Female Vampire

 
  • Deutscher Titel: Female Vampire
  • Original-Titel: Les avaleuses
  • Alternative Titel: Erotikill | Entfesselte Begierde | Lüsterne Vampire im Spermarausch | The Bare Breasted Countess | Erotic Kill |
  • Regie: Jess Franco
  • Land: Frankreich/Belgien
  • Jahr: 1973
  • Darsteller:

    Lina Romay (Irina), Jack Taylor (Baron von Rathony), Jess Franco (Dr. Roberto), Jean-Pierre Bouxyou (Prof. Orloff), Monica Swinn (Prinzessin de Rochefort), Louis Barboo (Irinas Diener), Raymond Hardy (Hotelmasseur), Alice Arno, Roger Germanes


Vorwort

Dieser 2. April 2013 ist ein trauriger Tag – denn ungeachtet der überwiegenden Qualität seines filmischen Outputs ist die Welt ohne Jesus Franco Manera (unter Freunden Jess Franco) ein tristerer Ort geworden, nicht nur, weil ein weiterer der alten Trashkämpen der 60er und 70er terminal das Handtuch geworfen hat, sondern weil der alte Schmuddelfilmer mit seinen letzten drei Zähnen einfach ein echtes Original war, einer, der nie einen Hehl daraus machte, dass er seine Filme hauptsächlich zur Befriedigung seiner eigenen voyeuristischen Neigungen drehte, seine Streifen meist unter Vernachlässigung sämtlicher Lehrbuchmethoden mit Mikrobenbudgets in wenigen Tagen herunterrasselte, jede schnell und billig ausbeutbare Vogue mitnahm und trotzdem wahrscheinlich ein paar Generationen weiter nicht nur von einer Handvoll treuer Fans, sondern seriösen Filmkritikern als wegweisender und einflussreicher Experimentalfilmer gefeiert werden wird. Ich meine, wie viele Schund- und Schmuddelfilmer bekommen einen Nachruf auf Spiegel Online?

Nun, wir mögen bei badmovies.de nicht immer die ganz großen Liebhaber des spanischen Schmutzfinks gewesen sein, aber wir hatten oft genug auch Spaß mit seinen Werken und ganz bestimmt Respekt vor einem 200 Filme starken Oeuvre über fünf Jahrzehnte. Keine Frage, zum Angedenken des Maestros wollen auch wir beitragen und deswegen tauchte in mein Archiv und blätterte durch die noch ungesehenen Jess-Franco-DVDs. „Female Vampire“, den ich in einer der berühmt-berüchtigten Laser-Paradise-Red-Edition-Ausgaben mal für, puh, ich glaub zwei oder drei Euro auf einer Börse einsackte, fiel mir als erstes in die Hände. Kucken wir mal – manch einer hält den Streifen für ein companion piece zu Francos hypnotischem Geniestreich Vampyros Lesbos…


Inhalt

Die Credits machen uns gleichmal mit Tempo und Zielsetzung des Films vertraut – satte drei Minuten lang passiert außer den Namenseinblendungen nichts, außer dass eine bis auf Cape, Gürtel und Fetisch-Stiefel, die jeder Dominatrix, die was auf sich hält, Tränen der Rührung in die Augen treiben würden, nackte Lina Romay, äh, Gräfin Irina (je-nach-Sprachfassung-Karlstein-oder-Duvellier oder so ähnlich), in einem nebligen Wald auf die Kamera zuschreitet.

Danach finden wir uns in einer Art Privatzoo-Kleingartenanlage-whatever auf Madeira (wo’s schön Urlaub zu ma-, äh, gut Film zu drehen ist) wieder, wo unsere nackte Gräfin auf den dortigen Fasanenpfleger zumarschiert. Auf Ansprache reagiert Irinchen nicht, macht aber deutlich, wonach ihr der Sinn steht, und in den 70ern, da war die Welt noch in Ordnung. Wenn da eine mysteriöse stumme Nackte vor einem steht und Geschlechtsverkehr beansprucht, stellt man keine dummen Fragen, sondern tut, was man(n) tun muss und steht selbigen, also den Mann. Irina lässt sich auf die Knie herab und lässt dem Fasanenwächter eine orale Wohltat angedeihen – dem Herrn gefällt‘s begreiflicherweise, wenigstens solange, bis Irina ihm grad im gloriosen Moment den Schniedel abbeißt und sich verpisst.

Irgendwo anders auf der Insel hockt Jack Taylor, einer der großen Stars des iberischen Genrekinos, kuckt blöde und labert dummes Zeug per voiceover. Ya see, offensichtlich ist der Herr Baron von Rathony (wie ihn im gesamten Film mit Sicherheit niemand nennt, aber Franco-Filme waren noch selten solche, in denen Figuren gern per Namensnennung kommunizierten) auf der Suche nach irgendwelchen mysteriösen Geheimnissen des Unbekannten (weswegen er auch ein deutschsprachiges Präastronautik-Buch, vermutlich aus dem Hause von Däniken, durchschmökert), weil Madeira angeblich der letzte Überrest Atlantis‘ sei und man hier deshalb „geflügelte Wesen“ finden könne. Andererseits, versichert uns der voiceover des Barons, wird der Mensch während seiner Lebzeiten eh nie die Antwort auf diese Rätsel finden und soll sie deswegen als Mysterien akzeptieren. Ich liebe Charaktere, die innerhalb einer Minute konträr Gegensätzliches daherschmarren.

Wiederum woanders fährt die Gräfin (die sich übrigens durch Flattern mit ihren becapeten Armen und das Wunder des rohen Schnitts in einen Vogel verwandeln kann) in ihrer Luxuslimousine mit flatternder-Vogel-Kühlerfigur (die will ich haben! Macht sich sicher gut als Accessoire zum Cthulhu-Decal, das meine Karre eh schon ziert) über Serpentinenstraßen und tut, ebenfalls per voiceover, so, als wäre ihr das ganze Leute totmachen und Blut ausschlürfen (denn das ist’s, was Vampire nun mal so tun) furchtbar unangenehm, aber leider unsäglicher Begleitumstand eines alten Familienfluchs und deswegen nicht zu ändern.

Frau Gräfin hat sich, obwohl ihre Sippe über einen heruntergekommenen Familiensitz auf Madeira verfügt (der allerdings eher nach heruntergekommenem Ferienhäuschen aussieht und im echten Leben schätzungsweise ein solches war) mit ihrem grobschlächtigen Diener (der ebenso stumm ist wie sie selbst) in einer Luxusabsteige einquartiert, wo sie, wenn sie nicht grad in ihrem Cape-Gürtel-Busch-Stiefel-Outfit auf dem Bettchen pflackt, ihren Körper ganz unvampirig in einem leichten weißen Sommerkleidchen auf einen Liegestuhl am Pool parkt und der Sonne huldigt (wenn sie zu glitzern anfängt, spei ich). Sie wird erspäht von der Journalistin Anne Baxter, die Irina erfolgreich um ein Interview anbettelt. Dieses wird in Irinas Suite vollzogen – Anne, ganz professionelle Nachrichtentante, führt es im Bikini.
Nun ist ein Interview mit einer Stummen (wenigstens ist Irina nicht taubstumm), so rein verbal gesehen, Einbahnstraße (und der praktische Nutzwert, den Anne sich erhofft, ist mir nicht ganz klar). Irina antwortet mit Nicken auf ein paar Allgemeinplätze, beantwortet aber Fragen nach dem Familienfluch und dem ungeklärten Mord, der sich gerade ereignet habe, nicht (wie soll die arme Irina auch entoder-weder-Fragen mit Ja oder Nein beantworten?). Obwohl, wie schon angedeutet, der Informationswert des Interviews gegen Null tendiert (aber Anne als Klatschreporterin andeutet, dass ihre Leser schon die entsprechenden Schlüsse ziehen werden), zieht Anne zufrieden von dannen. Sie’s ’n ziemliches Arschloch.

Indes empfängt der Polizeiinspektor den Gerichtsmediziner Dr. Roberto – und da ist er, Ladies and Gentlemänner, Jess Francos obligatorischer Auftritt (wie wir alle wissen, begnügt sich Franco aber nicht wie olle Hitch mit cameos, sondern schreibt sich gewichtige Rollen auf den Leib). Roberto verklickert dem Gesetzeshüter, dass die grauenvolle Bluttat vom Killer mit dem Mund begangen wurde. Der Inspektor glaubt an einen Wahnsinnigen oder Sadisten, doch Roberto hat eine bessere Theorie: Vampire (based on exactly WHAT evidence?)!
Der Inspektor erklärt diese Theorie zu Müllkübelinhalt erster Sorte, aber Roberto haut ihm kraft seiner Autorität als fünftklassiger Pathologe und erstklassiger Nasenbär seine Expertise in Berichtsform mit einem fulminant-überzeugenden „ich weiß es BESSER!“ auf den Schreibtisch. Roberto ist ein ziemliches Arschloch.

Irgendwo zwischen diesen Szenen sülzt uns übrigens auch Jack Taylors voice-over weiter die Ohren voll, während der voice-over-Inhaber uns Sights und Sounds Madeiras präsentiert. Zu den Sights und Sounds Madeiras gehört übrigens offenkundig auch Jack Taylors Gehänge. Im schlappen Zustand nicht sonderlich eindrucksvoll, but at least it’s on screen. Heutzutage wäre das ein künstlerisches Stilmittel. Fragt Danny Boyle.

Komtesschen ist’s langweilig, deswegen bestellt sie sich den Hotelmasseur, ein attraktives junges Mannsbild, auf die Kemenate. Da sich Irina ihm in ihrer bewährten Gürtel-Busch-Stiefel-Montur präsentiert, entwickelt sich die Massage schnell, äh, anders als gedacht, nicht gerade zum Leidwesen des Muskelkneters, der im Laufe des sich anbahnenden Austausches von Körperflüssigkeiten gesteht, sonst eher selten mit derart attraktiven Geschossen wie Mme. Gräfin zu tun zu haben. Irina simuliert erneut Oralsex und jetzt verblüfft mich der Film – ich hab mich mittlerweile zähneknirschend damit arrangiert, dass der gute Jess entgegen meiner ursprünglichen Überzeugung durchaus ab und an mal wissent- und willentlich Hardcore-Einlagen in seine Werke eingebaut hat (und speziell bei einer Eurociné-Produktion wie dieser wundert’s mich prinzipiell nicht ganz so), aber irgendwie entgangen sein muss mir bisher, dass Lina Romay da persönlich Hand bzw. in dem Fall Mund angelegt hat. Die (ausschweifend lange und natürlich mit beschwingt-unpassender Lounge-Musik unterlegte) Softsexszene geht nahtlos in eine Hardcore-Oral-Szene über und es ist eindeutig Lina selbst, die ihre zarten Lippen über den Schwengel ihres Partners (Raymond Hardy, der Glückliche) stülpt (gut, „Deep Throat“ war schon durch, aber man darf ja trotzdem mal staunen). Einen Cumshot verkneift sich Herr Franco dann doch, allerdings vermutlich weniger weil er sich da nicht getraut hätte, sondern weil’s dramaturgisch nicht in den Kram passt. Irina killt ihre Beute ja im Moment des Orgasmus. Hier allerdings scheint sie sich damit zu begnügen, ihn einfach totzublasen (ein schönes Ende) anstatt ihm gleich den Pillemann abzuknabbern.

Dr. Roberto, amtsbekannter Leichenbeschauer und Okkultismusexperte (genauer gesagt: „Experte für alle Felder der Parapsychologie“), besucht den blinden Professor Orlof (mörp), um dem weitere Fakten über die Atlanter (seufz) und ihr vampiristisches Treiben aus der Nase zu ziehen, auf der Grundlage, dass Orlof wohl in einem seiner Bücher die Morde beschrieben hat, bevor sie passiert sind!!!EINSELF!
Orlof (übrigens wohl der un-blindeste Blinde, der je im Film dargestellt wurde – so stellt sich ein Dreijähriger einen Blinden vor. Immer irgendwo leer schräg nach oben schauend…) schiebt’s auf sein brillantes Unterbewusstsein und bestätigt, dass Madeira Tummelplatz irgendwelcher versunkener-Kontinentsbewohner, die vampirisch veranlagt wären, sei, von denen’s aber Gute und Böse gäbe und wer gewinnt, das weiß eh keiner. Berufspessimist Roberto setzt auf die Bösen. Kann schon sein, meint Orlof, interessiert ihn aber nicht weiter und im Übrigen soll Roberto sich jetzt verpissen, der Professor hat nämlich wichtigeres zu tun. Prof. Orlof is’n ziemliches Arschloch.

Jack Taylor jacktaylort weiter sinnlos rum und wir haben ein knappes Drittel Film rumgebracht, ohne dass sich ernstlich so etwas wie’n Plot oder überhaupt ein Narrative eingestellt hätte.

Weswegen wir dringend eine weitere langwierige Softsexszene brauchen, wir hatten ja schon fünf Minuten keine mehr. Aus diesem kühnen Grunde hypnosaftet Irina Anne Baxter in ihr Domizil und dort ins Schlafgemach. Weil im Schlafgemach niemand ist, geht Anne als Gast von Welt erst mal ’ne Runde duschen. Frisch gesäubert ist sie dann auch rein genug für Irina in ihrem Jagdoutfit (Ihr wisst ja… Gürtel, Busch…), d.h. Vorhang auf zu einer laaangen Lesbenszene, von Jess Franco bewährt unerotisch abgelichtet (und Jack Taylors dazwischengeschnittene Visage ist jetzt auch nicht gerade der Antörner schlechthin). Irina stellt unter Beweis, dass sie auch Frauen durch orale Intimbehandlung umbringen kann und poppt anschließend noch ein wenig die Leiche (welch erotische Bedürfnisse auch immer durch dieses Herumrutschen befriedigt werden). D.h. ich nehme momentan an, dass Anne mööp ist und der anschließende Shot, in dem die nackte Anne der nackten Irina durch den Wald folgt, eher symbolischer Natur ist. Wie oft bei Franco nicht speziell symbolisch für irgendwas, sondern generell symbolisch. Die ganze Sequenz dauert übrigens ungelogen 14 Minuten. Nur, falls Ihr zwischendurch ein Bier oder zwölf holen bzw. wegtragen wollt. Ihr verpasst nix (außer der Erkenntnis, dass Anne wohl ein „squirter“ war, wenn ich nach Irinas eher feuchter Visage gehe).
Ich weiß ehrlich nicht, was das bringen soll, aber whatever stirs her coffee…

Nun bietet sich an, die Limousinen-Flatterkühler-Fahrszene noch mal mit neuem voiceover einzuspielen. Irina ist weiterhin mit ihrer Existenz als blutsaugendes Monster nicht wirklich zufrieden, weiß aber auch nicht recht, was sie dagegen tun soll. D’uh. Sie behilft sich damit, in ihre Hotelsuite zurückgekehrt, einen Bettpfosten zu schänden (!). Das beneidenswerte Möbelstück wird oral verwöhnt und an Irinchens Muschi gerieben, von einer Einführung sieht sie dann aber dankenswerterweise doch ab (wie fragte Weird Al in „UHF“? „Sex mit Möbelstücken – was halten Sie davon?“). Stattdessen wendet sie sich der matratzenbreiten Nackenrolle zu und poppt diese, Selbstbefingerung inklusive (ja, Linas Mumu dürfen wir sehen). Das schlägt auch wieder knapp sieben Minuten tot.

Dr. Roberto geht dem Inspektor erneut mit seiner Vampirtheorie auf den Sack. Kann er machen, weil der Inspektor die zwar immer noch nicht glaubt, andererseits selbst aber ohne Grubenlampe im Bergwerk steht, so ermittlungstechnisch gesehen. Und nun, nach ungelogen 58 Minuten, geschieht ein Wunder. So was Ähnliches wie ein Plot stellt sich vor, denn JETZT DOCH SCHON laufen sich Jack Taylor, eh, der Baron von Rothändle-oder-wie-auch-immer und Irina im Hotel über den Weg. Noch passiert nichts von ernstlicher Konsequenz (ich hatte die Hoffnung…), denn wir hatten jetzt fast wieder fünf Minuten ohne Sex und noch nicht alle Spielarten durch.

Es folgt eine Sequenz, die in deutschen Fassungen prä-DVD offensichtlich stets geschnitten, da auf Englisch mit deutschen Untertiteln präsentiert. Und eingedenk des Geschmacks unserer Jugendschützer, speziell in den finsteren Zeiten der 70ern, versteh ich sogar einigermaßen warum – wir kommen nämlich zur offiziellen Fetisch/BDSM-Sektion des Films. Aus keinem erkennbaren Grund sucht Irina nämlich ein Etablissement des, naja, härteren Zuschnitts auf. Okay, warum rumlavieren, wir sind ja alle über 18 hier, es ist ein Domina-Studio. Eins der besonderen Sorte, in der man sich ins Goldene Buch eintragen muss und das mit Blut. Allerdings nicht mit dem eigenen, sondern mit dem der vorstehenden Domina, wenn ich das Bildmaterial richtig interpretiere. Und eins der Sorte, in dem sich die geneigte Klientin (die, so wie ich das sehe, eben durchgängig auf dem Antragsformular das Kästchen „submissiv/devot/bottom“ ankreuzt) auch mal zur eigenen (und letztmaligen) Bespaßung zu Tode foltern lassen kann. So erging’s jedenfalls der letzten Kundin, der Blondine, die noch blutüberströmt in Ketten an der Wand hängt. Reizend. Sieht Irina das als Selbstkasteiung oder Versuch, ihre Existenz zu beenden? Wer weiß, wer weiß, Jess Franco weiß es vermutlich jedenfalls nicht.
Anyway, Irina wird von der blonden Gehülfin der Domina (selbige ist übrigens mutmaßlich Eurociné-Stammstarlet Monica Swinn) entkleidet und frontal mit einer Gerte auf die Brüste ausgepeitscht (dass sich bruises und Blutflecken immer grad dann einstellen, wenn ein Schnitt vollzogen wurde, lässt wohl darauf schließen, dass Lina *da* jetzt dann doch die Grenze setzte. Woher allerdings die whipmark im Gesicht stammt, die sie hat, bevor sie überhaupt entkleidet wird, ist eines der atlantischen Mysterien des Films. Ich meine, Ihr glaubt doch nicht echt, Jess hätte hier ’nen zweiten Take…). Irina erträgt die grauenhafte Tortur mit stoischer Miene, vielmehr schafft sie es, die Peitscherin zu hypnosaften und so dazu zu bewegen, die Domina zu Boden zu prügeln und zu entkleiden, damit Irina über sie bzw. ihre Pussy herfallen kann. Und wieder sind acht Minuten rum.

Jack Baron von Taylor hat inzwischen durch knallhartes Fragen ermittelt, dass Irina ein überirdisches Wesen von der Sorte ist, wie er’s sucht (oder auch nicht), und verschafft sich ein Date. Irina nimmt ihn mit „in den Nebel“, es wird geknutscht und Irina macht Anstalten, den kleinen Jack auch ordentlich zu knutschen (und den Baron folgerichtig zu killen), doch der überrascht dadurch, ebenfalls auf die Knie zu sinken und sich mit der Blutgräfin im Gras zu wälzen (btw erfahren wir durch die Blume, dass der Baron wohl Schriftsteller ist und in einem seiner Werke Irina unbesehenerweise perfekt beschrieben und charakterisiert hat. Das behauptet er zumindest). Herkömmlicher Sex mit lebenden Menschen ist aber ganz ersichtlich nicht Irinas Ding, weswegen sie sich seinen starken Armen entwindet. Jack ist pikiert und angepisst (zumindest vermittelt das sein Gesichtsausdruck) und beide marschieren bedröppelt und unverfickter Dinge wieder zum Hotel.

Dr. Roberto hat inzwischen die Domina auf dem Seziertisch. Zur Freude des Leichenschnipplers hat sich auf seine Anfrage auch Professor Orlof vom Elfenbeinturm herabbewegt, um die Leiche fachmännisch zu untersuchen. Als Blinder muss er sich auf seinen Tastsinn verlassen und wühlt in der Vagina des Opfers herum. Das Gutachten: Eierstöcke gewaltsam entfernt (hui) und Klitoris deformiert. Das war zweifellos das Werk eines atlantischen Vampirs. Roberto will zum Vernichtungsfeldzug blasen, doch Orlof lehnt ab – die nichtmenschlichen Wesen sind Teil seiner wunderbaren phantastischen Welt, für die man kein Augenlicht braucht, und die will er, bitteschön, doch auch behalten. Roberto kuckt doof. Told ya, Orlof is’n Arschloch.

Apropos Arschloch. Jack Baron von Notgeil ist von Irina ins Familienruinchen eingeladen worden. Er interpretiert die dortige Atmosphäre offensichtlich zutreffend als eher gruftig, doch die Friedhofsstimmung erregt nicht nur einen Bela B. Felsenheimer, sondern auch ’nen Schnauzbartbaron. Sexszene! Yay! Unglückseligerweise kann Irina dieses Mal nicht an sich halten und saugt den armen Mann durch den Schniedelwutz tot. Der Baron verscheidet mit dem dämlichsten Gesichtsausdruck aller hiesigen Opfer und Irina ist völlig zerknirscht. Wie konnte sie nur den armen Mann, der sie ehrlich geliebt hat, umbringen? (Genauso wie die anderen auch. Pffz.).

For no specific reason (als ob…) sucht Irina Professor Orlof auf. Der identifiziert sie zutreffend als eins der nichtmenschlichen Wesen, dessen negative Ausstrahlung ihn schon geraume Zeit nerve (äh. War er bis vor fünf Minuten nicht noch genau der andersrumigen Meinung? Idiot). Kraft seiner Wassersuppe bzw. seiner übersinnlichen Kräfte befielt Orlof Irina im Namen einer anderen höheren Macht (meint er am Ende tatsächlich den lieben Gott?), sich zurück in die Schatten zu verziehen und die Menschen nicht mehr zu belästigen. Das schindet tatsächlich, ungeachtet der Tatsache, dass niemand, wohl auch nicht Orlof, irgendein echtes Druckmittel gegen sie hätte, Eindruck, dass Irina in Selbstmordstimmung ein (zumindest ihrem voiceover nach) allerletztes Blutbad (und dieses Mal im Wortsinne gemeint: eine Badewanne voll „Blut“) einlässt und sich orgasmisch darin rumräkelt. Diesen Zeitpunkt hat sich aber auch Dr. Roberto ausgesucht (woher weiß der jetzt, dass Irina die Vampirin ist?), um dem grausamen Spiel ein Ende zu machen. Irinas stummes Faktotum zeigt ihm zunächst mal deutlich, von welcher Seite er bitteschön die Tür betrachten soll, aber der pfiffige Roberto findet (unbeobachtet von Kameras) einen zweiten Eingang, killt den Stummen durch einen Stilettstich ins Herz und tankt sich ins Badezimmer vor, wo er aber nicht eingreifen muss, da Irina sich in ihrem Blutbad selbst ertränkt (weil Jesse von der Szene aber was haben will, dauert das noch mal drei-vier Minuten rolliges Räkeln im Badewasser und Franco-Stielaugen).

Züchtig bedeckt kehrt Irina in die Schattenwelt zurück (Symbolik! Argh!) und dann ist Schluss.

Oi. Wer immer mir den „Vampyros Lesbos“-Vergleich ins Ohr gesetzt hat – es liegt nicht ganz neben der Spur. Fraglos versuchte Franco, mit ähnlichen Mitteln (traumwandlerische Atmosphäre, viel Weichzeichner, wenig tatsächliche Gewalt, dafür viel nackte Haut, entspannter Score) das Erfolgsrezept von „Vampyros Lesbos“ zu wiederholen, doch, und da schlägt eben meine persönliche Franco-Theorie zu, wenn Franco etwas Großes schuf, dann nicht mit Absicht bzw. nicht auf eine solche Weise, die sich wiederholen ließe.

Wo sich die einzelnen Bestandteile von „Vampyros Lesbos“ auf eine gewiss ungewollte, eher „idiot savant“-artige Weise zu einem Gesamtkunstwerk, einem der wenigen echten „Trips“ der Filmgeschichte, zusammenfügten, bleibt „Erotikill“ aka „Female Vampire“ aka „Bare-Breasted Countess“ ein weitgehend zusammenhangloses Sammelsurium langatmig ausgewaltzer Sexszenen, die notdürftig durch einen Behelfsplot aus dem Armenhaus der doofen Ideen verbunden werden, ohne eine echte Geschichte zu ergeben.

Ein Grund dürfte wohl sein, dass Eurociné, die wohl übelste Schundfilmklitsche diesseits des Urals, dem armen Jess sicher nicht allzu viele Francs zum Verbraten in die Patschhand drückte. Daraus folgt vermutlich kleine Crew, schlechtes Equipment und demzufolge ein insgesamt billiger, schäbiger Look, der keine Sekunde lang der unwirklichen Stimmung von „Vampyros Lesbos“ das Wasser reichen kann. Die Bildkompositionen sind nur selten inspiriert, der Weichzeichenreinsatz stark übertrieben und die patentierten Eurozooms ruckeliger und rumpeliger als sonst. Die zahlreichen Sexszenen sind überwiegend nicht sonderlich ästhetisch inszeniert (obwohl Jess dieses Mal zumindest keine betont hässlichen Darsteller gecastet hat. Gut, bei Jack Taylor kann man streiten…), aber bis auf die Oral-Hardcore-Szene nun auch nicht so explizit, dass die Regelmantelträgerfraktion in den Bahnhofskinos wirklich was davon gehabt hätte…

Tempo ist etwas, was der Film eh nur vom Hörensagen kennt – die 97 Minuten der (vermutlich) ungeschnittenen Fassung sind schon eine ziemliche Geduldsprobe; das Geschehen ist nun nicht sonderlich abwechslungsreich. Blutigen Horror sucht der geneigte Fan vergebens (die „blutigste“ Szene ist tatsächlich noch die Domina-Sequenz mit der herumhängenden toten Blondine).

Gefällig ist der wieder mal recht entspannte, aber eben auch nicht sonderlich passende Score von Daniel White.

In Sachen Story und Charaktere herrscht natürlich blanke Fehlanzeige. Franco müht sich, über den voice-over etwas vage einer Geschichte ähnliches zu konstruieren, aber sowohl Jack Taylors (bzw. seines Charakters) weitgehend sinnfreies Gebrabbel, das vage in die von Roberto und Orlof postulierte vampirische Atlanter-Theorie reinspielt, als auch Lina Romays interne Monologe, die in ihrer Todessehnsucht und Verzweiflung über ihre monströse Existenz in krassem Widerspruch zu ihrem Verhalten on-screen stehen (in dem bis auf die letzte Szene nicht wirklich etwas darauf hindeutet, dass sie mit ihrer Unsterblichkeit durch Blutgenuss tatsächlich unzufrieden wäre), gestalten sich eher anstrengend und stimmungstötend denn erklärend. Der ganze Atlantis-Klumpatsch von Orlof und Roberto ist natürlich eine der wahnwitzigsten Vampirmythologien der jüngeren Kulturgeschichte, aber zumindest nicht unkomisch (speziell, was den bizarren Professor Orlof und seine wunderbare Welt des Nichtsehens angeht). Aber mei, „Plot“ im weitesten Sinne machen vielleicht fünfzehn der 97 Minuten aus, der Rest ist Softcore mit den gelegentlichen harten Einsprengseln.

Zur Schauspielerseite ist zu sagen, dass Lina Romay selten besser aussah als hier. Im Vergleich zu Francos vormaligem Starlet Soledad Miranda wird sie immer zweite Siegerin bleiben, aber wenn der gute Jess mal einen netten Shot hinbekommt (wie der „am Fenster“-Screenshot in diesem Review es ist), wirkt sie tatsächlich mal sinnlich. Und, wie gesagt, Respekt für ihre Willigkeit zum Hardcore…
Jack Taylor… naja, der amerikanische Schnauzbartträger, der in den späten 60ern und frühen 70ern in Spanien sein Glück fand und sich durch zahlreiche zweit- bis drittklassige Horrorklopper holzte, beweist, warum’s eben nur für die zweite europäische und nie für die erste Hollywood-Liga reichte. Dafür lässt er aber auch die Hosen runter und zeigt der Welt seinen Schniedel. Wie man eine schauspielerische Leistung bewerten soll, in der der ausführende Aktive vermutlich selbst nicht so richtig wusste, was er eigentlich spielen soll, ist mir nicht ganz klar. Echte Chemistry mit Lina Romay, so dass bei ihren zwei gemeinsamen Sexszenen die Funken sprühen würden, zeichnet ihn jedenfalls nicht aus.

Jess Franco selbst brilliert als durchgeknallter Gerichtsmediziner Roberto (unbescheiden, wie er ist, hat er sich, nachdem er Taylor abmurkst, bevor der irgendetwas für die Handlung Gewinnbringendes tun könnte, die Quasi-Heldenrolle zugebilligt). Tja, und Jean-Pierre Bouxyou (Pestizide – Grapes of Death, Lady Dracula, “Discosex”, “Killing Car”) hat als etablierter method actor sicherlich monatelang Bewegungsabläufe und Motorik blinder Mitbürger studiert und trainiert, ehe er sich an die geradezu mitreißende Orlof-Performance wagte (this is me being sarcastic and stuff, newa).
Raymond Hardy, der glückliche Masseur, wurde von Jess Franco auch in Gassenhauern wie „Frauengefängnis“, „“Mondo Cannibale 3 – Die blonde Göttin der Kannibalen“ oder „Sadomania – Hölle der Lust“ eingesetzt; als Linas stummer Diener fungiert das Urgestein spanischen Schundkintopps Luis Barboo (u.a. „Der Schwanz des Skorpions“, „Die Nacht der offenen Särge“, „Die Rückkehr der reitenden Leichen“, Das Geheimnis der Monsterinsel, „Conan der Barbar“).

Die DVD von Laser Paradise (Red Edition) ist mittlerweile steinalt und hält daher natürlich heutigen qualitativen Anforderungen nicht mehr stand. Der 2.35:1-Widescreen-Transfer (non-anamorph) ist schon ziemlich lädiert und unscharf – auf dem Flatscreen macht das nicht mehr soooo richtig Spaß, auch wenn der Print sich einigermaßen hochskalieren lässt. Der ausschließlich deutsche Ton (mit Ausnahme der Domina-Szene, die Englisch mit dt. Untertiteln serviert wird) ist reichlich dumpf. Als Extras gibt’s ausufernde Trailer aus dem LP-Programm.

Es tut mir abschließend irgendwie fast leid, dass ich als virtuellen Gedenkstein für Jess Franco nun ausgerechnet das Review zu einem seiner vergessenwerteren Filme setze, andererseits… irgendwie wirkt das auch wieder auf eine filmhistorische Weise passend. Der Großteil seiner Vita ist nun mal ziemlich schundig (weswegen wir ihn ja auch mögen), da erscheint es doch repräsentativ, sich mit einem seiner langweiligen, tempolosen, voyeuristischen Sexpseudohorrorstreifen an ihn zu erinnern. Ich bin, obwohl ich zwischendurch schon ein wenig zu kämpfen hatte (und bei den Taylor-/Romay-Liebesszenen doch mal kurz meinen Facebook-Account checkte), gewiss nicht traurig, die Lücke in meiner Franco-Filmographie geschlossen zu haben. „Female Vampire“/“Erotikill“ ist kein guter Film, kein guter Sexfilm, schon gar kein passabler Horrorfilm, aber ein geradezu quintessentiell typischer Jess Franco – ein Film, wie ihn sonst wohl keiner hätte drehen können.

(c) 2013 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 8

BIER-Skala: 3


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