Ein Mann wie Bruce Lee – Feuerschlag aus gelber Hölle

 
  • Deutscher Titel: Ein Mann wie Bruce Lee - Feuerschlag aus gelber Hölle
  • Original-Titel: Fei che long hu dou
  • Alternative Titel: Feuerschlag aus gelber Hölle | Ein Mann wie Bruce Lee | Return of the Valuables |
  • Regie: Yap Gun-Han
  • Land: Taiwan
  • Jahr: 1975
  • Darsteller:

    Chen Tao, Lin Feng-Jiao, Li Hsiang, Gary List


Vorwort

Im 17. Jahrhundert mopsten böse Grabräuber eine wunderschöne und wertvolle Diamantkrone, die einer verstorbenen Prinzessin von ihrem liebenden Ehemann mit in die letzte Ruhestätte gelegt wurde. Im Taiwan der Gegenwart taucht die Krone wieder auf, und hinter her sind zwei rivalisierende Gangsterbanden. Zuerst lacht die Truppe um Mr. Sung und ihren westlichen Oberboss, doch eine rivalisierende Gang jagt ihnen das Kleinod schon nach Minuten wieder ab. Sung ist sauer und fordert die Einschaltung eines „Experten“, bzw. des Meisterkämpfers Le Kang. Der hat als gesetzestreuer Bürger jedoch keinerlei Böcke, irgendwelchen kriminellen Tunichtguten bei der Wiederbeschaffung rechtmäßig geklauter Kunstgegenstände zu assistieren. Also lässt Sung Le Kangs bodenständigen Mechaniker-Bruder Le Ming kidnappen. So motiviert organisiert Le Kang unter Verteilung zahlreicher Hand- und Fußkantenschläge die gewünschte Kassette mit der Krone. Die beklauten Klaufüchse revanchieren sich, indem sie direkt aus Sungs Hauptquartier Le Ming entführen. Sung hat also kein Tauschmaterial mehr, was aber sowieso umsonst wäre, da in der Kassette nur ein paar Steine rumeiern. Während Le Kang sich damit zufrieden gibt, dass die neuen Brüdernapper angeblich Ming in ein paar Tagen freilassen wollen, bläst Sung zur Generalattacke auf das HQ seiner Rivalen. Im Zuge der dort stattfindenen Handgreiflichkeiten, in deren Verlauf Sungs Leuten schwer aufs Haupt geschlagen wird, fängt sich Ming blöderweise einen Messertreffer mittschiffs ein und kann sich nur noch zum tragischen Verröcheln gen Kangs hübscher Bude schleppen. Darüber hinaus entführt die Sung-Meute nunmehr auch noch seine Hübsche Freunde Shu Yuen. Kang sieht sich also genötigt, einen weiteren Anlauf, die Krone zu apportieren zu unternehmen und anschließend mit beiden Gangsterbanden abzurechnen.


Inhalt

„Projekt 300“ bietet mir günstige Gelegenheit, mich auch mal durchs Backprogramm meiner Börsenkäufe der letzten Jahre (ächz) zu arbeiten. Vor langer langer Zeit erwarb ich bei solchem Anlass u.a. zwei X-NK-Hartboxen mit Billigeastern-Doube-Features zum stolzen Preis von jeweils Zweiörefuffzich, umgerechnet also 1,25 pro Film. Andi Bethmann muss das Herz bluten. Der taiwanesische Kung-fu-Klopper „Fei Che Long Hu Dou“, in früherem Video-Leben unter der Ägide des kultigen Kessler Brothers-Label als „Feuerschlag aus gelber Hölle“ bekannt, firmiert in der Bethmann-Ära unter dem Titel „Ein Mann wie Bruce Lee“ und tut damit so, als wäre ein Brucesploiter, obgleich den damaligen Machern sicher nicht (viel) ferner lag – weder hängt sich der Streifen an eines der inhaltlichen Motive der Lee-Streifen noch hat man einen Hauptdarsteller, der Lee sonderlich ähnlich sähe oder dessen Mannerismen imitiert (im Gegensatz zur Angabe der IMDb, der in Eastern-Fragen ja nicht immer zu trauen ist, stammt der Streifen eben noch nicht mal aus Hongkong, sondern aus Taiwan, sagen zumindest die Experten der OFDB, und ich glaube, die wissen eher, wovon sie reden). „Ein Mann wie Bruce Lee“ ist schlicht nichts anderes als ein (damals) moderner taiwanesischer Actionfilm, der versucht, traditionelle Kung-fu-Akrobatik mit westlich beeinflusstem Stuntwork in Auto-/Motorradverfolgungsjadgen etc. zu verbinden.

Die Story ist nicht mehr als die x-te Variation des guten alten Themas „zwei Parteien streiten um ein McGuffin und ein ‚Unschuldiger‘ gerät zwischen die Fronten“, wobei man sich schon fragen mag, ob ein antikes Diadem ein so guter Aufhänger für eine Gangster-Plotte ist (der Krempel dürfte ziemlich unverkäuflich sein und die diversen Bosse sehen nicht so nach Kunst- und Kulturfans aus, dass sie sich das Ding zum Ankucken in eine Vitrine stellen wollen). Aber egal – whatever keeps the plot rollin‘. Recht lustig ist die Charakterisierung von Le Kang als „Experten“ unkonkretisierten Zuschnitts (da kann natürlich auch einiges auf’s Konto der Synchro, die sich gelegentlich für einen kalauernden Spruch nicht zu schade ist, gehen), obwohl der Knabe offensichtlich bestenfalls ein guter Kung-fu-Kämpe ist, aber mit Gangsterkreisen nicht so wirklich was am Hut hat (ich meine, wenn ich jetzt irgendwelchen rivalisierenden Gangster-Filmsammlern ein vergoldetes Tape von „London after Midnight“ abjagen wollte, würde ich auch nicht Vladimir Klitschko auf der Grundlage, dass er ein guter Boxer ist, anrufen). Auch sonst gibt das Script manchmal Rätsel auf – wieso entführen Sungs Rivalen Kangs Bruder aus der „Geiselhaft“, wenn Kang doch eh nur einen Haufen Steine erbeutet hat und sie ihn nicht mal als Druckmittel für was-auch-immer gegen Kang einsetzen wollen? Wäre es nicht sinnvoller gewesen (aus ihrer Sicht) gleich Shu Yin zu girlnappen, und damit Kang vor das Dilemma „Pussy oder bucklige Verwandschaft“ zu stellen? Wäre es vielleicht zu viel verlangt gewesen, uns andeutungsweise zu verraten, woher Shu Yin und Sungs Schnepfe Tai Ling sich kennen? Und woher Kang im Finale den Polypen Inspektor Chow namentlich kennt? Gut, man kann spekulieren, und das sicherlich mit gutem Grund, dass die 83-minütige Fassung, die uns Bethmann, und ich streite das mal nicht grundsätzlich ab, als drei Minuten länger als die Videofassung verkauft, alles andere als eine vollständige Version ist und diverses von früheren Verleihern als unwesentlich betrachtetes Handlungs-Füllsel unrettbar verloren ist (laut Bethmann handelt es sich um eine Abtastung der letzten vorliegenden 35-mm-Rollen), andererseits wissen wir als langjährige Asia-Filmbetrachter, dass gerade die Billigfilmer aus Fernost (und oft auch die renommierten Regisseure) eine genetische Abneigung gegen sinnvolle Drehbücher zu haben scheinen.

Aber dass die Story nach Ansicht des durchschnittlichen Martial-Arts-Regisseurs eh nur lästiges Mittel zum Zweck ist, um die diversen Kampfszenen einigermaßen plausibel miteinander zu verbinden, ist jetzt nicht die neueste Erkenntnis. Wenden wir uns also den Action-Szenen an sich zu. Die Kung-fu-Kloppereien liegen ungefähr auf dem Level eines gut durchschnittlichen 70er-Jahre-Kloppers, d.h. irgendwelche revolutionären Kampftechniken oder super-spektakuläre Moves sind nicht zu erwarten. Alle Beteiligten wissen ungefähr, was sie zu tun haben, die Choreographie der Fights ist akzeptabel, ohne sonderlich zu flashen, allerdings nervt – wie so oft – der Hang des Directors zum lächerlichen Hochspeeden der Kämpfe. Sonderlich hart sind sie, entgegen der Coverbehauptung, es handele sich um „äußerst brutale Eastern“, nicht; Knochen gebrochen werden nicht, sämtliche „Todesfälle“ des Films sind nicht dem Kung-fu, sondern Messerstechereien geschuldet. Dramaturgisch ist trotz der eigentlich recht komplexen Plotte um Diebstahl, Entführung, Gegenentführung, Mord & Totschlag etc. nach noch nicht mal einer Stunde alles abgearbeitet, es folgt nur der auf geradezu epische Länge (wenn auch nicht gerade epische Denkwürdigkeit) gestreckte Showdown, der in Reihenfolge einen Massen-Kung-fu-Kampf auf Sungs Terrain, eine Auto- und Motorradverfolgung und eine one-vs-one-Klopperei an Bord eines Boots aufbietet, das nimmt schon mal locker 20 Minuten in Anspruch. Wie schon erwähnt bemüht sich der Film um eine zeitgemäße Aufmöbelung der klassischen Kung-fu-Formel durch westlich angehauchte non-Martial-Arts-Action, aber da können wir konstatieren: anno 1975 (manche Quellen, die IMDb z.B., beharren auf dem Jahr 1980, aber der Streifen ist SO definitiv 70er, dass ich der OFDB-Angabe da mehr Glauben schenke) mussten die Taiwanesen da noch jede Menge lernen. Was sie an Auto- und Motorradstunts bringen, duftet zwar nach Ambition, mieft aber nach geballter Inkompetenz, speziell in den Verfolgungsjagden, die sichtlich im Schritttempo absolviert wurden (und deswegen auch gelegentlich, damit’s wenigstens nach ‚was aussieht, hochgespeedet werden, mit den üblichen beklagenswerten Resultaten). Auch entwickeln sich die GROSSEN Stunts (ein Motorradsprung über einen Zug, der sich aber schon deswegen ein wenig nullt, weil der Springer deutlich vor dem Zug über die Gleise hüpft, und ein Auto-Sprung über einen Lkw) nicht schlüssig aus der Story, sondern wirken gewollt-aufgepfropft (speziell bei dm zweiten Beispiel müssen die Stuntfahrer und später im Schneideraum der Cutter allerhand Klimmzüge leisten, um das einigermaßen hinzukonstruieren). In guter alter Asia-Tradition dürfen wir uns die besonders aufregenden Stunts auch aus verschiedenen Perspektiven ansehen (den Motorradsprung dreifach, den Autosprung doppelt). Fremdschämwürdig ist auch die Penetranz, mit der die Auto- und Motorradstunts (aus naheliegenden Gründen – mangelnde Drehgenehmigung und/oder selbst eingestanden nicht ausreichende Fähigkeiten, potentiell gefährliche Stunts in belebten Gegenden zu probieren) sprichwörtlich in der Pampa (Feldern, Baugruben etc.) absolviert werden, ohne dass es hierfür eine dramaturgische Deckung gäbe (das sieht dann halt so aus, dass die Beteiligten aus keinerlei nachvollziehbarem Grund von den Hauptstraßen abbiegen und ins Gewölle kurven). Besonders debil ist die Sequenz, in der Le Kang für seinen waidwunden Bruder einen Doktor organisieren will, sich auf sein Moped schwenkt (wenn ich den völlig unkommentierten und in keiner Form in den Narrative eingepaßten Prolog, in der in einem menschenleeren Stadion ein paar Motorradfahrer halbseidene Stunts wie „auf dem Sattel stehen“ und „durch Feuerring springen“ abhalten, versucht der Film, Le Kang wohl zum professionellen Motorradfahrer zu stilisieren) und, anstatt wie’s sinnvoll wäre, auf schnellstem Wege und asphaltierter Strecke zum Arzt zu fahren, durch Flußbetten, über holprige Abhänge, Steinwüsten und grüne Wiesen brettert, als würde Endurofahren morgen verboten.

Handwerklich ist das stolze Werk bedenklich – die Kameraführung ist einigermaßen passabel (wenngleich „Schlag-POV“, also die formatfüllende Ansicht von gerade verkloppten Fressen, etwas übertrieben wird und der Kameramann manchmal fragwürdige Positionen einnimmt, z.B. hinter der Schulter eines Autofahrers, die dann logischerweise die halbe Leinwand einnimmt), wenn gleich nicht dynamisch, der Schnitt nicht nur aufgrund vermuteter Handlungskürzungen ein reines Schlachtefest, das des Öfteren WTF-Momente produziert (wenn Szenen ohne jeden vorhergehenden oder nachfolgenden Abschluss kommen, Kang plötzlich irgendwo auftaucht, obwohl er gerade noch mitten in einem Kampf war, eine Szene praktisch mitten in der Aktion abgeschnitten wird). Das kann auch am zur Verfügung stehenden Master liegen, aber auch in Sequenzen, die so gewollt wirken, ist der Schnitt bestenfalls rumplig. In den Autostunt-Einlagen macht sich nicht nur das Hochspeeden negativ bemerkbar, manchmal sind diese Aufnahmen zusätzlich sehr ruckelig, als hätte man hin und wieder den ein oder anderen Frame verloren. Der Score scheint sich an europäischen Agentenfilmen zu orientieren, ganz großartig ist allerdings eine „on screen“ gespielte Coverversion von Santanas „Jingo“ (die Gitarre kriegen die Jungs ja patent hin, aber der Bass, der BASS…).

Die schauspielerischen Leistungen sind für Genre-Verhältnisse akzeptabel – auf genauere Namenszuordnungen jenseits des einzigen Kaukasiers im Cast, Gary List, der einen geradezu oscarwürdigen Zwirbelschnauzer spazieren trägt, verzichte ich mangels zugänglicher Cast-Angaben. Le Kang ist halbwegs charismatisch, aber natürlich eine trübe Funzel gegen Bruce Lee und sogar dessen bessere Imitatoren, die beiden Bosse beschränken sich auf nur gelegentliches overacten (aber jeder lässt einen maniacal laugh vom Stapel), die Mädels sehen alle recht schnucklig aus (und, was für einen Eastern aus 1975 recht gewagt erscheint, in Form einer Stripperin gibt’s sogar nackte Brüste!). Anzumerken ist vielleicht noch, dass der Kostümdesigner einen field day gehabt haben muss – mehr geschmacklosere Klamotten als hier (sowohl traditioneller als auch „moderner“ Art) findet man bestenfalls in einer zeitgenössischen „disco“-Folge mit Ilja Richter.

Bildqualität: Schon okay, dass ich für die Scheibe nicht viel Geld bezahlt habe, denn die Bildqualität von „Ein Mann wie Bruce Lee“ ist mit „erbärmlich“ wohlwollend umschrieben (was den Genossen Bethmann sonst auch an nichts hindert, siehe Die Todeskarawane der Shaolin). Der Print (angegeben ist ein Format von 2.35:1, allerdings handelt es sich um ein eher obskures asiatisches Format, dass bei etwa 2:1 eintickt) ist schlichtweg katastrophal – elendiglich verdreckt, voller Beschädigungen, grauenhaft komprimiert und mit so mieser Bildauflösung, dass selbst das harmlose Vollbild-Aufzoomen am 16:9-Fernseher jegliche Detail- und Kantenschärfe in schwammiger Verwaschenheit verschwinden lässt. Ugh. Das könnte man bestenfalls (und auch dann nicht) bei einer 37-Filme-auf-1/2-DVD-Best-Collection tolerieren (übrigens gibt’s den Film auch so, in einer „Bruce-Lee-Box“).

Tonqualität: Deutscher Ton in Dolby 2.0 ist alles, was wir bekommen. Zwar noch relativ rauschfrei, aber sehr knarzig und blechern. Die Synchro baut dann und wann einen Witz ein (selbst wenn der betreffende Charakter im Original grad nichts sagt), ohne zu einer reinen Comedy-Synchro zu werden.

Extras: Nix, aber dafür ist halt noch der zweite Film „Kung Fu – Die Schläger von Hongkong“ mit auf der Scheibe.

Fazit: „Ein Mann wie Bruce Lee“ ist ein irgendwie typischer Vertreter der Richtungslosigkeit, in der sich das asiatische Martial-Arts-Kino Mitte der 70er wiederfand. Man war sich zwar irgendwo klar, dass man mit den traditionellen Kloppern das Ende der Fahnenstange erreicht hatte und sich auch rein technisch dem internationalen Markt, der weniger an historischen Epen denn an handfester Action interessiert war, öffnen musste, aber das Resultat waren dann halt solche „nicht Fisch nicht Fleisch“-Heuler wie dieser, der recht unbeholfen versucht, Elemente des westlichen Actionfilms wie Autostunts mit Martial Arts zu kombinieren. Es sollte noch einige Jahre dauern, bis Jackie Chan die Formel für den wirklichen weltweiten Durchbruch der Asia-Action sorgen und wiederum etwas später Regisseure wie Woo, Hark oder Lam „Action“ vollkommen neu und mit Vorbildfunktion für andere internationale Filmindustrien definieren sollten. „Ein Mann wie Bruce Lee“ ist qualitativ ein knapp durchschnittliches Werk – der Film lässt sich flott wegkucken, da viel Action geboten wird, aber von der handwerklichen Seite her nicht wirklich überzeugend, dafür sind die als spektakulär gedachten Stunts zu hausbacken, die Verfolgungsjagden lahm und das elende Hochspeeden verursacht bei mir Räude und Krätze, aber der anspruchslose Eastern-Fan kann damit schon seine begrenzte Freude haben. Brucesploitation-Fans können den Kram getrost von der Liste streichen, das war des Films Anliegen nie. Ob’s aber wirklich sinnvoll ist, derart verhunzte Fassungen auf das zahlende Publikum loszulassen, nur weil’s „selten“ ist, bleibt fraglich. Rein von der Bildqualität her wär’s wahrscheinlich fast sinniger gewesen, ein gut erhaltenes VHS-Band als Master zu nehmen (aber da stimmte das Bildformat nicht) und nur die fehlenden Szenen aus den grusligen 35-mm-Rollen einzubauen. Summa summarum – for fans only und auch die sollten höchstens Zigarettengeld ausgeben. Ein Gedanke allerdings drängte sich mir auf – der Streifen wäre die perfekte Grundlage für einen IFD-Ninjafilm gewesen… Imagine!

2/5
(c) 2009 Dr. Acula


mm
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