Fäuste – Bohnen… und Karate

 
  • Deutscher Titel: Fäuste - Bohnen... und Karate
  • Original-Titel: Storia di karatè, pugni e faglioli
  • Alternative Titel: Robin Hood, Arrows, Beans and Karate |
  • Regie: Tonino Ricci
  • Land: Italien/Spanien
  • Jahr: 1973
  • Darsteller:

    Dean Reed (Sam), Cris Huerta (Buddy/Pudding), Iwao Yoshioka (Maikako Fujibashi), Alfredo Mayo (Col. Quint), Pino Ferrara (Richter McLeod), Sal Borghese (Ken), Angel Aranda (Clint), Luis Induni (Sheriff), Fernando Sancho (Espantero), Francesca Romana Coluzzi (Baby Morgan), Renato Malavasi (Morgan), Juan Torres (Bruder Bonifatius)


Vorwort

Sam und Buddy, zwei Outlaws im Wilden Westen, sind absolut am Ende der Fahnenstange angekommen. Der Überfall auf eine Kutsche bringt eine Beute von insgesamt 20 Cent ein und Moses, der einäugige und singuläre Zossen des Duos, setzt sich unerlaubt ab, weil’s bei den Beraubten wenigstens was zu Futtern gibt…

Gut, die Diebstahlsopfer jagen Moses schon bald zum Teufel und der Klepper kehrt einigermaßen reumütig zu seinen Besitzern zurück, doch die Lage ist ausgesprochen hoffnungslos, zumal Buddy, genannt Pudding, ähnlich wie der Gaul hauptsächlich ans Fressen denkt und ziemlich ausgehungert ist. In ihrer Verzweiflung wollen sie in einem Kloster eine Almosen-Suppe erbetteln, doch die Mönche stehen auch nicht so auf Mitesser. Erst als Sam Bruder Bonifatius vorflunkert, dass sie gerne dem Orden beitreten würden, erhalten sie Einlass. Allerdings – von Novizen wird ein dreitägiges Fasten erwartet.

Bei einem kleinen Ausflug in die Klosterkapelle entdeckt Sam etwas, was den Hunger längerfristig stillen könnte – die Reliquie des Ordens, die goldene Hand von St. Quirinus. Die könnte man doch klauen und verkloppen… Blöderweise sind Sam und Pudding nicht die ersten, die diesen Gedanken hatten. Der vorgeblich neue Prior des Klosters ist niemand anderes als der berüchtigte Gauner Colonel Quint und der hat den exakt gleichen Plan. Via shenanigans gelangt die goldene Pfote tatsächlich in diejenigen unserer Helden, was den Colonel nicht glücklich stimmt.

Nicht glücklich werden aber auch Sam und Pudding mit der Goldflosse, denn in der nächsten Stadt will man ihnen das Ding nicht mal für ’ne warme Mahlzeit abkaufen. Was nicht nur daran liegt, dass vergoldete St.-Quirinus-Hände dort für ’nen halben Dollar verhökert werden. Sieht so aus, als hätte Quint keinen großen Grund, den Dieben des Diebesguts den Hals umzudrehen.

Es trifft sich günstig, dass die Stadtbewohner und ganz insbesondere Bankdirektor Morgan eigene Sorgen haben. Die Stadt leidet nämlich unter den regelmäßigen Freundschaftsbesuchen des Banditenchefs Espantero, und beim letzten Mal hat er Morgans Töchterlein Baby mitgehen lassen, um ein Lösegeld von schlappen 20.000 Dollar zu erpressen. Die hat Morgan beim besten Willen nicht und hält daher Quint, der ihn mal kunstfertig ausgeraubt hat, für den geeigneten Mann, eine Befreiungsaktion zu starten, und weil Sam und Pudding grad neben ihm stehen, hält der Banker sie für Quints Freunde und erweitert das Angebot auf sie. Quint willigt ein.

Quint, der auf dem Standpunkt steht, dass Bleiaustausch nach Möglichkeit zu vermeiden ist, verfällt auf den genialen Plan, Espantero Falschgeld anzudrehen. Mit dem renommierten Fälscher „Blüten-Joe“ hätte er auch einen geeigneten Kandidaten zur Herstellung der Fake-Penunze, doch im Kaff, in dem man ihn finden soll, gibt’s keinen Blüten-Joe, sondern nur dessen zwei Söhne, die aufgrund Fortsetzung des Familiengewerbes dort gerade aufgeknüpft werden soll – dito der japanische Koch Maikako wegen des grausamen Verbrechens des Kochens und Auftischens des Sheriff-Hundes. Durch eine ordentliche Ablenkung – eine Schlägerei – gelingt es Quint, die Junior-Fälscher zu befreien und Maikako, der von Pudding anstandshalber ebenfalls befreit wird, fühlt sich per Ehrenschuld nunmehr verplichtet, Pudding zu dienen und zu bekochen (dass Maikako ein begnadeter Karateka ist, bemerkt von unseren Helden noch ’ne ganze Weile keiner).

Die Joe-Junioren wären durchaus bereit, in den Dienst der guten Sache zu treten, haben aber keine Druckplatten mehr. Solche besitzt Quints alter Kumpel-släsh-Lieblingsfeind „Drucker-Jack“. Auch Jack wird überzeugt, mitzumachen – bis dem aufgeht, dass es um Espantero geht. Und von dem weiß Jack nun, dass er auf Falschgeld nicht reinfallen wird (insbesondere, wenn die Blüten einen glatzköpfigen Lincoln zeigen, weil Jack nicht weiß, welche Frisur der olle Abraham trug). Ein Alternativplan muss her – Sam hat den Einfall, Espantero weis zu machen, Maikako wäre ein Sohn des japanischen Kaisers und demzufolge ein ideales Entführungsopfer. Während Espanteros Bande versucht, den Japsen zu cachen, soll das Bankierstöchterlein befreit werden. Wird nicht ganz so einfach werden, wie Sam sich das vorstellt…


Inhalt

Wenn eines ein Naturgesetz ist (bzw. zumindest war, solange es noch eine italienische Kinoindustrie gab), wenn italienische Filmemacher eine populäre Welle erkannte, die mit verhältnismäßig geringem Aufwand verhältnismäßig großen Gewinn in die tiefen Taschen der Produzenten spülen konnte, dann kloppten sie auf diesem Pferd herum, bis es toter als tot war, als Zombie reanimiert und per Kopfschuss erlöst werden musste. Was der erfreuliche Grund dafür ist, dass wir Filmkritiker von Welt bis heute über irgendwelche obskuren Italo-Klopper von anno dunnemals stolpern, die zwar damals (TM) keinen gesteigerten Eindruck hinterließen, heute aber veröffentlichungshungrigen Publishern Material an die Hand geben.

Eine solche Welle war z.B. auch der Megaerfolg der Bud Spencer/Terence Hill-Zusammenkopplung, die zahllose Nachahmer auf den Plan rief. Die verkannten allerdings so ziemlich durch die Bank, dass das Publikum sich nicht mit jedem x-beliebigen Fettsack und einem mehr oder weniger smarten gutaussehenden Partner abfinden mochte, sondern das Charisma von Spencer und Hill, das sich ob einer unglaublichen Chemie bei ihren Kollaborationen noch potenzierte, eine ganz gehörige Rolle spielte. Es hat schließlich schon einen Grund, dass Spencer/Hill heute noch Kult sind, aber die Paarung Coby/Smith (noch die populärste Imitatoren-Zusammenspannung) bestenfalls als launige Fußnote erwähnt wird.

Aber was soll’s, die Italiener probierten es immer wieder und verfielen so auch auf die Paarung Dean Reed/Cris Huerta. Huerta war ein erprobter Nebendarsteller, der den üblichen Werdegang von Sandalenfilmen in den Westernbereich vollzogen hatte und auf den fetten Schurken abonniert war. Dean Reed war da schon ein anderes Kaliber. Der Amerikaner hatte seine Karriere als Popstar gestartet, war ein Teen-Idol der späten 50er gewesen und hatte sich vor allem in Südamerika soliden Megastarstatus erarbeitet, wo Reed es an Popularität locker Elvis übertrumpfen konnte. Eben in Südamerika, wohin er in den 60ern übersiedelte, freundete sich Reed mit sozialistischen Ideen an und zog Ende der 60er nach Europa, um einige Jahre zweigleisig zu arbeiten. Für das DDR-Regime spielte er den Vorzeige-Kommunisten-Amerikaner, ließ sich propagandistisch ausschlachten und wurde zum regelmäßigen Gast im Staatsfernsehen und Schlagerstar. Gleichzeitig schraubte er allerdings noch an einer westlichen Filmkarriere und heuerte für einige Western in Italien an – später, als er vollständig in die DDR umgezogen war, drehte er auch dort noch einige Filme, auch Western, verfiel aber später in Depressionen und starb unter mysteriösen Umständen kurz vor der Wende. Tom Hanks war eine Zeitlang an einer Verfilmung von Reeds Lebensgeschichte interessiert, das Projekt scheint aber eingeschlafen zu sein.

Jedenfalls schien Reed den Produzenten der geeignete Mann zu sein, um den „pretty boy“-Part zu übernehmen. Aber allein beim Imitieren von Spencer und Hill wollte man es nicht belassen. Machte nicht neuerdings dieses fernöstliche Kampfsport-Zeug a) Schlagzeilen und b) Kasse? Warum also nicht ein Schlitzauge in ein Westernszenario verfrachten und auf ensuende hilarity hoffen? Gesagt getan, also wurde mit Iwao Yoshioka ein waschechter Japaner mit Karate-Expertise angeheuert, um im prügelnden Bunde der Dritte zu sein. Dass Yoshioka keinerlei Filmerfahrung einbringen konnte, sollte keinen Hinderungsgrund darstellen.

Das Drehbuch entwickelten Alfonso Balcazar („Die unerbittlichen Fünf“, „100.000 Dollar für Ringo“), Arpad DeRiso („Die Furchtlosen qvon Parma“, „Nur Gott war sein Colt“, „Die Nacht der rollenden Köpfe“) und Giovanni Scolaro („Hercules against the Moon Men“, „Garringo – Der Henker“), an diie Regie wurde mit Tonino Ricci ein potentieller badmovies-de-Hall-of-Famer gelassen: „Unheimliche Begegnung in der Tiefe“, „Panik“, „Thor – Der unbesiegbare Barbar“, „Rush“, „Rush 2“, „Raiders of the Magic Ivory“ – mit seinem Ouevre allein kann man ein Trashfestival bestreiten…

Ihr merkt es wahrscheinlich, ich labere relativ viel Hintergrund und wenig zum Film selbst. Liegt daran, dass der Streifen tatsächlich nicht viel hergibt – es ist ein familienfreundlicher (sprich: erstens auch im Original beabsichtigt lustiger und unblutiger) Western, der sich kaum bemüht, eine richtige Geschichte zu erzählen, sondern auf mehr oder weniger komische Episoden baut, die ihn irgendwie über die Laufzeit von knapp 90 Minuten hieven sollen. Sicher, auch Spencer/Hill-Klopper sind nicht für ihre ausgefuchsten Plotten bekannt, haben aber einfach mehr Dampf als diese relativ blasse Veranstaltung.

Ein großes Problem ist, dass der Film sich absolut nicht einig ist, wer nun eigentlich seine Hauptfigur(en) sein sollen. Sam und Pudding sind zwar nominell so etwas wie unsee „Helden“, verschwinden aber immer wieder im Hintergrund, wenn wieder eine neue Figur eingeführt werden muss. Colonel Quint ist so der Anführer der Truppe, spielt sich aber auch nicht in den Vordergrund. Und Maikako hat zwar, so er dann mal nach ner guten halben Stunde auftaucht, ordentlich screentime, ist aber bis fünf Minuten vor Schluss reiner comic relief, der mit der eigentlichen „Story“ nichts zu tun hat, weil seine Kameraden ihn nicht für voll nehmen und demzufolge auch nicht in ihre Pläne einweihen.

Das ist manchmal ganz amüsant (die Sequenz im Kloster), manchmal etwas ermüdend, aber selten wirklich mitreißend und kaum mal zum Brüllen komisch. Im Zweifel verlässt sich das Script auf bewährte Mittel wie eine (allerdings routiniert gestaltete) Saloonschlägerei und Freß-Witze, dieweil Maikako unabhängig von der Handlung gelegentlich seine Karate-Künste („besser als Kung-fu“) demonstriert, ehe er sie im Showdown (einer weiteren Massenkeilerei, dieses Mal in Espanteros Hauptquartier) gewinnbringend einsetzen kann. Als großer Gag muss wohl auch gewertet werden, dass „Baby“ Morgan sich als erwachsene junge Frau mit Talent zum Austeilen grober Maulschellen entpuppt. Ein Gag, der schätzungsweise drei Sekunden nach Erfindung der humorigen Erzählung als „abgedroschen“ abgehandelt wurde…

Eine Kalauersynchro von Rainer Brandt hätte hier sicherlich einiges bewegen können, aber die deutsche Version – durchaus prominent mit u.a. Rainer Basedow besetzt – traut sich nicht, hier volle Kante zu geben (aber ist dafür wenigstens schön rassistisch, verpasst sie dem Japaner natürlich eine hohe fistelige Eunuchenstimme).

Filmisch selbst ist der Streifen recht ordentlich gearbeitet – Tonino Ricci kann’s, wie er später zeigen sollte, wesentlich schlechter. Klar, die Sache ist billig, an den üblichen Locations in Spanien geschossen und kaum völlig zu versauen. Der spanische Kameramann Jaime Deu Casas („Freibeuter der Meere“, „Drei Spaghetti in Shanghai“) fotografiert sich nicht grad um sein Leben, weiß aber, wie rum man die Kamera halten sollte, und für die Freunde des Ohrenschmauses steuern die allseits beliebten Gebrüder de Angelis, ausnahmsweise mal unter dem Projektnamen „Juniper“, ein äußert schmissiges Titelthema und einen zumindest brauchtaren Restscore ein.

Der FSK-16-Freigabe zum Trotz ist die Sache auch so harmlos, dass ich sie bedenkenlos einem Erstklässler vorsetzen würde, der würde sich vermutlich nur langweilen.

Darstellerisch… naja… Dean Reed, muss man sagen, liegt der Charakter des „happy-go-lucky“-Vagabunden überhaupt nicht. Reed wäre eher einer für einen eleganten und arroganten Schurken, mit dieser jolly-outlaw-Nummer hat er seine Schwierigkeiten – und auch keine besondere Chemistry mit Cris Huerta, der seinerseits auch deutlich macht, was man an Bud Spencer hat, der auch eine eindimensionale prügelnder-Dickwanst-Rolle mit Leben und Herzblut erfüllen konnte, während Huerta eben einfach ein Script mit geringstmöglichen Aufwand herunterspielt. Auch Alfredo Mayo („Ein Toter lacht als letzter“, „Im Netz der goldenen Spinne“) ist mir als Colonel Quint einfach zu wenig präsent – ich hätte nicht gleich Lee van Cleef verlangt (obschon der Part für ihn ganz gut gewesen wäre), aber Gordon Mitchell hätt’s schon sein können. Yoshioka hat ganz ordentliche Moves, insbesondere schöne Kicks, aber keine Screenpräsenz (und kein komisches Timing), das ihn in einem run-of-the-mill-Hongkong-Film über die Rolle des dritten Henchmen von links hinaus gebracht hätte (Ricci gefiel er aber so gut, dass er ein paar Jahre später ein Pseudo-Sequel „Zwei linke Brüder auf dem Weg zur Hölle“ folgen ließ, in dem Maikako dem leibhaftigen Robin Hood zur Seite stand. Außerdem war er in ein paar Folgen der „Sandokan“-Miniserie dabei). Der unvermeidliche Sal Borghese spielt einen der Blüten-Joe-Söhne und darf hier ausnahmsweise mal eine wohl artikulierte Rolle mit echten Dialogen spielen! Den Bösewicht Espantero spielt gewohnt schmierig der Eurotrashveteran Fernando Sancho („Die Rückkehr der reitenden Leichen“, „X312 – Flug zur Hölle“, „Agent 3S3 pokert mit Moskau“). Francesca Romana Coluzzi („Red Sonja“, „Die Bumsköpfe“) hat in der einzigen wesentlichen Frauenrolle nicht wirklich viel zu tun.

Die deutsche DVD-Veröffentlichung stammt von Savoy Film und bringt den Film laut Cover in 1.85:1/Letterbox, aber auf meiner Glotze sieht das schon ziemlich anamorph und 2.20:1 aus. Eine „digital überarbeitete Fassung“ versteckt das Label schamhaft im „Bonusmaterial“. Beiden Fassungen ist allerdings zu eigen, dass sie in den letzten 10-15 Minuten zum Teufel geht und in einem unscharfen, vergrieselten Chaosprint endet. Allein deshalb kann man diese Scheibe nicht empfehlen, auch wenn die knapp 75 Minuten davor nicht brillant, aber okay geraten sind. Als Extra gibt’s zudem ne ausführliche Trailershow.

Aber eigentlich ist es auch nicht sonderlich sinnvoll, sich über den verhunzten Print zu grämen, denn der Film ist einfach… meh. Nicht lustig genug für eine richtige Komödie, nicht spannend, ruppig oder actionhaltig genug für einen zünftigen Western. Ist man nicht beinharter Dean-Reed-Fan, muss man sich den Streifen nicht geben, selbst bei den Spencer/Hill-Imitaten gibt’s deutlich sehenswertere Exempel

© 2018 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 7

BIER-Skala: 4


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