ECW One Night Stand 2005

 
  • Deutscher Titel: ECW One Night Stand 2005
  • Original-Titel: ECW One Night Stand 2005
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  • Land: USA
  • Jahr: 2005
  • Darsteller:

    Rob van Dam, Sabu, Tommy Dreamer, The Dudleyz, Lance Storm, Chris Jericho, Chris Benoit, Rey Misterio jr., Psicosis, Mike Awesome, JBL, Eddie Guerrero, Paul Heyman, Rhyno, Eric Bischoff, Sandman, Mick Foley, Masato Tanaka, Steve Austin


Vorwort

Während des „Monday Night Wars“ Ende der 90er zwischen der World Wrestling Federation und World Championship Wrestling entwickelte sich, vom Mainstream zunächst unbeachtet, eine kleine Promotion, ursprünglich ein wenig bedeutender NWA-Affiliate, Eastern Championship Wrestling, zur von vielen Fans gewünschten Alternative – Extreme Championship Wrestling. Von vielen, die das Produkt dieser Promotion nicht kennen, auf blutige Hardcore-Fights reduziert (die, unbenommen, natürlich einen großen Anteil des „Reizes“ der ECW ausmachten), importierte die ECW erstmals mexikanische Luchadores wie Rey Misterio Jr. auf den nordamerikanischen Markt und beschäftigte großartige Techniker wie Chris Benoit. Die Liste der zukünftigen Superstars, die in der ECW ihre ersten großen Meriten verdienten oder sich wieder zurück in den Blickpunkt der Wrestling-Öffentlichkeit arbeiteten, ist nahezu endlos: Balls Mahoney, Bam Bam Bigelow, Brian Pillman, Mick Foley, Chris Candido, Chris Jericho, die Dudley Boyz, Dean Malenko, Eddie Guerrero, Ian Rotten, Public Enemy, New Jack, Kid Kash, The F.B.I., Mike Awesome, Perry Saturn, Raven, Rhino, Rob van Dam, Sabu, The Sandman, Steve Austin, Taz, Terry Funk…
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2001 ging die ECW dank der, naja, überschaubaren buchhalterischen Kenntnisse ihres Chefs Paul Heyman pleite (natürlich spielte auch eine Rolle, dass speziell die WCW die lästige Konkurrenz mit hochdotierten Verträgen leerkaufte), die Rechte an der ganzen Operation kaufte Vince McMahon, der, im Gegensatz zur Konkurrenz von der WCW, mit Heyman und ECW immer ein gutes Verhältnis pflegte (es gab Cross-Promotion zwischen den beiden Organisationen und McMahon „lieh“ Heyman sogar Taz aus, als der schon bei der WWF unter Vertrag stand, um Mike Awesome, der gerade bei der WCW unterschrieben hatte, den ECW-Titel abzunehmen). Wenig später ging die WCW bekanntermaßen auch kaputt, so dass schlussendlich fast jeder sowieso bei der WWF landete. Rob van Dam hatte dann 2005 die Idee, nachdem eine ECW-Reunion-Show, organisiert vom ersten ECW-Champ Shane Douglas, unter dem Namen „Hardcore Homecoming“ ein großer Erfolg war, ein ECW-only-Pay Per View auf die Beine zu stellen. Vince fand die Idee knorke und so wurde „One Night Stand“ geboren (mittlerweile ist der Event leider ein normaler WWE-PPV geworden, der sich nur durch die Anwendung der „extreme rules“ vom üblichen WWF-Klumpatsch unterscheidet).


Inhalt

Ort des Geschehens ist der Hammerstein Ballroom in New York, eine extrem hübsche und noch verhältnismäßig „intime“ Location, your commentators are Joey Styles und Mick Foley.

Zunächst mal bekommt schon Joey Styles eine standing ovation von den enthusiastischen ECW-Fans, ehe das erste Match eingeläutet wird:

Lance Storm vs. Chris Jericho

Die beiden kennen sich aus langen Jahren in Kanada und haben, wenn man dem Kommentar glauben darf, ihr jeweils erstes Profi-Match gegeneinander bestritten. Jericho kommt ohne sein Y2J-Gimmick als „Lionheart“ Chris Jericho. Für Lance Storm ist es sein letztes Match. Geboten wird solides Wrestling – die beiden kennen sich in- und auswendig, was auch für die Match-Psychologie genutzt wird, alldieweil die Kämpen immer wieder die Moves des Gegners auskontern. Für’s Finish versucht Jericho seine Walls-of-Jericho-submission anzusetzen, aber Storms früherer ECW-Tag-Team-Partner Justin Credible greift ein, verpasst Jericho einen singapore cane-shot auf die Rübe und Storm kommt zum „gestohlenen“ Sieg. Wie gesagt solide, aber Lance Storm fehlt, was ihm auch die ganz große Karriere letzlich versagt hat, das gewisse Charisma. Your winner: Lance Storm (** 3/4)

Video-Tribut für verschiedene verstorbene ECW-Wrestler wie Rocco Rock und Chris Candido. Bewegend.

International Three Way Tajiri (w/ Mikey Whipwreck & Sinister Minister) vs. Little Guido (w/ The F.B.I.) vs. Super Crazy

Cruiserweight Action ECW Style! Zu Beginn versucht F.B.I. (in kompletter Besetzung, also mit Big Vito, Tony Mamaluke, Tracy Smothers etc.) zugunsten Guidos einzugreifen, aber Crazy zeigt, warum er „the insane luchador“ genannt wird, mit dem „spot des Tages“ – einem moonsault vom ersten Rang (!!). Tajiri verwendet „green mist“ gegen Guido und räumt mit dem FBI auf – Guido wird dadurch als erster eliminiert, dann geht’s one on one weiter. Gute Action der beiden – Super Crazy gewinnt schließlich nach einer moonsault-Serie (erst vom ersten, dann vom zweiten, dann vom obersten Seil). Fun match mit spektakulären spots. Your winner: Super Crazy (*** 1/2)

Video-Package ECW Memories. Eine Kollektion wahnsinniger ECW-Momente (Terry Funk verpasst Cactus Jack eins mit dem Brandeisen, der Ring bricht unter feiernden ECW-Fans zusammen, das Shoot Promo, mit dem Shane Douglas den NWA-Titel ablehnte und sich zum ersten ECW-Champ erklärte, Highlights aus der Sandman/Dreamer-Fehde…). Schnief. Da wäre man gern dabei gewesen…

Next match. Extreme Lucha Libre!

Psicosis vs. Rey Misterio (Jr.)

Psicosis legt im Ring seine furchteinflössende Maske ab (Reaktion der ECW-Fans: „Put the mask on!“). Die beiden haben nach Angabe von Styles und Foley 500 gemeinsame Matches, hatten aber nie eins in ihrer ECW-Zeit. Es ist überraschend unspektakulär – wenig high flying action, mehr traditionelles Wrestling (und die ECW-Fans finden’s zum Teil langweilig – als Psicosis Rey in einen sleeper nimmt, wird nicht er, sondern der move ausgebuht!). Psicosis ist meist mit Powermoves, die seinen Größen- und Gewichtsvorteil ausspielen, in Kontrolle. Die Wende kommt nach einem verfehlten shoulder tackle in die Ringecke, das Psicosis nach draußen befördert (Highlight allerdings zuvor ein guillotine legdrop auf’s Absperrgitter seitens Psicosis). Im Finish bringt Rey Misterio seine WWE-Trademark-Moves, 619, gefolgt von West Coast Pop, an (der 619 wird von den ECW-Fans ausgebuht…). Your Winner: Rey Misterio. (** 1/2). Hatte mehr von dem Match erwartet.

Ein weiteres Video Package ECW Memories. Schwerpunkt sicke table- und chair spots und Jerry Lawlers „ECW-Invasion“ – außerdem, quite sickening, die Szene, in der Sabu sich den ein oder anderen Nackenwirbel (legit) bricht (ob man das mehrfach in superslowmo zeigen muss, ist fragwürdig, aber es ist ein „defining moment“), und random acts of violence against women and referees.

Nun beginnt „der“ große Angle der Show – die WWE-Superstars infiltrieren (dank Eintrittskarten) die Show. Zunächst kommt der Smackdown-Roster, angeführt von Kurt Angle und Justin Bradshaw Layfield, und zieht shoot promos vom Leder. Angle hat wirklich echte Issues mit der ECW (er überlegte vor seinem WWF-Eintritt, ob er in die ECW gehen soll und sah sich probehalber eine Show an – „leider“ war es die mit dem kontroversen Raven-kreuzigt-Sandman-Zwischenfall, der Angle zutiefst anwiderte und Paul Heyman androhte, ihn in Grund und Boden zu klagen, wenn er mit seinem Namen Werbung machen würde). JBL beleidigt die ECW-Fans, wird aber von Rob van Dam unterbrochen. RVD, wegen Knieverletzung leider an persönlicher Kampf-Teilnahme gehindert, liefert ein emotionales shoot promo ab und wettert ziemlich deutlich gegen das WWE-Creative-Team, „das mein Vokabular auf ‚whatever‘ und ‚cool‘ beschränkt hat“. It’s a good promo, aber etwas zu lang, was auch Rhyno so sieht und RVD attackiert. Die Lichter gehen aus, und in der ECW heißt das nicht, der Undertaker kommt, sondern… Sabu.

Impromptu Match Rhyno vs. Sabu

Sabu, der wohl größte Wahnsinnige unter allen Wrestlern (dem seine Narben haben Narben) liefert seine übliche Show sicker spots ab, d.h. Stühle und Tische kommen gern zum Einsatz. Rhyno weiß sich aber zu wehren. Ref Bump, Rhyno mit einem Piledriver gegen Sabu. RVD wird’s zu blöd, Verletzung oder nicht, er schnappt sich einen Stuhl und geht auf Rhyno los – Skateboard in der Ringecke. Danach wird der Tisch bereitet, Rhyno drapiert, arabian facebuster (leicht missglückt), aber trozdem genug für den three count. Your winner: Sabu (***). Good for what it was.

Kurze Vignette mit Al Snow (w/ Head) läutet eine weitere Videomontage denkwürdiger ECW-Ereignisse ein (scaffold matches, extreme table spots, barbed wire, etc.). Hardcore.

Nun kommen die RAW-Superstars, angeführt vom damaligen RAW-General Manager und ECW-Erzfeind Eric Bischoff, in die Halle (mit dabei: Edge, der mit den üblichen „You screwed Matt“-Rufen begrüsst wird, was sich auf seine real-life-Affäre mit Matt Hardys Eheweib Lita bezieht).

Next match: Chris Benoit vs. Eddie Guerrero

Dabei hat man schon ein mulmiges Gefühl. Eddie verstarb nicht viel später an Herzversagen und Chris Benoits Story dürfte hinlänglich bekannt sein. Zwei Supertechniker im Ring, die ein sehr enges, intensives Match mit viel chain wrestling abliefern (den ECW-Fans wird’s zwischendurch mal zu langweilig und sie amüsieren sich mit „Fuck you Bischoff“-chants). Guerrero verfehlt einen frog splash, Benoit mit einer German-Suplex-Serie und einem diving headbutt, den Sieg bringt aber, natürlich, der Crippler Crossface. Guerrero wirkt etwas zurückgenommen, aber dennoch ein sehr gutes Match, wenngleich nicht DER show stealer schlechhin. (*** 1/2).

Commercial für „The Rise and Fall of ECW“, eine verdammt gute WWE-DVD, die ich mir noch dringend besorgen muss.

Shoot Promo von Eric Bischoff, der sich damit rühmt, die ECW eigenhändig zerstört zu haben.

Mike Awesome vs. Masato Tanaka

Das war 1999/00 der traditionelle ECW-Titelkampf. Der mittlerweile ebenfalls zu früh verstorbene Awesome verließt die ECW in Richtung WCW (siehe oben) und wird daher von Joey Styles enthusiastisch als Judas, Verräter und generell möglichst zu killendes Dreckschwein bezeichnet. Tanaka gibt sich auch alle Mühe. Es ist DAS Match des Abends. Awesome zeigt, was für ein fantastischer Wrestler er ist (in der WCW litt er immer unter dümmlichen Gimmicks – eine Weile musste er sich dort „Awesome Mike Awesome Awesome“ nennen) und Tanaka steht ihm in nichts nach. Die beiden können eigentlich alles, high risk-Manöver, technisches, und Hardcore – mehr Table- und Chairshots KANN man in ein Match nicht einbauen. Beide kicken aus allen möglichen verheerenden moves aus (und sogar die WWE-Fraktion kann nur noch mit offenem Mund zukucken und staunen). Personal highlight: Tanaka no-sells einen heftigen chairshot an den Kopf. Awesome verpasst ihm einen zweiten, Tanaka geht zu Boden und Awesome begutachtet zufrieden die Delle im Stuhl. Die Fans geben den Recken standing ovations. Das Finish – Awesome mit einer Awesome (Power-)Bomb nach draußen durch einen Tisch – die gibt Tanaka den Rest. Your winner: Mike Awesome (**** 1/4). Post match verpasst Awesome, weil er schon grad da ist, noch dem Referee eine Awesome Bomb.

Paul Heyman kommt in den Ring und wird von den Fans gefeiert. Emotionaler Moment von Paul, aber der wäre nicht er selbst, würde er nicht aus dem Umstand zu heulen, einen guten Gag machen: „Ich weine nicht. Meine Augen sind rot, weil ich grad mit Van Dam backstage einen Joint durchgezogen habe.“ Er schließt ein shoot promo gegen JBL („du warst nur deswegen ein Jahr lang Champion, weil Triple H nicht Dienstags arbeiten will“), Edge und Bischoff an.

Main Event Time. The Dudley Boyz vs. Tommy Dreamer & The Sandman

Nachdem Sandman (leider nicht zu „Enter Sandman“, weil die WWE bekanntlich ungern Musik lizenzieren mag) seinen langen Einmarsch durch die Fans (biersaufenderweis, natürlich, auch wenn ich es enttäuschend finde, dass er sich Miller Lite hinter die Binde kippt… und natürlich schlägt er sich schon mit der ersten Dose die Stirn blutig), kommt’s zu einer Invasion… die bWo ist da! Für Nicht-ECW-Fans: das war die nWo-Parodie der ECW, ein comedy stable mit dem Blue Meanie, „Hollywood“ Nova und Big Stevie Cool (letztere Parodien auf Hogan und Nash, respektive), die erst mal alle attackieren. Axl Rotten und Balls Mahoney lassen sich nicht lumpen, entern den Ring und verdreschen die bWo. Dazu gesellt sich noch Kid Kash, der einen wahnsinnigen catapult slingshot suicide dive nach draußen (auf bWo, Rotten, Mahoney und die Dudleys) abliefert. Nachdem das Haus vom Unrat gesäubert ist, kann das eigentliche Match losgehen – und das ist Hardcore-ECW, wie man’s sich vorstellt. Mülleimer, Straßenschilder, Käsehobel (zum plaktiven Bladen), Leitern, Stühle, Tische. Tommy Dreamer trägt als erster die „full crimson mask“, darf sich aber revanchieren. Ein wilder Brawl (in den auch noch Francine und Beulah eingreifen, inkl. catfight) – schlussendlich greifen die Dudleys sich Dreamer für den 3D (Dudley Death Drop) durch den Tisch, aber Spike Dudley rennt in den Ring und er hat Feuerzeugbenzin dabei… der Tisch wird angezündet und dann war’s das für Dreamer: 3D through the flaming table. Hardcore-Brawl vom Extremsten (*** 3/4). Post match sorgt der Sandman mit seinem singapore cane für Ruhe und verlangt dringend nach einem Bier.

Das ruft… Stone Cold Steve Austin auf den Plan, der die WWE-Wrestler zu einem Kampf mit dem ECW-Roster auffordert. Obwohl zahlenmäßig unterlegen, wollen die WWE’ler nach einigen Beleidigungen nicht als Pussies dastehen und kommen tatsächlich in den Ring, wo sie von der ECW nach Strich und Faden verdroschen werden (im Zuge des allgemeinen Handgemenges kam es übrigens zu einem echten Kampf zwischen JBL und dem Blue Meanie, den die WWE tatsächlich storylinetechnisch bestätigte und zu einer kurzen Fehde zwischen den beiden ausarbeitete). Nachdem die WWE vertrieben ist, fordert Austin den Kopf von Eric Bischoff (mit dem er ja wirklich ein Hühnchen zu rupfen hat, da Bischoff Austin in dessen WCW-Zeit für nicht vermarktbar hielt). Mick Foley liefert Bischoff wunschgemäß an. Bischoff kassiert einen 3D von den Dudleys, einen diving headbutt von Benoit, einen 619 von Misterio und, wie nicht anders zu erwarten, einen Stunner von Stone Cold. Mit diesem Bild (über das sich Joey Styles gar nicht mehr einkriegt – „der schönste Moment in meinem Leben“) und einer Bier-Party des ECW-Rosters im Ring geht das PPV zu Ende…

An wichtigen ECW-Stars fehlen eigentlich nur Terry Funk und Raven (letzterer war aber zu der Zeit längst bei TNA unter Vertrag und konnte daher schlecht bei einer WWE-Show erscheinen).

Als Bonusmaterial gibt’s alternativen Kommentar von JBL (und der Mann ist Gold als color commentator), Vignetten über die wichtigsten ECW-Stars (Sabu, Dreamer, Sandman, RVD, Dudleys) und einen Ausschnitt aus RAW, in dem Bischoff das Ende der ECW feiert, Vince aber zu Erics disgust Paul Heyman herausbringt und offenbart, dass die WWE und die ECW schon immer kooperiert haben.

Fazit: Eine großartige Show, die der ECW ein würdiges Testament und Denkmal ist – das Wrestling mag nicht immer das beste sein (Storm-Jericho und Misterio-Psicosis sind sicherlich am Talent der Wrestler gemessen leichte Enttäuschungen), aber die elektrische Atmosphäre in der Halle macht vieles wett; mit Awesome vs. Tanaka und dem cameo-gespickten Main Event gibt’s zwei herausragende Matches, wie man sie heutzutage praktisch nirgendwo mehr sieht. Großartig, jeden einzelnen Cent wert – eine der DVDs, die man als Wrestling-Fan eigentlich haben MUSS. Unbedingte Kaufempfehlung (und sicherheitshalber empfehle ich, sich nach einer Import-Scheibe umzusehen).

5/5
(c) 2007 Dr. Acula


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