Ein Sprung in der Schüssel

 
  • Deutscher Titel: Ein Sprung in der Schüssel
  • Original-Titel: Hysterical
  • Alternative Titel: Crazy Zombies |
  • Regie: Chris Bearde
  • Land: USA
  • Jahr: 1983
  • Darsteller:

    Bill Hudson, Brett Hudson, Mark Hudson, Bud Cort, Julie Newmar, Richard Kiel, Cindy Pickett, Robert Donner, Murray Hamilton


Vorwort

Cape Hellview, Oregon, anno 1882 – in einem Kaff mit einem derart erbaulichen Namen können nur schockierende Ereignisse von statten gehen. Und so bringt Venetia, die Geliebte des Leuchtturmwärters Captain Howdy (sic), nicht nur ihren Lover um, sondern versenkt durch Sabotage am Leuchtfeuer auch noch den Segler, mit dem dessen rechtmässige Gattin Kate von einer Tagung der Unterorganisation der Leuchturmwärterfrauen aus Liechtenstein (sic) zurückkehrt, um sich anschließend selbst im Leuchtfeuer zu elektrokutieren. 100 Jahre später zieht der erfolgreiche Sex-Schmonzetten-Autor Fred Lansing im midlife-crisis-befeuerten Willen, einen seriösen Roman zu schreiben, in den seit damals verlassenen Leuchtturm, was Venetia bzw. ihre böse Seele, zum Leben erweckt. Die hat nun nichts besseres zu tun, als Captain Howdy zu reanimieren, damit der als meuchelnder Zombie die Dorfbewohner erschreckt und in ein betont desinteressiertes Untoten-Dasein zu transferieren. Die Stadtväter rufen professionelle Hilfe – den Abenteuerer und Okkultismus-Experten Professor Batton nebst furchtlosem Gehilfen Fritz, die eigentlich gerade in Transsylvanien Dracula pfählen wollten. Der Prof und sein Gehülfenjackl sind erwartungsgemäß unfähig, dem Zombie-Treiben auch nur annähernd Einhalt zu gebieten, dieweil Venetia daran arbeitet, Fred zu ihrem neuen Liebhaber umzupolen, und sei’s nur, um dessen neuer Freundin Kate, die Venetia für die Reinkarnation der Captainsfrau hält, eins auszuwischen. Der einzige, der einigermaßen den Durchblick im ganzen Schlamassel behält, ist, wie nicht anders zu befürchten gewesen, der Dorfbekloppte Ralph, der, obwohl vor 20 Jahren entlassen, aus purer Gewohnheit immer noch in der Klapsmühle lebt, und ahnt, dass nur Kates Liebe zu Fred selbigen vom grausamen Fluch erlösen und damit auch die ganze Ortschaft retten kann…


Inhalt

Es gibt Ideen, die sind ganz einfach Totgeburten. Das hört sich nicht nett an und ist auch nicht nett gemeint, und vor allem, es trifft auf diesen Film zu. Der beruht nämlich auf einem simplen Missverständnis, nämlich dem, dass die hauptdarstellenden „Hudson Brothers“ komisch wären. Dieses Brüderpaar absolvierte Mitte der 70er Jahre zwei wohl eher mässig memorable Spielzeiten als Stars einer Wochenends-Vormittags-Novelty-Show namens „The Hudson Brothers‘ Razzle Dazzle Show“ und ein paar Jahre später recycleten sie ihren kurzzeitigen Ruhm nochmals in einer extrem kurzlebigen Comedy-Sendung namens „Bonkers!“ (nicht mit dem manchmal nicht gänzlich unspassigen Disney-Toon zu verwechseln). Die brachte es gerade mal auf 24 Folgen, was aber scheinbar einigen optimistischen Produzenten Grundstein genug für die reichlich weithergeholte Hypothese war, aus den Hudson Brothers die „Marx Brothers der 80er Jahre“ zu machen. Für ihr erstes (und letztes) Filmvehikel beabsichtigte man, nicht ganz dümmlicherweise, sich an den gerade über die Kinoleinwände der Welt ergießenden Horror-Boom anzuhängen und selbigen zu persifilieren.

So findet der geneigte Zuschauer in „Hysterical“ (so der Originaltitel) haufenweise Anspielungen auf erfolgreichen Horror-Stuff von Romeros „Nacht der lebenden Toten“ selig über „Der weiße Hai“, „Shining“, „Halloween“, „The Fog“, „Der Exorzist“ usw., garniert mit einer guten Prise Indiana-Jones-Verhohnepiepelung. Wie so viele Filmemacher vor und vor allem nach ihnen verfielen aber Regisseur und Co-Autor Bearde sowie die scriptenden Hudson-Gebrüder auf zwei Irrglauben – erstens den, dass das Zitieren und Parodieren von Filmklassikern automatisch lustig wird und zweitens den, dass Parodiefilme funktionieren können, wenn man sie in das Gerüst einer „richtigen“, narrativen Handlung zwängt – das schaffen wirklich nur die Meister des Genres, und die hören nun mal nicht auf den Namen Hudson oder Bearde, sondern auf das Kürzel ZAZ.

Womit wir, in Kombination mit der Tatsache, dass die, ehm, durchgängige „Story“ halt auch die Wurst nicht vom Teller zieht, es mit dem deprimierendsten zu tun haben, was man im Filmbereich so abliefern kann – ein unlustige Komödie. „Hysterical“ hangelt sich mühselig über seine entsetzlich lang wirkenden 83 Minuten (und dabei ist die DF noch gekürzt, worauf ich noch unten eingehen werde), zündet von zehn Gags maximal einen (ich glaube, drei oder vier Grinser sind mir während der Filmbetrachtung entfleucht) und die Gags, die dann mal, rein aus Versehen, treffen, sind dann mit tödlicher Präzision nicht der eigentlichen Film-Geschichte, sondern einer kurz eingefiedelten Filmparodie geschuldet. Ich wiederhole mich: Parodiefilme müssen konsequent durchgezogen werden, ein hohes Tempo haben und mit Gags nur so um sich werfen, damit’s nicht auffällt, dass nicht alle Jokes die großen Burner sind. „Hysterical“ verschwendet leider zu viel Zeit auf die lauwarme Geistergeschichte, versaubeutelt die „großangelegten“ Parodie-Sequenzen wie die ausgiebige „Exorzist“-Verarschung nach allen Regeln der Kunst und räumt den Hudsons einfach zu viel Zeit für ihre nicht witzigen Antics ein.

Die deutsche Synchronfassung hilft auch nicht weiter – der Film ist von 1983 und wir wissen alle, wie in dieser Zeit Komödien synchronisiert wurden, nämlich auf die bewährte „Witz-komm-raus-und-wir-bauen-überall-gar-lustige-Zoten-ein-auch-wenn-im-Originalfilm-da-gar-nix-witziges-ist“-Schule. Das kann gut gehen, bei Spencer/Hill-Filmen z.B., kann aber auch gehörig in die Binsen gehen, z.B. hier. Wer Sprüche wie „Der hat nicht alle Gurken am Hobel“ oder „die hat nicht alle Rillen auf der Erbse“ für witzig hält (und ungefähr 387 Varianten dieses Jokes durchziehen den Film als running gag, bei weitem nicht der einzige x-mal aufgewärmte Witz, den der Film uns vorzusetzen versucht), kann sich möglicherweise amüsieren, aber die feine Klinge des Sprachwitzes ist das halt nicht gerade, da weiß man eine Rainer-Brandt-Synchro mal wieder richtig zu schätzen. Zudem textet der Film den Zuschauer (allerdings auch in der OV) mit nervigen voice-over-Kommentaren nur so zu.

Filmisch kann sich der Streifen bei allem Bemühen nicht ganz um die ein oder andere atmosphärische Einstellung drücken, laboriert aber an seinem schläfrigen Tempo und an der völlig unpassend eingesetzten Musik, die es schafft, eine prinzipiell scary wirkende Szene nicht etwa ins Lächerliche zu ziehen, wie man es bei einer Parodie erwarten könnte, sondern sie einfach so zuzukleistern, dass überhaupt keine Wirkung mehr erzielt wird. Auch ’ne Kunst. Chris Bearde, dessen einzigen Ausflug auf den Regiesessel dieser Film darstellt (er schrieb und produzierte sonst TV-Shows wie die „Gong Show“ oder die „Sonny & Cher Comedy Hour“), ist als Director ein Schnarchzapfen – der kann weder Spannung NOCH Komik inszenieren und so versagt „Hysterical“ als Horror-Parodie halt auf allen Ebenen – was bleibt, ist ein groteskes Trainwreck von Film, dem man ansieht, dass mit etwas Talent sogar ein guter, ansehnlicher und vor allem witziger Streifen hätte ‚draus werden können…

Horror-Effekte sind, angesichts einer FSK-12-Freigabe, selbstredend nicht vorhanden. Ein paar (ziemlich schäbige) Blitz- und Donner-Tricks und Überblendungsspielereien sind alles, was die FX-Künstler auffahren. Das Zombie-Make-up ist sehr schlicht, aber zumindest an Richard Kiel effektiv (wobei Spötter behaupten könnten, der bräuchte gar keins…).

Alles also ziemlich mau, dabei hat der Film durchaus inspirierte Momente, die aber hauptsächlich im nicht dummen Casting für die Nebenrollen begründet liegen. Das Original-„Catwoman“ Julie Newmar (Full Moons „Oblivion“) spielt die böse Venetia durchaus mit Gusto, Robert Donner (jahrelanges „Waltons“-Ensemblemitglied) hat durchaus Fun als bekloppter Ralph, Bud Cort („Dogma“, „Coyote Ugly“, „Brain Dead“ – nicht der von PJ) gibt einen hinguckenswert bescheuerten Gerichtsmediziner ab und vor allem den Kunstgriff, den Bürgermeister, der als erste Reaktion auf eine angeschwemmte Leiche entrüstet ablehnt, den Strand sperren zu lassen, mit Murray Hamilton exakt den Akteur zu berufen, der diese Rolle auch in den beiden ersten „Weißer Hai“-Teilen gespielt hat, muss man mit einem angemessenen „Respekt!“ kommentieren. Zu Richard Kiel, dem legendären Beißer (der im James-Bond-Original ja „Jaws“ heißt, weswegen bei jedem seiner Auftritte auch prompt das „Weißer Hai“-Titelthema leicht abgewandelt angespielt wird… ja, das ist Parodie zum Mitdenken für Teutonen), muss man kaum etwas sagen, als meuchelnder Monster-Zombie hat Kiel eine Paraderolle gefunden…
Leider sind halt die Hauptrollen platt – keiner der drei Hudson Brothers ist auch nur ansatzweise komisch (was die angestrebten Vergleiche mit den Marx Brothers um so peinlicher werden lässt; gegen jeden Hudson ist sogar Zeppo Marx eine Spaßgranate, und der war ja schon ’ne trübe Tasse), zumal ihr spezifischer Humor auch ein sehr schlicht gestrickter ist – Späßchen für Grobmotoriker, die sich von Ingo Appelt und Atze Schröder intellektuell überfordert fühlen. Cindy Pickett („Deep Star Six“, „Sleepwalkers“) fehlt leider auch jegliches komödiantische Charisma (drei Jahre später allerdings spielte sie immerhin in „Ferris macht blau“ Matthew Brodericks Mama) und eine Chemistry mit Bill Hudson verbindet sie auch nicht…

Bildqualität: marketing-film bringt uns die DVD näher und präsentiert den Film erstmals in einer (anamorphen) Widescreen-Fassung (1.78:1). Die Bildqualität kann mit anderen marketing-Releases ähnlich gelagerter Filme nicht mithalten – zwar ist der Print durchaus von löblicher Schärfe und ganz gutem Kontrast, überzeugt auch von den Farben her, weist aber doch einiges an Bilddefekten, Artefakten und Verschmutzungen auf, was ich von marketing nicht gewöhnt bin. Sicher schlägt das jede der seltenen TV-Ausstrahlungen oder alte Videos (kurioserweise kam „Ein Sprung in der Schüssel“ anno dunnemals bei… marketing-film heraus), aber die Company hat mit Releases wie „Cannonball“ oder „Death Game“ bewiesen, was sie aus vergessenen Genrefilmen herausholen kann.

Tonqualität: Der Konsument hat die Wahl zwischem deutschem Ton im 5.1er-Split und 2.0-Surround, wobei letzteres Verfahren natürlich vorzuziehen ist. Der Ton ist insgesamt ein wenig matschig, aber gut verständlich, ohne großen Druck zu entfalten. Zum englischen Ton an dieser Stelle aus purer Absicht kein Wort, dazu äußere ich mich bei den Extras.

Extras: marketing wirbt mit „über 120 Minuten Bonusmaterial“. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Wir klären auf: marketing fasst die 90-minütige englischsprachige Originalfassung als „Bonusmaterial“ auf. Jup, die englische Fassung befindet sich getrennt auf der Scheibe, gemastered von einem fürchterlichen VHS-Band und quasi in unansehbarem Zustand. Warum man sich nicht die Mühe gemacht hat, den englischen Audiotrack auf das neue Master zu klatschen, verstehe ich nicht. Allerdings ist die englische Sprachfassung auch die einzige ungeschnittene Filmfassung auf der Scheibe. Die DF wurde nämlich bereits beim ersten Erscheinen um zwei kurze Dialogszenen (u.a. eine LSD-Referenz) und eine gut sechsminütige große Musical-Einlage (den „Zomboogie“, zweifellos als Showstopper geplant) erleichtert – für diese Szenen gab’s keine deutsche Synchro und da marketing sie nicht als wichtig genug erachtete, um einen vollständigen Release mit untertitelten Szenen zu erstellen, gibt’s im Bonusmaterial die beiden Dialogszenen als „geschnittene Szenen“ (als besonderen Service in drei Fassungen – DF, Originalfassung und neues Master mit Originalton, so dass man vergleichen kann, was fehlt), über die Musical-Einlage (die man ja durchaus als wichtig ansehen kann, auch wenn sie eher schauerlich ist) schweigt sich marketing seltsamerweise gänzlich aus. Wenn ich nicht die Laufzeit der Originalfassung mit der DF verglichen hätte, ich wär nicht draufgekommen, dass da ein ganz schöner Batzen Film fehlt…
Ansonsten bietet marketing noch den Trailer, eine Slideshow, eine weitere Galerie mit französischen Aushangfotos sowie den alten deutschen Videovor- und -abspann (zusammen fuffzehn Minuten, und mit dem Prädikat „wertlos“ zu versehen, wie immer, wenn’s um solche alternativen Titelsequenzen, die sich meist nur durch die Einblendung eines deutschen Titels von der Urfassung unterscheiden, geht; einziger „Witz“ am „Vorspann“ ist, dass man den moderierten Sicherheitshinweis bezüglich marketing-Originalcassetten [nur echt mit blauer Klappe] mit auf die DVD gezogen hat).

Fazit: Ich hatte „Ein Sprung in der Schüssel“ schon nicht sonderlich gut in Erinnerung, aber man ist ja durchaus gewillt, sich nach Jahren eines besseren belehren zu lassen. Nur ist dieser Film auch 2005 schlicht und ergreifend eine unlustige Komödie, in der 95 % der Gags nicht funktionieren und der letztlich das Horror-Genre nicht parodiert, wie’s beabsichtigt war, sondern sich einfach als ultralangweilige Pseudo-Horrorkomödie entpuppt, in der nur ein paar parodistisch Elemente dem Zuschauer ab und zu ein Lächeln übers Gesicht huschen lassen. Kann man also getrost im Regal verschimmeln lassen, es sei denn, man ist Richard-Kiel-Fan. Die marketing-DVD kann in Punkto Bild und Ton mit anderen Produkten des Hauses nicht mithalten und den Fauxpas mit der „verschwiegenen“ Musical-Szene der Originalfassung nehme ich rein grundsätzlich übel. Also insgesamt ein „Finger weg, dat taucht nich“.

2/5
(c) 2005 Dr. Acula


mm
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