- Deutscher Titel: Eat Local
- Original-Titel: Eat Local
- Regie: Jason Flemyng
- Land: Großbritannien
- Jahr: 2017
- Darsteller:
Charlie Cox (Henry), Freema Agyeman (Angel), Tony Curran (Peter Boniface), Eve Myles (Vanessa), Billy Cook (Sebastian); Robert Portal (Bingham), Mackenzie Crook (Larousse), Johnny Palmiero (18), Nicholas Rowe (Private Gary), Vincent Regan (The Duke), Dexter Fletcher (Mr. Thatcher), Nick Moran (Private Rose), Annette Crosbie (Alice), Jordan Long (Thomas), Lukaz Leong (Chen)
Vorwort
Alle fünfzig Jahre treffen sich die britischen Vampire (nicht so viele wie man meinen könnte), um wichtige organisatorische und bürokratische Fragen zu klären – Fangquoten, Territorien, Vorgaben vom übergeordneten europäischen Konzil… die konspirativen Meetings sind ungefähr so lustig wie Ausschussitzungen der EU und daher auch annähernd so beliebt bei ihren Teilnehmern. Aber es muss halt sein, und Fragen, ob man auch Migranten/Flüchtlinge auf den Speiseplan aufnehmen soll, müssen geklärt werden (Antwort: nein, weil die mit ihren Familien Kontakt halten und so früher oder später vermisst werden).
Völlig indiskutabel ist allerdings das Vergreifen an Kindern und weil Vampir Thomas das nicht lassen konnte, wird im achtköpfigen Gremium jetzt ein Platz frei. Den potentiellen Nachrücker bringt Vanessa mit dem Sussex-Boy Sebastian an, der keine Ahnung hat, warum die heiße ältere Braut ihn mitten in der Nacht auf eine einsame Farm karrt. Nachdem die Grundsatzangelegenheiten geklärt sind und Sebastian klar wird, dass der einzige, der hinsichtlich seiner Aufnahme in die Riege der Blutschlürfer nichts zu sagen hat, er selbst ist, wird zur Abstimmung gestritten. Peter Boniface stimmt gegen Seba, und weil die Wahl a) einstimmig erfolgen muss und b) man Sebs ja nun auch schlecht wieder seiner Wege ziehen lassen kann, sähen seine unmittelbaren Zukunftsaussichten ausgesprochen schlecht aus.
Sein zweifelhaftes „Glück“ – genau diese Nacht hat sich eine militärische Spezialeinheit im Auftrag des Vatikan ausgesucht, um endlich einen der elenden Blutsauger zu eliminieren. Dass man es wider Erwarten nicht nur mit einem Vampir, sondern einem ganzen Rudel zu tun hat, wird von den Vampirjägern mit unterschiedlicher Begeisterung aufgenommen. Father Larousse, der Repräsentant der Kurie, wittert eine günstige Gelegenheit, gleich mit dem ganzen Untoten Gesindel aufzuräumen, während der militärische Befehlshaber Bingham durchaus bezweifelt, mit drei Einheiten genügend Manpower am Start zu haben. Aber wo man schon mal hier ist, kann man ja auch belagern. Die Vampire verfügen aber auch über weltliche Waffen und heizen den Soldaten tüchtig ein, doch keiner Seite gelingt es, einen entscheidenden Vorteil zu erringen. Der eigentlich friedliebende Vampir Henry, der auch nur an Kühen saugt, wäre für einen Waffenstillstand, doch das kalkuliert weder das im Keller gefangene Farmersehepaar mit seinen eigenen finsteren Geheimnissen ein, noch dass Bingham einen *zweiten* Geheimauftrag hat…
Inhalt
In jedem Festivaljahrgang findet sich auch der ein oder andere Film, der polarisiert. Bei den ’17er-FFF-Nights dürfte das dann wohl „Eat Local“ sein, das Regiedebüt des britischen Schauspielers Jason Flemyng („Bube Dame König GrAS“, „Snatch“, „Bruiser“). Während manch einer den Streifen für ein billiges Machwerk hält, das mit seinem prominenten Cast versucht, seine handwerklichen Schwächen und einen untauglichen Plot zu übertünchen (und damit selbstverständlich auf der Titanic eingecheckt hat, mithin auf dem falschen Dampfer ist), halten schöne, intelligente und all-around bessere Menschen wie moi „Eat Local“ für eine charmante Horror-Comedy, die aus der simplen Prämisse (Umkehrung des klassischen Belagerungsszenarios – es sind nun halt die Monster, die von Menschen belagert werden) jede Menge „mileage“ rausholt, jede Menge gute Lacher bietet UND dann noch einen großartigen Cast draufsetzt.
Sowohl der Aufhänger (auch Vampire haben ihre langweiligen, aber notwendigen Besprechungen, um langweilige Formalia abzuklären) als auch die Geschichte um den potentiellen Neu-Vampir Sebastian sorgen für gute Stimmung, und wenn dann noch die Soldaten auftauchen und die Vampire, die uns (oder wenigstens mir) längst ans Herz gewachsen sind, obwohl sie (bis auf den Menschenblutverschmäher Henry) nicht „nett“ sind, weil sie einfach sympathische Schrullen haben, unter Druck setzen, ist Spaß eigentlich garantiert. „Eat Local“ schreckt dabei auch vor albernen Gags nicht zurück, mischt Dialogwitz mit sight gags und Slapstick (wo sieht man schon mal eine Vampiroma im Rollator auf Kill-Tour gehen?) und macht aus der Not, budgetbedingt keine fetten Actionsequenzen bringen zu können, eine ordentliche Tugend – und dann ist doch noch Platz für eine patente Kampfszene, für die niemand geringerer als Flemyng-Kumpel Jason Statham als Berater zur Verfügung stand (offenbar forderte Flemyng nicht nur diese Gefälligkeit ein, denn das Catering übernahm ein gewisser Jamie Oliver…).
Aber der wahre Grund, warum „Eat Local“ ordentlich rockt, ist der Traumcast. Unsere „leading vampires“ sind Charlie „Daredevil“ Cox, Freema „Martha Jones“ Agyeman („Doctor Who“), der von mir in letzter Zeit schon schmerzlich vermisste Tony Curran („Underworld: Evolution“, „Shuttle“) und die nie hinreißendere Eve Myles („Torchwood“). Gegen sie treten an Mackenzie Crook („Fluch der Karibik“, „Game of Thrones“), Nicholas Rowe („Das Geheimnis des verlorenen Tempels“, „Bube Dame König GrAs“, „Da Vinci’s Demons“), Nick Moran („Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, „Bube Dame König GrAs“), Robert Portal („The King’s Speech“) und Johnny Palmiero („Hooligans“, „Collide“). Dazwischen tobt Newcomer Billy Cook („Hooligans 3“, „The Hooligan Factory“) als Sebastian – ein ungeheuer sympathischer, schlagfertiger und engagierter Cast, der sichtlich Spaß an der Angelegenheit hat. Nicht jeder hat vielleicht den Platz, den er verdient hätte (Agyeman wirkt ein wenig verschwendet), aber der verbreitete Enthusiasmus ist ansteckend – selten sieht man ein Ensemble durchweg erfahrener Akteure, die es sichtlich genießen, mal so richtig auf die Kacke hauen zu dürfen (meine Favoriten sind Eve Myles, Palmiero und Curran).
Ja, es ist nicht alles perfekt, die FX sind sagen wir mal „brauchbar“, der Plottwist um Binghams zweiten Auftraggeber nicht gerade überprickelnd, der Titel so unpassend wie nichtssagend und in mindestens einer Szene habe ich ü-ber-haupt keinen Schimmer, was da grad warum passiert, aber ich hatte an der Stelle da längst ein so breites Grinsen im Gesicht, dass mich das auch nicht mehr weiter störte. Ich würde „crowdpleaser“ sagen, wenn die Reaktionen nicht so (für mich) unerwartet gespaltet gewesen wären, aber so sage ich halt „Doc-pleaser“ und freu mich, dass ich halt mal wieder was für mich allein habe…
(c) 2017 Dr. Acula
Review verfasst am: 01.05.2017