Double Team

 
  • Deutscher Titel: Double Tam
  • Original-Titel: Double Team
  •  
  • Regie: Tsui Hark
  • Land: USA
  • Jahr: 1997
  • Darsteller:

    Jean-Claude van Damme (Jack Quinn), Dennis Rodman (Yaz), Mickey Rourke (Stavros), Paul Freeman (Goldsmythe), Natacha Lindinger (Kathryn Quinn), Valeria Cavalli (Dr. Maria Tifoli)


Vorwort

Der ehemalige Top-Agent und Terrorismusexperte Jack Quinn wird aus dem wohlverdienten Ruhestand geholt – man benötigt seine Expertise, um seine persönliche Nemesis, den internationalen Top-Terroristen Stavros, dingfest zu machen. Jack, mittlerweile glücklich verheiratet und der Geburt seines Kindes entgegenlechzend, hat wenig Bock auf die Mission, willigt aber ein, als sein ehemaliger Führungsoffizer von Stavros per Autobombe gekillt wird. Dummerweise vermasselt Quinn den Zugriff auf einem belgischen Vergnügungsparkt nach Kräften, alldieweil ihn Skrupel packen, als er realisiert, dass Stavros dort nur seinen eigenen kleinen Sohnemann treffen will. Am Ende des Tages hat Quinn nicht nur praktisch sein gesamtes Team verloren, sondern seine Feindschaft zu Stavros zu einer innig-persönlichen gemacht, weil auch Stavros jr. (und die Freundin des Terrorpapstes, was den allerdings eher weniger tangiert) ins Gras gebissen hat.

Allerdings wird auch Quinn permanent aus dem Verkehr gezogen – offiziell für tot erklärt, soll er künftig in der „Kolonie“, einem kombinierten Altersheim/Think Tank für gestrauchelte Ex-Agenten, deren Fähigkeiten noch nützlich sein könnten, sein Dasein fristen und mit den werten Kollegen (aus den Geheimdiensten aller Herren Länder) terroristische Aktivitäten analysieren und bewerten. Eine Flucht von der einsamen Insel ist noch niemandem gelungen.

Nun, vielleicht hatte noch niemand eine Motivation wie Quinn – denn als der bei der routinemäßigen Analyse eines Stavros zugeschriebenen Bombenanschlags eine an ihn persönlich gerichtete Botschaft entdeckt, realisiert er, dass Stavros sich seiner schwangeren „Witwe“ bemächtigt hat. Quinn flüchtet von der Kolonie und rekrutiert die Unterstützung des exzentrischen Waffenhändlers Yaz. Weiterer unerwarteter Support kommt von Kolonie-Mitbewohner Goldsmythe, der Quinn eigentlich der unrechtmäßigen Abreise wegen eliminieren soll, aber augenscheinlich Sympathie für Quinns persönlichen Feldzug entwickelt…


Inhalt

Es mögen sich vielleicht nur noch die Älteren daran erinnern, aber es gab Zeiten, da war Jean-Claude van Damme ein legitimer Filmstar. Der Belgier hatte sich geduldig über Komparserie (Breakin‘, Nebenrollen („Karate Tiger“, Red Eagle) und mehr oder minder eindrucksvolle Hauptrollen in teils kultisch verehrten Low-Budget-Krachern wie „Bloodsport“, „Cyborg“ oder „Karate Tiger 3“) im Action-Boom der späten 80er und frühen 90er Jahre zum Star von großbudgetierten Major-Produktionen wie „Timecop“ und „Sudden Death“ gemausert. Der Flop seines Ego-Vehikels „The Quest“ (das so schlecht wie sein Ruf beileibe nicht ist) markierte den Wendepunkt in der Karriere der „Muscles from Bruxelles“ hin zum Leidensgenossen von Steven Seagal als „Star“ unterfinanzierter DTV-Fließbandprodukte und Klatschspaltengespött aufgrund seiner Drogen- und Alkoholprobleme.

Allerdings bemühte sich van Damme nach Kräften, „relevant“ zu bleiben – ob es daran liegt, dass er aufgrund seiner früheren Arbeiten einen quasi direkten Draht zum kinematischen Output der damaligen Noch-Kronkolonie Hongkong pflegte oder die dortigen Filmemacher von seinem legitimen Martial-Arts-Background angetan waren, van Damme entwickelte sich zum Go-To-Guy für Hongkong-Regisseure, die ihren Fuß in die Tür nach Hollywood stellen wollten. Bereits 1993 feierte John Woo mit „Hard Target“ sein US-Debüt mit einem van-Damme-Vehikel, da wollten sich seine werten New-Wave-of-HK-Cinema-Mitstreiter Ringo Lam und Tsui Hark nicht lumpen lassen. Während Lam mit van Damme „Maximum Risk“ (und später den zur DTV-Premiere degradierten Replicant, juxigerweise beide mit dem von van Damme eh schon überstrapazierten Doppelgänger-Motiv geplagt) drehte, zeichnete Hark verantwortlich für den Doppelschlag „Double Team“ und „Knock Off“.

Nun ist Hark im Pantheon der weltweit gefeierten HK-Regisseure ein Sonderfall – seine Stärke ist nicht unbedingt die blanke, reinrassige Action (obwohl er das, da es ihm wie praktisch allen Filmemachern aus HK wohl mit der Muttermilch vermittelt wurde, natürlich auch kann), sondern, ähnlich wie bei seinem Protegé Ching-Siu Tung, die Verbindung von Martial Arts mit der visuellen Grandezza mystisch-mythologischer Fantasy – und wenn sich das nicht machen lässt, dann hysterisch-überdrehte Comedy. Eher unwahrscheinlich, dass Hollywood, in dem Falle das Studio Mandalay Entertainment, den Optik-Guru oder den Klamauker beschäftigen wollte… und höchstwahrscheinlich auch nicht den großartigen Storyteller (der Hark aber eh nicht ist).

Dabei ist zumindest die Visitenkarte des Drehbuchautors keine schlechte – Don Jakoby schrieb John Badhams Techno-Thriller-Klassiker „Das fliegende Auge“, den Carpenter-produzierten SF-Zeitreise-Schinken „Das Philadelphia Experiment“, für Tobe Hooper „Lifeforce“ und „Invasion vom Mars“ (okay, okay, das relativiert vieles), den Spielberg-produzierten Spinnenhorror „Arachnophobia“ und nach „Double Team“ noch John Carpenters „Vampires“ und Ivan Reitmans SF-Spaß „Evolution“. Der müsste also zumindest ungefähr wissen, wie’s geht, allerdings teilt er sich den Screenplay-Credit mit Paul Mones und der schrieb u.a. auch „The Quest“, der bei aller Freundschaft nun nicht gerade durch seine durchdachte Geschichte überzeugt.

Wessen Schuld es nun ist, sei dahingestellt, allerdings ist „Double Team“ selbst für einen lesser van-Damme-Hobel ziemlich blöde. Was zunächst nach einer völlig unkreativen, aber nicht gänzlich debilen 08/15-Actionstory (Ex-Cop/-Soldat/-Agent muss zu seiner letzten Mission gegen seinen alten Widersacher antreten) – wenn auch mit besonders doofen Dialogen (man beachte die Szene, in der Quinns alter Chef ihn zur Mission zu überreden versucht… so schreibt vielleicht der Dreikäsehoch, der „Axe Cop“ textet, aber doch kein arrivierter Drehbuchautor mit ein paar guten Credits am Gürtel!), wird nach dem ersten (naja, zweiten, es gibt ja eine große Prolog-Action-Szene, die mit dem Restplot nicht wirklich viel zu tun hat) Action Set Piece auf dem Antwerpener Rummelplatz quasi von Sekunde zu Sekunde dümmer. Vom für die eigentliche Story vollkommen bedeutungslosen und daher nie genau erklärten dämlichen Konzept der „Kolonie“ (für wen arbeiten die Jungs da eigentlich? Sie stehen offensichtlich über den Regierungen und den diversen globalpolitischen Machtblöcken, da sie z.B. eine amerikanische Vertuschungsaktion aufdecken. Wer finanziert sie? Wer organisiert das alles?), die eigentlich nur für ein paar deus-ex-machine-Momente, die Quinn wieder auf die richtige Spur schicken, gebraucht wird, über den quasi ausschließlich in Basketball-Slang parlierenden Yaz (sicher verständlich aufgrund des Rodman-Stunt-Castings, allerdings storytechnisch hirnig, weil sein Charakter dort keinen, zumindest keinen auch nur ansatzweise erzählten Basketball-Background hat), Quinns volldebile Pläne (in Rom versucht er Stavros aus der Reserve zu locken. Wie tut er das? Er schickt eine e-Mail an alle Geheimdienste [!], wonach Stavros da und da um soundsoviel Uhr auftauchen werde. Gut, Stavros, für ein international gesuchtes Terror-Matermind nicht gerade clever, ist blöd genug, darauf einzugehen, aber schon die Idee allein ist vollkommen idiotisch), Cybermönche, die in den Katakomben unter Rom topmoderne Computerzentralen unterhalten bis hin zum Showdown, den Stavros in einem antik-römischen Zirkustheater (das allerdings mehr wie eine der zahlreichen italienischen Stierkampfarenen aussieht und im echten Leben im französischen Arles steht) anordnet und mit Minen und Tiger bestreitet, ist so ziemlich jeder Einfall des Films doof – okay, größtenteils unterhaltsam-doof, aber zumindest so doof, dass sich derlei Schwachsinnigkeiten heutzutage keine Comic-Verfilmung mehr leisten dürfte, ohne durch’s Dorf geprügelt zu werden. Da bin ich regelrecht froh, dass Stavros am Ende keinen gigantomanischen Masterplan zur Welteroberung in petto hat, sondern wirklich nur sein persönliches (und durchaus verständliches) Motiv durchziehen will, nämlich Quinn das anzutun, was ihm selbst angetan wurde (Verlust der Familie).

Natürlich ächzt und rumpelt das mühselig zusammengehaltene Storykonstrukt an allen Ecken und Enden und sollte in keiner Sekunde auch nur vorsichtig hinterfragt werden, ebensowenig wie man sich die Dialoge genauer durch den Kopf gehen lassen sollte (wobei die deutsche Synchronfassung offenkundig todesmutig versucht zu retten, was kaum zu retten ist).

Wer Tsui Harks Werk kennt und schätzt, wird zumindest einiges wiedererkennen, auch wenn er natürlich nicht alles einbringen kann, was er bei voller künstlerischer Freiheit in seinen eigenen HK-Produktionen tun und lassen konnte. Es gibt einiges an optischen Kniffen, interessanten Visualisierungen und – natürlich – gekonnter Action-Fotographie und -Choreographie (für die u.a. auch Sammo Hung als Berater eingeflogen wurde), aber, wie bei Hark auch nicht unüblich, einiges an seltsamen Schnittentschneidungen und Vernachlässigung seiner Ansicht nach übertriebener Details wie Continuity (dabei meine ich nicht mal Dennis Rodmans von Szene zu Szene wechselnde Haarfarbe, sondern z.B. die völlig konfuse Actionszene im Transportflugzeug. Man achte auf die Landschaften, die die Maschine überfliegt…) oder schwache Greenscreen-Aufnahmen, die eher nach 1977 denn nach 1997 aussehen – wobei insgesamt zu bemerken ist, dass die „experimentielleren“ Momente überwiegend in der ersten Filmhälfte stattfinden und Harks Inszenierung zum Ende hin deutlich konventioneller, hollywood-esker wird. Action kann er natürlich, wie gesagt, und da der Film sich nur wenige Atempausen nimmt, kann’s gar nicht langweilig werden, auch wenn’s nur einen echten Martial-Arts-Fight gibt (der ist dafür nicht von schlechten Eltern) und das Finale, rein actiontechnisch, nicht die spektakulärste Sequenz ist. Bei einem Budget von 30 Millionen Dollar ist klar, dass die Production Values stimmen und, wo angebracht, auch pyrotechnischer Budenzauber geboten werden kann.

Der Soundtrack von Gary Chang ist nicht sonderlich memorabel, aber ordentlich treibend – den Mantel der Barmherzigkeit breite man aber geflissentlich über den abscheulichen End-Credit-Song von One-Hit-Wonder Crystal Waters („Gypsy Woman“) unter verbaler Unterstützung von The Rodman himself.

Der Bodycount ist üppig und insgesamt pflegt der Streifen auch ein recht entspanntes Verhältnis zum Thema „Kollateralschaden“ (was Quinns moralische Position im Storykonstrukt schon ein wenig angreifbar macht), aber trotz US-R-Rating nicht sonderlich explizit.

Ich habe mich ja bereits mehrfach dahingehend geäußert, dass ich van Damme für den vielleicht besten Schauspieler unter den großen Actionstars der 80er und 90er halte (nach JCVD mussten ja auch die seriösen Kritiker durchaus einräumen, dass er was kann) – „Double Team“ ist hierfür allerdings kein echtes Indiz, da der Film bei seiner ganzen teilsweise fast hysterischen Atemlosigkeit kaum einen Moment Ruhe lässt, in dem Jean-Claude auch mal seine acting muscles spielen lassen könnte (nicht mal die angedeuteten Charakterpassagen, in denen Quinn in der Kolonie sein Schicksal kontempliert, geben ihm dahingehend Möglichkeiten). Statt dessen konzentriert sich Hark darauf, den Action Hero ins rechte Bild zu rücken, splits inklusive. Van Damme behilft sich mit seinem patentierten sympathischen Charisma über den wenig ergiebigen Charakter hinaus Eindruck zu schinden.

Rodman… eh… naja… der exzentrische Basketball-Rüpel, Teilzeit-Wrestler, wandelnder Piercing-/Tattooshop-Werbeträger und Diktatorenfreund ist auch darstellerisch ein, äh, „acquired taste“. Da man auch ihm nicht wirklich einen Charakter mit auf den Weg gegeben hat, der irgendwelchen Background oder Motivation aufweisen würde, spielt er der Einfachheit halber mehr oder weniger sich selbst, sprich also den flamboyanten Durchgeknallten. In seinen Actionszenen zieht er sich passabel aus der Affäre und, wenn ich ehrlich bin, als semi-comic-relief-sidekick nervt er mich weniger als ein Chris Rock.

Mickey Rourke als Schurke ist eigentlich ’ne sichere Bank und mit seinem Amateur- und Profi-Box-Background ist er einer der wenigen „seriösen“ Schauspieler, der als Widersacher für einen 90er-Action-Hero glaubwürdig durchgeht, aber die große Showdown-Kampfsequenz gestaltet Hark zu einseitig pro van Damme, auch wenn Rourke durchaus bemüht ist, seine Box-Skills einzubringen. Rein storytechnisch gesehen ist seine Figur mit ihrem nicht unverständlichen Rachebedürfnis der interessanteste Charakter, Hark hat aber kein Interesse daran, die psychologische Komponente und daraus folgend die dramatischen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, auszuloten.

Der versierte Charaktermime Paul Freeman („Genie und Schnauze“, „Jäger des verlorenen Schatzes“, „Hot Fuzz“) – einer dieser typischen Fälle von „den kenn ich!!! Aber woher den bloß?“ – hat als personifizierter deus-ex-machina einige nette Szenen. Die französische Schauspielerin Natacha Lindinger, üblicherweise im TV-Programm unserer westlichen Nachbarn gut beschäftigt, hat, wie’s bei derlei Actionkost üblich ist, als Frau keine ernsthafte Chance, sich auszuzeichnen (und noch nicht mal ordentliche damsel-in-distress-Szenen).

Bildqualität: Die DVD von Sony, die aktuell auch in einer van-Damme-3er-Box mit „Second in Command“ und „The Shepherd“ vertickt wird, ist nicht mehr ganz jung – der anamorphe 2.35:1-Widescreen-Transfer hält mit neuen state-of-the-art-Releases sicher nicht mehr mit, das wird in manchen Passagen schon recht körnig bei durchschnittlicher Schärfe.

Tonqualität: Deutscher (Dolby 5.1) oder englischer (5.1/2.0) Ton – der 5.1-Mix ist okay und recht dynamisch, insgesamt würde ich sogar den deutschen Synchronton bevorzugen, da der ohrenscheinlich zumindest versucht, die grusligen Dialoge der Originalfassung zu verbessern. Untertitel gibt’s wie bei einem Major-Release gute Sitte in elend vielen Sprachen.

Extras: Nüsch.

Fazit: Ja, es ist ein entsetzlich doofer Film, ja, das ganze Konzept der unlikely-partner-Buddy-Action-Vehikel war auch schon 1997 nicht mehr wirklich frisch, und ja, der Film hat ein paar technische Schwächen und ist, was die Intensität der Action angeht, nicht immer ganz glücklich strukturiert, aber, und jetzt widerspreche ich quasi allem, was ich in den drölfzig Absätzen zuvor geschrieben habe, verdammt, das Ding macht Laune. Es gibt jede Menge Remmidemmi, doofe Sprüche von Dennis Rodman, und wenn der Streifen, was selten genug der Fall ist, mal zur Ruhe kommt, gibt’s grandiosen Schwachsinn wie die ganze „Kolonie“-Idee, der den Zuschauer grinsen lässt. „Double Team“ mag keiner von van Dammes „besten“ Filmen sein, aber gewiss einer seiner lustig-unterhaltsamsten. Dafür sympathische vier von fünf Punkten… (sagt der Doc, Meister der Konse quenz).

4/5
(c) 2013 Dr. Acula


mm
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