El Topo

 
  • Deutscher Titel: El Topo
  • Original-Titel: El Topo
  •  
  • Regie: Alejandro Jodorowsky
  • Land: Mexiko
  • Jahr: 1970
  • Darsteller:

    Alejandro Jodorowsky (El Topo), Brontis Jodorowsky (El Topos Sohn als Kind), Robert John (El Topos Sohn als Erwachsener), Mara Lorenzio (Mara), David Silva (Colonel), Héctor Martínez, Juan José Gurrola, Victor Fosado, Agustín Isunza (die Meister), Paula Romo (Frau in Schwarz), Jacqueline Luis (die kleine Frau), Julían de Meriche (Priester), José Antonio Alcaraz (Sheriff), Felipe Díaz Garza (Deputy)


Vorwort

Der geheimnisvolle, ganz in schwarz gekleidete Revolvermann El Topo durchstreift mit seinem sieben Jahre alten (und bis auf einen Hut nackten) Sohn eine namenlose Wüste. Eines Tages stoßen Vater und Sohn auf ein Dorf, in dem jedes lebende Wesen brutal niedergemetzelt wurde. El Topo will das Verbrechen rächen und findet heraus, dass die Bande eines gewissenen Colonel für das Massaker verantwortlich ist und nun in einer Franziskanermission ihr Quartier aufgeschlagen hat. El Topo besiegt den Colonel und kastriert ihn (worauf der sich selbst tötet), lässt seinen Sohn bei den Mönchen zurück und reitet mit einer jungen Frau, die vom Colonel als Sklavin gehalten wurde, weiter in die Wüste, um dort vier legendäre Revolverhelden zu finden und zu töten, auf dass er zum größten Revolvermann aller Zeiten aufsteigt (die junge Frau, die er inzwischen Mara getauft hat, ermutigt ihn). Die vier „Meister“ erteilen El Topo jeweils philosophische Lektionen – trotzdem gelingt es ihm, durch den beherzten Einsatz von fiesen Tricks drei der Meister zu töten, außerdem gabelt er unterwegs noch eine mysteriöse „Frau in Schwarz“ auf, die rasch eine Haßliebe mit Mara eingeht. Der vierte Meister jedoch erweist sich als unbesiegbar, tötet sich aber, um seinen Standpunkt der Unwichtigkeit des Lebens zu verdeutlichen, selbst und fügt El Topo damit eine schwere moralische Niederlage zu. Die Frau in Schwarz schießt ihn nieder (und fügt ihm dabei christliche Wundmale zu), auch Mara verrät ihn und lässt ihn schwer verletzt zurück, um mit der Frau in Schwarz davonzureiten.
El Topo wird von einer Gruppe Mißgebildeter gefunden und gerettet – nachdem er etliche Jahre in einer Art meditativem Wachkoma verbracht hat, erwacht er und stellt fest, dass die Freaks von der Außenwelt abgeschnitten in einer Höhle leben. Beeindruckt von der Hilfsbereitschaft einer Zwergenfrau gelobt er, den Freaks die Freiheit zu schenken, indem er in der nächsten Stadt Geld verdient und einen Tunnel baut. Mit der Zwergin bricht er in die Stadt auf, doch die ist ein dekadenter Sündenpfuhl, bewohnt von lynchfreudigen sadistischen Rassisten, die allerlei Abartigkeiten fröhnen und nicht mehr Gott, sondern einen indifferenten Kult (mit dem „allsehenden Auge als Symbol“) verehren. El Topo und die Zwergin halten sich mit Straßentheater und Tagelöhnerjobs über Wasser, finanzieren damit ihr Tunnelbauprojekt. Eines Tages kommt ein Franziskanermönch in die Stadt und enttarnt das in der Kirche gespielte, vorgeblich glaubensförderliche „Russische Roulette“ als faulen Zauber. El Topo und die Zwergin werden dazu gezwungen, zur Erbauung der perversen Stadtbewohner im Rahmen einer Orgie Sex zu haben. Nach dem Akt gestehen sie sich ihre Liebe, El Topo schlägt vor, sich vom Mönch trauen zu lassen. Der allerdings ist niemand anderes als El Topos Sohn und auf den Herrn Vater alles andere als gut zu sprechen. Die Zwergin kann verhindern, dass der Sohn den Vater tötet, indem sie ihm vom Vorhaben der Befreiung der Mißgestalteten berichtet. Der Sohn erklärt sich einverstanden, seine Rache aufzuschieben, bis El Topo den Tunnel fertiggestellt hat. Für eine Weile sind Vater, Sohn und mittlerweile schwangere Zwergenfrau eine glückliche Familie – doch die Katastrophe ist vorherbestimmt…


Inhalt

Dieses Review wird mir arg schwer fallen. Wer sich zur Aufgabe gestellt hat, nicht nur Schotterfilme zu besprechen, sondern auch geheimnisumwitterte Kultfilme, muss früher oder später auch das Ouevre des chilenischen Filmemachers Alejandro Jodorowsky anpacken – in vierzig Jahren hat der zwar nur eine Handvoll Filme gedreht, aber die meisten davon erarbeiteten sich, obwohl sie von kaum jemandem gesehen wurden (bzw. gesehen werden konnten), einen geradezu legendären Ruf. Musiker wie John Lennon, Yoko Ono (die für „El Topo“ einen Vertrieb besorgten und Jodorowskys nächsten Film, „Montana Sacra“, sogar produzierten) oder Peter Gabriel zähl(t)en zu den Bewunderern des Chilenen, der neben der Filmerei auch etliche Theaterstücke schrieb und inszenierte, mit Marcel Marceau Pantomime betrieb und zahlreiche Comics erdachte, dessen Filme oft nur in Mitternachtsscreenings gezeigt werden durften und die bis in die jüngste Zeit mit Zensur und Unterdrückung zu kämpfen hatten (es half auch nicht, dass „El Topo“ und „Montana Sacra“ jahrelang nicht offiziell gezeigt oder für den Heimvideosektor ausgewertet werden durften, weil der ehemalige Beatles-Manager Allen Klein bzw. dessen Produktionsfirma mit Jodorowsky wegen der Rechte im Clinch lag).

Jodorowskys größter Beitrag zur Kulturgeschichte resultiert allerdings zweifellos (ja, ich komme gleich zu „El Topo“; nicht drängeln) aus einem Film, der nie gedreht wurde. 1974 engagierte ein französisches Konsortium Jodorowsky für eine Verfilmung von Frank Herberts „Wüstenplaneten“. Jodorowsky scharte ein eindrucksvolles Team um sich – Dan O’Bannon sollte (nachdem sich herausstellte, dass Jodorowsky mit seiner ursprünglichen Wahl Douglas Trumbull nicht konnte) die Weltraumeffekte schaffen, Chris Foss Raumschiffe entwerfen, H.R. Giger die Heimatwelt der Harkonnen designen, der französische Comic-Künstler Moebius storyboarden, Pink Floyd den Soundtrack komponieren und niemand anderes als Salvador Dali für eine Stundengage (!) von 100.000 Dollar den Imperator Shaddam IV. spielen. Obschon das Projekt nie das Licht der Welt erblickte (die Finanzierung brach zusammen), sollte es ungeheuer einflußreich sein – etliche Mitarbeiter – first and foremost natürlich H.R. Giger – wurden später bei Ridley Scotts „Alien“ tätig, verschiedene Crewmitglieder stellten fest, dass „Dune“-Designs in „Krieg der Sterne“ auftauchten, und, last, but not least, war es Jodorowsky, der Moebius dazu überredete, SF-Comics anstatt Western zu zeichnen, was zu einer wahren Revolution im Comicbereich führte (und von der wieder Scott bei „Alien“ und „Blade Runner“ beeinflusst wurde). Hätte Jodorowsky nichts anderes gemacht als die gescheiterte „Dune“-Adaption, man müsste ihm allein schon hierfür dankbar sein (allerdings wohl auch dafür, dass letztlich nichts draus wurde, denn seine – sehr freie – Adaption des Bestsellers hätte vermutlich einen noch größeren kommerziellen Reinfall erlebt als David Lynch).

Was mit „El Topo“ natürlich alles nichts zu tun hat, aber irgendwie muss ich ja tarnen, dass ich keine Ahnung habe, wie ich diesen Film besprechen soll. Ich bin nun wirklich niemand, der mit abseitigem, surrealen und symboliktriefenden Kino ein Problem hat (ich bin ein großer Fan von David Lynch, der seinerseits wieder zu Jodorowskys Fans gehört), aber „El Topo“ ließ mich nach zwei Stunden zutiefst ratlos zurück. Ich hatte damit gerechnet, dass ich den Streifen entweder lieben und heiligsprechen oder verachten und hassen werde, auf jeden Fall aber, dass er *irgendeine* starke Reaktion bei mir auslöst, aber – vielleicht zu meiner Schande – ein richtiges „Filmerlebnis“ fand bei mir nicht statt. Da kann man mir jetzt mangelnden intellektuellen Zugang unterstellen und läge damit auch wieder daneben, denn dann müsste ich ja normalerweise „El Topo“ mit heftiger Antipathie begegnen, wo’s doch eher Apathie war.

Ja, ich erkenne die Symbolik, ja, ich habe die Neuinterpretation von neutestamentarischen Aussagen genauso realisiert wie die Einflüsse fernöstlich-buddhistisch geprägter Philosophien, ich habe verstanden, dass es hier um eine spirituelle Reise zur Erlösung und dem letztlichen Schluss, dass eine solche nicht wirklich möglich ist, geht, aber, wenn ich jetzt mal alle Arthouse-Baskenmützen-Freaks bitter enttäuschen darf, einen ähnlichen Punkt machte Leise weht der Wind des Todes auch, und er tat es zugänglicher, nachvollziehbarer, weniger verschwurbelt und handwerklich besser.

Der interessanteste Ansatz von „El Topo“ ist die Zweiteilung in eine, wenn man so will, „christliche“ und eine „buddhistische“ Hälfte – der erste Part, in dem El Topo die vier mystischen Meister besiegt, sich dabei Göttlichkeit anmaßt, nur durch Betrug gewinnt und, nachdem er dies durch das drastische Beispiel des vierten Meisters endlich verstanden hat, Fragen zur eigenen (A-)Moralität stellen muss, trieft vor christlicher Symbolik (und billigt El Topo in der Tat „göttliche“ Fähigkeiten zu; er vollbringt in der Wüste mehrere „Wunder“) und endet nicht von Ungefähr mit direkten Zitaten aus dem Neuen Testament und einer Quasi-„Kreuzigung“; im (kürzeren) zweiten Part ist El Topo nach seiner Läuterung durch Selbsterkenntnis (nicht ein Teil der Lösung, sondern ein Teil des Problems zu sein), Verrat (wie einst Jesus) und meditative Selbstfindung nicht mehr Revolverheld, sondern (schon rein äußerlich mit kahlgeschorenem Schädel und orangenem Gewand) ein Muster-Buddhist, der der Ungerechtigkeit einer gottlosen Gesellschaft (die den Christengott relativ unmißverständlich durch den neuen Gott „Mammon“ ersetzt hat) mit Gewaltlosigkeit und Passivität begegnet und zwangsläufig ebenfalls scheitert – der Kreislauf der Gewalt kann nicht durchbrochen werden, weder durch El Topo selbst noch durch seinen Sohn (der im Schlussakt eh schon die Revolvermann-Identität seines Vaters angenommen hat), es bleibt nur der Hoffnungsschimmer, dass seinem zweiten Kind (nach allem, was ich an Interpretationen gelesen habe, auch wieder ein Sohn, auch wenn der Film dies nicht klarmacht), ein Produkt wahrer, alle gesellschaftlichen und rassischen Schranken überwindender Liebe, gelingt, was ihm versagt blieb.

Ich will mich allerdings bewusst nicht lange mit der Interpretation der Symbolik aufhalten – mir scheint „El Topo“ ein Film zu sein, den man zu Tode interpretieren kann und doch zu keinem greifbaren Ergebnis kommt, weil möglicherweise (bzw. höchstwahrscheinlich) nicht wirklich eine echte Aussage dahintersteht (dass jeder Zuschauer zu einer Aussage kommen *kann*, bleibt davon unberührt) – „El Topo“ ist ein geradezu typischer Vertreter der End-60er-Drogen-/Hippie-/Freak-Gegenkultur (laut Jodorowsky steht sogar der Titel „El Topo“, übersetzt „Der Maulwurf“, dafür, dass Underground-Subkultur ans „Licht“ kommt), in der Rationalität, erzählerische Stringenz, Nachvollziehbarkeit geradezu Schimpfworte waren; insofern ist der Streifen eine wunderbare Zeitkapsel für diese wilde Epoche, in der man, um als „alternativer“ Künstler ernst genommen zu werden, geradezu gezwungen war, Drogen zu nehmen („Montana Sacra“ entstand quasi komplett auf LSD), und deren Produkte man vermutlich (ich muss das nicht notwendigenfalls ausprobieren) auch nur unter Verwendung bewusstseinserweiternder Substanzen wahrnehmen und „verstehen“ kann.

Vielleicht zündet „El Topo“ bei mir auch deshalb nicht, weil die Symbolik einerseits so offensichtlich ist und andererseits trotzdem nicht wirklich irgendwo *HIN*zuführen scheint, ich zumindest das Gefühl habe, dass tieferes Nachgrübeln über das Gesehene nicht wirklich lohnt, weil außer den üblichen „Klischees“ der Gegenkultur und den klar ersichtlichen Metaphern (für Religions- und Kapitalismuskritik, Ausbeutung, Rassismus etc.) nicht wirklich tiefere Bedeutung in den Bildern steckt (im Gegensatz z.B. eben zu Lynch, wo es mindestens der halbe Spaß ist, die Bildsprache zu dechiffrieren, Anspielungen und Verweise zu finden, um zu seiner freien Interpretation zu kommen). Speziell hinsichtlich des ersten Parts meine ich allerdings, zumindest bediene ich damit meine „obskure Querverbindungs“-Tradition der letzten paar Reviews, dass Stephen King den Film mal gesehen und die ein oder andere Anregung für das Setting und den Hauptcharakter seines „Dark Tower“-Zyklus hier entlehnt haben muss.

Von der technisch-handwerklichen Seite ist von einem für 400.000 Dollar von bestenfalls ambitionierten Non-Profis in übriggebliebenen Sets des lesser Glenn-Ford-Westerns „Day of the Evil Gun“ gedrehtes Independent-Werk keine Hochglanzoptik zu erwarten. Jodorowsky und sein Kameramann Rafael Corkidi („Montana Sacra“, „The Mansion of Madness“) haben zweifellos ein Auge für im Prinzip beeindruckende Bilder, aber offensichtlich nicht die technischen Möglichkeiten, um daraus wirklich Kapital zu schlagen; das (intendierte) 4:3-Format erlaubt nicht den für eine derart existentialistische Geschichte notwendigen epischen „scope“, die Kamera selbst ist vergleichsweise statisch, wird aber mühelos vom Holzhacker-Schnitt übertroffen – klar, das ist natürlich „guerilla filmmaking“, man ist ja Avantgarde und Zeuch und muss keine Rücksicht darauf nehmen, dass ein nicht auf Filmexperimente gepolter Zuschauer vom Schnitt die Augen schmerzen; Continuity ist eh ein Fremdwort, nachvollziehbarer Szenenanschluss sowieso, Charaktere verschwinden und tauchen wieder auf, ohne dass die „Storyentwicklung“ hierfür Anlaß böte, da sind Klöpse dabei, die ich nicht mehr mit „Kunst“, „Experiment“, „surreal“, „beschränkte Möglichkeiten“ und anderen Schlagworten entschuldigen kann, das scheint mir oft genug einfach nur Schlamperei zu sein. Auch wer Kunst macht, hat die Verpflichtung, das wenigstens ordentlich zu machen und den Zuschauer, der eh schon – soweit, so beabsichtigt – damit zu tun hat, den tieferen Sinn des Werkes zu erfassen, über solch simple handwerklichen Fehler stolpern zu lassen (und ja, ich gehe sehr stark davon aus, dass die mir vorliegende Fassung ungeschnitten ist; zumindest ist sie nicht mal voll durchsynchronisiert). Trotz der Zweiteilung (eigentlich sind es sogar vier Teile, die Jodorowsky durch Kapiteltafeln trennt) und der Chance, somit in zwei Stunden quasi zwei Filme durchzuprügeln, ist „El Topo“ auch aufgrund sehr spärlicher und meist nicht sonderlich sinnhaltiger Dialoge eine echte Geduldsprobe (speziell, wenn man eh schon, wie ich heute, ein wenig kopfschmerzgeplagt ist). Ich will allerdings nicht nur meckern und neidlos anerkennen, dass einige Szenen echte Bringer sind – zu Beginn die Entdeckung des Massakers, El Topos totaler Zusammenbruch nach der Konfrontation mit dem vierten Meister, das Russich-Roulette-Spiel in der Kirche und die finale „Apokalypse“ (die auch der Film so nennt) sind memorabel gearbeitet und deuten an, was Jodorowsky mit Geld, besserer Ausrüstung und einem besseren „grip“ für die Geschichte anstellen *könnte*.

Die musikalische Untermalung (von Jodorowsky selbst und einem gewissen Nacho Méndez) ist größtenteils ohrenfolternd (speziell ein „komisches Thema“ für drei durchgeknallte Banditen, die El Topo nach Entdeckung des Massakers und vor seiner Abrechnung mit dem Colonel auftreibt, sollte aus der Musikgeschichte getilgt werden) und ist insgesamt am besten und stimmungsvollsten, wenn sie sich minimalistisch-prä-elektronisch „eerie“ gibt.

Zumindest, was die Härte angeht, wird „El Topo“ seinem Ruf durchaus gerecht – technisch sind die blutigen Einlagen nicht unbedingt hochklassig (auch nicht für die Entstehungszeit), aber zumindest recht zahlreich, Tabus gibt’s kaum (auch wenn z.B. die Kastration des Colonels impliziert bleibt; muss ich aber auch nicht en detail sehen), Frauen und Kinder sind nicht sicher, und schon allein die Verwendung eines ganzen Sammelsuriums unterschiedlichster realer mißgebildeter Freaks hinterlässt den vermutlich gewünschten unangenehmen Beigeschmack. Dass Zensoren aller Herren Länder an „El Topo“ keine rechte Freude hatten, ist zumindest verständlich. Mara Lorenzio, Paula Romo und Jacqueline Luis ziehen sich auch aus, Senorina Lorenzio darf sich zudem vergewaltigen lassen (und Provokateur Jodorowsky nutzte natürlich die Gelegenheit für kostenlose Gratis-Promotion, indem er in einigen Interviews verkündete, diese Vergewaltigung sei echt gewesen. Und Deodato hat in „Cannibal Holocaust“ echte Eingeborene gekillt. I have proof!).

Jodorowsky spielt die Titelrolle selbst – ich halte ihn für keinen begnadeten Schauspieler und mit seiner Interpretation des harten Revolvermanns habe ich so meine Probleme, in der zweiten Hälfte als „buddhistischer Mönch“ gefällt er mir deutlich besser. Robert John, der kurioserweise Jahrzehnte später im Charles-Band-produzierten Softsexer „Lolida 2000“ (wenn die IMDb stimmt) wieder auftauchte, macht als sein erwachsener Sohn einen guten Eindruck; Mara Lorenzio und Paula Romo haben mit Schauspielerei nicht viel am Hut, was nicht wundert, weil, so wie ich das überblicke, keiner der Aktiven ernstlich eine Karriere auf dem Gebiet der Thespis-Kunst verfolgte

Bildqualität: Lange Jahre legal unerhältlich gibt’s mittlerweile ein Anchor-Bay-Boxset mit den wichtigsten Jodorowsky-Filmen, das ich natürlich NICHT habe, sondern nur ein schnödes deutsches Bootleg von „Laserline“. Die Bildqualität ist mit unterdurchschnittlich wohlwollend beschrieben, der 4:3-Transfer ist verrauscht, verschmutzt, nicht wirklich scharf und kontrastarm. Naja, auch ein Bootlegger braucht erst mal ein brauchbares Master…

Tonqualität: Wirklich schauderhaft ist der deutsche Ton (eine andere Sprachfassung findet sich auf der DVD nicht, dafür aber sind einige Dialoge und Narrationen nur auf Spanisch zu vernehmen). Ich weiß nicht, aus welcher Quelle der Audiotrack stammt, aber er ist erlesen schlecht, wahlweise dumpf, scheppernd und nachhallend (speziell die Dialoge von Mara Lorenzio sind teilweise komplett unverständlich), der Musikmix blechern und ohrenfolternd. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass das der schlechteste DVD-Audiotrack ist, der sich mir jemals vorgestellt hat. Ich weiß, Bootleg, nicht besser verdient…

Extras: Nüsch.

Fazit: Es tut mir leid. Irgendetwas sagt mir, dass ich mit meinem Faible für surreales, dechiffrier- und interpretierbares Kino „El Topo“ eigentlich mögen sollte, aber ich kann’s nicht. Der Film gibt mir nichts – auf der anderen Seite habe ich mich nicht ausdrücklich über verschwendete Lebenszeit geärgert und bin durchaus froh, ihn jetzt mal gesehen zu haben, doch… wuschig auf „Montana Sacra“ oder wenigstens „Santa Sangre“ gemacht hat mich „El Topo“ nicht. Vielleicht wäre der „heilige Berg“, der ja in Punkto (drogeninduzierter) Surrealität noch die eine oder andere Schippe drauf legt, für mich interessanter und gehaltvoller; dieser Film jedenfalls war für mich eine milde Enttäuschung – ich hatte einen gewalttätigen, blutdurchtränkten und kryptischen Bilderreigen erwartet, bekam dann aber doch nur einen durchschaubar-symbolischen „Splatterwestern“, der auf mich nur halb so clever wirkte, wie er vielleicht zu sein meinte. Vereinzelte, über den Film verteilte starke Sequenzen rechtfertigen für mich persönlich nicht den Kultstatus des Werks, dessen handwerkliche Schwächen nicht zu übersehen und in mancher Hinsicht auch nicht durch die Umstände zu entschuldigen sind. Für alle Fälle behalte ich mir aber die Option „I just didn’t get it“ vor – vielleicht ist’s wirklich ein Film, den man mehrfach (und dann bevorzugt in besserer Bild- und Tonqualität) sehen muss, vielleicht ist’s einfach wirklich nicht my cup-of-tea. Tut mir leid, wenn meine Leserschaft auf eine tiefschürfende Analyse und allgemein hochgeistigere Gedanken gehofft hat, ich halte es in diesem Fall aber mal mit Hape Kerkelings „Hurz!“ – „es muss erlaubt sein, dass ich sage, ich kann damit nichts anfangen, ohne dass Sie mir unterstellen, ich wäre weniger intellektuell als Sie“.

2/5
(c) 2009 Dr. Acula


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