Eiskalte Lügen

 
  • Deutscher Titel: Eiskalte Lügen
  • Original-Titel: Malicious Intent
  • Alternative Titel: Civility |
  • Regie: Carlos Cavaricci
  • Land: USA
  • Jahr: 2000
  • Darsteller:

    Liam White (Cade Russo), William Forsythe (Andrew), Tom Arnold (Marty), Rachel Ticotin (Rebecca), Zack Ward (Billy), Pauley Perrette (Carolyn), Christopher Atkins (Cades Vater), Clarence Williams III (Glitterman)


Vorwort

Cade Russo kehrt nach zehnjähriger Abwesenheit aus unerfreulichem Anlaß in sein Heimatkaff Civility zurück – sein Herr Vater, auf den Cade nie wirklich gut zu sprechen war, hat sich nach allgemeiner Lesart effektiv die Rübe weggeschossen und nun soll er unter die Erde gebracht und sein Hab und Gut testamentarisch verteilt werden. Wie üblich in abgelegenen Wüstenkäffern, wo der Hund sprichwortlich begraben liegt, ist hinter den langweiligen Fassaden nicht alles so friedlich wie es scheint. Daddys geschäftlicher Berater Marty klärt den eigentlich an derartigen Ausführungen total uninteressierten Cade auf: das war kein Selbstmord nicht, sondern kaltblütiger Mord – Papa Russo war nämlich die Numero Uno unter den örtlichen Buchmachern und demzufolge latent gefährdet. Marty stellt Cade als Aufpasser den mysteriösen Andrew, einen älteren Kerl in weißem Anzug und mit Drüsenfieber zur Seite, und das ist auch nötig. Denn irgendwie hat Papa Russo drei Millionen Dollar abgezweigt und hinter denen ist der Killer her – aber wer war’s denn nu? Der rivalisierende Buchmacher Thin Eddy, der verschuldete und korrpute Bulle Erickson, des verblichenen zweites (und geldgieriges) Eheweib Rebecca, der leicht verhaltensgestörte Billy oder gar der ominöse Glitterman, der Pate Patrone unter den Buchmachern? Cade muß sich, ob er will oder nicht – eigentlich würde er lieber seine vor zehn Jahren unterbrochene Beziehung zu Ex-Girlfriend Carolyn wieder auffrischen -, mit der kriminellen Angelegenheit befassen…


Inhalt

Ach du Schande, schon wieder eine pseudo-hippe, pseudo-coole, post-tarantinesque Gangster-Thriller-Komödie (?) eines ambitionierten Jungregisseurs – diese ganzen grützigen Filmversuche frischgebackener Filmhochschulabsolventen, die einmal „Pulp Fiction“ oder „Reservoir Dogs“ gesehen haben und sich freudestrahlend ans Werk machen, Stil und Intention des Meisters zu kopieren, ohne auch nur ansatzweise begriffen, zu haben, was Tarantinos Filme funktionieren läßt (in allererster Linie mal ausgezeichnete Drehbücher), verderben mir irgendwann noch mal die Freude an einem von mir normalerweise geschätzten Genre.

Okay, Ihr werdet es schon vermuten – nach einem solchen einleitenden Satz wird wahrscheinlich keine Lobpreisung mehr folgen; aber es ist nun mal so, Filme wie dieser bringen mich fast noch mehr auf die Palme wie amateurhafte Z-Movies a la „Powderburn“, da sie nach Kompetenz stinken und dann doch nichts zu Wege bringen. Caesar Cavariccis Debütfilm, den er auch noch selbst geschrieben und produziert hat, fällt eben unter diese Kategorie, er beschäftigt richtige Schauspieler, die Crew ist professionell (John Carpenters Stammkameramann Gary B. Kibbe z.B. liefert die durchaus ansehnlichen Bilder), aber irgendwo unterwegs hat Cavaricci vergessen, dass seine Story (rudimentär ist eine solche ja vorhanden) irgendwohin führen sollte – ich empfehle dringlich einige Nachhilfestunden in Sachen Screenwriting, denn es ist eher peinlich, was sich hier abspielt. Es gibt viel zu viele Charaktere, von denen kaum einer bei den äußerst knappen 82 Minuten Spielzeit mehr als nur eine Szene hat und die demzufolge den Zuschauer völlig kalt lassen (besonders bei der hastigen „Auflösung“, die mehr einem Anti-Ende gleichkommt als einem befriedigenden Abschluß), und die sind meist nur unzulänglich kopierte Abziehbilder – Andrew ist sichtlich an Charakteren wie Mr. Wolfe aus „Pulp Fiction“ angelegt, wirkt aber nur debil und lächerlich (Spoiler: Andrew ist angeblich auch sowas wie ein Super-Killer – das wird z.B. so geschildert: Andrew ist drauf und dran von drei Mexikanern umgelegt zu werden – warum auch immer-, und wird von diesen aus einem Jeep zur Exekution geführt. Die Kamera pannt äußerst clever hinter dem Jeep auf Bodenniveau und wir sehen, wie drei Mexikaner wie vom Blitz getroffen zu Boden fallen und sichtlich tot sind. Äh?), Billy, der als „leicht durchgeknallt“ pseudo-coole Dialoge über Kühlschränke und Werbe-Zitate zu sprechen hat, wirkt weniger cool-abgedreht als vielmehr inkoherent daherbrabbelnd. Darüber hinaus ist das Script hanebüchen konstruiert (ich könnte ja noch drüber hinwegsehen, dass wir erst nach ca. 45 Minuten so halbwegs über Sinn und Zweck der ganzen Veranstaltung informiert werden, aber dann sollte der Vorlauf halt irgendwie interessant sein oder sich mit der Story nachträglich einigermaßen schlüssig verbinden) – um überhaupt irgendwie zu einem Finale zu kommen, erzählt ein „anständiger“ Polizist einfach so, ohne gesteigerten Anlaß, unserem Helden den Ablauf der Mordtat, was den Helden umgehend in eine killwütige Mordmaschine veranlaßt, ohne daß wir den eigentlichen Showdown, außer in einem kurzen, von voice-over zugebabbelten Flashback, dann sehen dürfen. Hier fragte ich mich ernstlich, ob ich während des Ankuckens doch dem Sekundenschlaf anheim gefallen war oder wieder mal ein DVD-Label vergessen hat, das ein oder andere Chapter auf die Disc zu bannen. Nö, Mr. Cavaricci, das war nix.

Schade ist’s ein bißchen um die nicht untalentierten Darsteller. Liam White („Ghosts of Mars“) bleibt ein wenig picklig-blaß und seinen character turn am Ende mag ich ihm nicht abkaufen, aber Ex-Comedian Tom Arnold („True Lies“) und der durchaus verdiente bad ass William Forsythe („Virtousity“, „Stone Cold“) sind eine ganze Ecke zu gut für das Material, das sie zu spielen haben. Arnold bleibt mit einer vergleichsweise straighten Rolle noch relativ unbeschädigt, aber Forsythe verdient sich auf der Embarrassed-Actor-Scale mindestens eine solide „8“. Ein kurzes und eindrucksloses Wiedersehen feiern wir mit Arnies „Total Recall“-Love-Interest Rachel Ticotin und den normalerweise zuverlässigen Character Actor Ed Lauter (in zahllosen Film- und Fernsehauftritten als Militär oder Cop am Werke) seh ich eigentlich auch ganz gern, aber die Schwachsinnsrolle, die er hier zu spielen hat, tut mir wirklich schon weh. Von Pauley Perrette („Almost Famous“) könnte ich alpträumen (das Girl hat den „creepy look“, sieht aus, als könne sie bei Star Trek fast jedes beliebige Alien ohne Make-up spielen) und für einen eher überflüssigen Cameo, den er aber zumindest mit typischem Gusto absolviert, schaut Clarence Williams III („Tales from the Hood“) vorbei.

Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass sich der Streifen seine FSK-18-Freigabe durch einige völlig unnötige Brutalitäten (ein paar explizite Kopfschüsse und eine Verbrennung) redlich verdient – macht den Streifen aber auch für Gorehounds nicht interessanter, weil diese Szenen vollkommen aufgesetzt wirken (weiteres Indiz dafür, dass Cavaricci nicht mal ansatzweise verstanden hat, wie Tarantino-Filme arbeiten).

Bildqualität: VCL liefert einen ungefähr akzeptablen Vollbildtransfer, der mir persönlich aber etwas zu weich ausgefallen ist. Zwar ist die Detailschärfe durchaus befriedigend und die Bildauflösung anständig (gut, bei 82 Minuten Film und praktisch keinen Extras muß man nicht wirklich komprimieren…), aber Kantenübergänge scheinen mir etwas zu fließend sein und verleihen dem Film einen – möglicherweise durchaus gewollten, das geb ich zu – leicht weichgezeichneten Eindruck, der auf die Dauer ziemlich nervt.

Tonqualität: Der geneigte Konsument hat die Wahl zwischen deutschem Ton in Dolby 5.1 und 2.0. Beide Tonspuren sind durchaus sauber und rauschfrei, wobei die 2.0-Spur den etwas lebendigeren Eindruck macht, die 5.1-Spur ist ein wenig leise geraten.

Extras: Mitgeliefert werden Filmographien für William Forsythe, Tom Arnold und Rachel Ticotin.

Fazit: „Eiskalte Lügen“ ist einer der Filme, die mich – obwohl ich eigentlich über solchen emotionalen Ausbrüchen stehen sollte – einfach wütend machen. Der Film verkauft sein Publikum durch sein idiotisches Drehbuch und die vollkommen bescheuerte Auflösung für dumm und hofft, ein paar eingestreute Blut- und Gewaltszenen würden darüber hinwegtäuschen, dass es sich um ein völlig einfallsloses Schundprodukt handelt, das zwar oberflächlich betrachtet gut aussieht, aber letztendlich nichts aussagt. Ich geb’s zu, das ärgert mich am Ende doch noch deutlich mehr als schlichte Talentlosigkeit, weil das Gesamtwerk andeutet, dass alle Beteiligten (vielleicht sogar Drehbuchautor Cavaricci, der Regisseur Cavaricci hat zumindest ein gewisses visuelles Gespür, auch wenn man den Kredit vielleicht eher an Kameramann Kibbe weiterreichen sollte) mehr können, aber schlicht nicht wollen. VCLs deutsche DVD-Veröffentlichung reiht sich in die Ahnengalerie unspektakulärer, aber technisch halbwegs brauchbarer Releaes des Labels ein.

1/5
(c) 2003 Dr. Acula


mm
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