Exitus Interruptus – Der Tod ist erst der Anfang

 
  • Deutscher Titel: Exitus Interruptus - Der Tod ist erst der Anfang
  • Original-Titel: Exitus Interruptus - Der Tod ist erst der Anfang
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  • Regie: Andreas Bethmann
  • Land: Deutschland
  • Jahr: 2006
  • Darsteller:

    Renee Pornero (Manuela), Anja Gebel (Monique), Andreas Bethmann (Psychiater/Killer, als A.M. Bertucci)


Vorwort

Einst hat ein Verrückter Manuela entführt und vergewaltigt, dafür hat sie ihn um die Ecke gebracht und irgendwo vergraben, wo ihn keiner findet (bzw. keiner finden soll). Fünf Jahre später leidet sie aufgrund dieser Erlebnisse immer noch unter Albträumen und muss zum Psychiater, kann aber wenigstens auf ihre Freundin Monique zählen, die ihr den nötigen Trost spendet (und mit ihr das Bett teilt).

Während eines gemeinsamen Disco-Besuchs verschwindet Manuela auf die Toilette und kriegt dort zufällig mit, wie ein Killer zwei Mädels terminal erledigt. Zu ihrem gesteigerten Pech wird der Kerl auf sie aufmerksam, überwältigt sie und nimmt sie in seine bescheidene Hütte im Wald mit. (Wie er sie aus der Disco entfernt, ohne dass jemand aufmerksam wird – auch die beiden Todesopfer lässt er verschwinden, soweit ich das verstanden hab -, kriegen wir zwar nicht zu sehen, aber es gibt bestimmt eine logische Erklärung.)

Dort stellt sich heraus, dass es sich bei dem Mordsbuben um, Überraschung, Überraschung, Manuelas Psychiater handelt. Und nicht nur das: Er ist auch der Bruder ihres einstigen Vergewaltigers und als solcher selbstverständlich auf Rache aus. Wobei, nicht ganz, eigentlich will er Manuela und Brüderchen seine Künste als Beziehungstherapeut angedeihen lassen, sprich, die beiden wieder zusammenbringen. Zu dem Zweck hat er die Leiche seines Blutsverwandten ausgegraben (die Grabstelle hat ihm Manuela netterweise mal bei einer Hypnosesitzung verraten) und etwas aufgepäppelt (indem er dem Kadaver z.B. einen Dildo umgeschnallt hat).

Und als ob das nicht schon spassig genug wäre, bringt er auch Monique in seine Gewalt, indem er sie unter Vortäuschung falscher Tatsachen zu sich ins Haus lockt, wo er sie per Psychopharmaka (oder was auch immer das ist) zu seiner willenlosen Sklavin macht (und ihr unter anderem befiehlt, der Leiche seines Bruders einen zu blasen). Wenn das mal gut ausgeht…


Inhalt

Nach der eher erschütternden Sichtung von Die Insel der Dämonen habe ich mir zwar geschworen, mir nie wieder einen Bethmann-Film anzutun, aber beim Barte Peter Jacksons, jeder hat eine zweite Chance verdient und da ich vor kurzem günstig zu des Meisters (ähem) aktuellstem Werk kam (nochmals herzlichen Dank an Kollege Ede), stand einem erneuten Versuch nichts im Wege. Und immerhin, es bestand ja die Chance, dass Bethmann in den letzten acht Jahren was dazugelernt hat…

Und tatsächlich: „Exitus Interruptus“ (das zweite Sequel zum Porno-Splatter „Vegetarierinnen zur Fleicheslust gezwungen“) zeigt, im Gegensatz zu erwähntem Dämonen-Schmonzens, zumindest Ansätze von kompetenter Machart: Hinsichtlich der Kameraarbeit erreicht der Film ab und zu zumindest das Niveau einer vorabendlichen Soap Opera, statt in zittrigen Billig-Camcorder-Exzessen zu versanden (sogar ein paar kurze Fahrten und hübsche Blickwinkel darf man bestaunen), und Licht- sowie Farbgestaltung sind zwar primitiv, machen in einzelnen Szenen aber durchaus was her (insbesondere zu erwähnen ist da die dimmrige, verrauchte Disco). Eher schmerzhaft sind allerdings die zahlreichen Zooms (das sieht nun mal beschissen aus), der oft chaotische Schnitt (inklusive Anschlussfehler und sinnlosen Überblendungen) und die planlos wirkenden Handkamera-Sequenzen.

Der Score, bei dem neben anderen auch Bethmann höchstpersönlich mitgemischt hat, ist überraschend gut und wertet so manche Szene atmosphärisch auf (wird auf die Dauer aber etwas arg repetitiv und untermalt das Geschehen nicht immer passend). Auch sonst vermag der Streifen auf der akustischen Ebene mehr oder weniger zu überzeugen: Das Tondesign ist minimalistisch, tut aber seinen Job (auch wenn sich Geräusche wie Vogelgezwitscher oder Wind doch etwas künstlich anhören), und die Dialoge sind dank Nachsynchronisation gut verständlich (die Sprecher hätten allerdings mit etwas mehr Begeisterung bei der Sache sein können). Qualitativer Höhepunkt sowohl der tontechnischen wie auch visuellen Seite ist mit Sicherheit der frei nach „Seven“ gestaltete Vorspann (da hinkt der Rest des Filmes dann doch ein wenig hinterher).

Teilweise ganz gut ausgesucht auch die Locations: Die Disco hab ich schon erwähnt, aber recht reizvoll ist auch das Haus mitten im Wald, in welchem der grösste Teil des Filmes spielt und das einigermassen stimmig in Szene gesetzt wird.

Freilich: Grün vor Neid wird da ein Ittenbach oder auch bloss Tulpe, äh, Rose nicht gerade (auch nicht auf die herzig improvisierten Gewitter und die mehrfach verwendeten Einstellungen) und zudem hat „Exitus Interruptus“ mehr als genügend Probleme, was beispielsweise die Dramaturgie angeht: Die erste halbe Stunde plätschert zwar relativ flott an einem vorbei, auch wenn sie noch längst nicht zum auf den Nägel herumkauen ist (beispielsweise muss man sich durch eine dieser berüchtigten ausgewalzten Autofahr-Szenen quälen), sobald jedoch Manuela sich in den Händen des Bösewichtes befindet, wird der Film öder und öder und öder und schafft es schlussendlich hinten und vorne nicht, sich mit Würde und Anstand über seine anderthalb Stunden Laufzeit zu schleppen, sondern torkelt schwer angeschlagen im Ziel ein.

Handlungstechnisch passiert halt schon früh kaum noch was und die gar schröcklichen (gähn) Quälereien sind bei weitem nicht Aufsehen erregend genug, um den ständigen Leerlauf (da wird uns schon mal in aller Ausführlichkeit gezeigt, wie Manuela sich wäscht) zu kompensieren: Meistens fummelt der Killer an seinen Opfern rum (wenigstens scheint Bethmann seinen Spass gehabt zu haben), quatscht endlos dummes Zeug (die Dialoge sind zwar nicht völlig grottig, aber ein grosser Texteschreiber wird Bethmann in diesem Leben nicht mehr) oder spielt mit der Leiche seins Bruders (bei dessen Skelett es sich offensichtlich um einen Halloween-Artikel aus Gummi handelt) oder derjenigen seiner Mutter – „Psycho“ lässt grüssen. Wem die Hitchcockschändung noch nicht genug ist, darf sich über eine Szene à la „The Texas Chainsaw Massacre“ freuen, in der alle am Mittagstisch versammelt sind, und auch in diesem Film gilt das eherne Gesetz des Amateur-Splatters: Kein unterbelichteter „Independent“-Film ohne Kotzszene.

Apropos Quälereien: Man kommt nicht umhin, einen Einfluss durch „Saw“ zu vermuten, aber selbstverfreilich fehlt es Bethmann in jeder Hinsicht an der nötigen Intelligenz, um sich ähnlich ausgefeilte Fallen auszudenken. Höhepunkt der Dumpfmuffigkeit dürfte folgendes Setup sein: Da bindet der Killer Monique breitbeinig fest und hängt eine Pistole auf, deren Lauf auf ihre Genitalien gerichtet ist. Am Abzug der Waffe ist ein Gewicht festgebunden, das wiederum herunterfällt und besagten Abzug betätigt, sobald eine daran angeschlossene Digitaluhr mit Countdown-Funktion abläuft – wie zur Hölle das mit der Uhr und dem Gewicht überhaupt funktionieren soll, muss mir irgendwann mal jemand erklären. (Manuela kann ihre Freundin nur retten, wenn sie dem Killer einen bläst und schnell genug zum Erguss bringt – natürlich schafft sie es nicht, endet dafür aber spermabesudelt; zum Hardcore-Gehalt werd ich ein paar Zeilen weiter unten noch ein paar Worte verlieren.)

Zurück zur Langeweile: Die Hauptursache des Übels ist mal wieder, dass das dünne Geschichtchen nicht wirklich dazu taugt, einen Film auf abendfüllende Länge aufzublasen, selbst mit Folterszenen. (Wann werden es die Amateurfilmer endlich mal lernen?) Auch nur halbwegs durchdacht ist das Skript übrigens trotz überschaubaren Inhaltes nicht: Von den bisher bereits erwähnten Schwachsinnigkeiten abgesehen lässt mich auch das selten dämliche Verhalten der Charaktere stutzen, zum Beispiel im Finale: Der Killer lässt doch tatsächlich seine geladene Waffe bei Manuela im Zimmer liegen, die wiederum läuft die längste Zeit mit derselben durch die Gegend, bis ihr endlich einmal einfällt, sie gegen ihren Peiniger einzusetzen (welcher bloss mit einem Beil bewaffnet ist), was dann übrigens auch das eher lasche, antiklimaktische Ende einläutet. (Nach einem saublöden Schlusstwist ist dann Ende.)

Wenn wir schon bei den Charakteren sind, können wir auch gleich mit den Schauspielern (was man halt so nennt) weitermachen: Renee Pornero dürfte den meisten hier als Erwachsenenfilm-Sternchen wohlbekannt sein und auch mit Bethmann arbeitet sie hier nicht das erste Mal zusammen (sie nimmt hier ja nicht zuletzt ihre Rolle in „Vegetarierinnen zur Fleicheslust gezwungen Teil 2“ wieder auf). Eins muss man ihr lassen: Sie sieht nicht schlecht aus und so gefällt es mir durchaus, dass sie hier ihren Körper ausgiebig im Evakostüm spazieren trägt (sexistisches Schwein, das ich bin). In schauspielerischer Hinsicht vollbringt sie keine Grosstaten, aber zumindest nervt sie nicht. Zum gleichen Urteil komme ich auch bei der blonden Anja Gebel (die ich noch aus dem zur Abwechslung mal gelungenen deutschen Independentfilm „Tears of Kali“ in guter Erinnerung habe, ferner ist sie aufgetaucht in Hobeln wie Bethmanns Dämonenbrut oder Timo Roses Space Wolf sowie „Lord of the Undead“).

Regie-Genie (keuch) Andreas Bethmann persönlich gibt sich hier als Psychiater/Irrer die Ehre und stellt mit seiner doofen Maske sowie seiner Art, die mehr an einen zehnjährigen Rotzlöffel als an eine psychopathischen Killer erinnert, keinen besonders eindrücklichen Bösewicht dar. Es mangelt ihm ja bereits an der Statur und die Synchronstimme (wohl seine eigene, aber was weiss ich) ist nicht besonders glücklich gewählt.

Was bietet der Film in Sachen Fleischbeschau? Nun, ich hab’s schon erwähnt: Sowohl Pornero als auch Gebel turnen die meiste Zeit nackig durch die Gegend (und auch die beiden getöteten Mädels am Anfang zeigen her, was Gott ihnen mitgegeben hat), aber tiefere Einblicke bleiben uns verwehrt, will sagen: Keine primäre weibliche (oder männliche) Geschlechtsorgane in Grossaufnahme oder Ähnliches. Die (denkbar unerotisch inszenierten) Sexszenen schrammen immer (wenn auch haarscharf) am Hardcore vorbei, im Zweifelsfall bleibt das Höschen an und auch der erwähnte Blowjob wird nur angedeutet (aber zumindest das Ergebnis gezeigt). Das dies alles rasend frauenfeindlich ist, erwähne ich nur der Vollständigkeit halber (auch deshalb, weil ich mich durchaus meines leichten Heuchlertums bewusst bin).
Bezüglich der Splatterszenen hält sich der Film ebenfalls zurück: Die zwei Mädels auf der Toilette werden wenig eindrücklich (und mit verhaltenem Einsatz von Kunstblut) mit dem Messer erledigt, Monique und der Killer kriegen blutige Einschusslöcher verpasst, die auch keinen Gorehound mehr hinter dem Ofen hervorlocken. Der „krasseste“ Effekt ist da noch der Kadaver der Mutter. Etwas anders, sowohl in Sachen Sex als auch Gewalt, sieht es wohl beim zwanzig Minuten längeren „Export-Cut“ aus, der auf der „3-DVD Special Edition“ zu finden ist. Mir stand nur die Einzel-DVD zur Verfügung (der Film ist mir auch so schon lang genug, vielen Dank).

Fazit: „Exitus Interruptus“ lässt erkennen, dass Bethmann sich im Laufe der Jahre zumindest ein kleines bisschen verbessert hat, aber zu einem guten Film hat es trotzdem nicht gereicht: Musik und Ton sind weitgehend gelungen, die nackten Tatsachen können sich sehen lassen und die Kameraarbeit überzeugt ab und zu, aber letztere ist oft genug auch eher unbefriedigend und dann kommen ja noch die verschnarchte Dramaturgie, die so gehaltlose wie dummsinnige Story, der schlappe Bösewicht und der frenetische Misogynismus hinzu. Die übliche Klientel wird wohl zufrieden sein, der zurechnungsfähige Teil der Menschheit sollte einen weiten Bogen um den Streifen machen.

(c) 2009 Gregor Schenker


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 4


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