- Deutscher Titel: Ed McBains 87. Polizeirevier Collection
- Original-Titel: Ed McBain's 87th Precinct
- Regie: Bruce Paltrow, Bradford May, Douglas Barr
- Land: USA
- Jahr: 1995/1996/1997
- Darsteller:
„Wettlauf mit einem Mörder“ („Lightning“):
Randy Quaid (Det. Steve Carella), Alex McArthur (Det. Bert Kling), Ving Rhames (Det. Artie Brown), Eddie Jones (Lt. Byrnes), Alan Blumenfeld (Det. Ollie Weeks), Ron Perkins (Det. Meyer Meyer), Steven Flynn (Henry „Lightning“ Lytell), Alison Moir (Augusta), Deanne Bray (Teddy Franklin)
„Tod einer Tänzerin“ („Ice“):
Dale Midkiff (Det. Steve Carella), Joe Pantoliano (Det. Meyer Meyer), Paul Johansson (Det. Bert Kling), Andrea Parker (Det. EIleen Burke), Dean McDermott (Tim Moore), Andrea Ferrell (Teddy Carella), Diane Douglass (Emma Forbes), Nigel Bennett (Brother Anthony), Michael Gross (Lt. Byrnes), Lenore Zann (Angie), Philip Akin (Det. Artie Brown)
„Der Lockvogel“ („Heatwave“):
Dale Midkiff (Det. Steve Carella), Erika Eleniak (Det. Eileen Burke), Paul Johansson (Det. Bert Kling), Paul Ben-Victor (Det. Meyer Meyer), Ron Kuhlman (Alan Slocum), Marc Gomes (Det. Artie Brown), Andrea Ferrell (Teddy Carella), Michael Gross (Lt. Byrnes), Stevie Vallance (Margaret Grayson)
Vorwort
WETTLAUF MIT EINEM MÖRDER:
Während eines mächtigen Gewitters wird die Leiche einer jungen Joggerin in einem Park gefunden – eine Schlinge um den Hals, mit gebrochenem Genick – das aber nicht durch Erhängen verursacht wurde – und in einer irgendwie rituell wirkenden Weise, auf die sich niemand einen Reim machen kann, drapiert und dabei noch mit einem neckischen Blitz-Symbol auf ihrer College-Jacke, wo normalerweise das Abzeichen des Lehrinstituts prangen sollte, versehen. Detective Steve Carella (Randy Quaid, INDEPENDENCE DAY, NATIONAL LAMPOON’S CHRISTMAS VACATION) und sein Partner Bert Kling (Alex MacArthur, DENN ZUM KÜSSEN SIND SIE DA, FLETCHERS VISIONEN) fehlt so ziemlich jeder greifbare Anhaltspunkt. Was so als einzige Zeugin durchgeht, ist eine gewisse Teddy Franklin (Deanne Bray, HEROES, SUE THOMAS: F.B.I.), die Leiche gefunden hat – und sie ist taubstumm. Der Killer jedenfalls ist ein Scherzkeks und schickt der Polizei aus Fairnessgründen die Brieftasche des Opfers zwecks Identifikation. Hilft jetzt erst mal nicht weiter, und dass Carella ob der sehr gewollt aussehenden Anordnung der Leiche auf einen Serientäter tippt, stimmt seinen Chef, Lt. Byrnes (Eddie Jones, IM JAHR DES DRACHEN, SEABISCUIT) nicht fröhlicher. Kling ist zudem irgendwie nicht ganz bei der Sache – er ist hochgradig unrealistischerweise mit dem Topmodel Augusta (Alison Moir, LITTLE PRINCESS – DIE KLEINE PRINZESSIN, ERSCHÜTTERNDE WAHRHEIT) verheiratet und macht sich Sorgen, dass die etwas intimer mit den Reichen und Schönen verkehrt als nur auf Cocktailpartys Drinks mit Schirmchen zu nippen. Damit hat er, wie sich ergeben wird, vollständig ins Schwarze getroffen. Carella ist dagegen seit einer Weile solo – sehr zum Verdruss der Ehefrau von Kollege Meyer Meyer (Ron Parkins, PRESTIGE – DIE MEISTER DER MAGIE, SPIDER-MAN), der ständig für Verkupplungsversuche herhalten muss. Carella beginnt sich allerdings romantisch für Teddy zu interessieren…
Mit der Serientäterhypothese hat Carella einen Treffer gelandet – eine zweite Joggerin wird ermordet und wieder rituell hergerichtet. Doch obwohl Carella keinen direkten Zusammenhang zwischen den Opfern sieht, der auf ein Muster hindeuten könnte, hat er dieses Mal zumindest eine Spur – das zweite Opfer war Leistungssportlerin und hatte für ihren letzten Abend ein Interview mit einem Sportreporter namens Cole McIntyre vereinbart. Den gibt’s tatsächlich auf der Gehaltsliste des „Sports USA“-Magazins, doch sein Chef versichert glaubhaft, dass der sich derzeit an der entgegengesetzten Küste zwecks Interviews herumtreibt, und das ist verifizierbar. Jemand hat sich also seiner Identität bedient, um das Opfer in die Falle zu locken. Und die Verbindung ergibt sich jetzt auch – das erste Opfer war ebenfalls ein hoffnungsvolles Leichtathletiktalent auf der Mittelstrecke. Und so viele junge Mittelstreckenläuferinnen, die sich berechtigte Hoffnungen machen, für das US-Olympiateam nominiert zu werden, gibt’s hier in der Gegend nun auch wieder nicht – das schränkt die Zahl der potentiellen Opfer ein.
Über die Taxigesellschaft, die das zweite Opfer zu ihrem verhängnisvollen Date gefahren hat, findet Carella sogar aus, in welchem Restaurant das Treffen stattgefunden hat. Und als Carella dort anruft, gibt der Maitre D‘ zu Protokoll, dass Mr. McIntyre im Augenblick mit einer jungen Dame dort speise. Carella und Kling satteln ihr Dienstfahrzeug, aber wie’s nicht anders sein kann, landen die Cops in einem amtlichen Stau – und Maitre Paolo gehen langsam die Ideen aus, wie er McIntyre und sein Dinner-Date im Restaurant behalten kann…
TOD EINER TÄNZERIN:
Sally Anderson (Laura Catalano, SANTA CLAUSE, STUDIO 54), Tänzerin in einem erfolgreichen Bühnen-Musical, wird in einer Gasse hinter dem Theater während der laufenden Vorstellung erschossen. Kann in den besten Familien vorkommen, nur eins ist irgendwie mysteriös – sie wurde zweifellos mit der gleichen Kanone getötet wie der drittklassige Kleinzuhälter und Möchtegerndealer Paco. Nach einem Verhör von Pacos bevorzugtem Pferdchen Judit (Lisa LaCroix, PSYCHIC, PSI FACTOR) sind Detective Carella (nunmehr Dale Midkiff, TIME TRAX, FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE) und Partner Meyer Meyer (Joe Pantoliano, MEMENTO BAD BOYS) nicht wesentlich schlauer, vermuten aber immerhin, dass Sally möglicherweise für die in der Hinsicht nicht als Kinder der Traurigkeit zu bezeichnenden Theaterleute die Koks-Mittelsfrau gespielt hat. Ihr Freund, Medizinstudent Tim Moore (Dean McDermott, EIN MOUNTIE IN CHICAGO, OPEN RANGE), streitet das natürlich vehement ab, und bei Ermittlungen im Theatermillieu wird Carella auf eine andere Spur gebracht – Sally war in den Handel mit „Ice“ verstrickt, dem lukrativen Schwarzmarkt für Frontrow-Premierentickets der neusten Shows, und damit kann man ganz dick Zaster machen. Wollte da vielleicht jemand einsteigen oder hat war vielleicht eine kleine Erpressung am Laufen?
Das sind nicht die einzigen Probleme, mit denen sich das 87. Revier herumzuschlagen hat – Bert Kling (jetzt Paul Johansson, ONE TREE HILL, DER BLUTIGE PFAD GOTTES 2) hat sich in Undercover-Copeuse Eileen Burke (Andrea Parker, PRETENDER, PRETTY LITTLE LIARS) verschossen, und die ist als Lockvogel im Einsatz, um einen vergewaltigenden Serienmörder auf frischer Tat zu überführen. Meyer Meyer hingegen muss unerwartet Geburtshelfer spielen, als die verdiente Alt-Nutte Angie (Lenore Zann, AB IN DIE EWIGKEIT, DAS HORROR-HOSPITAL) mitten im Revier ihr Kind zur Welt bringt. Und für viel Ärger sorgt auch ein ungewöhnliches Duo – der veritable Kampfmönch Bruder Anthony (Nigel Bennett, APOKALYPSE EIS, CYPHER) und die fette Ex-Nutte Emma Forbes (Diane Douglass, COCKTAIL, EIN MOUNTIE IN CHICAGO) sind auf einer heiligen Mission, die Sünde samt dazugehörigem Sünder auf handgreifliche und notfalls terminale Art mit Stumpf und Stil auszurotten . Und als Anthony und Emma von möglichen lukrativen Drogengeschäften im Theaterumfeld Wind bekommen, ist das natürlich genau die Sorte Sünde, mit der dringend aufzuräumen wäre.
DER LOCKVOGEL:
Die Stadt stöhnt unter einer Hitzewelle nie dagewesenen Ausmaßes. Da liegen die Nerven allgemein schon blank. Erst recht, als ein Serienvergewaltiger, der vor 18 Monaten die Stadt unsicher machte, sein Handwerk wieder aufnimmt. Und nicht nur einfach so, nein, er erfüllt ein Versprechen, das er seinen damaligen Opfern gegeben hat – er wird sie wieder besuchen… Das tut er nun, und das ist einigermaßen unangenehm für Detective Carella (wieder Dale Midkiff) und seinen Partner Meyer Meyer (jetzt Paul Ben-Victor, DAREDEVIL, TOMBSTONE), die seinerzeit die Ermittlungen geleitet haben – die sind aber, als der Vergewaltiger sich temporär zurückzog, im Sande verlaufen und die Medien, insbesondere in Form des Lokalsenders WKHJ, sind natürlich nur zu erpicht darauf, das damalige Versagen den Cops dekorativ aufs Brot zu schmieren. Immerhin – die Cops scheinen einen Vorteil zu haben, man kennt ja die früheren Opfer, kann sie, soweit nicht unbekannt verzogen, kontaktieren und unter Polizeischutz stellen. Im Fall von Karen Jensen (Lynne Cormack, CYBERTECH P.D., DIE UNZERTRENNLICHEN) geht das allerdings komplett nach hinten los – denn der Vergewaltiger verschafft sich bei ihr unter Carellas Namen Einlass. Karen ist zwar bewaffnet, aber im Handgemenge wird sie selbst getroffen und verstirbt wenig später im Krankenhaus. Für Carella ist die Sache nunmehr eine sehr persönliche Angelegenheit… Bei einem Gespräch mit Judith Huntley (Julie Stewart, COLD SQUAD, NORTH OF 60), einem weiteren früheren Opfer des Vergewaltigers, fällt ihm auf, dass sie der bewährten Undercover-Polizöse Eileen Burke (jetzt mutiert in Erika Eleniak, BAYWATCH, ALARMSTUFE ROT) nicht unähnlich sieht. Burke, die die Nase voll davon hat, Vergewaltigungsopfer auf dem Weg ins Krankenhaus zu demütigenden Untersuchungen zu begleiten, ist schnell einverstanden, als Lockvogel zu fungieren und vorübergehend in Judiths Wohnung zu ziehen. Alles andere als begeistert von dieser Idee ist Bert Kling (immer noch Paul Johansson), mittlerweile Eileens fester Freund mit ausgeprägtem Beschützerinstinkt. Dieweil hat Meyer Meyer noch eine andere Knacknuss zu lösen – eine Mrs. Piper wurde ermordet und bei den Ermittlungen hat er herausgefunden, dass ihr liebender Ehemann Jerry (Ian D. Clark, LILIES – THEATER DER LEIDENSCHAFT, ANNE WITH AN E) noch eine zweite Angetraute, Marian (DEAD WRONG, EUREKA) am Start hat. Ist hier eine kleine lauschige Bigamie unter Freunden außer Kontrolle geraten?
Indes klappt der Lockvogelplan ein bisschen *zu* gut – der Vergewaltiger (Ron Kuhlman, SPLASH: JUNGFRAU AM HAKEN, BAYWATCH), dank Karen Jensen jetzt bewaffnet, schießt erst mal Meyer krankenhausreif und vergewaltigt dann Eileen, bevor er erfolgreich stiften geht. Eileen bittet Carella, diesen Umstand zu verschweigen und im Bericht nur von einem Kampf zwischen ihr und dem Täter zu reden, da sie sonst ihrer Polizeikarriere mutmaßlich Adé sagen kann, vom Medienrummel ganz zu schweigen. Doch auch ihr hat der Bösewicht das Versprechen gegeben, sie nicht zum letzten Mal beehrt zu haben – und wenig später ruft er tatsächlich in ihrer eigenen Privatwohnung an! Da Sekunden später auch ein Team von WKHJ vor der Haustür steht, mag Carella nicht so recht an einen Zufall glauben. Ist der Täter vielleicht ein Mitarbeiter des Fernsehsenders?
Inhalt
Ed McBains Kriminalromane um das 87. Polizeirevier sind eine zutiefst amerikanische Angelegenheit. Während in hiesigen Gefilden sicher nur ganz harte Hardboiled-Krimifans etwas mit McBain anfangen können, gehen die USA seit Mitte der 50er Jahre auf diese Geschichten steil. Von 1956 bis zu seinem Tod 2005 verfasste McBain (eigentlich Evan Hunter – was doch ein x-mal coolerer Name für einen Krimiautoren wäre) über 50 Romane um die Detectives des 87. Revier, wobei die nur einen Teil seines literarischen Ouevres ausmachten (er fing sogar mal mit SF für junge Leser an, ähnlich wie Robert Heinleins erste große Erfolge).
Komischerweise – obwohl geradezu prädestiniert für eine langlebigte TV-Serie – interessierten sich Film und Fernsehen nicht in dem Maße für McBain, wie man meinen sollte. Ja, es gab immer mal wieder einzelne Verfilmungen – Akira Kurosawa schraubte aus dem 87.-Revier-Roman „King’s Ransom“ ZWISCHEN HIMMEL UND HÖLLE und Claude Chabrol adaptierte den Roman „Blood Relatives“ zu BLUTSVERWANDTE, aber man kann nicht behaupten, dass McBain/Hunter die cineastische Wertschätzung erlebte, die auf der Hand lag. Im Fernsehen sah’s nicht viel besser aus – 1972 machte die zu einer Komödie mit Burt Reynolds umgearbeitete TV-Fassung von FUZZ Schlagzeilen, weil ein Subplot um Brandattacken auf Obdachlose Nachahmungstaten auslöste und zur Verschärfung von „Standards & Practices“, der Bibel hinsichtlich im Fernsehen erlaubter Gewaltdarstellungen führte (Stephen King führt zu dem Thema in „Danse Macabre“ näheres aus). 1995 versuchte dann das Network NBC sich daran, aus der langlebigen Romanreihe zumindest eine lockere Reihe spielfilmlanger TV-Filme zu machen. Der Sender nahm sich dabei drei relativ „neue“ Geschichten zur Brust – die zugrundeliegenden Romane zu „Lightning“, „Ice“ und „Heatwave“ erschienen 1984, 1983 und 1981. Dass absolute Werktreue nicht allerhöchste Priorität genoss, beweist schon allein der Umstand, dass die Filme in umgekehrter Reihenfolge der Romanveröffentlichungen erschienen, trotzdem aber, was die Charakterentwicklungen der Hauptfiguren angeht, einen geissen übergreifenden Story-Arc ausmachen sollten – und dafür in „Lightning“ auch Elemente eingebaut werden mussten, die in den Romanen zu dem Zeitpunkt längst etablierter Kanon waren.
Bei den Freunden der Serie löste auch das Casting von Randy Quaid als Carella nicht unbedingt Begeisterungsstürme aus – er entspräche nicht dem Typ, den McBain in den Romanen geschildert hätte. Nun, als jemand, dessen erste Begegnung mit Detective Carella eben dieser Film darstellt, soll mir das einigermaßen wurscht sein… soll Randy mir halt einen falschen Eindruck von Carella vermitteln.
„Lightning“ (zu Deutsch „Wettlauf mit einem Mörder“) wurde von Mike Krohn (nur noch mit einer DEEP SPACE NINE-Folge auffällig geworden) und dem TV-Profi Dan Levine (der als Story Editor SUPERMAN – DIE GESCHICHTE VON LOIS & CLARK überwachte und auch einige Episoden schrieb) adaptiert. In ihren Händen wird die Story eine ziemlich geradlinige Mörderhatz, in der die „Charakterszenen“, in denen Carella und Kling sich um ihre Beziehungen bzw. das Ende derselben kümmern, ein wenig deplatziert wirken. Würde jemand wie Carella, quasi „integrity inc.“, tatsächlich während der Jagd nach einem gefährlichen Serienmörder Zeit darauf verschwenden, sich ein neues Gspusi anzulachen? Das entwickelt sich weniger glaubwürdig aus dem Script denn aus dem Bedürfnis, eine Entwicklung, die, wie angedeutet, in den Romanen an der Stelle längst vollzogen war, auf Teufel komm raus auch in die Verfilmung reinzuprügeln. Ironischerweise ist die Teddy/Steve-Beziehung in den Folgefilmen sowohl deutlich heruntergefahren wie auch besser in die Story integriert (in beiden Filmen gerät Teddy mittelbar durch den aktuell von Steve bearbeiteten Fall in Gefahr). Es versenkt den Film nicht – der bleibt allemal anständige TV-Krimi-Unterhaltung auf dem Level, den man Mitte der 90er eben erwarten konnte -, aber es ist eben zu spüren, dass dieser Handlungsstrang sich nicht organisch ergibt (wie auch Bert Klings Probleme mit seiner Model-Frau). Dafür haut der Film unter der Regie des eher undistinguierten TV-Regisseurs Bruce Paltrow (primär bei CHEFARZT DR. WESTPHALL beschäftigt) zum Ende des zweiten Akts eine amtliche Nägelkau-Suspense-Sequenz raus, mit der zumindest nicht nicht gerechnet hätte. Ansonsten regiert – das trifft auch für die beiden Nachfolgefilme zu – weitestgehend routinierte, aber auch ein wenig biedere TV-Optik mit den bewährten „Großstadt bei Nacht“-Aufnahmen, wie sie in diesem Jahrzehnt, nachdem sich der 80er-Neon-Style verabschiedet hatte und man ein wenig „more gritty“ zu werden wagte, gang und gäbe war. Ziemlich schauerlich ist allerdings der typische übertrieben orgelnden und meist stimmungstötende Score.
Die darstellerischen Leistungen gehen klar – Randy Quaid war, wir erinnern uns, bevor er batshit insane wurde und ins bis dato von Gary Busey allein bewohnte Land der Hollywood-Oberbekloppten zog, mal ein durchaus respektabler Schauspieler, und das bei weitem nicht nur in seinen primär komischen Rollen wie in INDEPENDENCE DAY oder CHRISTMAS VACATION. Wenn verlangt, konnte Randy allemal auch einen anständigen seriösen Turn hinlegen, und mal völlig unabhängig davon, wie dicht seine Performance hier am Roman-Carella, der mich aber nun mal in diesem Fall eher peripher interessiert, liegt, liefert er hier eine gute Vorstellung als von seinem Job durchaus ordentlich mitgenommener, aber den Idealismus noch nicht ganz verloren habenden Bullen, der nebenher versucht, aus seinem selbstgewählten Beziehungsschneckenhaus herauszukommen, ab. Mit Alex McArthur oder Eddie Jones sind supporting actors am Start, die wissen, was sie tun, und der Film kann es sich sogar (noch) leisten, Ving Rhames (der im gleichen Jahr mit PULP FICTION groß raus kam) in einer Nullitätenrolle als nicht sonderlich wichtigen Detective des Reviers zu verschwenden (als die Nachfolgefilme gedreht wurden, hatte Rhames verständlicherweise besseres vor). DARK SIDE OF THE MOON-Freunde dürfen sich über einen Auftritt von Alan Blumenfeld freuen, der hier einen unbeliebten Stinkstiefel-Detective des rivalisierenden 88. Reviers spielt. Steven Flynn ist als Killer nicht sonderlich eindrucksvoll, aber das „wer“ ist dem Film auch nicht so wichtig wie das „ihn kriegen“ und ansatzweise das „warum“. Deanne Bray überrascht mich hauptsächlich damit, nicht Marlee Matlin zu sein, die für meine Begriffe den Markt für taubstumme Rollen in den 80ern/90ern vollständig abgedeckt zu haben schien…
„Ice“ (bzw. „Tod einer Tänzerin“) muss zunächst mit einer vollständigen Umbesetzung fertig werden. Aber immerhin – einen namhaften Akteur (gut, Dale Midkiff ist sicher auch „namhaft“, aber jetzt auch nicht einer, dem ich pausenlos „toller Schauspieler“ nachrufen möchte) hat der Streifen mit Joe Pantoliano, der die im Vergleich zu „Lightning“ deutlich ausgebaute Rolle des kurios benamsten Detectives Meyer Meyer (zu Carellas Partner befördert, wobei ich wieder mal keinen Plan hab, wie das in den Büchern aussieht) übernimmt und mit seiner Screenpräsenz Midkiff mühelos an jede erreichbare Wand nagelt. Aber reden wir erst mal über die Story – für „Ice“ und „Heatwave“ wandten sich die Produzenten an everybody’s darling Larry Cohen, der sich in den 90ern, als er kaum eigene Projekte realisieren konnte (außer dem nicht sonderlich bemerkenswerten TV-Film BLUTSSCHWESTERN und seiner Blaxploitation-Hommage ORIGINAL GANGSTAS waren die Jahre nach 1990 nicht gut zu Cohen als Regisseur), als Auftragsschreiberling über Wasser hielt. Deswegen war ich auch sofort bereit, einige der schrägeren Einfälle von „Ice“ (namentlich das killende Sündenjäger-Duo Anthony und Emma) für Cohens Beitrag zu halten – well, I was wrong, die kommen schon in der Romanvorlage vor, aber es liegt auf der Hand, dass allein schon dieser Subplot Cohen, der immer ein Faible für kruden, sarkastisch-schwarzen Humor hatte, freundlich zugewunken haben muss… ein (pun maybe intended) göttlich aufgelegter Nigel Bennett macht diesen Handlungsstrang by default zum Highlight des Films. Wobei auch der Rest nicht schlecht ist – „Ice“ gibt sich doch etwas kurvenreicher als der Vorgänger, legt die ein oder andere falsche Fährte aus und arbeitet sich auf ein durchaus dramatisches Finale hin. Die alte Fernsehkrankheit, einen „B-Plot“, der mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun hat, aber halt Charakteren, die im Haupthandlungsstrang nichts zu tun haben, etwas Beschäftigung gibt, macht sich leider auch hier bemerkbar; der Subplot um Bert Kling und seine aufkeimende Beziehung zu Eileen wirkt einmal mehr aufgesetzt und unnötig, zumal da auch nichts wirklich ausgearbeitet werden kann (der hier zur Debatte stehende Fall wäre durchaus auch interessant und spannend, aber es geht halt nicht wirklich darum, sondern nur um das Zusammenkommen von Bert und Eileen).
Abgesehen von Pantoliano gereicht die Rundumerneuerung des Casts selbigem nicht unbedingt zum Besseren. Midkiff ist nicht schlecht als Carella, aber er wirkt einfach eine Dekade oder so zu jung, nachdem wir aus „Lightning“ ja wissen, dass er ein altgedienter Straßenbulle, der alles mindestens schon einmal gesehen hat und den das vorübergehend ins innere Exil geschickt hat, bis Teddy ihn da rausgeholt hat, sein soll. Paul Johansson ist als neuer Bert okay, Andrea Parker als Eileen adäquat. Aber, wie gesagt, die Kohlen aus dem Feuer holen der bestens aufgelegte Pantoliano, der exzellent-exaltierte Nigel Bennett und die nicht minder souverän-durchgeknallte Diane Douglass.
Was „Ice“, inszeniert vom DARKMAN 2 und 3-Regisseur Bradford May, fehlt, ist vielleicht die eine wirklich spannende Szene (wie sie „Lightning“ hatte), aber ansonsten ist das auch ein durchaus kompetenter TV-Krimi auf gehobenem 90er-Niveau.
Für den dritten Film, „Heatwave“ (aka „Der Lockvogel“) nahm unser aller Lieblings-Howie Munson aus EIN COLT FÜR ALLE FÄLLE, Douglas Barr, auf dem Regiestuhl Platz. Das Thema, dem sich das erneut von Cohen verfasste Script widmet, ist ein durchaus heikles und nicht unwichtiges – fast wichtiger als die Krimihandlung (dem „whodunit“-Aspekt widmet sich das Script so richtig ernsthaft erst in den letzten 20 Minuten) ist dem Film der Umgang mit Vergewaltigungsopfern, sowohl, was die Polizei angeht (so notwendig es aus ermittlungstechnischer Sicht auch sein muss, so, nunja, wenig mitfühlend ist der Umstand, dass sich Frauen nach einem derart traumatischen Erlebnis einer Vergewaltigung Prozeduren unterziehen müssen, die auf die erlittene Demütigung durch den Täter noch die durch die, die dem Opfer eigentlich helfen sollten, drauf setzt) als auch durch die Medien und, last, but not least, der generellen gesellschaftlichen Ächtung, die ein Vergewaltungsopfer oft und (un-)gern erfahren muss, Stichwort „victim blaming“ u.ä. Ein heikles Thema, aber eins, das im (normalen Network-)Fernsehen halt nur eingeschränkt wirksam verarbeitet werden kann, weil die oben erwähnten „Standards & Practices“ es gar nicht erlauben, eine Vergewaltigung so drastisch zu zeigen, wie es auch zum Verständnis für die Situation der Opfer notwendig wäre (bei Eileens Vergewaltigung blendet der Film schamhaft komplett weg) – und das klischeehafte „slow clap“-Ende – nachdem Eileen, da sich die Sache durch die Festnahme des Täters schlechterdings nicht unter den Teppich kehren lässt, ihren Kollegen die Wahrheit mitgeteilt hat – ist sicher gut gemeint, aber ungefähr so realistisch wie ein abseitigeres der Grimm’schen Märchen.
Zudem muss ich hier auch generell die Struktur des Scripts bekritteln – gerade bei einem Thema, das volle Aufmerksamkeit verdient, wirkt der B-Plot um die Auflösung des Bigamisten-Mordfalls völlig daneben (ja, Cohens Buch versucht es so hinzulavieren, als wäre der Fall für Meyer so etwas wie eine willkommene Ablenkung, um sich nicht mit dem Vergewaltiger-Fall und der Tatsache, dass er selbst angeschossen wurde, auseinandersetzen zu müssen, aber das wirkt nicht glaubhaft), jedes Mal, wenn die Geschichte wieder zu diesem Nebenschauplatz kommt, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier herumgetändelt, um den heißen Brei herumgeredet wird, um die wirklich schmerzhaften Wahrheiten zur Hauptstory nicht zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen. Leider ist auch Barrs Regie nie wirklich zwingend und in einigen der action-orientierteren Parts, wenn Barr auf nervöse Handkamera setzt, sogar einigermaßen fahrig.
Problematisch ist dann auch die Umbesetzung von Eileen Burke – BAYWATCH-Babe Erika Eleniak gestehe ich durchaus den guten Willen zu, sich als etwas mehr als ein in einen roten Badeanzug gestopfter Satz Brüste im seriösen Fach zu etablieren, aber für die durchaus gehaltvolle, aber auch schwierige Rolle des Cops-slash-Opfers fehlen ihr dann doch deutlich die acting chops. Midkiff ist zuzugestehen, dass er sich in der Carella-Rolle im zweiten Anlauf gut zu Hause fühlt, und Johansson wirkt als in seinen schlimmsten Befürchtungen bestätigter verhinderter Beschützer auch etwas besser als im ersten Teil; dafür ist Paul Ben-Victor bei aller Routine ein deutlicher Rückschritt zu Joe Pantoliano. Ving Rhames‘ Charakter ist mittlerweile in den Händen von Marc Gomes (aus der THE CROW-TV-Serie) angekommen und so überflüssig, dass man ihn komplett rausschneiden könnte, ohne irgendetwas von Wert zu verlieren. Ron Kuhlman ist als der böse Vergewaltiger (dessen Motiv es ist, dass er beruflich erfolgreiche Frauen verachtet) nicht sonderlich eindrucksvoll und in dem 1990 erfolglos gestrandeten Versuch, den BRADY BUNCH noch einmal aufleben zu lassen, adäquater aufgehoben gewesen…
Pidax hat die drei Filme, die 1996/97 ohne großes Trara im ZDF liefen (und in dessen Auftrag synchronisiert wurden, wobei ich erstmals bewusst feststellte, dass eine Synchronsprecherin für eine taubstumme Rolle kreditiert wurde…), in eine mittlerweile recht günstig zu habende Box gepackt. Die Bildqualität (4:3) ist mau – da hat man die ZDF-MAZzen (Puristen werden darüber fluchen, dass das ZDF eigene Abspänne hergestellt hat) hergenommen und ohne großes Gedöns auf zwei Silberlinge gepresst (zumindest hat Randy Quaid eine Disc für sich allein bekommen, die zwei Midkiff-Folgen teilen sich Disc 2). Immerhin wird der englische O-Ton mitgeliefert.
Insgesamt erfinden die drei 87. PRECINCT-Filme das Genre des TV-Polizeikrimis nicht neu, aber sie liefern schon insgesamt solide Unterhaltung. „Wettlauf mit einem Mörder“ ist der insgesamt schauspielerisch überzeugendste Beitrag mit der spannendsten „Einzelszene“, „Tod einer Tänzerin“ punktet mit Joe Pantoliano, Nigel Bennett und dem interessantesten Drehbuch, „Der Lockvogel“ scheitert leider ein wenig am selbstgewählten brisanten Thema. Das muss man alles nicht gesehen haben, kann sich aber viereinhalb Stunden damit die Zeit vertreiben – wer früher gern POLIZEIREVIER HILL STREET gesehen hat und nach einer etwas, hm, thematisch „härteren“ Variante sucht (nicht, dass on-screen-violence die Sache dieser Filme wäre), findet hier geeignetes Futter.
© 2020 Dr. Acula
BOMBEN-Skala: 5
BIER-Skala: 5
Review verfasst am: 27.04.2020