- Deutscher Titel: Düstere Legenden 2
- Original-Titel: Urban Legends: Final Cut
- Regie: John Ottman
- Land: USA/Kanada
- Jahr: 2000
- Darsteller:
Jennifer Morrison (Amy Mayfield), Matthew Davis (Trevor/Travis), Hart Bochner (Prof. Solomon), Loretta Devine (Reese Wilson), Joey Lawrence (Graham), Anson Mount (Toby), Eva Mendes (Vanessa), Marco Hofschneider (Simon)
Vorwort
Filmhochschülerin Amy Mayfield hat ein Problem – keine Idee für ihren Abschlussfilm. Die Zufallsbekanntschaft mit der Security-Beamtin Reese hilft ihrer Fantasie auf die Sprünge: da gab es doch vor einiger Zeit eine Mordserie an einer Uni, basierend auf „düsteren Legenden“. Wenn das nicht ein Thema für einen zünftigen kleinen Thriller ist… Frohgemut macht sich Amy ans Werk, auch wenn seltsame Geschehnisse den Campus erschüttert. Jungregisseur Travis hat sich nach einer unerwartet schlechten Note für seinen Film entleibt. Sein plötzlich auftauchener Zwillingsbruder Trevor glaubt die Freitodthese aber nicht und will auf eigene Faust ermitteln. Amy, die ihn zufällig trifft, soll aber über seine Anwesenheit die Klappe halten. Jedenfalls vermutet Trevor, dass irgendjemand vom Campus Travis ermordet hat. Tatsächlich geht das Morden weiter – und zwar am Set von Amys Film. Anfänglich reimen sich Trevor und Amy die These zusammen, dass der unbekannte Killer die potentielle Konkurrenz für den „Hitchcock Award“, den Preis für den besten Studentenfilm, ein Freifahrtticket nach Hollywood, aus dem Weg räumen will (und natürlich in Form von „düsteren Legenden“). Nachdem ihr aber der Knopf aufgeht, dass nicht Regisseure, sondern Cast und Crew ihres Films dezimiert wird, erweist sich diese Theorie als nicht haltbar…
Inhalt
„Düstere Legenden“ war eines der Paradebeispiele dafür, wie sehr „Scream“ doch den modernen Slasher-Film beeinflußt hat, und zwar nicht unbedingt zum Guten hin. Der Streifen war eine ziemlich banale Angelegenheit, die selbst ihre singuläre gute Idee, nämlich die Morde an „urban legends“ auszulegen, nicht durchhielt und sich statt dessen treudoof in Genreklischees ergab. Mehr als ein überflüssiger Auftritt von „Freddy Krueger“ Robert Englund, ein Wiedersehen mit „Halloween 4/5“- und „Last Boy Scout“-Kiddie-Actress Danielle Harris und eine der dümmsten Auflösungen seit Menschengedenken blieben zumindest mir nicht im Gedächtnis. Nun ist nichts erfolglos und/oder doof genug, um ein Sequel zu rechtfertigen – trotz schlechter Kritiken und nicht gerade überwältigender Beliebtheit bei den Fans spielte der Streifen genug Kohle ein, um eine Fortsetzung lukrativ erscheinen zu lassen. Und eins immerhin ließ hoffen: auf dem Regiestuhl sass zwar ein Debütant, aber einer mit dennoch eindrucksvoller Vita: John Ottman, Stamm-Cutter und -Komponist von Bryan „Die üblichen Verdächtigen“ Singer. Der sollte doch eigentlich was gelernt haben…
Um’s vorweg zu nehmen – „Düstere Legenden 2“ ist einen Tacken besser als sein Vorgänger, aber dennoch alles andere als weltbewegend. Inhaltlich haben wir es mit einem Sequel „in name only“ zu tun – der Film referiert die Geschehnisse des ersten Teils als neue „düstere Legende“ und (SPOILER-Alarm) für einen zugegeben ganz witzigen Abschlussgag, erzählt aber eine eigenständige Geschichte. Nicht unbedingt eine besonders tolle, zugegeben. Ähnlich wie der Vorgänger krankt auch „Düstere Legenden 2“ an Einfallslosigkeit, was das titelgebende Thema angeht. Wieder beruhen nur zwei der Mordszenen auf tatsächlich bekannten urban legends, der Rest, so er überhaupt einen Bezug zum Thema hat, basiert auf „neu“ erfundenen urban legends (oder kann mir jemand für den „Tunnel of Terror“ eine Fundstelle nennen?). Nun gut, große Innovationen braucht man im Teenieslasher-Sujet wohl nicht mehr zu erwarten.
Trotzdem darf man wohl auf einige Probleme der Story hinweisen – zunächst mal. es gibt viel zu viele Charaktere, und da sich viele derselben auch noch optisch verdammt ähnlich sehen (das ist der Ärger an den „jungen attraktiven Casts“ – die ganzen Pappnasen gleichen sich wie ein Ei dem anderen), bleibt einem oft verborgen, wer zum Geier denn gerade in dieser oder jedre Szene aktiv ist (wer der vierte Teilnehmer am Showdown ist, ist mir bis jetzt noch nicht ganz klar. Ich hab zwar eine Vermutung, aber extra noch mal ansehen, um die zu verifzieren, will ich mir den Film jetzt nicht unbedingt). Viele Charaktere bedeutet beinahe im Umkehrschluß – viele Verdächtige. Es ist teilweise schon herzig mitanzusehen, wie anstrengt der Film sich bemüht, beinahe alle und jeden zum chronisch Verdächtigen zu erklären – die Auflösung ist dann konsequenterweise ein Fall von deus ex machina, auf den’s praktisch keine vorhergehenden Hinweise gibt. Auch unbefriedigend, weil die Motivation des Killers nicht nur reichlich Banane ist, sondern dadurch einfach auch kein richtiger Plot aufkommen will, sondern den Film auf ein Szenario „Mordszene-Füllsel-Mordszene-Füllsel-usw.“ reduziert. Ebenfalls etwas nervig auf die Dauer, aber wohl unvermeidlich, wenn man seinen Film im „Filmhochschul“-Millieu ansiedelt, ist der inflationäre Gebrauch von In-Jokes; insofern ist der Streifen zwar ein gefundenes Fressen für Filmgeeks, aber zur Handlung trägt das nicht unbedingt viel bei (besonders die „Coffy“- und „Foxy Brown“-Anspielungen).
Aber auch loben wollen wir mal – die beiden Kills, die auf tatsächlich bekannten urban legends basieren, sind nicht nur vom setup ziemlich clever, sondern, und damit kommen wir nahtlos zu den filmischen Aspekten, auch souverän gefilmt (falls jemand den Streifen noch nicht gesehen hat, ich mag nicht zu viel spoilern und werfe daher lediglich die Schlagworte „unfreiwillige Organspende“ und „Snuff“ in den Raum). Die übrigen Kills sind dagegen ziemlich mau – da fiel dann weder den Autoren noch dem Regisseur besonders intelligentes und/oder sehenswertes ein.
Insgesamt zieht Ottman sich aber als Regieneuling passabel aus der Affäre. Trotz der angesprochenen Script-Probleme gelingt es ihm, das Tempo des Films relativ hochzuhalten und auch die zwischen bedeutungslos und recht doof pendelnden Füllselszenen erträglich zu gestalten – überdurchschnittliche Kameraarbeit, effektiver Schnitt (den Ottman natürlich persönlich besorgte) und ein angenehmer Score (dito), der ohne chartkompatible Alternative-Rock-Songs auskommt, unterstützen Ottmans nicht immer spektakuläre oder innovative, aber handwerklich-stilistisch sehr sichere Inszenierung. Ottman ist sicher (noch) kein Singer, aber zumindest kompetent genug, um die ein oder andere eindrucksvolle Szene hinzubekommen.
Effekt- bzw. Gore-technisch verschießt der Streifen sein Pulver bereits in der ersten großen Killszene – was dort geboten wird, ist aber sowohl, was technische Umsetzung als auch effektiven Einsatz angeht, erste Sahne. Im weiteren Filmverlauf wird dre Kunstblutgebrauch aber drastisch zurückgeschraubt; Ottman versucht, den Streifen dann vom Splatter-Horror hin zum Suspense-Thriller (in gewisser Analogie zum „Film im Film“) zu drehen, was meines Erachtens nicht ganz funktioniert – der ein oder andere derbe Effekt hätte dem Film nicht geschadet (zumal „Suspense“ wiederum drehbuchbedingt nicht wirklich aufkommen kann).
Die jugendlichen Darsteller sind durch die Bank ziemlich blah – wie schon oben angedeutet, keiner hat eine richtige Identität, das sind alles austauschbare Calvin-Klein-Model-Gesichter, alle irgendwie ganz hübsch anzuschauen, aber ohne größere Spielfreude. Jennifer Morrison („Stir of Echoes“) liefert eine Vorstellung ab, die man fünf Minuten nach Filmende wieder vergessen hat, für Matthew Davis („Blue Crush“, „Below“) gilt ähnliches – und das ist für die beiden zentralen Charaktere einfach zu wenig. Routinier Hart Bochner (gerade erst gesehen in „Break Up“) hat zuwenige Szenen, um wirklich Eindruck zu schinden und Loretta Devine (einziger echter Tie-in zum ersten Film) wird auf die Dauer regelrecht nervig. Darstellerischen Frohsinn liefern wenigestens einige Nebendarsteller: Eva Mendes („2 Fast 2 Furious“) als lesbisches Script Girl hätte ein paar mehr Lines verdient gehabt, Jessica Cauffiel („Natürlich Blond“) persifliert recht gelungen eine typische talentfreie „Scream Queen“. Und auch Teutonen-Export Marco Hofschneider („Luther“) zieht sich in seinen Szenen recht gut aus der Affäre.
Bildqualität: In Punkto Bildqualität kann man Columbia Tristar ganz bestimmt keinen Vorwurf machen. Der anamorphe 2.35:1-Transfer ist zumindest auf meinem Equipment nahe dran, sich ein „perfekt“ zu verdienen. Exzellente Kanten- und Detailschärfewerte, auch der Kontrast kann überzeugen (wie immer recht wichtig bei einem Film, der insgesamt eher düster ist) – Blockrauschen oder Nachzieher wegen schlampiger Kompression sind auch nicht zu vermelden, ebenso wenig stören Mastering-Fehler oder Verschmutzungen den visuellen Genuss. Lediglich die Farben hätte ich mir gelegentlich etwas kräftiger gewünscht.
Tonqualität: Zwei Tonspuren stehen zur Wahl – die deutsche und die englische Sprachfassung, beide in Dolby 5.1-Qualität. Ich habe ausschließlich die originalsprachige Tonspur getestet, die lässt auch kaum Wünsche offen. Keinerlei Rauschen, exzellente Sprachqualität, angenehm unauffälliger Musik-Mix. Ein wenig mehr Schmackes hätte allerdings nicht geschadet, aber das ist Nitpickerei.
Extras: Auch die Ausstattung der DVD kann sich sehen lassen. Untertitelspuren in allen erdenklichen Sprachen sind bei einer Major-Veröffentlichung eigentlich selbstverständlich, außerdem gibt’s einen ganzen Schwung Bonusfeatures. Vergessen kann man ein kurzes vierminütiges Promo-Making-of. Gehaltvoller sind schon eine Reihe von deleted scenes, die man sich wahlweise mit Original-Ton (auf Wunsch untertitelt) oder mit Regiekommentar von John Ottman zu Gemüte führen kann. Außerdem gibt’s eine Blooper-Sektion, den Originaltrailer sowie Audiokommentar von Ottman auch für den ganzen Film ganz.
Fazit: „Düstere Legenden 2“ ist letztendlich ein solider Teenieslasher. Solide deswegen, weil die Schwächen des Drehbuchs von Ottmans nicht überragender, aber zumindest gutklassiger Regie übertüncht werden und dadurch, wenn schon kein großes Spannungskino, dann zumindest ein ansehnlicher Bodycount-Streifen geboten wird. Die darstellerischen Leistungen sind verbesserungsfähig, was die Hauptrollen angeht, charmant, was einige Nebendarsteller angeht; Pluspunkte verdient sich der Streifen durch zwei überragende Kills, Abzüge allerdings dann wieder dafür, dass er, wie sein Vorgänger, sein Konzept nicht durchhält und sich erneut einer ziemlich schwachsinnigen Auflösung bedient. Letzteres allerdings ist im Genre Teenieslasher nichts wirklich neues, ergo belasse ich es bei meinem Statement, dass ich mich mit „Düstere Legenden 2“ letztlich doch besser unterhalten habe als mit dem ersten Teil, einen dritten aber nicht wirklich brauchen würde (und es sieht ja auch nicht danach aus). Die DVD von Columbia TriStar vermag technisch und von der Ausstattung her zu überzeugen. Wer nicht von jedem Horrorfilm verlangt, die Konventionen des Genres zu sprengen, wird mit dem Film durchaus zufrieden sein und kann beruhigt in die Scheibe investieren.
3/5
(c) 2003 Dr. Acula