Fake – Die Fälschung

 
  • Deutscher Titel: Fake - Die Fälschung
  • Original-Titel: Fake - Die Fälschung
  •  
  • Regie: Jörg Schlasius
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 1998
  • Darsteller:

    Martin Umbach (Liebig), Heribert Czerniak (Gorrison), Christian Pätzold (Connor), Michael Kessler (Edel), Susanne Kindler (Danny), Herbert Feuerstein (Pathologe), Katharina Kraff (Liebigs Freundin), Christian Kahrmann, Andreas Türck (Kanalarbeiter)


Vorwort

Das ist ’ne richtig gute Nummer – gegen Zahlung eines schmalen Salärs von 50 Millionen DM soll Falschgeld im Wert von 180 Millionen DM den Besitzer wechseln. Auf Verkäuferseite hat den Deal die Polente eingefädelt. Leider geht die Übergabe völlig schief – der Unterhändler der Käuferseite und die Polizei-Überwacherin Danny sterben, Penunze (sowohl echt als auch falsch) ist spurlos verschwunden. Das wurmt beide geschasste Vertragsparteien, speziell aber Kommissar Liebig, der sich mit den 50 Mios eigentlich ein schönes Restleben machen wollte. Liebig heuert den Gauner Gorrison an, der gegen Tilgung seines beträchtlichen Strafregisters die abgängige Kohle verorten soll. Lustigerweise ist Gorrison auch genau der Mann, den Connor, der potentielle Falschgeldkäufer, zur Apportierung der fuffzich Mille engagiert, denn den Zaster hat Connor sich nur geliehen und sieht sich so ohne weiteres nicht in der Lage, seinen Kreditgeber zeitnah auszuzahlen.
Blöd ist nur, dass Gorrison keine echte Spur hat. Das macht besonders Liebig nervös, denn nicht nur, dass seine Privatrentenpläne auf Eis gelegt sind, will das BKA ja irgendwann mal das Falschgeld zurück. Als Michael, der Polizei-Unterhändler, tot im Kanal gefunden wird, scheint die Sache langsam in Bewegung zu geraten, aber als der Kommissar wenig später seine Freundin tot unter’m Auto vorziehen muss, nimmt die Sache wirklich persönliche Dimensionen an…


Inhalt

Was man vor Jahren mal aus der 1-Euro-Grabbelkiste mitgenommen und dann vergessen hat… es überrascht einen manchmal doch. „Fake – Die Fälschung“, der rare Vertreter eines deutschen Independent-Thrillers (wir erinnern uns: „Action“ und „Thriller“ ist ein bei deutschen Filmemachern unpopuläres Thema, weil entsprechende Werke ihrerseits vom amerikanisierten Publikum kaum goutiert werden, wie z.B. Dominik Graf erfahren musste), im richtigen Leben offensichtlich Abschlussarbeit des Filmhochschülers Jörg Schlasius, ziert sich nicht nur mit einigen verhältnismäßig prominenten Nasen im Cast, sondern hat einen badmovie-geprüften Produzenten aufzuweisen: Dr. Uwe Boll himself. Das dürfte auch erklären, warum der Streifen in der IMDb über 400 Bewertungen hat (obwohl er sowas von total unbekannt ist) und dabei bei einer Durchschnittswertung von 1,2/10 rangiert. Ich möchte stark annehmen, dass von den Abstimmenden keiner den Film wirklich gesehen hat, sondern sich nur elegant durch die Boll-Filmographie geklickt und cool, hip und trendy wie man nun mal ist, in jedem Kästchen eine „1“ gesetzt hat. Nix gegen ein bisschen Voting-Manipulation, aber irgendwo hört der Spaß dann doch auf.

Nicht, dass mit „Fake“ ein elementar wichtiger Bestandteil deutscher Kinokultur im Zuge des allgemeinen Boll-Bashings zu Kollateralschaden erklärt wird, man wird jedoch mal (wieder) feststellen können, dass es mit dem deutschen Entertainment-Film (im Sinne von Genreware wie Action, Thriller und Horror) solange nix wird, wie das Publikum den wenigen Produkten auf diesem Sektor, die überhaupt irgendwie ’ne Finanzierung an Land ziehen, nicht mal den Hauch einer Chance gibt. Naja. Egal. „Fake“ ist ein zynischer Gangster-Thriller in gewisser Tarantino-Manier (abzüglich der pop culture references, die sich Schlasius völlig spart), in der jeder jeden linkt bzw. zumindest zu linken versucht, niemand sich für eine Barmherziger-Samariter-Medaille empfiehlt und kein Mensch, am allerwenigsten der Zuschauer, weiß, was eigentlich überhaupt los ist.

Es ist natürlich der Clou, das Gimmick der Geschichte, dass (einige) der Abläufe erst in der Schlusssequenz durch kurze Flashback-Einstellungen aufgeklärt werden (aber beileibe nicht alle), das Problem, dass Schlasius damit allerdings aufmacht, ist, dass wir nicht wirklich Charaktere haben, die dazu angetan sind, uns als Repräsentanten durch das Kuddelmuddel zu führen – wir haben’s wieder mal mit einem dieser Sorte Thriller zu tun, in denen keine Figur (zumindest keine wichtige, handlungsrelevante) „likeable“ ist, sympathisch genug, um Interesse zu erwecken – zumal Schlasius sich auch nicht einig ist, wen seiner Antihelden (wenn man mal soweit gehen will) er wirklich zum Protagonisten machen will. Auf Gorrison scheint’s anfänglich hinauszulaufen, doch der verabschiedet sich nach 20-25 Minuten für geraume Zeit bis auf kurze „kuck-mal-ich-bin-auch-noch-da“-Auftritte aus der Geschichte und überlässt das Feld primär Liebig. Der ist nun allerdings – durchaus gewollt – ein ziemliches Arschloch, dabei aber auch nicht charismatisch genug, um die mangelnden Sympathiewerte auszugleichen; das wäre dabei schon nötig, damit der Zuschauer das Interesse an der bis zur Schlusswendung recht undurchschaubaren Story nicht verliert (es empfiehlt sich eh, sich eine Liste mit allen Charakternamen anzulegen… ich hab lang – zugegeben „begünstigt“ dadurch, den Film ziemlich mittig mal für einen Tag unterbrochen zu haben – überlegt, wer zur Hölle „Michael“ ist. Hilft natürlich auch nicht, dass „Michael“ von Liebig deutsch, von Conner aber englisch ausgesprochen wird. Da kann man schon wirlich die Übersicht verlieren).

Ob die Auflösung schlussendlich logisch ist, darüber lässt sich sicherlich trefflich diskutieren (zumal die Verantwortung für zumindest mal zwei Leichen unaufgeklärt bleibt. Den einen hat m.E. Liebig auf dem Kerbholz, bei der anderen Leiche tippe ich stark auf Gorrison, aber das sind reine Vermutungen), wobei das Bemühen, quasi „Wild Things“-mäßig die weißen Flecken auf der Informationslandkarte quasi mit der Schlusseinstellung (es gibt noch einen kleinen Epilog) zu tilgen, und dies dann immerhin einigeramßen schlüssig, zumindest anerkannt werden muss. Die Dialoge sind nicht weltbewegend, die Auflockerung des düster-zynischen Thrillers durch schrägen Humor (wofür primär der von Herbert Feuerstein gespielte Pathologe zuständig ist), ist einerseits durchaus willkommen, wirkt andererseits jedoch auch ein wenig aufgesetzt.

Von der handwerklichen Seite ist die Chose für einen Hochschul-Abschlussfilm einigermaßen manierlich ausgefallen – da ist kein neuer Spielberg vom Himmel gefallen, nicht mal ein James Merendino, man kann sich’s allerdings ansehen, auch wenn der Streifen nicht gerade vor attraktiven Locations strotzt. Neben den üblichen Interiors nutzt Schlasius hauptsächlich relativ frei zugängliche Drehorte wie leerstehende Industrieruinen, U-Bahnhöfe, Parkplätze, Parkhäuser oder Parks (huch, dreimal „Park“… I feel like I’m repeatin‘ myself).
Kameramann Richard Eckes (wohl von Boll eingebracht, fotografierte er doch „Barschel – Mord in Genf“ und Amoklauf), amtiert überwiegend zweckmäßig, mir insgesamt dann allerdings doch deutlich zu statisch (auf der Plusseite gibt’s aber eine solide, italowestern-orientierte Zeitlupensequenz um Liebig und ein paar gute, stimmungsvolle Shots im Showdown). Zu bemängeln wäre auch, dass der Film nicht wirklich einen effektiven Spannungsbogen aufbaut; das liegt zum einen an der schon erwähnten Konstruktion des Scripts, das seine Karten eben erst im Finale auf den Tisch legt, zum anderen aber auch daran, dass das Tempo des Films zum Ende hin nicht eben anzieht.
Der Score von Johannes Eichenauer und Karl Michael Witzel (später Stammkomponisten der „Küstenwache“) ist schwankend – mal durchaus treibend-packend, dann wieder deplaziert-nervig.

Die FSK 16-Freigabe geht in Ordnung – zwar ist der Streifen nicht wirklich „hart“ im Sinne tatsächlich on-screen gezeigter Gewalt (praktisch alle Mordtaten finden im Off statt), aber es ist halt doch eine reichlich zynische, nihilistische Weltsicht, die vertreten wird.

Der Cast ist für einen Hochschulfilm schon ziemlich spektakulär – ich schätze mal, dass auch hier der Doktor mitgeholfen hat (auch wenn er damals noch nicht Hollywood-Magnat war, sondern promovierter Anarcho-Indiefilmer). Heribert Czerniak (der mich hier ein wenig an einen verstrubbelten Dieter Landuris erinnert) konnte schon auf einige Fernsehauftritte (und eine kleine Nebenrolle in der 97er-Version von „Es geschah am hellichten Tag“) zurückblicken und tauchte in der Folge immer wieder in Serien wie „Der Clown“, „Ein Fall für Zwei“, „Wolffs Revier“ und „SOKO Leipzig“ auf. Er könnte für meinen Geschmack etwas intensiver an die Sache herangehen, für die Verhältnisse einer Produktion diesen Ranges ist das aber in Ordnung.
Martin Umbach (Liebig) ist nicht nur George Clooneys Synchronsprecher, sondern auch durchaus gefragter TV-Akteur, den’s vor „Fake“ auch des öfteren mal ins Kino verschlagen hatte („Die unendliche Geschichte 2“, „Miraculi“). Auch er könnte sicher noch eine Schippe Intensität drauf legen (zumal er letztendlich der zentrale Antagonist des Films ist), aber dann und dort blitzt schon gewisse schauspielerische Klasse auf. Auch Christian Pätzold (Conner) fand in der Folge geregeltes TV-Auskommen, u.a. in der Telenovela „Das Geheimnis meines Vaters“ und aktuell in „SOKO Stuttgart“. Als Conner ist er in seinen Szenen stets präsent, aber er hat halt nur drei…
Prominenz verdingt sich in den Gast- und Nebenrollen. Herbert Feuerstein, Ex-MAD-Chefredakteur und Harald-Schmidt-Pointenlieferant, sorgt mit diversen schwarzhumorigen und wortspielintensiven Scherzen für ein gerüttelt Maß an Humor; Michael Kessler, nowadays TV-Comedian („Switch Reloaded“, „Kesslers Knigge“, „Pastewka“, „Schillerstraße“), spielt hier als Liebigs Assi eine straight-man-Rolle und macht das eigentlich ganz patent, seine Stärken liegen aber doch deutlich im komödiantischen Bereich.
In den kleinen Rollen zweier Kanalarbeiter, die eine Leiche finden, reüssieren Christian Kahrmann (der ewige Benny Beimer aus der „Lindenstraße“, auch in Amoklauf zu sehen), der die Chance nutzte, hier auch hinter der Kamera als Produktionsassistent o.ä. tätig zu sein, und der spätere TV-Talkshow-Host Andreas Türck (heutzutage vermutlich bekannter wegen der schlagzeilenträchtigen und sich später als üble Falschbeschuldigung herausstellenden Vergewaltigungsvorwürfe). In der kleinen, aber nicht ganz unwichtigen Rolle von Liebigs Freundin stellt sich Katharina Klaffs, später mit „Thema Nr. 1“ im Kino und auch immer wieder in Fernsehfilmen und -serien zu sehen, vor.

Bildqualität: „Fake“ ist die einzige ZYX-DVD, die ich besitze… Dem Label werde ich sicher für so manche lustige Platte meiner Teenagerzeit verbunden bleiben („Disco Band“ FTW!), aber mit DVDs kommen die Herrschaften nicht so recht klar. Der 4:3-Letterbox-Print ist erlesen schlecht, elend grobkörnig, mit sehr blassen Farben, unzureichenden Schärfewerten, verbesserungswürdigem Kontrast und schwacher Kompression.

Tonqualität: Deutscher Ton in Dolby 2.0. Bestenfalls als „pragmatisch“ zu bezeichnen und speziell im Musikmix gerne mal etwas scheppernd und/oder knarzig.

Extras: Nix.

Fazit: Ich bin prinzipiell immer dafür, wenn sich deutsche Filmemacher auch mal an Genrefilme machen und die ansonsten offensichtlich einzig denkbaren Optionen für hiesige Regisseure (romantische Komödien, Deppencomedy, historische Betroffenheitsschinken oder publikumsverweigerndes Autorenkino) außen vor lassen. Jörg Schlasius (der seine Regiekarriere aber augenscheinlich ohne weitere filmische Spuren zu hinterlassen an den Nagel gehängt hat) gebührt daher schon mal mein grundsätzlicher Respekt. Leider hapert’s bei diesem Debütwerk halt noch an der Umsetzung – das Drehbuch hat grundsätzlich ein paar richtige Ideen, laboriert aber an den unzugänglichen und wenig sympathischen Hauptfiguren und nicht sonderlich tollen Dialogen. Dass der Film optisch wenig attraktiv rüberkommt, kommt erschwerend hinzu, die passablen darstellerischen Leistungen können das nur teilweise ausgleichen. Trotzdem – schade, dass Schlasius aufgehört hat, gute Ansätze sind vorhanden und ich könnte mir schon vorstellen, dass ein weiterer Film, mit etwas größerem Budget, besserer Technik und ein bisschen professioneller Hilfe im Drehbuchbereich deutliche Fortschritte hätte bringen können. So bleibt’s aber doch eher eine Randerscheinung und eine Fußnote in der Boll-Biographie.

2/5
(c) 2011 Dr. Acula


mm
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