Fight Night

 
  • Deutscher Titel: Fight Night
  • Original-Titel: Rigged
  •  
  • Regie: Jonathan Dillon
  • Land: USA
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    Rebecca Neuenswander (Katherine Parker), Chad Ortis (Michael Dublin), Kurt Hanover (Clark Richter), John Wilson (Cleveland), Larry Peterson (Speedy Lenny), Alicia Cabrera (Lisa Wong), Kate Fornstall (Kate Dublin)


Vorwort

Michael Dublin ist überall dort zu finden, wo illegaler Untergrund-Sport stattfindet und damit Geld zu verdienen ist. Seine Erfolge als Lieferer von Raketentreibstoff für Autorennen und Manager von Bareknuckle-Boxern sind überschaubar und oft genug endet eine Geschäftsgelegenheit mit handfesten Prügeln. Gerade wird er wieder mal mächtig verdroschen, doch jemand springt ihm bei – Katherine Parker ist zwar nicht gerade ein eingetragenes Ehrenmitglied des Michael-Dublin-Fanclub, doch dass man versucht, ob berechtigt oder nicht, ihn ausgerechnet in dem verlassenen Apartmentgebäude, das sie als Wohn- und Trainingsstätte gewählt hat, in einen hässlichen Fleck an der Wand zu verwandeln, stört sie dann doch, und so vermöbelt sie seinen Vermöbler.

Michael wittert eine erneute Gelegenheit zu immensem Reichtum – wenn Kat für ihn bei illegalen Boxkämpfen antritt, wird kein Mensch auf ein 60-Kilo-Mädel wetten… Kat will zwar durchaus in den Underground-Box-Circuit, der von Clark Richter, einem Ex-Fighter und Ex-Arbeitgeber Michaels kontrolliert wird, und der hat was gegen Frauen im Ring, aber Michael ist ihr suspekt.
Nachdem Kat bei einer Razzia verhaftet wird und Michael ihre Kaution stellt, lässt sie sich endlich auf sein Angebot ein. Michael und Katherin eilen von Sieg zu Sieg und erfahren die Motivationen des jeweils anderen – Michael will die Träume seines Vaters (ein Boot zu kaufen und auf dem Meer zu leben) erfüllen, Katherine ihre Eltern, die sie mit 16 Jahren einer lesbischen Affäre wegen aus dem Haus warfen, mit Reichtümern beeindrucken. Jedenfalls ist das dyamische Duo erfolgreich genug, um in einem Kampf mit einem von Richters Fightern zu landen – und da sich Kats K.O.-Qualitäten mittlerweiler rumgesprochen haben, setzen die Wetter verstärkt auf sie. D.h. Richter wäre es sehr recht, wenn Kat sich freundlicherweise spätestens in der dritten Runde hinlegen würde. Natürlich lehnt Kat ab (wie Michael es bereits vermutete), also muss Michael, die eigene Gesundheit im Blick behaltend, nachhelfen. Die Aktion gelingt – Kat verliert, landet übelst verprügelt im Hospital und scheint sich von ihren Lebensträumen zu verabschieden.

Jetzt regt sich bei Michael das schlechte Gewissen – er beansprucht ein Rematch gegen einen Kämpfer nach Richters Gusto. Sollte Kat verlieren, wird Michael wieder in Richters Dienste treten. Da Richter einen persönlichen Fußabstreifer immer gebrauchen kann, willigt er ein und wählt als Kämpfer sich selbst. Und natürlich denkt er gar nicht daran, fair zu spielen…


Inhalt

Menschen, die sich für Geld gegenseitig auf die Fresse hauen, sind seit Jahr und Tag ein beliebtes Thema für Filmemacher. Verständlich, denn das Boxer-Genre lässt sich nicht nur kinderleicht in die immer wieder beliebte Underdog-Sportfilm-Formel pressen, sondern hat im Vergleich zu Basketball, Springreiten oder 100-Meter-Eierschaukeln auch höheres dramatisches Potential. Nicht nur, dass beim Boxen das gezielteVerletzen des Gegners mehr oder minder der ganze Punkt an der Sache ist, den quietschsauberen Klitschkos zum Trotz umweht das Punchergenre der Hauch des Anrüchigen, der halbseidenen, zwielichtigen Mafiamethoden um verschobene Kämpfe, illegale Wetten und betrügerische Manager.

Dieweil das Genre nie richtig tot war (not for lack of trying – Stallone gab’s mit „Rocky IV“ der Lächerlichkeit Preis, korrigierte seinen Fehler aber mit „Rocky Balboa“), erlebt es seit einigen wenigen Jahren ein kleines Comeback. Clint Eastwoods „Million Dollar Baby“, der erstmals (zumindest erstmals in memorabler Manier, bevor mir irgendein Nitpicker ein usbekisches Boxerinnendrama von 1993 als Gegenbeweis vorlegt) eine Frau als Hauptfigur setzte, war da sicherlich ein Auslöser. Nun ist Frauenboxen so ’ne Sache – viele lehnen es aus grundsätzlichen Erwägungen ab, und ich habe dafür durchaus Verständnis, auch wenn ich persönlich der „jeder-nach-seiner-Fasson“-Theorie anhänge und wenn die Damen meinen, sie müssten sich hauen, dann sollen sie es tun. Dank Regina Halmich ist Deutschland in der Hinsicht ja recht progressiv (in den Staaten ist Frauenboxen eine völlige Randerscheinung, und Frauen-MMA kämpft um seine Anerkennung, unter den erschwerten Bedingungen, dass seine zwei Aushängeschilder derzeit inaktiv sind – Gina Carano kümmert sich um ihre Filmkarriere [„Haywire“], Cristiane „Cyborg“ Santos sitzt eine Dopingsperre ab).

Was alles natürlich nur ein langer Anlauf ist, um zu „Rigged“ aka „Fight Night“ zu kommen, einem Ultra-Low-Budget-Boxdrama, für knapp über 100.000 Dollar von Regiedebütant Jonathan Dillon nach einem Drehbuch von „Splinter“-Schreiberling Ian Shorr realisiert. Wie die besten Vertreter seiner Zunft möchte der Streifen nicht *nur* (aber natürlich *auch*) auf den Schlägereien in den (improvisierten) Ringgevierten herumreiten, sondern auch eine bedeutungsvolle Geschichte erzählen. Hehres Anliegen, fulminant gescheitert.

Shorrs Script scheitert nämlich an den Essentialia eines plausiblen, packenden Dramas. Problem Nummer 1 ist schon mal die Prämisse – ja, ich glaube durchaus, dass es Mädchen gibt, die mich mühelos k.o. schlagen können, auch wenn sie nur halb so viel Kilo auf den Rippen haben wie ich. In einer, ähm, ernsthaft kompetetiven Umgebung, d.h. wenn die trainierte 120-Pfund-Fighterin auf einen ebenso trainierten 250-Pfund-Fighter trifft, setze ich meine Kohle auf den Dicken. Und in diesem Film ist nun mal Voraussetzung, dass Katherines Gegner ebenfalls „Profis“ sind – bei aller Freundschaft und suspension of disbelief hin oder her, in einem Faust-Zweikampf gewinnt meistens eben doch der Stärkere (in einem IMDb-Thread verteidigt sich der Regisseur, dass Kat einen „tödlichen“ Finisher, den Uppercut, haben soll. Das kommt im Film nur leider nicht rüber). Besonders unglaubwürdig wird’s im Finale, wenn (SPOILER voran) Katherine mit einer Minuten vor dem Kampf gebrochenen Hand antritt und mit der Flosse auch mächtig Dresche austeilt (SPOILERende).
Problem Nummer 2 ist, dass Shorr sein Script nach dem „Drama für Dummies“-Baukasten ausrichtet – praktisch jede dramaturgische Wendung ist voraussehbar, stets nimmt das Script die offensichtlichste Abzweigung, nichts, aber auch gar nichts ist überraschend (außer, SPOILER mal wieder voran, der Schlusstwist, wonach Michael und Kat ihre vermeintlichen Träume als Schäume enttarnen und eine Familie gründen, obschon die 80 Minuten vorher keinerlei romantische Anziehung zwischen ihnen herrschte. SPOILERende).
Problem 3 – die Charaktere sind wenig zugänglich. Michael ist ein „crook“, ein Ganove, mit dessen „goldenem Herzen“ es nicht weit her ist. Ja, „Fight Night“ ist im Grunde genommen die Geschichte seiner Katharsis, aber sie ist psychologisch überhaupt nicht unterfüttert – *warum* Michael jetzt ein „besserer“ Mensch ist, bleibt vage. Und Katherine ist auch nicht besser – auch sie ist nur ’ne oberflächliche Tussi, die anstatt ihrer Geschlechterrolle angemessen (hihi) verbal zu zicken Prügel austeilt. Man könnte sagen, die beiden verdienen nichts besseres als sich, aber für den Zuschauer, der im Idealfall ja ein (im idealeren Idealfall sogar ein positives) Interesse an den Figuren entwickeln soll, macht das den Zugang zu Film, Story und Figuren recht zäh.

Handwerklich haut mich der Streifen nicht sonderlich vom Hocker, lotet aber auch keine Abgründe der Peinlichkeit aus. Der Versuch, eine gewisse Arthouse-Note einzubringen (in der Anfangsphase gibt’s noch sekundenbruchteilskurze Gimmicks wie kokelnde Filmstreifen, a la Monte Hellman), wird nicht lang durchgehalten; die Strukturierung (nach der Eröffnungsszene, die uns Michael vorstellt, folgt ein längerer Flashback über seine bisherigen Unternehmungen bis zum ersten Treffen mit Kat; dafür wird der „Siegeszug“ des ungleichen Paars sehr früh im Filmverlauf in einer längeren Montage abgefrühstückt) halte ich generell für, naja, sagen wir mal… suboptimal – aber ich habe den starken Verdacht, dass Dillon den Film nach seinem Festival-Run, von dem eine Laufzeit von 100 Minuten kolportiert wird, noch erheblich geschnitten und umgebaut hat und dieweil es manchmal nicht verkehrt ist, auf externe Hinweise, Ratschläge und Reaktionen zu hören, kann man doch auch mit einer hastigen Umschnittaktion den Flow eines Films entscheidend stören – und das ist hier meines Erachtens passiert. „Fight Night“ hat keinen Flow mehr, gewichtet Szenen falsch und untergräbt sich dadurch auch den psychologischen Unterbau der Charaktere.

Gut, dann versuchen wir den Streifen halt als schlichten Prügelfilm zu lesen – wird nur auch nicht viel besser, weil die Boxszenen zum überwiegenden Teil einfach nicht gut sind. Klar, wir beschäftigen uns hier mit illegalen Untergrund-Kämpfen, dass da keine ausgefuchsten Kampfchoreographien mit eleganten Schlagkombinationen zu erwarten sind, liegt auf der Hand. Dumm ist, dass Dillon – mit Ausnahme des einigermaßen solide inszenierten Schlusskampfs – keinen dreckigen Faustkampf abzubilden versteht; entweder ist er *so* dicht an den Akteuren, dass die genauso gut Ringelpiez mit Anfassen spielen könnten und es exakt gleich aussehen würde (schlicht und ergreifend, weil die Fäuste der Kontrahenten außerhalb des Bildausschnitts „einschlagen“) oder er geht soweit zurück in die (Halb-)Totale, dass die Szene aussieht wie ein besonders langweiliges „Streetfighter 2“-Duell. Als richtige „Ringschlacht“ geht nur, wie gesagt, der Finalkampf zwischen Richter und Kat durch – der und speziell sein Ende ist dafür halt ungefähr so realistisch wie ein FDP-Bundeskanzler… aber das ist dann auch schon wurscht (wobei ich ein Anerkenntnispünktchen verteile: die Dresche, die hier bezogen wird, hat tatsächlich auch sichtbare Konsequenzen. Vor dem Epilog ist Kats Visage ein einziges Notstandsgebiet).

Die Schauspieler… naja, Chad Otis müht sich redlich, seinem Michael Dublin Facetten abzugewinnen, aber so richtig gelingt ihm das nicht. Rebecca Neuenswander, dem Vernehmen nach eine ehemalige Tae-Kwon-Do-Weltmeisterin (damit ist zumindest der athletische Background da, auch wenn Tae-Kwon-Do und Boxen jetzt nicht gerade die allernächstverwandten Sportarten sind) ist, sofern nicht durch Kampfblessuren verunstaltet, ganz hübsch anzuschauen, ist aber, man merkt’s, keine gelernte Schauspielerin, das ist ziemlich eindimensional, bringt nicht wirklich greibare Emotionen in ihr Spiel.
Kurt Hanover, der sich als Fiesling Richter gar nicht erst um eine nuancierte Darstellung bemüht und seine Figur als Klischee-Gangsterboss anlegt, hat und macht Spaß und ist daher das uneingeschränkte Highlight der Fight Night.

Bildqualität: Sunfilm bringt den Film in 1.85:1-Widescreen (anamorph) auf DVD. Solides Bild, mit durchschnittlichen Schärfe- und Kontrastwerten, vielleicht etwas blass in den Farben, frei von Verschmutzungen, Defekten oder Störungen.

Tonqualität: Deutscher Synchronton in Dolby Digital 5.1 und dts, englischer O-Ton in Dolby 5.1, optionale deutsche Untertitel. Der O-Ton ist ebenfalls solide abgemischt, rauschfrei und bestens verständlich.

Extras: Nur der Trailer.

Fazit: Lasst Euch nicht von dem Coverblurb „Noch nie waren Fist Fights so sexy“ täuschen – wenn Ihr nicht generell jede Frau in knappem Sport-Top und Shorts für eine Sexgöttin haltet, ist „Fight Night“ nicht sonderlich „sexy“. Aber halt auch als Sportdrama wenig ergiebig – der ganze Film ist belanglos, beliebig und macht aus seinem Gimmick der Frau in der Männerwelt des Untergrund-Boxens nicht nur zu wenig, sondern eigentlich gar nichts. Unter Berücksichtigung des spärlichen Budgets ganz professionell gemacht und zumindest nicht total inkompetent gespielt (nur halt nicht auf irgendeine Weise bemerkenswert), falls man jedoch nicht unbedingt JEDEN Boxfilm mal gesehen haben muss, kann man sich „FIght Night“ getrost schenken.

2/5
(c) 2012 Dr. Acula


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