Draculas Haus

 
  • Deutscher Titel: Draculas Haus
  • Original-Titel: House of Dracula
  •  
  • Regie: Erle C. Kenton
  • Land: USA
  • Jahr: 1945
  • Darsteller:

    Lon Chaney jr. (Larry Talbot/Der Wolfsmensch), John Carradine (Dracula), Martha O’Driscoll (Miliza Morelle), Lionel Atwill (Inspector Holtz), Onslow Stevens (Dr. Edelmann), Jane Adams (Nina), Ludwig Stoessel (Siegfried), Glenn Strange (Das Monster), Skelton Knaggs (Steinmuhl)


Vorwort

Universalmedizingenie Dr. Edelmann, ansässig im bekannten Nabel der studierten Welt Visaria (immerhin, man rettet die Schreibweise vom letzten in diesen Film), wundert sich über ungewöhnlichen Besuch: Graf Dracula! Der alte transsylvanische Blutsauger (der, wie auch immer, seinen eigentlich terminal beendeten Auftritt in „House of Frankenstein“ unbeschadet überlebt hat) ist aber, zumindest nicht primär, hinter dem Lebenssaft der attraktiven Assistentinnen des Dottores (Miliza und Nina, letztere ausgestattet mit einem dem Gesamteindruck abträglichen Buckel), her, sondern sucht Heilung von seinem „Fluch“. Nachdem er Edelmann erfolgreich davon überzeugt hat, ein echter Vampir (nebst Sarg mit Heimatscholle) zu sein, darf er sich in des Doktors Kellergewölben häuslich einrichten und sich alle Nase lang zu Bluttransfusionen einfinden.

Im Zuge seiner Forschungen findet Edelmann heraus, dass des Vampirs Blutkörperchen von einem fiesen Parasiten befallen sind, was ihn eben zum Blutsauger macht. Doch nicht nur daran forscht der Doktor, nein, er will auch noch Ninas Buckel heilen und züchtet daher in einem Treibhaus einen pflanzlichen Wirkstoff, der, wie sich der Doktor ausdrückt, kalziumbasierte Feststoffe (manche Leute sagen auch „Knochen“ dazu) aufweicht und verformbar macht.

Dieweil kündigt sich ein weiterer Patient an – Larry Talbot (auch er eigentlich im letzten Film per Silberkugel endgültig erlegt), auch er bittet um Hilfe. Da Edelmann gerade mit Dracula beschäftigt ist (und ihm, warum auch immer, sein, also Edelmanns, Blut überträgt), andererseits auch gerade Vollmond ansteht, kann Larry nicht warten und liefert sich lieber zwecks Schutzhaft im örtlichen Knast ein (der Lynchmob formt sich bereits prophylaktisch. Diese Dörfler sind auf Zack). Der von Inspektor Holtz alarmierte Edelmann kann an Ort und Stelle miterleben, wie Larry sich in den Werwolf verwandelt. Das überzeugt ihn, Larry als Patienten aufzunehmen. Er hat auch eine streng wissenschaftliche Hypothese am Start, warum Larry zum Tier wird: „Druck auf gewisse Gehirnregionen“ kombiniert mit einer Selbsthypnose lassen Larry die physische Transformation gelingen. Mit seiner Wundersubstanz könnte Edelmann Larrys Schädel aufweichen und den Druck vom Brägen nehmen. Allerdings hat er nicht genug von der Substanz, um sofort zur Tat zu schreiten, weswegen der gefrustete Larry sich stantepete in suizidärer Absicht von einer Klippe ins Meer stürzt (das Visaria an der Küste liegt, ist übrigens ein neuer Aspekt der Geographie. Mann, könnt Ihr Euch EINMAL einigen?). Zum Glück weiß jeder, inklusive Nina und Miliza, dass es eine Höhle gibt, in die Larry gespült worden sein könnte. Todesmutig lässt sich der Doktor abseilen, wird vom Werwolf prompt attackiert, aber dank hervorragenden Timings geht der Mond rechtzeitig genug unter, um Larry zurückverwandeln und von killenden Aktivitäten Abstand nehmen zu lassen. In der Grotte findet sich, weil wir lassen ja nichts aus, auch das immer noch nicht hinübere Frankenstein-Monster nebst der skelettierten Leiche von Dr. Niemann (schön, dass wir zumindest DIESEN Fakt aus dem Vorgängerfilm aufgreifen, wenn wir schon den ganzen Rest ignorieren). Edelmann ist über den Fund begeistert – nicht nur, dass die Höhle ideales Aufzuchtgebiet für seine Wunderkur ist, nein, am Monster möchte er am liebsten sofort basteln. Larry und Nina reden ihm grad noch so erfolgreich ins Gewissen.

Was macht dieweil Dracula? Mir Kopfzerbrechen. Denn obwohl er bei Edelmann Heilung von seinen blutsaugerischen Umtrieben sucht, hält ihn das nicht davon ab, Miliza zu hypnotisieren und möglichst zu seinesgleichen zu machen (könnte sich der Herr vielleicht mal einigen?). Edelmann gelingt es, unter einem Vorwand Dracula zu einer sofortigen weiteren Bluttransfusion zu überreden, von der er erhofft, sie würde den Vampir von seinem Vorhaben abbringen. Doch Dracula dreht den Spieß um, schaltet die assistierende Nina temporär aus und dreht die Bluttransfusion um! Nun rinnt Draculas Blut in Edelmanns Venen!

Edelmann kommt rechtzeitig genug zu sich, um sich mit einem Kreuz zu bewaffnen, Miliza vor des Grafen (in treuer Serientradition nie gezeigten) Fangzähnen zu retten und ihn in die Kellergewölbe zu verfolgen. Dracula gelingt der vermeintlich rettende Sprung in den Sarg, aber der fiese Doktor schiebt den Sarg ins Licht der aufgehenden Morgensonne und reißt den Deckel auf. Instant Vampire Skeleton!

Aber Draculas Blutgeschenk wirkt nach – der Doktor ist seltsam verändert und bemerkt bei einer Inspektion vor dem Spiegel, dass sich sein Spiegelbild in Luft auflöst. Tja, der Doktor ist nun selber ein Vampir geworden, so ein Ärger (allerdings äußert sich das eher in einer „Jekyll & Hyde“-Variante. Edelmann hat klare Momente, verfällt aber in schöner Regelmäßigkeit in einen Wahnsinn, der ihn offensichtlich auch die Kontrolle über Haar- und Bartwuchs verlieren lässt. Die üblichen Vampirregeln gelten für ihn nicht). Und sein neues vampirisches Selbst befiehlt ihm umgehende Frankenstein-Monster- erweckende Tätigkeit (in einer Flashback-Visions-Traumsequenz fiedelt das Script frecherweise sogar Footage aus „Bride of Frankenstein“ ein), und Nina soll er von ihrem Buckel befreien und vermutlich ehelichen oder beißen oder beides zusammen.

Sein erster Versuch, das Monster zu erwecken, scheitert an mangelnder Kapazität der elektrischen Anlagen. Nina stellt ihn zur Rede – der Doktor kunftet aus, sofort zu ihrer Operation schreiten zu wollen, aber sie wehrt ab, der arme Larry Talbot sei der wichtigere Fall, auch wenn von der Wundersubstanz nur genug für eine OP vorhanden ist (natürlich hat sich Miliza inzwischen unsterblich in den „jungen Mann“ verliebt. Dabei sieht Talbot mindestens aus wie Mitte 40). Edelmann verordnet postoperative Ruhe, jeglicher psychische oder physische Stress könnte die positiven Effekte der Behandlung ungeschehen machen.

Larry gehorcht skeptisch, dafür erwacht in Edelmann der Blutrausch. Heimlich, aber von Larry verwundert beobachtet, versteckt sich Edelmann auf der Kutsche seines Lakaien Siegfried, fährt mit ihm in die Stadt, aber nur, um ihn während der Fahrt anzugreifen und unter fadenscheinigen Argumenten umzubringen. Wie jeder weiß, ist ein Lynchmob innerhalb von drei Sekunden organisiert – die Dorfbevölkerung möchte zur Selbstjustiz schreiten, aber Holtz verhindert schlimmeres, fahndet aber persönlich in Edelmanns Klinik – unter chronischem Verdacht steht Larry, aber der hat der OP sei dank ein wasserdichtes Alibi. Larry weiß aber, wer der Killer ist und stellt Edelmann zur Rede. Der gesteht alles, bittet Larry aber, solange die Klappe zu halten, bis er Nina auch operiert hat.

In Siegfrieds Faust wurde inzwischen ein Kleideranhänger o.ä. gefunden, der Edelmann belastet. Holtz verspricht Überprüfung, aber der Mob mag nicht warten und formiert sich zum Sturm auf die Klinik. Vollmond ist auch und Larry testet aus, ob er transformiert oder nicht – die Operation war ein Erfolg! Alles jubelt, alles lacht, bis auf Edelmann, der ist nämlich schon wieder in seinem Labor und jagt dem Monster belebenden Strom in die Elektroden. Nina ertappt den vampirischen Monsterbastler, wird aber von ihm angegriffen und umgebracht. Larry stürmt mit Holtz und seinen Cops ins Labor…

(SPOILER) Das Frankenstein-Monster killt die namenlosen Sidekick-Cops, Holtz wird von Edelmann in einen Trafo geschubst und verröchelt elektrotechnisch. Larry kann Edelmann mit handelsüblicher Wumme erschießen. Das Frankenstein-Monster empfindet Trauer über den neuerlichen Verlust eines Monsterdaddys und möchte Larry killen. Es gelingt dem Ex-Wolfsmenschen, ein Feuer zu legen und den hereinplatzenden Lynchmob erfolgreich zu warnen. Das Monster bekommt wieder mal ein Haus auf den Kopf (genauer gesagt, das aus „Ghost of Frankenstein“, woher die Schlussszene recyclet wurde), Larry ist geheilt und kann mit Miliza ein neues Leben in Angriff nehmen…


Inhalt

Mit „House of Dracula“ nahm die klassische Universal-Frankenstein-Reihe (zu der der Film trotz des Titels gehört, allerdings ist die Betitelung zumindest ehrlich, denn wieder einmal spielt das Frankenstein-Monster nicht mal die zweite, sondern bestenfalls die vierte oder fünfte Geige) ihren Abschied, um erst 1948 für den Spoof „Abbott & Costello meet Frankenstein“ (der die Geschehnisse in „House of Dracula“ selbstredend völlig ignorierte, was aber wieder zur dis-continuity der Serie passt) letztmals belebt zu werden.

Das Team, das „House of Dracula“ in Angriff nahm, war im großen und ganzen mit dem von „House of Frankenstein“ identisch – wieder führte Kenton Regie, wieder schrieb Lowe das Script (dieses Mal aber eine Originalstory ohne Curt-Siodmak-Ideen). An der Kamera wie fast immer George Robinson, der Cast, zumindest, was die Monster angeht, wieder dabei – Lon Chaney als Werwolf, John Carradine als Dracula, Glenn Strange als das Monster.

Und dennoch (oder gerade deswegen?) ist „House of Dracula“ eine ziemlich konfuse Angelegenheit, speziell im Story-Department, und gerade was den Anschluss an „House of Frankenstein“ angeht. Tragisch, wo Edward T. Lowe doch beide Filme schrieb und eigentlich hätte wissen müssen, was er tut. Jaja, ich weiß, Geschichten sind Schall und Rauch, interessieren keinen Menschen und schon gar nicht beim siebten Teil der Frankenstein-Reihe, aber in seiner vorliegenden Form ist der Film ein einziges Plothole in sich. Woher Dracula und der Wolfsmensch kommen, die ja im letzten Film, gerade mal ein Jährchen zuvor, recht endgültig aus dem Verkehr gezogen wurden, bleibt völlig offen – die sind einfach da! Damit hätte ich leben können, wenn der Film nicht ausdrücklich, beim Auffinden des Frankenstein-Monsters, auf die Ereignisse des Vorgängers Bezug nehmen würde (hätte man auch das Monster ohne Verweis auf „House of Frankenstein“ übernommen, hätte ich weniger Bauchschmerzen Das wäre zwar einfallslos, aber zumindest konsequent inkonsequent und würde beim mitdenkenden Publikum – das natürlich nicht vorausgesetzt wird – weniger Kopfzerbrechen auslösen). Die grandiose geographische Continuity des Orts Visaria wird wieder mal gnadenlos fortgesetzt, jetzt liegt der mitteleuropäisch-deutsche Ort also direkt am Meer und hat seine eigene Felsklippe – schick. Würde gern mal in so einem Wandel-Ort leben, da ist das Leben wenigstens spannend, wenn man nie weiß, welche Berge, Seen oder sonstige topographischen Eigenheiten der Herrgott über Nacht neu gebaut hat.. Bemerkenswert ist selbstredend auch Visarias Mad-Scientist-Schwemme. Dort muss wirklich jeder dritte Einwohner Absolvent der Frankenstein-School-of-Bad-Ethics-and- Experimental-Medicine sein (lustig ist insofern auch, dass die diversen Doktoren, die sich ja, die räumliche und zeitliche Nähe der diversen Filmfolgen mal als Gospel akzeptiert, alle kennen müssten, jeder vor sich hin forschen und experimentieren). Und natürlich hat jeder aufrechte Forschersmann, so auch unser Dr. Edelmann, im Keller seines Schlosses (das er natürlich bewohnt) eine voll funktionsfähige Frankenstein-Monster-Auferweckungs-Maschine (vermutlich serienmässig mitgeliefert). Ja, ich weiß, wenn man nur ’ne knappe Stunde Spielzeit hat, kann man sich nicht mit großartiger Handlungs- und Charakterentwicklung aufhalten, da muss alles fertig sein, ohne umständlich eingeführt werden zu müssen, aber wenn man länger als ’ne Mikrosekunde drüber nachdenkt, ist das schon sehr belustigend.

Dabei hat die Story durchaus ihre guten (bzw. besseren) Ideen – Dracula als „Opfer“ seines Fluchs darzustellen, fiel der Universal-Serie zuletzt bei „Dracula’s Daughter“ ein, wo sich die sort-of-Titelcharakterin ja ebenfalls wünschte, von ihrem Zwang zum Blutsaugen geheilt zu werden. Im Bestreben, ja keine Zeit zu verlieren, modelte Lowe die komplette Story von „Dracula’s Daughter“ hier in die drei größeren Auftritte des Vampirs und machte sie damit lächerlich bis unglaubhaft. Die Gräfin aus „Dracula’s Daughter“ verfiel erst auf den Gedanken, sich einen neuen Gefährten für die Ewigkeit zu suchen, als ihr klar wurde, dass ihre „Krankheit“ nicht heilbar ist – unser hiesiger Dracula operiert gleich zweigleisig – er sucht Heilung, bearbeitet aber gleichzeitig ein potentielles Opfer. Wie denn nu? Ist Dracula nun eine tragische Figur, der unter seiner Unsterblichkeit leidet oder begreift er die Behandlung bei Edelmann nur als Chance, dessen attraktiver Sprechstundenhilfe bei bester Gelegenheit in den Hals zu beißen (aber wenn, warum lässt er dann des Doktors zweifelhafte Behandlung mit stoischer Gelassenheit über sich ergehen?)? Der Mann weiß nicht, was er will.

Larry Talbot AKA der Wolfsmensch weiß dagegen ziemlich genau, was er will, nämlich seit drei Filmen das Gleiche, aktive Sterbehilfe, wenn’s mit Heilung nicht klappt. Es ist das Manko des eigentlich durchaus interessanten Werwolfs-Charakter, dass Universal bzw. deren Lohnschreiberlingen nie wirklich etwas besonders Denkwürdiges, was man mit ihm anstellen könnte, einfiel. Larry zieht wieder mal seine „ich-will-sterben“-Routine durch, darf aber zumindest ein Happy End erleben. Es bleibt aber dabei, dass der Werwolf bzw. das, was die Autoren zum Thema zu Drehbuchpapier brachten, von den großen drei Horrorarchetypen des Franchise-Crossovers, mit dem Frankenstein-Monster und Dracula in seinen diversen Inkarnationen rein vom Interesse des Zuschauers her nicht mithalten kann. Da Chaney aber der nominelle Star der Serie (seit „The Wolfman“) war, wurde er künstlich zum zentralen Charakter aufgebaut und die anderen Figuren an den Rand gedrängt. Dracula geht’s, obwohl sein Auftreten teilweise sogar vom Aufbau der Szenen her wie ein Wiederholungsspiel wegen des großen Erfolgs aus „House of Frankenstein“ wirkt, besser als dem Frankenstein-Monster, das erneut nur für einen Zwei-Minuten-Auftritt gen Filmende gebraucht wird (und der besteht teilweise aus Stock Footage aus „Ghost of Frankenstein“ mit Stuntman Eddie Parker im Monster-Make-up) – die kuriose Traumsequenz, in der die Filmemacher auch Material aus „Bride of Frankenstein“ verwursteten, mal ausgeklammert.

Aber es ist nichts neues, spätestens seit „Frankenstein meets the Wolf Man“ (eigentlich aber schon ab „Son of Frankenstein“) war Universal jede noch so billige Ausrede für einen neuen Frankenstein- Film Recht, also erwarten wir keine nobelpreisverdächtigen Dramen, sondern einfach einen einigermaßen funktionierenden Reißer. Immerhin ist „House of Dracula“ nicht so episodisch wie „House of Frankenstein“, die Geschichte ist einheitlicher und erlaubt zumindest allen prinzipiellen Monster-Charakteren, innerhalb der selben Rahmenhandlung zu agieren (wenngleich Wolfman und Frankenstein-Monster erneut keine Sekunde mit Dracula zusammen auftreten). Von den Monstern hat Dracula eindeutig die spektakulärsten Auftritte – Larry Talbot begnügt sich mit einer einzigen Verwandlung (und hat am Body Count überhaupt keinen Anteil), das Frankenstein-Monster, nunja, siehe oben, ist wieder der Hintergrund-Hinkucker und besserer Komparse. Dafür führt der Film eine Art „neues Monster“ ein – wie schon in der Inhaltsangabe erwähnt, ist der „vampirisierte“ Dr. Edelmann weniger ein Vampir im Sinne der Mythologie denn vielmehr ein klassischer Jekyll & Hyde-Charakter. Durchaus möglich und wahrscheinlich, dass Universal mit Wonne ein Horrormotiv, an dem das Studio keine eigenen Rechte hielt, abrippte, um’s die Konkurrenz zu ärgern (die letzte große Verfilmung der Stevenson-Vorlage hatte MGM 1941 mit der allgemein geschätzten Spencer-Tracy-Version abgeliefert und damit die Paramount-Version von 1931 mit Fredric March abgelöst). Das ist ein bisschen frischer Wind, der über die ausgetretenen Pfade bläst.

Drollig sind übrigens die mit todernster Miene vorgetragenen pseudowissenschaftlichen Erklärungen für die Vampir- bzw. Werwolfsymptome. Ich weiß nicht, ob Universal bzw. Lowe absichtlich versuchten, die Serie aus dem Reich des Okkult-Übersinnlichen in die wissenschaftliche Ratio zu verpflanzen, um damit ggf. Zensoren einen Gefallen zu tun, auf jeden Fall ist es unfreiwillig witzig, Edelmann über (sogar bildhaft gezeigte und gar niedliche!) Blutparasiten und „Druck auf das Hirn“ rhabarbern zu hören. Fun!

Stilistisch-optisch ist „House of Dracula“ trotz seines gelegentlichen übertriebenen Stock-Footage-Einsatzes (neben den Leihnahmen aus „Ghost“ und „Bride“ bedient sich der Film für Überblendungen und Landschaftsaufnahmen beinahe ausschließlich Stock Footage) manchmal wieder richtig gut. George Robinson zeichnet einige tolle Bilder auf die Leinwand, die man der Serie spätestens seit „Son of Frankenstein“ eigentlich gar nicht mehr zugetraut hätte – vielleicht war Robinson bekannt, dass die Serie mit diesem Film vorläufig eingestellt werden würde und wollte noch mal zeigen, was er kann, auf jeden Fall geizt der Streifen nicht mit sehenswerten Schattenspiel-Einstellungen, die manchmal wieder an große expressionistische Traditionen erinnern.

Regisseur Kenton treibt das Geschehen, der kurzen Laufzeit geschuldet, mit Siebenmeilenstiefeln voran und verschwendet kaum eine Sekunde auf langweiliges Charakter-Blabla – auch wenn die Monsterauftritte, wie gesagt, nicht übermäßig zahlreich sind, bei 64 Minuten kann man sich Überflüssigkeiten nicht erlauben und muss daher flott zu Werke gehen. Kenton gelingt das mit all seiner Routine ganz gut.

Auf der FX-Seite geht „House of Dracula“ auf Nummer Sicher – es gibt ausschließlich bewährte Tricksereien – Draculas Verwandlung mittels Zeichentrick, die Sequenz aus „House of Frankenstein“, in der dem skelettierten Vampir Blutgefäße und Muskeln „wachsen“, wird dieses Mal in umgedrehter Reihenfolge zelebriert, des Werwolfs Verwandlung ist mittlerweile auch Routine (und das Make-up wird und wird nicht furchteinflößender). Für John P. Fulton ungewohnt schlampig sind ein paar Fledermaus-Tricks, bei denen man überdeutlich die Marionetten-Drähte bewundern kann.

Darstellerisch muss man konstatieren, dass Lon Chaney seine Rolle mitlerweile wirklich im Automatik-Modus absolviert – einzig sein exklusiv in diesem Film getragener Schnurrbart unterscheidet seine Vorstellung hier merklich von denen aus den Vorgängerfilmen. Chaney ist, man verstehe mich nicht falsch, nicht unsympathisch, aber er wirkt unmotiviert – ich kann’s ihm angesichts der Schwäche des Charakters bzw. des Scripts dahingehend nicht wirklich verübeln. John Carradine knüpft seine Performance exakt an „House of Frankenstein“ an. Er spielt den Dracula ohne „erotische“ Ausstrahlung erneut als distinguierten Aristokraten. Das Problem an dieser Herangehensweise ist, dass man ihm nie abkauft, dass er tatsächlich unter dem „Fluch leidet“ (vielleicht ist das aber der Punkt…). Ich halte erneut – und trotzdem – daran fest, dass ein reinrassiger Dracula-Film mit Carradine eine sehenswerte Variation des Themas hätte sein können. Glenn Strange als Frankenstein-Monster hat zu wenig zu tun, um ernstlich bewertet werden zu können. Von der „Stammbelegschaft“ lässt sich natürlich auch der unvermeidliche Lionel Atwill wieder blicken, mit Sicherheit aber in seinem eindrucklosesten Auftritt in der Serie.

Die „Neuzugänge“ sind nicht schlecht – Jane Adams, später im B-Horror „The Brute Man“ und im ersten „Batman & Robin“-Serial als Vicki Vale am Start, ist ein Schnucki, selbst mit Buckel (und ich empfinde es übrigens als ziemlich uncharmant, dass ihr Nina-Charakter im „Monsteraufzähl“- Trailer tatsächlich als Monster gezählt wird… sie ist ja eindeutig eine von den „Guten“) und macht auch schauspielerisch nicht den schlechtesten Eindruck. Zumindest gefällt mir ihre Vorstellung besser als die der nominell höhergebillten Martha O’Driscoll als Miliza. O’Driscoll hatte zuvor in einigen Abbott & Costello-Komödien gespielt und zog sich im Alter von 25 Jahren, nach ihrer zweiten Eheschließung, aus dem Biz zurück. Ich weiß nicht genau, was mich an ihrer Leistung „stört“, vielleicht ist es die mangelnde Chemie mit ihrer „Love Interest“ Lon Chaney, aber sie haut mich halt einfach nicht vom Hocker. Immerhin gönnt ihr George Robinson einen für damalige Verhältnisse sicherlich ziemlich, eh, frechen „upskirt“-Shot (was man 1945 darunter verstand, of course).

Onslow Stevens, verdienter Character Player des 30er- und 40er-B-Films, am Start in Filmen wie „The Monster and the Girl“, „Appointment in Berlin“ und „Mark of the Gorilla“, überzeugt dagegen. Sowohl den streng wissenschaftlichen Akademiker als auch den durchgeknallten Wahnsinnigen verkörpert Stevens mit Gusto – zurückhaltende, nuancierte Mimik im „Normalo“-Modus, exaltiertes Overacting vom Feinstern im „Monster“-Modus. Schön! In einer kleinen, aber nervigen Nebenrolle präsentiert sich Skelton Knaggs (gefragter 40er-Jahre B-Bit-Player, so z.B. in „Isle of the Dead“, „The Invisible Man’s Revenge“ oder „Dick Tracy meets Gruesome“) als Dwight Frye für chronische Bankrotteure.

Bildqualität: Im Vergleich zu den anderen Filmen aus der Monster-Legacy-Box ist das Bild von „House of Dracula“ insgesamt ein wenig weicher, grieseliger und besonders in den Bildecken verwaschener. Minimale Laufstreifen stellen sich ein, aber insgesamt stört das den Filmkonsum kaum. Die Kompression (der Datenträger beherbergt auch „Son of Dracula“) ist in Ordnung, der Kontrast könnte stellenweise verbessert werden, aber das Ausgangsmaterial war wohl nicht ganz so proper wie bei den meisten anderen Filmen der Sammlung.

Tonqualität: Dafür kann der Ton überzeugen – der englische Mono-Track klingt beinahe wie aus dem Ei gepellt, ist klar und exzellent verständlich, der pompöse Soundtrack kommt ebenfalls zur Geltung. Universal bietet die üblichen weiteren Tonspuren auf Deutsch und Französisch sowie einige Untertitelspuren.

Extras: Auch hier das bekannte Bild – mehr als den Kinotrailer gibt’s nicht.

Fazit: „House of Dracula“ ist also der Schwanengesang der, hüstel, ernsthaften „Frankenstein“- Reihe. Drei Jahre später traten Werwolf, Vampir und Monster (in identischer Besetzung) noch in „Abbott & Costello meeet Frankenstein“ auf und sicherten so den dortigen Hauptdarstellern einen unerwarteten zweiten Karrierefrühling, der sie noch weit in die 50er Jahre trug (auch wenn der A & C-Humor eher schlecht gealtert ist) und ergaben sich damit endgültig dem Schicksal, Witzfiguren zu sein. Wenn man „House of Frankenstein“ und „House of Dracula“ mal zusammengerechnet betrachtet, muss man froh sein. Es ist klar, dass den Autoren schlicht nichts mehr einfiel – immer wieder wurden die gleichen Ideen aufgewärmt (speziell was den Werwolf anging), immer weniger war neu und originell und WENN man sich an Originalität, wie hier den pseudowissenschaftlichen Schwurbeleien, versuchte, wurde es lächerlich. Als Film für sich allein ist „House of Dracula“ trotz des höheren Anteils an unfreiwilliger Komik etwas besser als „House of Frankenstein“ – die einheitlichere Geschichte und vor allem Onslow Stevens tragfähige Vorstellung als zwangsweise persönlichkeitsgespaltener Mad Scientist verschaffen „House of Dracula“ die Pluspunkte. Unterhaltsam ist das allemal, ein guter Film ist’s deswegern aber noch lange nicht.

3/5
(c) 2006 Dr. Acula


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