Dying God

 
  • Deutscher Titel: Dying God
  • Original-Titel: Dying God
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  • Regie: Fabrice Lamont
  • Land: Frankreich/Argentinien
  • Jahr: 2008
  • Darsteller:

    James Horan (Sean Fallon), Lance Henriksen (Chance), Misty Mundae (Mary, als Erin Brown), Hugo Halbrich (Bennell), Kevin Schiele (Charlie), Brad Krupsaw (Gallagher), Maxime Seugé (Nano), Louis Ballister (Nicky), Agathe de La Boulaye (Angel), Samuel Arena (Duncan), Pablo Padilla (der Unbekannte)


Vorwort

Eine heruntergekommene, düstere Großstadt (die verdächtig nach Buenos Aires) aussieht – der korrupte und mindestens versoffene, wenn nicht sogar pillensüchtige Cop Sean Fallon, der in seiner Freizeit via dem Kleingauner Nano aus der Asservatenkammer geklaute Waffen an Bösewichter vertickt und ein Verhältnis mit der Nutte Mary pflegt (und die er assig behandelt), hat’s mit einem besonders schwierigen Fall zu tun. Ein Serientäter killt sich auf brutalstmögliche Weise durch die Bordsteinschwalbenszene – wie Gerichtsmediziner Bennell sich ausdrückt, werden die Opfer „zu Tode vergewaltigt“ (oder etwas weniger neutral formuliert: die Größe des penetrierenden Schwengels sprengt den Miezen im Wortsinne die Bauchdecke). Fallon ermittelt in der Szene, ist aber nicht ganz bei der Sache, weil Nano entgegen dienstlicher Anweisungen ein paar Knarren „vermietet“ hat, und das an Gangsterboß Charlie, der drauf und dran ist, durch expansive Geschäftspolitik einen Gang-Krieg auszulösen. Das Problem erledigt sich, als Nano von Charlie gekidnappt wird. Fallon stolpert zwar zufällig über seinen Helfershelfer, exekutiert ihn aber gleich selbst. Als Fallon, ebenfalls eher mit Hilfe von Kommissar Zufall, an einem Tatort den Killer – oder zumindest den Indio, den er dafür hält – verfolgt, wird er von Charlie angeschossen, doch der Ganove wird von dem wahren Mörder satt enthauptet. Einige weitere Zufälligkeiten später stößt Fallon dank einiger kryptischer Aussagen des mittlerweile ebenfalls angeschossenen Indios und der Hilfe einer Anthropologin auf den Trichter, dass der „Gott“ eines ausgerottet geglaubten Amazonas-Stammes, eine Art Penis-Monster, on the loose ist, um sich einen passenden Paarungspartner zu suchen. Es gelingt Fallon, mit Hilfe seines Kumpels, dem im Rolli sitzenden Alt- und Edelgauner Chance eine Allianz der Gangsterbosse zu schmieden (da auch von denen die Schlächterei als geschäftsschädigend empfunden wird). Die Operation erweist sich als ziemliches Fiasko – das Monster richtet nicht nur ein Massaker an, sondern schnappt sich auch Chances weiblichen Bodyguard Angel. Es bleibt nur der Besuch in der Höhle des Monsterpenislöwen…


Inhalt

Das alte Lied (und Leid) – da stolpert man über eine DVD mit ansprechendem Coverartwork, einem nicht umwerfenden, aber zumindest Interesse heischenden Klappentext und der Mitwirkung verdienstvoller Recken wie Lance Henriksen und (mjam) Misty Mundae und freut sich auf splattrige Unterhaltung und eineinhalb Stunden später fragt man sich, wieso man immer wieder so doof ist und sich von Güllefilmen kostbare Lebenszeit rauben lässt…

Okay, damit habe ich mein Urteil mal wieder vorweggenommen, aber was will man machen? Zumal der Streifen unfreiwillig meine These unterstützt, dass Horrorfilme aus Argentinien rein grundsätzlich nichts taugen (siehe Attack of the Killer Hog und 36 Pasos). Ja, gut, bei „Dying God“ waren auch noch französische Waldmeister am Start (deren track record an Horrorfilmen einen aber nun auch nicht pausenlos vom Stengel fetzen muss), das hilft der ganzen Kiste aber auch nicht entscheidend weiter.

Annonciert als „Mischung aus 70′ Gialli und 80′ Monsterschocker“ erweist sich „Dying God“ überwiegend nur als nerviges Konglomerat aus „Bad Lieutenant“ und „Necro Files“, und wie gut *das* zusammenpasst, könnt Ihr Euch sicher vorstellen. Ich will nicht sagen, dass man aus der Idee nicht einen halbwegs tauglichen Fetzer hätte stricken können, doch dafür fehlt es quasi sämtlichen Beteiligten (mal abgesehen von Henriksen und Mundae) an Talent. Und beim Drehbuch fängt das ganze Elend schon mal an.

Ein „Anti-Held“ an sich ist sicherlich nicht das Problem – es muss nicht immer ein edler Held sein, und Protagonisten mit, naja, sagen wir mal, „eigenwilligen“ Moralvorstellungen können durchaus gewinnbringend eingesetzt werden, sofern er einen interessanten, denkwürdigen character arc hat. Unser Protagonist hier, Sean Fallon, ist nichts anderes als ein mieses Arschloch. Dummerweise ist er am Ende des Films *immer noch* ein mieses Arschloch, wenn auch nur eins, dass erstens das Monster gekillt hat und zweitens (SPOILER) tot ist (SPOILERENDE). Da gibt’s keinerlei Charakterentwicklung – man mag es vielleicht so nennen, dass er zufälligerweise letztendlich das „Richtige“ tut, es überzeugt jedoch nicht. Fallon ist – und das ist sicher auch die Absicht des Scripts – ein echtes „piece of shit“. Er ist korrupt, versoffen, benutzt seine Freundin als Fußabtreter (und droht schon mal an, sie zusammenzuschlagen, wenn sie ihm nicht sofort eine Flasche Fusel apportiert), er exekutiert höchstpersönlich seinen Komplizen Nano (nachdem seine Feinde ihm schon mal die Arbeit abgenommen haben, ihn aufzuspüren und passend an einen Stuhl zu fesseln), betrachtet praktisch alle Frauen als Nutten, ist mit der Unterwelt auf du und du, ein echt sympathisches Kerlchen also. Ich sage nicht, dass man solche Charaktere nicht verwenden kann, aber man muss ihnen zumindest eine Katharsis angedeihen lassen – hell, gegen Fallon ist Harvey Keitels LT Schwiegermuttis Liebling. Warum zur Hölle sollte es mir nicht am Arsch vorbeigehen, ob ausgerechnet der Drecksack den Tag rettet? (Manchmal kam es mir schmerzerfüllt so vor, als wäre Fallon ein verzweifelter Versuch, so etwas wie einen Dr. House-Charakter für Doofe zu stricken. Seufz.)

Jenseits der Charakterzeichnung der Hauptfigur ist das Missverhältnis zwischen erwarteter Monsteraction (und es ist ja nicht so, dass der Film ein großes Geheimnis draus machen würde, dass es letztlich um ein meuchelndes Monstrum geht) und der depressiven Cop-Story. Letztere nimmt so breiten Raum ein, dass man glatt vergessen könnte, worum’s eigentlich (zumindest dem Filmtitel nach) geht, würde nicht so im Viertelstundentakt eine übel zugerichtete Leiche gefunden. Das Buch kümmert sich erheblich mehr um Fallons „Nebentätigkeiten“ und seinen Beziehungsstreß als um Monsteraction oder wenigstens „Ermittlungsarbeit“. Praktisch alles, was Fallon dem Killer näher bringt, resultiert aus blankem Zufall und wenn er denn doch mal versehentlich etwas tut, was mit zugekniffenen Augen und aus bestimmtem Winkel betrachtet so aussieht, als könnte es entfernte Ähnlichkeit mit Polizeiarbeit haben, versaubeutelt es der Film nach Kräften.

Paradebeispiel: als der Polizei (zufällig) der Indio in die Hände fällt, der „Beschützer“ des Monsters ist (don’t ask), sülzt der irgendwelche obskuren Worte in Indio-Spraak. Fallon, einmal im Leben clever, eilt zu einer attraktiven Anthropologin und bestellt deren Übersetzerdienste ein. Resultat – eine Szene weiter berichtet diese Fallon, was der Indio ihr erzählt hat und verabschiedet sich fürderhin aus der Handlung. D.h. die Szene ist dramaturgisch völlig unnötig und dient nur dazu, fünf Minuten Screentime totzuschlagen, weil weder der neu eingeführte Charakter wichtig ist noch ihre „Dienstleistung“ – es hätte eben so gut off-screen funktioniert, wenn man schon den potentiell spannenden Part, die „Live-Übersetzung“, in der das Geheimnis gelüftet wird, gar nicht erst zeigen will.

Der Gedanke, die Unterweltbosse gemeinsame Sache gegen das Monster machen zu lassen, ist nicht neu, das kann man bis zu Fritze Langs „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ selig zurückdatieren, hilft dem müden Script also auch nicht weiter, und dass sich das Geschehen im Schlussakt auf Angel, die bis dahin völlig bedeutungslos am Rande der Ereignisse herumstehende stumme Bedarf-Schlägerin Chances zu kaprizieren (anstatt, wie es irgendwo sinnvoll und zumindest dramaturgisch halbwegs für Spannung sorgen könnte, als „Preis“ des Showdowns Mary, Fallons Freundin, einzusetzen) macht es auch schwer, ins Finale selbst zuschauerseits Emotionen zu investieren – schließlich gibt’s im Showdown wirklich niemanden mehr, der auch nur ansatzweise als „Identifikationsfigur“ oder wenigstens bemitleidenswertes Opfer fungieren könnte (auch wenn das Script sich noch bemüht, Angel kurz vor knapp noch einen tragisch-melodramatischen Background aufzuoktroyieren).

Ich wiederhole sicherheitshalber – rein grundsätzlich ist es nicht verboten, in einem Film „falsch zu spielen“, d.h. wie in diesem Fall als Cop-Thriller anzufangen und dann zum Monsterhorror zu wechseln, blöd ist es halt nur, wenn beide Elemente unbefriedigend sind. Der Cop-Part ist aufgrund der unsympathischen Figuren und der wenig reizvollen Story langweilig, der Monster-Part zu kurz, in seiner Mythologie nicht wirklich stimmig und über all dem liegt ein kaum zu übersehender Zuckerguß aus unangenehmer Misogynie.

Und dann ist der Streifen auch noch potthässlich anzusehen. Yep, ich verstehe schon, was beabsichtigt ist – die Stadt (offenkundig Buenos Aires, auch wenn nach Kräften so getan wird, als spielte der Schmonz – völlig sinnloserweise – in den Staaten) soll so aussehen, wie sie aussieht, schmutzig, düster, hoffnungslos, damit’s auch Sinn macht, dass die Figuren, die sie bevölkern, schmutzig, düster und hoffnungslos sind. Nur haben talentiertere Filmemacher immer wieder bewiesen, dass schmutzig, düster und hoffnungslos nicht gleichbedeutend sein muss mit hässlich und optisch uninteressant. Yep, ich verstehe auch, dass eine Produktion wie „Dying God“ nicht gerade im Geld schwimmt, aber das alles ist keine Ausrede dafür, einen Streifen derart… lasch ausehen zu lassen. Fabrice Lambot kann auch über seine Inszenierung nichts retten – spannende Unterhaltung ist was anderes, als wenn man nach 40 Minuten entsetzt feststellt, dass man noch nicht mal die Halbzeitmarke erreicht hat. Ein wesentlicher Grund dafür, warum „Dying God“ über weite Strecken einfach nur langweilt ist, dass er sich leichtfertigerweise und ohne Not ein Thema ausgesucht hat, bei dem er per Definition nicht zeigen darf, was in einem Monster-Horrorfilm eigentlich das Salz in der Suppe wäre – die Kills. Denn wie zum Geier sollte ein Film darstellen, dass ein Monster mit solidem Dreiviertelmeter-Schwengel (mit entsprechendem Durchmesser) Frauen zu Tode vergewaltigt, dass es ihnen die Bauchdecke aufsprengt, ohne hardcore-pornografisch (oder zumindest arg hentai…) zu werden? Eben, gar nicht, und deswegen bekommen wir von Monster selbst bis zum Schlussakt auch nichts zu sehen (außer einer Zeichnung), sondern nur das blutige Werk der Bestie (mittels soliden, aber auch nicht übermäßig herausragenden Gore-Effekten), im einzigen on-screen-gezeigten Monsterangriff auf eines der weiblichen Opfer bleibt das „Wesentliche“ immer elegant außerhalb des sichtbaren Bildausschnitts – selbst im Showdown, wenn Fallon zur Kreissäge greift, um dem Monster den Garaus zu machen, drückt sich der Streifen um die Darstellung expliziter Tatsachen. Die 18er-Freigabe geht aufgrund des Themas an sich und der Gore-Einlagen in Ordnung (im Finale gibt’s sogar ein wenig Gedärm und Gehirnmasse), man darf nur nicht erwarten, die eigentliche Monster-, äh, „Action“ zu sehen. Das Monster selbst ist ein recht schlichter man-in-suit, für Unterhaltungswert sorgt lediglich die eine einzige kurze Szene, in der das Untier seinen Riesenpenis aus eregiertem Zustand „einzieht“; sofern man derartige Scherze per se für unterhaltsam hält…

Bleibt noch die Darstellerei… James Horan, hauptamtlich voice actor für Videospiele zu den großen Franchises wie „Herr der Ringe“, „Batman“ & Co. und nur gelegentlich in Film und Fernsehen zu sehen (kleine Rollen in The Visitation, „Journeyman“ oder „Enterprise“) fehlt’s am Charisma, eine, eh, „ambivalente“ Rolle wie den versoffenen Bullenarsch so zu verkörpern, dass der Zuschauer an seiner Figur Interesse entwickelt (see: Keitel, Harvey). Lance Henriksen… noja, wir wissen, dass er alles spielt, was man ihm anbietet – oder aber, eine alternative Theorie, die Mitkucker Desty und ich entwickelten, Henriksen sucht sich bewusst solche Rollen aus, die ihn mit minimalem Aufwand aus dem Restensemble positiv herausstechen zu lassen, quasi „lieber der beste Schauspieler in einem schlechten Film sein als *irgendeiner* in einem guten…“. Sollte letztgenannte These stimmen, so war da Lääns wieder einmal erfolgreich. Obwohl er nichts anderes tut als im Rollstuhl sitzen und bedeutungsschwer kucken, ist er das Highlight des Films, ohne auch nur 10 % seines darstellerischen Vermögens abrufen zu müssen. Das nennt man dann wohl Effektivität (aber wider Erwarten ist Lance Henriksen nicht nur „Gaststar“ in einem extended cameo, wie’s in Low-Budget-Produktionen mittlerweile so üblich ist, sondern tatsächlich der Darsteller mit der zweitwichtigsten Rolle).

Misty Mundae, die für ihre seriösen Rollen weiterhin den Namen Erin Brown bevorzugt, ist in der Rolle der Mary völlig unterfordert – es ist eine selten gehaltlose Rolle, die man mit jeden x-beliebigen Satz Titten (pardon my french) hätte besetzen können. Misty schlägt sich daher zwangsläufig unter Wert. Erwähnenswert wäre noch Agathe de La Boulaye (Michel Vaillant, „AVP: Alien vs. Predator“) in der Rolle der stummen Arschtreterin Angel, die – wie erwähnt – überraschend zum Dreh- und Angelpunkt des Finales wird und aus ihrer eindimensionalen Rolle noch das Maximum herausholt. Über die weiteren Darsteller – zumeist Leute aus der bestenfalls vierten Reihe – breiten wir den üblichen Mantel der Barmherzigkeit.

Bildqualität: Ich gehe stark davon aus, dass Savoy kein herausragendes Ausgangsmaterial vorlag – der anamorphe 1.85:1-Transfer weist zwar keine Verschmutzungen oder Mastering-Fehler auf, ist aber reichlich körnig, was die visuelle Unattraktivität des Streifens noch verstärkt. Kompression und Kontrast bewegen sich auf durchschnittlichem Niveau.

Tonqualität: Deutscher Ton liegt in Dolby 2.0 und 5.1 vor, englischer O-Ton in Dolby 2.0. Die deutsche Synchro ist passabel ausgefallen, ein großartiges audiophiles Klangerlebnis ist nicht zu erwarten.

Extras: Nur eine Trailershow.

Fazit: Bei „Dying God“ sollte man sich von Artwork und Covertext nicht beeindrucken lassen – der Streifen ist weder „Giallo“ noch „Monsterschocker“, sondern nicht mehr als ein über weite Strecken langweiliges Copdrama, das man mit ein wenig Horror-Porn (bei dem man den „Porn“ aus erwähnten Gründen nicht mal zeigen kann) aufgepeppt hat. 85 Minuten Langeweile gepaart mit Misogynie, einzig interessant für Lance-Henriksen-Komplettisten.

1/5
(c) 2010 Dr. Acula


mm
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