EnCrypt

 
  • Deutscher Titel: EnCrypt
  • Original-Titel: EnCrypt
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  • Regie: Oscar L. Costo
  • Land: USA/Kanada
  • Jahr: 2003
  • Darsteller:

    Grant Snow (Garth), Vivian Wu (Diana), Steve Bacic (Lapierre), Matthew G. Taylor (King), Naomi Gaskin (Hernandez), Wayne Ward (Ebershaw), Art Hindle (Anton Reich)


Vorwort

Im Jahr 2068 ist die Ozonschicht der Erde zerstört, die letzten überlebenden Menschen vegetieren in den Ruinen der Städte vor sich hin und reiben sich im Kampf um die wenigen Nahrungsmittel auf. Garth, ein ehemaliger Elite-Soldat, verdingt sich als Beschützer einer kleinen Gemeinschaft Überlebender, bis er eines Tages von seinem früheren Armeegefährten Lapierre aufgegabelt wird. Dessen aktueller Chef, der Superreiche Anton Reich, hätte einen Job für Garth. Reich ist nämlich Kunstsammler und auf die Exponate seines prä-Doomsday-Sammlerrivalen Vincent hätte er es abgesehen. Für einen Vorrat an Nahrungsmitteln und Medikamenten soll Garth doch bitte mit einem kleinen Trupp in Vincents Villa einsteigen und den Krempel apportieren. Der Haken: Vincent war nicht nur superreicher Kunstsammler, sondern auch Sicherheitsfanatiker und hat seine Villa mit dem tödlichsten aller möglichen Security-Systeme ausgestattet, und das hat bis jetzt noch jeden Einklaufstrupp, den Reich losgeschickt hat, bis zum letzten Mann aufgerieben (u.a. auch einen alten Kumpel Garths). In der Tat ist das Anwesen gespickt mit lustigen Mordwerkzeugen wie unsichtbaren Roboterkämpfern und anderweitigen Todesfallen; außerdem fällt den Einbrechern die holografische Projektion von Vincents Sicherheitschefin Diana auf die Nerven. Während sich das Team unter Verlusten durch das Gebäude arbeitet, versucht Diana, Garth zur Aufgabe des vermeintlich sinnlosen Unterfangens zu überreden. Garth realisiert zweierlei – dass Diana nicht nur eine bloße Maschine ist, sondern der geniale Vincent es geschafft hat, das Bewusstsein der „echten“ Diana in den Computer zu verpflanzen, UND dass Reich es in Wahrheit nicht auf Kunstgegenstände abgesehen hat…


Inhalt

Ich mochte sie ursprünglich gar nicht – die „x Filme auf y DVDs“-Boxen, die Supermarktgrabbeltische und ähnliche hochklassige Ressourcen für den Filmeinkäufer von Welt bevölkern – mittlerweile seh ich das sehr lässig, denn im Normalfall verramschen die Lizenzinhaber hier Ladenhüter, für die selbst der böswilligste Kapitalist keinen Vollpreis veranschlagen kann, aber damit schon per Definition Krams, der für den badmovies-Doc interessant sein könnte; und wenn ich „6 für 9“ bekomme, ist das halt immer noch kostenneutraler als sich den Krempel über eBay zu beschaffen o.ä. Mittlerweile hat nun auch Universal erkannt, dass man mit solchen Boxen relativ günstig Kohle machen kann, und so gibt’s nun „Thriller-„, „Horror-“ und „SF-Boxen“. „EnCrypt“, ein US-kanadischer TV-Film, der, wen wundert’s, seine Premiere auf dem SciFi-Channel feierte, fand sich eben auf der „Science fiction“-Box in Gesellschaft fünf anderer Cable-TV-Movies und das ist, wenn wir ehrlich sind, genau die Art Präsentation, die diese Filme verdient haben.

Das Rezept für solche Run-of-the-mill-Klopper ist ja bekannt – man nehme ein paar halbwegs vertraute Gesichter aus mehr oder weniger erfolgreichen (und am besten schon beendeten, damit die Herrschaften auch Zeit haben) TV-Serien, nehme noch einen oder zwei „Gaststars“ und schon hat man ein Paket, das man wenig diskriminierenden Fans der Akteure und gutgläubigen internationalen Fernsehsendern verhökern kann, ohne sich noch tiefergehende Gedanken um Story, Effekte, Budget und ähnlichen überschätzten Firlefanz zu machen. In „EnCrypt“ hätten wir als „Serien-Gesichter“ Grant Snow aus „Melrose Place“ und Steve Bacic aus „Andromeda“ sowie Vivian Wu („Der letzte Kaiser“, „Turtles III“, „Vanishing Son“) als exotischen und Art Hindle (der mehr oder weniger eine Karriere daraus gemacht hat, „Gaststar“ in TV-Filmen und -serien zu sein, ohne hierfür eigentlich eine wirkliche Berechtigung zu haben… ich meine, „Black Christmas“, „Die Brut“, „Porky’s“, „Octagon“ – das ist jetzt nicht gerade ein Mega-Ouevre) als „renommierten“ Gaststar.

Wie üblich ist das Hauptproblem bei einem SciFi-Movie-of-the-Week die Plotte an sich. Es ist schon ein wenig tragisch, dass „EnCrypt“, sagen wir mal 70 der 85 Minuten Spielzeit keinen Anlass hätte, ein SF-Film zu sein, da die Geschichte mit ein paar Tweaks und Fiddles (also einige der etwas „over-the-top“-mäßigen Gimmicks des Sicherheitssystems eliminieren und den Backdrop der kaputten Erde rauswerfen) als stinknormaler „heist“-Film, also ein schlichter Einbruch-Diebstahl-Tralala-Streifen durchgehen würde; die Zutaten sind da – eine High-Tech-Location mit Fallensystemen, die irgendwo zwischen „Indiana Jones“-booby traps und „Cube“-Rätsellogik angesiedelt sind, ein kleines Team mit Reibungsflächen (Lapierre und Garth sind alte Rivalen, die unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Kriegskunst haben, Riesenbaby King und Quotenfrau Hernandez sind diejenigen mit der „unlikely friendship“, das fünfte Teammitglied Ebershaw ist der Technik-Nerd), mit denen man hübsch spielen könnten, und man müsste nicht mal ignorieren, dass das eigentliche Ziel der Operation nichts mit Kunst zu tun hat. Könnte man, aber wenn man für den SciFi-Channel arbeitet, geht’s natürlich nicht. Und genau da fangen dann die Probleme an, denn wenn mein Backdrop (hier also die apokalyptische Erde) unnötig ist und die dort etablierten Konflikte (bis hin zu impliziertem Kannibalismus) für meie eigentliche Storyline unnötig sind, muss ich im Schlusakt eben einen ganz schönen Eiertanz veranstalten, um den ganzen Zinnober nachträglich zu rechtfertigen.

Ich bin selbstverständlich nicht sicher, wie die Urfassung des „EnCrypt“-Scripts aussah (und an der Stelle möchte ich mal einfiedeln, dass der Titel dazu noch selten sinnlos ist, weil im kompletten Filmverlauf genau *nichts* entschlüsselt wird), aber immerhin sah sich Storyerfinder und Ur-Autor Richard Taylor veranlasst, in der IMDb klarzustellen, dass sein Buch durch einen anderen Autoren (genauer gesagt Robinson Young, der auch die SciFi-Movies „Bugs“, „Webs“ und „Terminal Invasion“ auf dem Kerbholz hat) umgearbeitet wurde und anbot, jedem Interessierten das ursprüngliche Script zuzuschicken. Spricht also mal viel dafür, dass viel von dem, was ich nachfolgend als „Schwachsinn“ bezeichnen werde, nicht auf Taylors Mist gewachsen ist.

Es wird jetzt SPOILER-lastig, also be aware. Im Schlussakt geht „EnCrypt“, der bis dahin ein zwar vor sinnlosem Zukunfts-Backdrop spielender, aber recht schnörkellos geschriebener und inszenierter Actionfilm, der aus den Möglichkeiten des mit High-Tech-Fallen gespickten Gebäudes nicht gerade alles macht, was er könnte, aber zumindest nicht langweilt und die Intelligenz des Zuschauers nicht sonderlich beleidigt, mit beeindruckendem Anlauf krachen. Damit meine ich noch nicht einmal die Enthüllung, dass Diana keine bloße holographische Computerprojektion, sondern wortwörtlich das in den Computer eingespielte „Bewusstsein“ der echten Diana ist (ein perfider Plan ihres in sie glücklos verknallten Arbeitgebers Vincent, der ihr eine tödliche Krankheit einredete, um sie in virtueller Form „für immer“ haben zu können) und sich als solches in unseren tapferen Krieger Garth verliebt, und auch nicht (auch wenn das schon „cringeworthy“ ist) den Virtual-Reality-Flashback, den Diana – wie auch fuckin‘ immer – Garth vorführt und aus dem er lernt, wie Frau und Kind im Zuge des allgemeinen Weltuntergangs hops gegangen sind, sondern die letztliche Motivation des schurkischen Anton Reichs (übrigens ein Österreicher, das möchte ich nur mal so erwähnen). Es stellt sich nämlich heraus, dass Vincent nicht nur Kunstmäzen und Technikfreak war, sondern auch (festhalten) einen biologischen Organismus (letztlich: eine Pflanze) entdeckt hat, die, sofern man ihre Samen (!) in die Erdumlaufbahn schießt, die Ozonschicht wiederherstellen kann (!!) – weswegen Vincent auch „Samenkanonen“ im Garten hat. Den ganzen Schmonz will Reich haben, um zum geeigneten Zeitpunkt den Weltretter spielen, aber vorher noch seine „Geschäfte“ machen zu können (welche Geschäfte??? Die Erde ist hin, die wenigen Überlebenden fressen Ratten und sich gegenseitig, was für Geschäfte will der Idiot machen? Es ist in noch deutlicherer Ausprägung die Falle, in die auch Romero in „Land of the Dead“ ein wenig reingestolpert ist… Post-Doomsday ist monetärer Reichtum bedeutungslos, und hier noch mehr als bei Romero, wo es wenigstens noch eine rudimentäre kapitalistische Rest-Gesellschaft gibt, hier aber Reich – Reich! Get it? – wirklich niemanden hat, mit dem er „Geschäfte“ machen könnte, weil schlicht und ergreifend niemand etwas hat, was er brauchen könnte, außer purer Macht, aber dann, bitte schön, soll er einfach „Macht“ als Motivation haben und nicht „Geschäfte“).

Als wäre das nicht schon idiotisch genug, erlaubt sich der Film dann noch einen unübersichtlichen Showdown (in dem plötzlich eine Fernsteuerung für die Samenkanonen eine gewichtige Rolle spielt, ohne wirklich etabliert zu werden) und ein ebenso vorhersehbares wie himmelschreiend blödes Ende (ich spoilere mal nach Herzenslust weiter): natürlich geht Garth am Ende kaputt und noch natürlicher speist Diana sein Bewusstsein in den Computer, um „für immer“ mit ihm zusammen sein zu können (erschreckenderweise, fällt mir gerade ein, erinnert mich das etwas an Christoph Schrewes Drehbuchverschlimmbesserung von „Apokalypse Eis“, in dem sich Dean Cain auch erst durch Vorführung seiner toten Familie die „Erlaubnis“ holt, eine neue Beziehung einzugehen, nur, dass Cain wenigstens was Echtes zum Angrabbeln hat und nicht nur ein Hologramm) – wofür ihn das fuckin‘ HOLOGRAMM!!!! in die entsprechende Kammer schleift (nachdem der waidwunde Garth nämlich vorher erklärt hat, sich nicht mehr bewegen zu können), sein Bewusstsein downloaded und zum Schlussbild HÄNDCHENHALTEND!!! mit ihm vor einem (virtuellen?) Sonnenaufgang sitzt. HÄNDCHENHALTENDE HOLOGRAMME! ICH GLAUB, ICH FÖN! ARGH!!! Excuse me while I vomit…

So, tschuldigung, hab mich wieder beruhigt. Zusammenfaselnd betrachtet ermorden die letzten 15 Minuten von „EnCrypt“ den vorhergehenden Film mit derartig niederen Beweggründen, dass man Regisseur Oscar L. Costo (den man mit Sicherheit nicht kennen muss, aber neben ein paar „seaQuest“-Folgen u.a. an „Vanishing Son“ mitgearbeitet hat, dort über Vivian Wu gestolpert und sie zu seiner Muse erklärt haben muss) und seine Crew schon wegen Beihilfe zum heimtückischen Mord verhaften sollte. Dabei ist handwerklich gegen „EnCrypt“ unter Berücksichtigung der Tatsache, dass SciFi-Originals selten in Geld schwimmen, ordentlich ausgefallen. Die Ausstattung ist nicht üppig, aber zweckmäßig, der Aufwand für großflächige special FX wird geschickt vermieden, man kann es bei einigen Unsichtbarkeitseffekten, ein paar full body suits für Kampfroboter und unaufwendige CGI für holographische Kraftfelder, die unsere Kämpen gut durchschütteln, belassen. Die Action besteht größtenteils aus heftigem Bleigewitter, ist aber vergleichsweise routiniert und schlüssig inszeniert, auch wenn keinerlei „stand out“-Sequenz zu verzeichnen ist, die sich nachhaltig ins Gedächtnis brennen würde (auch und vor allem nicht der Ober-Killer-Superduper-Kampfroboter „Rook“, der kurz vor Toresschluss seitens der Verteidiger der Villa noch in die Schlacht geworfen wird und lächerlich einfach zu besiegen ist). Kameraführung (Michael Galbraith, der immerhin bei Carpenter und Romero schon über die Schulter gekuckt hat), Schnitt (Andrew Cohen, „Masters of Horror“), Musik (Misha Segal, „Tanz des Drachen“, „Ninja III: The Domination“), alles professionell, ohne herauszuragen, was immerhin dafür spricht, dass ein Major wie Universal selbst einen Kabel-TV-Film mit etwas mehr Sorgfalt als die üblichen Verdächtigen wie UFO oder Royal Oaks auf die Beine stellt.

Die Darsteller passen hierzu ins Bild – sind sind routiniert, erlauben sich kaum Ausfälle, bleiben aber auch nicht im Gedächtnis. Grant Snow ist für einen innerlich zerrissenen Anti-Helden einfach zu blass, zu uncharismatisch, obwohl er grundsätzlich den richtigen „Look“ hat. Vivian Wu – Genrefreunde kennen sie noch aus „Mutronics“ – hat ihrer „holographischen“ Rolle gemäß nicht wirklich viel zu tun, außer ihr exotisches Äußeres (selbiges aber natürlich züchtig bedeckt) spazieren zu tragen und zu versuchen, mit den dusseligen Lines ihres Charakters ihre Würde zu bewahren, Steve Bacic ist als Snows nomineller Gegenspieler etwas zu langweilig. Die Überraschung sind Matthew G. Taylor („Detroit Rock City“) und Naomi Gaskin („Exit Wounds“) als (spärlich eingesetztes) comic-relief-Duo mit guter Chemistry. Art Hindle ist für den Schurken-im-Hintergrund (TM) erträglich, aber da wünscht man sich einen Malcolm McDowell o.ä., der das etwas lebhafter machen würde. Für einen Film dieser Handelsklasse erledigt der Cast aber einen akzeptablen Job, ganz speziell, wenn man sich die Konkurrenz wie „Komodo vs. Cobra“, „Gargoyles“ etc. ansieht.

Bildqualität: Universal liefert uns, für ein einigermaßen aktuelles TV-Projekt angemessen, einen hübschen anamorphen Widescreen-Transfer (dürfte 1.78:1 sein) ohne Macken, der selbst bei der 3-Filme-auf-einer-Disc-Kompression noch vernünftige Schärfe- und Kontrastwerte bietet.

Tonqualität: Dafür wird halt dann am Ton gespart – O-Ton gibt’s nicht, ausschließlich die deutsche Synchronfassung (recht gut ausgefallen) in Dolby Digital 5.1, bei der vor allem die Soundeffekte ordentlich reinknallen.

Extras: Fehlanzeige.

Fazit: „EnCrypt“ wäre theoretisch ein passabler Zeitvertreib – mir wäre es zwar lieb gewesen, man hätte etwas mehr auf „Thrill“ in Form von Rätselknacken denn reinrassiges Geballere gesetzt. Was wir an Action bekommen, ist solide inszeniert, das geringe Budget ist kein Hindernis, die Schauspieler agieren im Rahmen ihrer Möglichkeiten routiniert. Könnte man als schmerzlosen kleinen Happen für Zwischendurch also durchaus empfehlen, wäre nicht der Schlussakt, der vermutlich das am bodenlos schlechtesten Geschriebene selbst im Bereich der SciFi-Channel-Originals ist, und das ist mal ’ne Hausnummer. Als Lehrstück, wieso man nicht aus jeder Story auf Teufel komm raus eine SF-Geschichte machen muss, nur um das Ding bei einem Spartensender unterzubringen, lohnt sich speziell das Finale von „EnCrypt“ allemal. Ist halt die Frage, ob man das wirklich wissen und vorgeführt bekommen muss…

2/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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