist mittlerweile 63 Jahre alt. Dagegen ist nichts zu sagen, das ist der Lauf der Dinge. Nur sieht man ihm diese Jahresringe auch deutlich an und das macht ihn zu einer dezenten Fehlbesetzung für Rollen, die auch auf eine gewisse physische Präsenz bzw. körperliche Fähigkeiten abstellen. Tut mir leid, Adrenalinschübe wegen bedrohter Familie hin und her – dass ein 63 Jahre alter Ford einem 34 Jahre alten Paul Bettany paroli bieten kann, strapaziert meine „suspension of disbelief“ wie lange nichts mehr – abgesehen davon wirkt auch seine Ehe mit Virginia Madsen (45 Jahre alt, aber *jünger* wirkend) irgendwie … falsch (bei Fords ziemlich heftig gealtertem Anblick mag man sich fragen, mit welchen Großhandelspackungen Viagra er einen acht- oder neunjährigen Sohn hinbekommen hat). Von der natürlichen likeability, die Ford in den meisten seine Filme (auch schwächeren wie „Air Force One“) auszeichnete, schimmern nur noch Restbestände durch. In „Firewall“ wirkt Ford einfach für den überwiegenden Filmteil alt und verbraucht. Das ist erstens schade und lässt zweitens für den anstehenden vierten „Indy“ nicht unbedingt das beste vermuten.

Paul Bettany als janusgesichtiger Bösewicht Bill (kann genauso charmant wie sadistisch sein, was aber mittlerweile auch ein Klischee ist), fährt schon besser. Bettany („Wimbledon“, „Dogville“, „The DaVinci Code“) regelt viel mit sparsamer, aber eindrucksvoller Mimik, muss also (abgesehen vom sich den üblichen Konventionen ergebenden Showdown) nicht auf die overacting-Karte zurückgreifen, um eine gewisse unangenehme Bedrohlichkeit auszustrahlen.

Virginia Madsen („Highlander 2“, „Candyman“, „Der Wüstenplanet“), Schwesterherz von Hollywoods Vorzeige-Psycho Michael Madsen, absolviert eine insgesamt eher anspruchslose Rolle als zu rettendes Ehefrauchen anständig – dass sie mit Ford aus oben geschilderten Gründen zip chemistry verbindet, ist nicht ihr Fehler. Wo wir grad bei der Familie sind – die für den Plot nur begrenzt wichtigen Kinder rangieren zwischen erträglich (Carly Schroeder als Tochter) und zum-an-die-Wand-klatschen-nervig (Jimmy Bennett als Sohn).

Eine Entdeckung ist Mary Lynn Rajskub („24“, „Punch-Drunk Love“, „Legally Blond 2“) als Jacks geplagte Sekretärin Janet, die im Showdown eine entscheidende Rolle spielt. In bedeutungslosen Nebenrollen verschleißen sich Spezis wie der auch tief gesunkene Ex-Terminator Robert Patrick (für den eine solche Rolle aber sicher wieder ein Schritt nach vorn ist), Robert Forster („Mulholland Drive“, „Scanner Cop II“, „Jackie Brown“) und Alan Arkin („Grosse Point Blank“, „Jakob der Lügner“, „Gattaca“).

Fazit: Ich will „Firewall“ nicht schlechter machen als er ist – wer nicht höhere Maßstäbe an seine Filmunterhaltung anlegt, wird von „Firewall“ 105 Minuten lang inoffensiv, aber auch unspektakulär, berieselt. Das Baukasten-Script funktioniert weitgehend (bis auf die diversen Schwachmatigkeiten des Schlussakts, aber Hollywood hat ja des öfteren mal Probleme, einen Film vernünftig zu Ende zu bringen), alles ist slick genug, um optisch nicht zu langweilen (reißt aber auch keine Bäume aus) und die Schauspieler sind Profis genug, auch mit wenig aussagekräftigen Rollen einigermaßen zu arbeiten. Das kann man sich ansehen, ohne Räude und Krätze davonzutragen, aber ob man dafür wirklich ins Kino gehen muss? Ich bezweifle es – dafür ist alles einfach eine Nummer zu bieder, zu TV-mäßig. Und Harrison Ford, der stellenweise schmerzlich offensichtlich von einem Stuntdouble vertreten wird, sollte sich doch langsam Gedanken machen, ob’s nicht Zeit ist, auf „Altersrollen“ umzusteigen – „Firewall“ ist für einen Akteur seines Kalibers einfach zu durchschnittlich, zu beliebig und reiht sich damit ein in eine mittlerweile recht umfangreiche Liste irgendwie unbefriedigender Ford-Vehikel, die bis zu „Auf der Flucht“ zurückreicht.


mm
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