Dr. Moreau’s House of Pain

 
  • Deutscher Titel: Dr. Moreau's House of Pain
  • Original-Titel: Dr. Moreau's House of Pain
  • Alternative Titel: Dr. Moreaus Haus des Schmerzes |
  • Regie: Charles Band
  • Land: USA
  • Jahr: 2004
  • Darsteller:

    John Patrick Jordan (Eric „Kid“ Carson), Jessica Lancaster (Judith), Debra Mayer (Mary Anne), Peter D. Badalamenti II (Gallagher), B.J. Smith (Peewee), Lorielle New (Aliana), Ling Aum (Pak), Jacob Witkin (Dr. Moreau), Laura Peterson (Gorgana)


Vorwort

Hollywood, in den 30ern. Der junge Boxer Eric „Kid“ Carson, von der Allgemeinheit eher als minder talentiert eingeschätzt, sucht mit seiner Freundin Judith und der Journalistin Mary Anne seinen vermissten Bruder. In einem schäbigen Nightclub findet Eric eine Spur – sein Bruderherz war, so kunftet der Bartender aus, Stammgast und mit der heißen Stripperin Aliana, die eine Domina-Nummer abzieht, bestens bekannt. Auf Aliana fährt auch der Gangster Johnny Q ab, was allerdings nicht auf Gegenliebe stößt. Der entsetzte Eric wird Augenzeuge, wie Aliana dem Ganoven mit einem Schlag das Hirn aus dem Schädel donnert.

Das dynamische Trio verfolgt Aliana zu einem abgelegenen Grundstück, ehedem Sitz einer Irrenanstalt. Auch wenn Judith nicht begeistert ist, wird beschlossen, das Gelände zu entern und den Vermissten dort aufzuspüren. Allerdings ist das Areal nicht nur Alianas Geläuf, sondern auch Unterschlupf von Tiermenschen – und einer davon kidnappt umgehend Mary Anne und bringt sie zu Dr. Moreau, dem Menschenmetzger. Mary Anne hat nicht viel davon, weil sie praktisch sofort Moreaus Geschöpf Peewee, einer Kreuzung aus Hyäne und Puma und leider nicht sonderlich helle, zur Abreagierung seiner diversen Gelüste überlassen wird. Und Peewee ist da ziemlich rabiat…

Judith und Eric geht’s zumindest etwas besser – sie werden erst mal nur in Käfigzellen gesperrt, weil man noch Verwendung für sie hat. Speziell Aliana wüsste so einiges, was sie mit Eric anstellen könnte und eine Probenummer wird auch schnell geschoben, nicht, dass Eric sich groß verweigern könnte.

Als er zu Dr. Moreau gebracht wird, erfährt Eric Einzelheiten. Auch der Doktor ist hier mehr oder weniger nur Gefangener von Peewee und Gallagher (einem Schweinemonster). Moreau musste nämlich feststellen, dass seine Kreaturen, die er, wie die Lore es vorschreibt, auf einer Südseeinsel erschaffen hat, um so schwieriger zu kontrollieren wurden, je menschlicher sie wurden, und mittlerweile hat Gallagher absolut das Sagen. Moreau lebt nur noch, weil die Tiermenschen ihn brauchen, zwecks Einbau von Ersatzteilen und perspektivisch weiterer Vermenschlichung.

Alianas Ziele sind andere – sie, ebenfalls nicht so menschlich wie sie aussieht, braucht einen Zeugungspartner, um, wie Moreau hofft, als Krönung seiner Forschung echte menschliche Nachkommenschaft zu gebären, und Eric scheint dafür grundsätzlich geeignet.

Es gibt allerdings noch eine weitere Partei – Pak, Moreaus ehemaligen Assistenten, der sich der Tiermenschenrevolte unbürokratisch angeschlossen hat und nun ein Auge auf Judith geworfen hat. Nicht aus persönlichem Interesse, sondern weil er eine Tochter hat, die durch Moreaus Experimente grausam entstellt wurde und seiner Ansicht nach sollte sich der Doktor primär darum kümmern, Gorganas menschliche Erscheinung mit Hilfe von Judiths perfektem Körper wiederherzustellen. Als ob das nicht genügend kollidierende Interessenlagen wären, hat Gallagher aber noch ein ein Schweineauge oder zwei auf Aliana gerichtet, die allerdings freilich nichts davon wissen will, sich von einem Schwein besteigen zu lassen.

Ein ziemlicher Kuddelmuddel, in den Eric und Judith da geraten sind – auch wenn Eric es nicht gerne sieht, aber der einzige potentielle Verbündete scheint ausgerechnet Dr. Moreau zu sein…


Inhalt

Wenn Charles Band sich anno 2004 an einem klassischen Horror-Stoff vergreift, darf man schon vorsichtshalber mal den Schutzhelm aufsetzen. Mit den um diese Zeit üblichen Full-Moon-Budgets und dem damit einhergehenden Einsatz „künstlerischer“ Mittel ist zu befürchten, dass die Nummer eher peinlich endet.

Aber Charlie war offenbar entschlossen, den frei nach H.G. Wells fabulierten Stoff als eine Art Prestigeprojekt für sein Unternehmen zu betrachten. Das Budget schätzt die IMDb auf immerhin 300.000 Dollar, was so ca. das Zehnfache wäre, was Full Moon gemeinhin auszugeben gedenkt, und noch dazu wurde der Streifen tatsächlich auf echtem 35-mm-Zelluloid gedreht, eine Behandlung, die Band in der Ära nur noch dem (verunglückten) „Trancers 6“ angedeihen ließ.

Der Großteil des Budgets dürfte in die Masken und Effekte geflossen sein, denn für ein Script und richtige Schauspieler blieb mal wieder nicht so viel übrig. Aber das ist beinahe schon unangemessen kritisch, denn auch, wenn „Dr. Moreau’s House of Pain“ nicht wirklich einen Plot hat, der über „Helden geraten in Moreaus Fänge und versuchen wieder zu fliehen“ hinausgeht, ist das Ding von Earl Kenton („Mandroid“, „Invisible: The Chronicles of Benjamin Knight“, „Veronica 2030“) deutlich sorgfältiger geschrieben als der übliche 2000er-Full-Moon-Hobel. Das gilt sicher nicht für die „Helden“, die der blasseste Haufen textaufsagender Nasenbären sind, die das Arbeitsamt vorbeischicken konnte (die Ausnahme, Debra Mayer, die von Band schon gewinnbringend in „Blood Cult“, „Hell Asylum“ und „Voodoo Academy“ eingesetzt wurde, wird ja schon nach ner guten Viertelstunde abserviert), aber auf Schurkenseite sieht das schon ganz anders aus.

Kenton versucht, von der klassischen Vorlage her einigermaßen schlüssig weiterzufabulieren und jedem Charakter auf Seite des Bösen (oder Amoralischen) eine gesunde, glaubhafte Motivation zu verpassen. Moreau ist ein fraglos irregeleiteter, aber an den Nutzen seiner Forschung glaubender Wissenschaftler, Gallagher und Peewee wünschen sich verständlicherweise mehr Menschlichkeit, um so etwas ähnliches wie ein normales Leben führen zu können, bei Aliana ist es der angeborene Instinkt, sich fortpflanzen zu wollen, und Pak will „nur“, dass Moreau die Schäden, die er an seiner unschuldigen Tochter angerichtet hat, repariert. Dass alle Parteien dafür in Kauf nehmen, dass dafür andere Menschen sterben müssen, ist aus ihrer Sicht verständlich, weil für ihre persönlichen Schicksale irrelevant. Der Umstand, dass mindestens drei, wenn nicht vier inkompatible Motivationen aufeinanderprallen, sorgt dafür, dass Script und Film sich kurzweilig entwickeln können, ohne dass es sonderlich stört, dass gerade Eric Carson ein exzellentes Beispiel für einen „dumb beefcake“, der zur Geschichte erdenklich wenig beiträgt, außer mit doofem Gesichtsausdruck, dafür aber im Unterhemd, durch die Kulissen zu stapfen, abgibt (Judith fährt etwas besser und hat zumindest ein-zwei ganz passable Szenen, eine, in der sie versucht, Gallagher zu manipulieren, und eine, in der sie – what goes around, comes around – von Gallagher manipuliert wird).

Wie üblich ist der Streifen mit knapp 70 Minuten kurz gehalten, in diesem Fall sorgt das dafür, dass es kaum Leerlauf gibt, in jeder Szene irgendetwas in Bewegung ist oder zumindest charakterrelevante Details ausgebreitet werden. Für Late-Full-Moon geizt der Streifen auch mal nicht so sehr an Effekten – zwar ist der Film kein Splatterfeuerwerk, aber es gibt doch ein paar Gore- und Splattereinlagen, und zudem zieht Lorielle New erfreulicherweise vollständig blank, und das ist ein sehr sehr angenehmer Anblick (if you’re a heterosexual male or at least a bisexual woman).

Die Monster-Masken von John Carl Buechler gehören zu seinen besseren Arbeiten für Full Moon, besonders der Schweinepriester Gallagher sieht hübsch eklig-fies. Nervig ist der Score von James T. Sale, der verzweifelt versucht, passendes Zeitkolorit herbeizuzaubern, aber Synthigeklimper bleibt Synthigeklimper, auch wenn es nach 30er-Jahre-Big-Band-Sound klingen will. Da weiß man erst wieder, was man an einem solide zusammengeklauten Richard-Band-Score hat.

Hinter der Kamera steht mit Mac Ahlberg ein großer Routinier. Der alte Schwede bemüht sich nach Kräften, aus den immer noch nicht besonders aufwendig wirkenden Sets soviel Atmosphäre wie möglich zu ziehen, setzt sogar die David-DeCoteau-patentierte sanft rollende Kamera ein und erzielt insgesamt recht gute Wirkung.

Zu den Akteuren: John Patrick Jordan agiert sehr schlafmützig – er wurde in der Folge etwas besser (d.h. er hat eine der Stamm-Hauptrollen in der „Evil Bong“-Reihe und staubt hin und wieder passable Serien-Gigs ab), aber hier ist der der Prototyp eines dumb guy. Jessica Lancaster (die sich unerfreulicherweise eine no-nudity-clause in den Kontrakt hat schreiben lassen und deswegen nur von hinten „topless“ gefilmt wird) war im Full-Moon-Totaldesaster „Petrified“ dabei und spielt kleinere Serien- oder Kurzfilmparts. Sie ist nett anzuschauen und zumindest keine völlig talentbefreite Zone. Debra Mayer (schon erwähnt) wäre von den Helden die lebhafteste und talentierteste Akteurin, hat aber keine lange Lebenserwartung (was sich übrigens im real life bestätigte, sie verstarb 2015).

Mehr Spaß haben wie üblich die Bösewichter. Peter D. Badalamenti II (mittlerweile in großen Filmen angekommen – er war zweimal Penrod in den „Fluch der Karibik“-Filmen und Splinter im „Turtles“-Reboot), aber auch immer noch cool genug, um auch bei Full Moon weiter zu werkeln (zuletzt in „Evil Bong 666“) macht als Schweinemonster Gallagher Laune, Lorielle New („Orgy of the Damned“, „Frankenstein Reborn“) sieht nicht nur rassig aus, sondern agiert auch durchaus „tierisch“. Ling Aum als Pak ist der obligatorische Totalausfall im Bösmannsteam (er wird allerdings auch von der deutschen Synchro, die ansonsten nicht SO schlecht ist, übel im Stich gelassen), Jacob Witkin („Showgirls“, „Hail Caesar“, „Puppet Master: The Legacy“) gibt einen ordentlichen Moreau zwischen Fanatismus und Opfer ab.

Zu sehen ist der Streifen u.a. im Full-Moon-Channel bei amazon prime, in eher mittelprächtiger Bildqualität.

Insgesamt ist der Streifen sicher kein Weitwurf und nicht in einer Liga mit den besten Full-Moon-Filmen aus den 90ern, aber doch qualitativ deutlich über dem Output von „Decadent Evil“, „Doll Graveyard“ oder „Petrified“, mit denen man sich allenfalls einen Abend tüchtig verderben kann – „Dr. Moreau’s House of Pain“ hält bei der Stange, hat solide Charaktere und ein paar nette Make-ups. Das reicht für ’nen Querdaumen.

(c) 2017 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 6

BIER-Skala: 5


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