Eine verhängnisvolle Affäre

 
  • Deutscher Titel: Eine verhängnisvolle Affäre
  • Original-Titel: Fatal Attaction
  •  
  • Regie: Adrian Lyne
  • Land: USA
  • Jahr: 1987
  • Darsteller:

    Michael Douglas (Dan Gallagher), Glenn Close (Alex Forrest), Anne Archer (Beth Gallagher), Ellen Hamilton Latzen (Ellen Gallagher), Stuart Pankin (Jimmy)


Vorwort

Eigentlich wollte Dan Gallagher zusammen mit seiner Familie die Schwiegereltern besuchen und ein Grundstück auf dem Land besichtigen, dummerweise kommt ihm die Arbeit dazwischen (er ist Anwalt bei einem Verlagshaus). Während seine Frau Beth mit Töchterchen Ellen übers Wochenende allein verreist, trifft Dan im Verlag die geheimnisvolle Alex Forrest wieder, die er vor kurzem bei einer Party kennen gelernt hat – und verbringt das Wochenende mit ihr. Im Bett.

Nach diesen zwei Tagen ist die Affäre auch schon wieder beendet. Das meint zumindest Dan. Alex hingegen, stellt er zu seinem Entsetzen fest, scheint in ihm die grosse Liebe zu sehen und ist alles andere als gewillt, ihn einfach ziehen zu lassen: Sie unternimmt einen Selbstmordversuch, terrorisiert ihn am Telefon, lauert ihm auf und behauptet, dass sie von ihm schwanger ist.
Dan versucht indes, das alles vor seiner Frau geheim zu halten, kauft selbiger aus schlechtem Gewissen das Haus, welche sich diese so sehr wünscht, und macht Alex mit deutlichen Worten klar, dass er sie nie wieder sehen will und nicht bereit ist, Verantwortung für das gemeinsame Kind zu übernehmen. Das macht Alex allerdings nur noch rasender…


Inhalt

„Fatal Attraction“ war 1987 einer der finanziell erfolgreichsten Filme (geschlagen nur von „Three Man and a Baby“) und erhielt sechs Oscar-Nominationen (gewann allerdings keinen davon). Vorlage zu diesem Hit war der knapp einstündige englische Kurzfilm „Diversion“ von 1980; Regie und Drehbuch stammten von James Dearden (verantwortlich auch für die Ira-Levin-Verfilmung „A Kiss Bevor Dying“ oder das Ewan-McGregor-Vehikel „Rogue Trader“), der für „Fatal Attraction“ das Skript verfasste, während Adrian Lyne Regie führte (von dem wiederum stammen Klassiker wie Flashdance, „9½ Weeks“ oder „Jacob’s Ladder“).
Insbesondere Dearden sah sich dann dem Vorwurf ausgesetzt, dass der Streifen ein freches Ripoff von Clint Eastwoods Regie-Debüt „Sadistico“ von 1971 sei (die Parallelen sind aber auch unübersehbar) und sowohl John Carpenter als auch Brian De Palma sollen deswegen die Regie abgelehnt haben.

Nun, Lyne hatte jedenfalls keine Bedenken, den Film zu machen (und uns die nackten Ärsche von Michael Douglas und Glenn Close zu präsentieren, aber dazu später). Der fertige Streifen ist vom Plot her denkbar simpel, aber denkbar effektiv in der stetigen dramaturgischen Steigerung: zu Anfang wird uns Dan als glücklicher, durchschnittlicher Ehemann und Vater präsentiert, der auf der Party kurz diese Alex, eine Art Femme Fatale, trifft. Bei ihrem zweiten Zusammentreffen springt er mit ihr bereits ins Bett und wir befinden uns auf der Ebene eines Ehedramas, das eine Drehung ins Beunruhigende erhält, wenn Alex einen Wutanfall kriegt, als Dan sie verlassen will, und versucht, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Danach wird sie immer aufdringlicher und aufdringlicher, erscheinen ihre Handlungen zunehmend bedrohlicher, vom Säureanschlag über die Tötung von Ellens Haustier bis hin zur Entführung von Dans Tochter. Man erwartet als Zuschauer mit zunehmender Nervosität auf den grossen Schlag und offensichtlich macht’s den Verantwortlichen Spass, diesen möglichst weit hinauszuzögern – woraus der Film immer mehr eine höllische Spannung zieht, bis er in einem atemberaubenden Finale gipfelt (das sicher nicht zufällig stark an Hitchcocks Psycho erinnert; die Dusche, das Messer, etc.). Kritisieren kann man da allenfalls, dass man sich vor allem am Anfang etwas gar etwas gar viel Zeit lässt und es eine ganze Weile braucht, bis die Geschichte so richtig anzieht (dann aber auch mit voller Kraft). Gefeit vor Klischees und gewissen Unsinnigkeiten ist man ebenfalls nicht (fürs Finale merke man sich beispielsweise: sie kommen immer nochmals wieder).

Wenn wir schon von Verzögerung sprechen: auch die Filmmusik des erst letzten März verstorbenen Mehrfach-Oscarpreisträgers Maurice Jarre („The Longest Day“, „Lawrence of Arabia“, „Doctor Zhivago“, „Topaz“, „Die Blechtrommel“, „Jacob’s Ladder“) setzt erst so ungefähr nach einer halben Stunde ein, die düsteren Synthie-Klänge wirken aber umso mehr (auch wenn sie manchmal nicht ganz einem gewissen Billig-Feeling entgehen).

Glenn Close („Maxie“, der Mel-Gibson-„Hamlet“, „101 Dalmatians“) gibt keinen weiblichen Bösewicht im eigentlichen Sinne, sondern eben eine im Grunde bemitleidenswerte Frau mit beträchtlichen psychischen Problemen, die ständig zwischen den Extremen pendelt: mal Femme Fatale, mal am Boden zerstörtes Huscherl, teils richtiggehend vernünftig wirkend, dann aber zunehmend irrational. Ihr Spiel und die Gestaltung ihrer Rolle sollen ja psychologisch besonders glaubwürdig sein (und eine Erotomanin mit Borderline-Persönlichkeitsstörung, oder jedenfalls was Ähnliches darstellen), angeblich hat sie in der Vorbereitung mehrere Psychiater konsultiert. Mein Problem ist jetzt allerdings, dass sie auf mich mehrfach schlicht wie eine hysterische dumme Kuh wirkt; dieser Nervfaktor, der ab und zu aufkommt, tut dem Film nicht gut. Und, ähem, man sieht ihr die vierzig Lenze, die sie damals beim Dreh zählte, auch an – die Sexszenen mit ihr und Douglas fand ich jedenfalls eingeschränkt erotisch (mal abgesehen davon, dass besagte Szenen eh eine gewisse – unfreiwillige? – Komik verbreiten). Kommt hinzu, dass Anne Archer damals zwar genau so alt wie Close war, allerdings erheblich jünger wirkt – ernsthaft, weshalb zum Teufel setzt Dan sein Eheglück mit Beth für Alex aufs Spiel? Hat er sie nicht mehr alle? Oh, und Alex‘ Pudel-Frisur ist auch beschissen. Verdammte Achtziger. (In Stephen Frears ein Jahr später entstandenem „Dangerous Liaisons“ gefällt mir die Close in jeder Hinsicht besser).
Was der Grund für die psychische Störung Alex’ ist, wird bei alledem übrigens nie klar, einzige Andeutung bleibt die auf den Herztod ihres Vaters (den sie womöglich als Siebenjährige mitangesehen hat, sofern ihre Aussage dazu tatsächlich ernst gemeint ist). Das macht ihren Charakter weniger greifbar, gibt ihr aber auch was zusätzlich Bedrohliches.

Übelmeinende Menschen könnten kritisieren, dass hier ausgerechnet eine alleinlebende, kinderlose Karrierefrau als rasende Verrückte (die sich selbstverständlich auch sexuell aggressiv verhält) dargestellt wird – dreht sie schlussendlich gar durch, weil dieser Lebensstil nicht mit der natürlichen Rolle der Frau als devote Partnerin und Mutter vereinbar ist? Als positives Gegenbeispiel wird ihr dann Beth gegenübergestellt, eben gespielt von Archer („Raise the Titanic“, „Falcon Crest“, „Short Cuts“, November). Das ist eine warmherzige Hausfrau und liebevolle Mutter, geistig ausgeglichen und nicht berufstätig. Sie verzeiht ihrem Mann schliesslich nicht nur, dass er fremdgegangen ist, sondern auch, dass er damit eine Psychopathin ins Haus geholt hat, die ihre Tochter und ihr eigenes Leben in Gefahr gebracht hat – womit der Erhalt unserer Bilderbuch-Familie gewährleistet wäre. Spoiler voraus: Welches Frauenbild hier eindeutig bevorzugt wird, wird spätestens im Finale klar, wenn Beth Alex erschiesst, also die „gute Frau“ die „schlechte Frau“ vernichtet (mit der Irritation am Rande, dass damit ausgerechnet eine Schwangere gekillt wird).

Michael Douglas („Coma”, „Basic Instinct”, King of California) spielt Dan, für den ein Seitensprung nicht wirklich eine grosse Sache zu sein scheint, jedenfalls braucht es keine grosse Überzeugungsarbeit, bis Alex ihn im Bett hat. Später beschäftigt ihn dann anscheinend weniger, dass er seine Frau betrogen hat, als dass er als Folge davon eine Menge Ärger kriegt. Und den kriegt er: nicht nur, dass die Frau, mit der er fremd geht, sich als Terrorweib erweist, sie wird auch gleich schwanger und hält ihm endlos vor, dass er seine Verantwortung wahrnehmen soll. Schnelle, verantwortungsfreie Nummern und Seitensprünge propagiert der Film jedenfalls nicht, eher kann man ihn fast schon als modernes Äquivalent zu abschreckenden Aufklärungsfilmen wie „Reefer Madness“ oder Hitchhike to Hell sehen. „Fatal Attraction“ wurde dann auch dafür gefeiert, für Monogamie und Ehe einzustehen; passt ja gut in die konservative Reagan-Ära (wie eben bereits das Frauenbild des Films). Dass der Streifen ein antifeministisches Statement geworden ist, soll übrigens weniger von Deardens Kurzfilm und seiner ursprünglichen Drehbuchfassung herrühren, als dass es auf das Änderungsbestreben der Produzenten, des Regisseurs und des Hauptdarstellers zurückgeht.
Und ja, ich bin mir bewusst, zum einen den Sexismus des Streifens zu kritisieren, mich andererseits aber über Closes Äusseres zu mokieren.

Als Ansichtsexemplar lag mir die US-Special Edition von Paramount vor (Code 1, gell), die mit einem ganzen Bündel an Zusatzmaterial daher kommt – inklusive dem fürchterlichen, antiklimatischen ursprünglichen Ende, in dem Alex sich selbst umbringt und Dan als Mörder verhaftet wird. Das wäre ideologisch zwar tatsächlich weniger bedenklich, ist aber dramaturgisch verheerend.

Fazit: „Fatal Attraction“ ist trotz langsamen Anziehtempos höllisch spannend, da verzeiht man auch die heftigen reaktionären Anflüge (naja, nicht wirklich). Insbesondere Closes Darstellung begeistert mich nicht völlig, ich kann ihr aber nicht absprechen, eine grossartige Leitung abgeliefert zu haben. Eine Guckempfehlung also, sofern man die ideologischen Implikationen nicht zu ernst nimmt.

4/5
© 2009 Gregor Schenker

originally posted: 24.06.2009


mm
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