Fido

 
  • Original-Titel: Fido
  •  
  • Regie: Andrew Currie
  • Land: Kanada
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Carrie-Anne Moss (Helen Robinson), Billy Connolly (Fido), Dylan Baker (Bill Robinson), K’Sun Ray (Timmy Robinson), Tim Blake Nelson (Mr. Heopolis), Henry Czerny (Mr. Bottoms), Sonja Bennett (Tammy), Jennifer Clement (Dee Dee), Alexia Fast (Cindy)


Vorwort

In den 50er Jahren wird die Welt von einer Zombieplage, ausgelöst durch außerirdischen radioaktiven Staub, heimgesucht. Einem genialen Wissenschaftler verdankt Amerika zwei Erkenntnisse – die Romero-erprobte Kopfschuss-Methode zur Zombieterminierung, und, noch wichtiger, die Möglichkeit, die fleischfressenden Untoten durch ein elektronisches Halsband bändigen zu können. Seitdem sind Zombies beliebte Helferlein für stupide Tätigkeiten (wie Rasenmähen, Zeitung austragen etc.) in den idyllischen Städtchen, die durch Sicherheitszäune von den mit unkontrollierten Zombies gespickten „wilden Zonen“ getrennt sind. Über allem, was mit Zombies zu tun hat, und das ist quasi ALLES, wacht die mächtige Zomcon-Corporation. Familie Robinson gehört zu den Outsidern. Papa Bill plagt sich, seitdem er seinen alten Herrn per Headshot plätten musste, mit einer gewissen grundsätzlichen Aversion gegen Untote, sehr zum Ärger von Ehefrau Helen, die als kleines, feines Statussymbol schon gern einen privaten Zombiesklaven hätte („wir sind die einzigen in unserer Straße, die keinen haben“). Heimlich, still und leise schafft Helen einen Zombie an. Bill trifft fast der Schlag, aber da entgegen dem allgemeinen Usus im Haus Robinson die Frau die Hosen anhat, darf der Zombie bleiben. Günstig für Sohnemann Timmy, den klassischen intelligenten, aber weder von Eltern, Mitschülern oder Lehrern für voll genommenen Verlierertyp, der den Zombie schon bald als treues „Haustier“ schätzen lernt und auf den Namen „Fido“ tauft. Fido erweist sich schon auch bald als nützlich, wenn’s darum geht, zwei Mitschüler, die Timmy ständig drangsalieren, in die Schranken zu verweisen. Dummerweise geht im Zuge dieser Aktion Fidos Halsband ein wenig kaputt und ehe sich’s jemand versieht, hat der Untote schon die alte Nachbarin Mrs. Henderson angeknabbert. Zwar gelingt es Timmy, die Leiche zu köpfen und zu verbuddeln, doch vorher hat die Alte schon in einem unbeoachteten Moment um sich gebissen und so eine neue Zombie-Invasion ausgelöst. Mr. Bottoms, Nachbar der Robinsons und Chef der Zomcon-Security, ermittelt, während die vernachlässigte Helen langsam Gefühle für den charmanten Zombie Fido entwickelt…


Inhalt

Also ehrlich. NOCH eine Zombie-Komödie? Hat die irgendjemand gebraucht, wo „Shaun of the Dead“ eigentlich alles gesagt hat? Die kurze Antwort – Ja. JA. JA! Eindeutig – diesen Film HABEN wir gebraucht…

Ich bin ja normalerweise ein Verfechter der Thesen, dass Horror-Komödien eine erheblich höhere Erfolgschance (Erfolg im Sinne von „et tut funktionieren tun“) haben, wenn sie im Grunde eine ernsthafte, grimmige Geschichte erzählen (wie es „Shaun“ und „Tanz der Vampire“ z.B. tun). Mit Ausnahme reiner Splatterfarcen wie „Braindead“ ist „Fido“ vielleicht der erste Film, der einen Gegenbeweis antritt. Hier haben wir es wirklich zuallererst mit einem komödiantischen Stoff zu tun, der mit den dafür notwendigen Abänderungen auch ohne Horrorelemente funktionieren würde, dem aber ebenjene horriblen Einlagen nicht schaden, sondern ihn sogar noch auf eine höhere Stufe bringen. Ihr merkt, ich nähere mich verdächtig einer 1-A-Heiligsprechung an, und zu der stehe ich auch.

„Fido“ macht bis auf kleine Schönheitsfehler beinahe alles richtig, was richtig gemacht werden kann; das beginnt schon bei dem vorangestellten s/w-„Zomcon“-Werbefilm im besten 50er-Jahre-US-Educational-/Propagandafilmstil (den hätte Weird Al nicht besser hinbekommen) – ich kann guten Gewissens behaupten, dass der Film mich bereits zu diesem Zeitpunkt gewonnen hatte und gar nicht mehr so heftig krachen gehen konnte, um mich noch zu einem negativen Urteil zu bewegen. Das Script fabuliert auf seiner absurden Prämisse flockig weiter, ohne sich im Gestrüpp der Unlogik zu verheddern (sicherheitshalber drückt sich „Fido“ um jede Erklärung, WIE die Zombies durch die Halsbänder kontrolliert werden), spielt sich wie eine 50er-Jahre-Sitcom (mit Zombies), vergisst aber nie, auch die notwendigen Härten und Actionszenen einzubauen und anzupacken. Grandios sind die Charaktere, die auf den ersten Blick stereotype Karikaturen aus dem Setzkasten der (ja, ich reite drauf rum) 50er-Jahre-Comedy (a la „I love Lucy“) zu stammen scheinen, aber allesamt Entwicklungen durchmachen, die sie zu glaubhaften, dreidimensionalen Figuren machen. Das ist kein schlichtes Lächerlichmachen der Charaktere, hier wird noch richtiges character development betrieben, zur Freude des Zuschauers haben Currie und sein Co-Autor Robert Chomiak realisiert, dass es für einen abendfüllenden Film nicht ausreichen würde, in das Sitcom-Setting einfach nur ein paar Zombies reinzuhauen, sondern dass da mehr stattfinden muss – es macht den Film „involving“. Trotz aller Charakterentwicklung kommt der reine Fun nicht zu kurz – kein 30-Gags-pro-Minute-Film, aber mit guter Lacherquote (und vor allem SITZEN die beabsichtigen Jokes mit erstaunlicher Präzision).

Notorische Korinthenkacker und Scheinmoralisten können sich ggf. daran aufziehen, dass einige Aktionen dervom Zuschauer anzufeuernden Protagonisten ethisch zutiefst fragwürdig sind (es wird viel Kollateralschaden in Kauf genommen), aber wenn ich über Moral und Ethik in einer Zombie-Komödie philosophiere, KANN es natürlich auch sein, dass ich den ganzen Spaß ein ganz klein wenig ZU ernst nehme…

Der mir bislang unbekannte Regisseur Andrew Currie (der bereits 1997 mit seinem hier auch zitierten Kurzfilm „Night of the Living“ Zombie-Gefilde beackerte), bringt schon mal das große Kunststück fertig, seinen Film definitiv un-kanadisch aussehen zu lassen – hier stimmt auch der Look, das sieht wirklich nach FILM aus und nicht nur nach aufgeblasener TV-Serie. Apropos Look – hier haben Currie und sein Design-Team ihre Hausaufgaben gemacht und eine perfekte Satire des 50er-Jahre-US-Lifestyles (mit Zombies) auf die Leinwand gezaubert. Alles ist perfekt geschmacksresistent mit Zuckerguß überzogen, die Farben sind quietschebunt, die Klamotten abscheulich-fröhlich, schon dadurch wird der Film zum optischen Vergnügen. Von der technischen Warte aus gibt’s nichts auszusetzen; Kameraführung und Schnitt kommen ohne Experimente aus, der Film hat einen sehr angenehmen Flow (mit ein paar leichten Durchhängern im Mittelakt, in dem der Film sich nicht ganz einig zu sein scheint, welchen seiner beiden Plots er nun hauptamtlich beackern will).

Ein Vergnügen ist übrigens auch der Soundtrack, der größtenteils von perfekt auf die jeweiligen Situationen abgestimmten 50er-Jahre-Oldies bestritten wird.

Thema „Härte“ – auch wenn „Fido“ in Punkto Splatter kein Faß aufmacht, muss der geneigte Gorehound nicht auf ein paar zünftige Zombie-Bissattacken, drastische Kopfschüsse, abgetrennte Gliedmaßen und ein wenig gutmunching verzichten. Ohne die Unterstützung eines Major-Verleihers wird das wahrscheinlich auf ’ne KJ hinauslaufen (wobei „Shaun“ sicher expliziter war, aber halt auch die entsprechende Major-Power im Rücken hatte).

Gewiss nicht zum Nachteil gereicht es „Fido“, mit ECHTEN Schauspielern besetzt zu sein und nicht einfach nur irgendwelchen talentlosen Blödblinsen, wie sie typischerweise Zombiefilme bevölkern. Mit Carrie-Anne Moss und Billy Conolly kann „Fido“ sogar mit zwei richtigen Stars wuchern. „Trinity“ Moss („Matrix“-Trilogie) macht ihre Sache als Hausfrau-mit-Überraschungen richtig, richtig gut, verblasst aber gegen den großartigen Billy Conolly („Lemony Snicket“, „Garfield 2“, „The Last Samurai“), der in der (bis auf Growls stummen) Rolle des Fido alles gibt, ohne zu plumper Übertreibung greifen zu müssen. Wie er mit kleinsten mimischen Regungen maximale Lacher-Wirkung erzielt, ist einfach bemerkenswert – schade, dass seine Performance sicher nicht die Beachtung finden wird, die sie verdient, weil sie halt im Rahmen einer Zombie-Komödie stattfindet… Die Nebenrollen sind weniger prominent, aber nicht minder talentiert besetzt. Dylan Baker („Spider-Man 3“) gelingt der schwierige Job, Bill Robinso die gewünschten Facetten zu geben, Tim Blake Nelson („Scooby Doo 2“, „Syriana“) setzt als Theopolis Akzente und Henry Czerny („The Exorcism of Emily Rose“, „Pink Panther“) gibt einen würdigen Antagonisten ab. Tja, und wenn ich selbst K’Sun Ray (wer zur Hölle gibt bei klarem Verstand seinem Sohn den Namen „K’Sun“??) – als bekennender Hasser von Kinderdarstellern – eine reife Leistung attestiere, muss der Steppke wirklich gut gewesen sein…

Das FFF-Publikum in Nürnberg bedachte „Fido“ mit wohlverdientem Applaus. Für mich ist der Streifen der erste (und nur schwer zu toppende) Höhepunkt des Festivals – wurde „Shaun“ als „romantische Komödie mit Zombies“ annonciert, so ist „Fido“ die „Familensitcom mit Zombies“. Der Film hat alles – eine tolle Idee, ein cleveres Script, bestens aufgelegte Schauspieler, herrliche Gags und ein wenig Gekröse. What’s not to like? Für den DVD-Einkaufszettel schon mal GANZ FETT vormerken!

UPDATE DVD-RELEASE

Nunmehr liegt mir die DVD aus dem Hause Ascot Elite vor. Die punktet schon mal durch das schicke Digipak. Der Film präsentiert sich in schönem anamorphen 2.35:1-Widescreen, besonders die artifiziellen Bonbon-Farben kommen gut rüber – vielleicht hätte ich mir den Transfer ein wenig schärfer gewünscht. Auf jeden Fall aber gut gelungen. In Sachen Ton haben wir die Auswahl zwischen deutscher und englischer Sprachfassung, jeweils in Dolby 5.1. Kein Grund zur Klage, auch wenn ich mir die deutsche Synchro von Stichproben abgesehen geschenkt habe und daher nicht endgültig beurteilen mag, ob die Synchro an sich gelungen ist.

In Punkto Extras hätte ich mir insgesamt ein wenig mehr gewünscht. Wir haben 15 Minuten deleted scenes, die wahlweise auch mit Audiokommentar von Regisseur und Produzentin betrachtet werden können – auf der Strecke geblieben ist interessanterweise eine über zehnminütige Sequenz, die zugegebenermaßen am alten Don-Johnson-Heuler „A Boy and his Dog“ orientiert ist und letztlich als zu langsam für den Film erachtet wurde. Ich stimme zu. Das Making-of besteht aus leider nur 5 Minuten Interviewschnipseln mit den wesentlichen Darstellern (und wenn ich Billy Conolly höre, könnte man sich fast ärgern, dass sein Fido nur growlen darf. Was für ein himmlischer Dialekt…) und einer Fuhre unkommentierter behind-the-scenes-Aufnahmen. Unter Outtakes verbergen sich eben solche (garniert mit einer komischen Videogalerie, die sich scheinbar gezielt mit den Retro-Mobilen befasst… ein-zwei Sekunden lange Mini-Clips). „Storyboard“ beinhaltet nicht nur eine Foto-Galerie von Billy Conollys Torturen im Make-up-Studio, dann eben einige Storyboard-Vergleiche mit den realen Aufnahmen und, ganz witzig, ein aus Storyboard-Zeichnungen montierte Kurzfilm-Version.

Was mir fehlt, ist ein Audiokommentar für den Film selbst – den scheint’s ja zu geben, wenn die deleted scenes einen solchen aufweisen. Schade, ich hätte gern mehr an Hintergrundinformationen zum Film gehört.

Dennoch – eine runde Sache, für die jeder Fan lustiger Zombie-Komödien, und wer zum Geier ist das nicht, unbedingt in ihrem DVD-Regal ein Plätzchen reservieren sollten.

4/5
(c) 2007 Dr. Acula


mm
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