Drei Spaghetti in Shanghai

 
  • Deutscher Titel: Drei Spaghetti in Shanghai
  • Original-Titel: Crash! Che botte... strippo strappo stroppio
  • Alternative Titel: Supermen against the Orient | Three Fantastic Supermen in the Orient |
  • Regie: Bitto Albertini
  • Land: Italien/Hongkong
  • Jahr: 1973
  • Darsteller:

    Robert Malcolm (Captain Robert Wallace), Antonio Cantafora (Max), Sal Borghese (Jerry), Lo Lieh (Master Tang), Shih Szu (Suzy), Tung Lin (Chen-Loh), Alberto Farnese (Col. Roger), Ling Chiang (Girlfriend), Jacques Dufilho (Amerikanischer Konsul)


Vorwort

Dem FBI sind im Fernen Osten ein halbes Dutzend Gemeinagenten verloren gegangen. Das ist natürlich relativ peinlich und wird in der Chefetage eher kritisch beäugt. Man schaltet daher den Agenten Wallace ein – der ist zwar nicht der beste, aber das beste, was zu haben ist, auch wenn die Erfahrungswerte vergleichsweise katastrophal sind („aber nach der Explosion hat er alle Bruchstücke ordnungsgemäß katalogisiert!). Wallace wird von seiner Hochzeit weg gekidnappt und reist nach Bangkok, wo ihm eine mysteriöse Frau zuraunt, dass er einen gewissen Meister Tang in Hongkong kontaktieren soll.

Hongkong ist groß und die Einheimischen sind nicht sonderlich auskunftsfreudig. Dafür aber trifft Wallace seine alten Freunde, die Diebe Max und Jerry, die zum Kung-fu-Lernen vor Ort sind. Max und Jerry tricksen Wallace in einen Kampf mit ihrem Meister, der dem tapferen Agenten alle Knochen zerbröselt. Erst beim Anstandsbesuch im Krankenhaus stellt sich heraus, dass der Kung-fu-Meister niemand anderes ist als Tang, und der arbeitet für die Hongkonger Drogenfahndung. Ein Zweckbündnis ist rasch geschlossen.

Allerdings hätte Wallace gern eine neue Geheimwaffe, doch der US-Konsul in Hongkong rückt die zunächst nicht raus, außerdem haben es Max und Jerry auf ein Sümmchen von 10 Mio. Dollar abgesehen, das friedlich im Safe des Konsuls parkt. Nachdem Wallace dem Konsul endlich die Geheimwaffe – unkaputtbare Superanzüge, zu niemandes Überraschung – aus dem Kreuz geleiert hat, muss er sich auf einen Deal mit den Dieben einlassen. Er hilft ihnen beim Raubzug aus dem Konsulat, dafür greifen sie ihm bei seinen Ermittlungen schlagkräftig unter die Arme. Auch für Meister Tang und die geheimnisvolle Lady, die sich als seine Meisterschülerin erweist, hat Wallace nach Superanzüge übrig. Die Spur der fiesen Agenten-Entführer führt nach Taiwan…


Inhalt

Unter dem hübschen Titel „Drei Spaghetti in Shanghai“ (ungeachtet der Tatsache, dass unsere Helden schon allein aus politischen Gründen keinen Fuß nach Shanghai oder überhaupt in die VR China setzen können) in Deutschland vermarktet, handelt es sich bei diesem Film um die vierte Folge des langlebigen „Drei Supermänner“-Franchise, das mit „Die drei Supermänner räumen auf“ 1967 begann und 1984 mit dem erbärmlichen „Crash Boys“ sein Ende fand (nachdem es zwischendurch für zwei offizielle Instalments auch unter türkische Herrschaft geriet).

Mit stets variablem Cast, dessen einzige Konstante Sal Borghese als debiler sprachgeschädigter „Supermann“ ist, prügelten sich die verschiedenen Trio-Inkarnationen durch mehr oder weniger lustige Comic-Abenteuer, und mit dem eintretenden Kung-fu-Boom der frühen 70er war es nur folgerichtig, dass auch die Strampelanzugträger einen Ausflug nach Hongkong unternahmen und sich unter Zuhilfenahme lokaler Expertise in ein Eastern-Abenteuer stürzten.

„Drei Spaghetti“ rühmt sich dabei keines Plots, von dem er wüsste (die eigentliche Geschichte, die Suche nach den vermissten Agenten, wird dann auch in den letzten zehn Minuten reichlich hastig abgewickelt – über den Großteil der Laufzeit ist Wallace damit beschäftigt, sich von Max und Jerry foppen zu lassen, verprügelt zu werden und zu versuchen, vom Konsul die Superanzüge zu bekommen. Das bringt natürlich genügend Gelegenheiten für ausführliche Prügelszenen, auch wenn die Herrschaften sich erst vergleichsweise spät in die roten Anzüge propfen. Bis dahin wird’s durch die Schauplatzwechsel und die patentierte deutsche Kalauer-Synchro (die im letzten Akt leider etwas an Schwung verliert, aber dennoch für viele Lacher verantwortlich ist und bei einem Film, der auch in seiner Originalfassung das Niveau nicht erfunden hat, auch nicht unpassend wirkt) nicht langweilig, und da die chinesischen Statisten und Stuntmen allesamt Vollprofis sind (gerüchtehalber schwingt als unkreditierter Stuntman auch ein gewisser Jackie Chan Hand- und Fußkanten), sind auch die Actionszenen nicht von der simplen Prügelschule, sondern geizen auch nicht mit aus heutiger Sicht natürlich etwas altbackener, aber kompetenter Martial Art (und auch wenn ich Jackie nicht erkannt habe, so manches Gesicht in der Riege der HK-Aktiven kommt dem geübten Eastern-Vielkucker sehr bekannt vor).

In den guten alten Tagen gab’s für solcherlei Unterfangen dann auch noch ein zumindest ordentliches Budget für location shoots, die auch recht viel aus den „exotischen“ Schauplätzen rausholen. Das Tempo, das Bitto Albertini anschlägt, ist angemessen hoch, das Schwergewicht liegt natürlich eindeutig auf den Comedy-Elementen, auch in den Actionszenen.

Leading man Robert Malcolm (mit 1a-Pornobalken) ist ein wenig distinguierter Akteur, der 1973 für drei Filme das mit der Schauspielerei versuchte und danach wieder in der Versenkung verschwand. Er ist in den Actionszenen nicht sonderlich überzeugend, aber halbwegs charmant genug, um nicht negativ aufzufallen. Antonio Cantafora (Max) kann immerhin behaupten, mal bei Fellini gespielt zu haben (in „Intervista“), amtierte aber auch in „Supersonic Man“ und „Demoni 2“. Er sorgt hier für den jugendlichen frischen Wind, während Sal Borgese mal wieder für die grobe Comedy zuständig ist (aber man vergisst gerne, dass er ein wirklich guter Stuntman und Stuntkoordinator war, also wirklich was auf dem Kasten hatte). Hongkong-Veteran Lo Lieh, normalerweise einer der zuverlässigsten Eastern-Schurken, darf hier mal ausnahmsweise seine Heldengene ausführen und schlägt sich auch in einer positiven Rolle recht gut (auch wenn sein eineinhalb-Tage-Bartschatten immer noch „BÖSE“ kreischt), den Schurkenpart übernimmt mit Lin Tung ein anderer routinierter, aber seltener mit großen Parts ausgestatteter HK-Akteur, der u.a. mehrfach mit Wang Yu und in „Tiger der Todesarena“ auch mit Jackie Chan spielte. Die Rolle des ass-kickin‘ babes geht an Szu Shih, die 1974 auch im Hammer/Shaw Brothers-Crossover „Die sieben goldenen Vampire“ am Start war und mehrfach mit Ti Lung vor der Kamera stand. Nicht vergessen möchte ich Jacques Dufilho („Nosferatu“) als hysterisch-komischen US-Konsul, der nicht nur ob seiner deutschen Synchronstimme heftig an Louis de Funes und seinen Mannerismen orientiert zu sein scheint.

Wie eigentlich alle Supermänner-Filme lebt auch dieser sein Potential nicht voll aus, ist aber wohl der letzte wirklich sehenswerte Film der Reihe, die danach sowohl „künstlerisch“ (ähm) als auch kommerziell keine Bäume mehr ausriss, weil das Konzept lächerlicher Pseudo-Superhelden in einer Zeit, in der man sich den echten Superman im Kino ansehen konnten, sich einfach überlebt hatte. Heute sieht’s natürlich wieder anders aus – angesichts der gigantomanischen Materialschlachten des modernen Superheldenfilms ist so ein naiver nostalgischer Spaß wieder richtig erfrischend und im Subgenre des italienischen Spandex-Films kann man schlechtere Filme finden als diesen…

3,5/5
(c) 2017 Dr. Acula


mm
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