Donovans Hirn

 
  • Deutscher Titel: Donovans Hirn
  • Original-Titel: Donovan's Brain
  •  
  • Regie: Felix E. Feist
  • Land: USA
  • Jahr: 1953
  • Darsteller:

    Lew Ayres (Dr. Patrick J. Cory), Gene Evans (Dr. Frank Schratt), Nancy Reagan (Janice Cory), Steve Brodie (Herbie Yocum), Tom Powers (Donovan’s Washington Advisor), Lisa Howard (Chloe Donovan), James Anderson (Chief Tuttle), Victor Sutherland (Nathaniel Fuller), Michael Colgan (Tom Donovan)


Vorwort

In aller Abgeschiedenheit, außerhalb eines kleinen Kaffs, geht Dr. Patrick J. Cory zusammen mit seiner Frau Janice seinen Forschungen am Gehirn nach, ist also so etwas wie ein Hirnologe. Ab und an besucht ihn sein Kumpel Dr. Frank Schratt, so wie auch am heutigen Tag, den dieser damit begann, sich mit einem fetten Kater, herbeigeführt durch seine neueste Errungenschaft, einer Kiste Wodka, und nur widerwillig von der Couch im ohnehin kaum genutzten Wohnzimmer der Casa Cory zu erheben. Aber das Timing passt, kann er doch so den neuesten Fortschritten, die der Hirnologe mit seiner besseren Hälfte bei der Lebenserhaltung eines Affenhirns außerhalb des Körpers in einer unter elektrischer Spannung stehenden Nährlösung zu verzeichnen haben, beiwohnen. Man könnte es sogar den entscheidenden Durchbruch nennen.

Und wie der Zufall es so will, stürzt just am Nachmittag ein kleines Privatflugzeug in der Nähe der heimeligen Hütte der Corys ab, und die Ersthelfer bringen den überlebenden Piloten, niemand geringerer als der eigenwillige Millionär Donovan, hierher, auf dass man alles versuchen möge, ihm noch zu helfen. Doch eine Notoperation bleibt ohne Erfolg, die körperlichen Verletzungen des vom Himmel Gefallenen sind zu schwer. Allerdings könnte ja sein Gehirn noch intakt sein, denkt sich Dr. Patrick, und extrahiert es aus dem Schädel. Affenhirn raus, Millionärshirn rein – schon schwimmt Donovans Hirn im Bassin und erfreut sich scheinbar bester Gesundheit (so richtig feststellen lässt es sich erst einmal nicht, denn um eine Kommunikation mit dem Knäuel aus fleischigen Hirnwindungen muss man sich noch bemühen).

Und während Dr. Patrick später in der Stadt die Erben Donovans, die ihn als nicht sehr sonderlich netten Zeitgenossen beschreiben, abwimmelt und dessen Tod, per Totenschein beglaubigt durch Kumpel Dr. Frank, bestätigt, lässt er sich von einem schmierigen Fotografen dazu breitschlagen, ihn für ein paar Portraitfotos in sein Labor zu begleiten (eigentlich vollkommen unverständlich, da ihm seine Ruhe und Abgeschiedenheit zur Geheimhaltung seiner Forschung heilig ist), was sich später noch als folgenschwerer Fehler herausstellen soll. Aber egal, wichtig sind ihm nun die Experimente mit dem menschlichen Gehirn Donovans, das er über höhere Spannungen zu stimulieren gedenkt. Und tatsächlich scheint dies von Erfolg gekrönt, denn schon nach kurzer Zeit wird Dr. Patricks Verhalten zunehmend seltsam. Er wird sogar von Blackouts gepeinigt, und als er erwacht, sieht er einen Brief vor sich, der von Donovan unterschrieben ist.

Donovans Gehirn bemächtigt sich geistig immer mehr des überforderten Wissenschaftlers und macht sich in seinem Körper auf in die große Stadt, wo er seine Hinterlassenschaften zu regeln gedenkt. Doch als er Geld von einem geheimen Konto abhebt, zieht das die Aufmerksamkeit der Steuerbehörde auf sich, die Donovan zu Lebzeiten scharf im Visier hatte, war der doch der festen Überzeugung, es wäre sein gutes Recht als aufrechter, wohlhabener amerikanischer Self-Made-Millionär, diese lästigen Steuern, die er verständlicherweise als Diebstahl empfand, einfach gar nicht zu entrichten. Aber auch die Schmeißfliege von Reporter hat sich Dr. Patrick an die Fersen geheftet, der zum Schrecken von Frau Janice und Kumpel Dr. Frank scheinbar kaum mehr in der Lage ist, die Kontrolle über seinen von Donovan beherrschten Körper wiederzuerlangen. Und während die beiden rätseln, wie sie Patrick vom ungewollten Untermieter wieder befreien können, der Schmierenjournalist zu handfester Erpressung übergeht und die Steuerfahnder zur Vollstreckung anrücken, plant Donovan allen Ernstes mit seinem enorm mächtigen Hirn die Weltherrschaft an sich zu reißen…


Inhalt

DONOVANS HIRN, inszeniert nach einem Roman des Exildeutschen Curt Siodmak als mittlere von insgesamt drei Verfilmungen – schon 1944 entstand der eher obskure THE LADY AND THE MONSTER von George Sherman und 1962 dann die weithin bekannteste Variante EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER/VENGEANCE unter der Regie von Freddie Francis, in dem Peter Van Eyk als Wissenschaftler vom Hirn eines ermordeten Industriellen besessen wird, das nun nach Rache dürstet -, entpuppt sich als zwar nicht besonders aufregendes, aber doch recht kurioses Werk. Ich kenne nun Siodmaks Roman, erschienen 1942, nicht und kann daher auch nicht sagen, ob der seine Plotte aus Mad-Scientist Grundgerüst, der Entfremdung Corys von seiner Frau, die Erpressung des schmierigen Reporters und den sich noch am Rande abspielenden Wirtschaftsthriller besser unter einem Hut bekommt. Ich gehe stark davon aus, dass sich dem so ist, gilt das Werk doch schon seit geraumer Zeit gar als Kult-Klassiker (und mal sogleich eine Kaufnotiz gesetzt, genau wie die beiden Fortsetzungen HAUSER’S MEMORY und GABRIEL’S BODY).

Das Drehbuch von Regisseur Felix E. Feist und Koautor Hugh Brooks versucht dies alles auf Spielfilmlänge einzudampfen, ohne sich von einem der Handlungsstränge trennen zu wollen. Das ist zwar durchaus löblich, führt aber leider unweigerlich dazu, das irgendetwas davon stiefmütterlich behandelt werden musste. Und da sie wohl unwillig waren, eine Thematik der anderen vorzuziehen, kratzt der Film eben jede davon letztlich nur an. Im Mittelpunkt der Handlung steht natürlich unser lieber Dr. Patrick Cory, der aber weniger „mad“ erscheint, wie im Genre üblich und sich ziemlich naiv von Donovans Gehirn übernehmen lässt. Der Kampf der Persönlichkeiten um seinen Körper, der theoretisch stattfinden könnte, um ein zentrales Handlungsgerüst zu etablieren, welches eigentlich schon von Haus aus eine gewisse Spannungskurve garantiert, bleibt schlichtweg aus, was den lieben Doktor doch als willensschwach gegenüber den zugegebenermaßen dominanten Donovan aussehen lässt. Sowieso gestaltet sich die feindliche Übernahme durch den eigenbrötlerischen Industriemagnaten sehr abrupt, was den gerade geschilderten Eindruck des unterlegenen Docs noch verstärkt, zeitweise sogar einen schönen Kontrast bildet und die dahinter stehende „Jekyll & Hyde“-Thematik betont.

Fortan folgen wir in der Geschichte also Donovan im Körper Dr. Corys, was aber für eine Zeit auch seinen Reiz hat. Denn der selbst bei seiner Familie unbeliebte Millionär ist nicht sehr zimperlich, was die Wahl seiner Mittel betrifft, und tritt entsprechend dominant auf, so dass er auch im Körper von Cory bei niemanden in seiner Gegenwart Zweifel aufkommen lässt, dass er das Alphatier im Raum ist. Lediglich im Umgang mit dem erpresserischen Fotografen (ich weiß immer noch nicht, warum ihn Cory ins Labor mitgenommen hat) gibt er sich zurückhaltend und geht erst einmal auf dessen Forderungen ein. Den Steuerfahndern gegenüber, dieser Handlungsstrang tritt am deutlichsten in den Hintergrund, gleichwohl er eigentlich ziemlich bedeutend sein müsste, da Donovan für seine finsteren Pläne (die er peu à peu nebenbei entwickelt, ohne dass wir seine Gedankengänge dazu nachvollziehen könnten) eben an sein vor der Steuer verstecktes Geld (da wir nebenher erfahren, dass er sich immer dem verweigerte, seine Einnahmen zu versteuern, weil dies nach seiner Meinung Raub sei, fragt man sich auch, wie er denn ein öffentliches Vermögen, von dem er und seine Familie lebten, und ein verstecktes gehabt haben konnte, aber solcherlei Feinheiten überlasse ich lieber meinem Steuerberater) heran muss.

Allerdings geschieht dies alles dann auch so schnell, dass man jetzt auch nicht unbedingt die Zeit hätte, um es gedanklich auf Ungereimtheiten abzuklopfen, und wird auch nur von gelegentlichen Anrufen zu Hause, während derer der Donovan-Teil von Cory Anweisungen an Janice und Frank in die Sprechmuschel bellt und sich Frau und Freund so ihre Gedanken machen, ob mit Patrick noch alles okay sei im Oberstübchen. Ansonsten rast der Film mit für die damalige Zeit fast schon irrwitzigen Tempo durch seine Handlung, bei der er halt nur mal einen Schlenker nach links oder nach rechts macht. Langeweile braucht man hier nicht zu fürchten.

DONOVANS HIRN trägt hierzulande eine Freigabe ab 12 Jahren, und das vollkommen zurecht, denn wirklich brutal oder übermäßig furchteinflößend ist der Film nun nicht. Das Experiment mit dem bedauernswerten Affen, dem das Gehirn zwecks Versuchsaufstellung entnommen wird (natürlich nicht zu sehen), zu Anfang und der spätere Mord am schmierigen Journalisten (der hat es aber auch verdient, gelle) sind da schon die brutalsten Vorkommnisse. Hinzu gesellt sich natürlich das Gehirn Donovans im Bottich mit Nährlösung, das schon ein wenig eklig anzusehen ist und einen fast unweigerlich an DIE AUGEN DES SATANS mit John Agar erinnert, in dem ein kriminelles Hirn aus dem All auf der Erde Unfrieden stiftet (und später von einem hinterher gereisten Sheriff-Hirn gejagt wird). Der ist auch im Vergleich der bessere Böses-Hirn-Film und erschien ja auch schon in der ersten Galerie des Grauens von Anolis; in meinen Augen ist der Film auch eines der großen Highlights der Serie, aber dazu eventuell an anderer Stelle mehr.

Wie schon gesagt, gibt sich Regisseur Felix E. Feist Mühe, alle Handlungsstränge zu bedienen, was aber eher halbherzig gelingt und dem Geschehen eben nicht die gedachte Tiefe verleiht. Als Sohn von MGM-Vertriebsleiter Felix F. Feist (kommt „F“ nicht nach „E“?) war sein Werdegang ins Filmgeschäft wohl schon vorgezeichnet. Nach einigen Kurzfilmen in den 30ern drehte er darauf mehrere Spielfilme, allesamt Fließbandware. Nach DONOVANS HIRN, welcher sein vorletzter Langfilm sein sollte, war er vornehmlich im TV unterwegs. Von meiner Seite aus gibt es auch nicht mehr zu ihm zu sagen.

Ein Grund, warum der Film, trotz Mängels am Skript, einigermaßen reibungslos funktioniert, ist sicherlich Lew Ayres in der Hauptrolle als Dr. Patrick Cory. Er versprüht ein sehr positives Charisma, das den Versuch mit DONOVANS HIRN als gut gemeinten wissenschaftlichen Übereifer darstehen lässt. Aber er bekommt auch den Wechsel zum vereinnehmenden Wesen Donovans relativ glaubwürdig hin und kann so die Handlung auch halbwegs schultern. Ayres hatte schon einiges an Erfahrung mit netten Doktorrollen, spielte neunmal den beliebten Dr. Kildare und wurde für seine Hauptrolle als engagierter Arzt in JOHNNY BELINDA (1948) sogar für den Oscar nominiert. Seine erste große Hauptrolle spielte er schon 1930 als Carl Bäumler im Antikriegsfilm IM WESTEN NICHTS NEUES nach dem Roman von Erich Maria Remarque. An seiner Seite ist die spätere First Lady Nancy Reagan (hier noch unter ihrem Mädchennamen Davis geführt) zu sehen, die hüftsteif wie immer agiert und später eine perfekte Ergänzung ihres Gatten Ronald Reagan darstellte. Diese Rolle der „Frau an der Seit von…“ beherrschte sie allerdings schon in den 50ern, sodass man sich mit dem blassen Auftritt schon irgendwie arrangieren kann. Gene Evans war ein verlässlicher Nebendarsteller, der oftmals als Polizist oder Soldat besetzt wurde. Den alkoholkranken Dr. Frank Schratt gibt er mit Witz und Verve, er hat auch die besten Lines im Film. Erwähnenswert ist auch Steve Brodie, der einen herrlich widerlich-schmierigen Fotoreporter mit Hang zur Erpressung abgibt. Er war übrigens neben seinem Sohn Kevin im Trash-Klassiker ANGRIFF DER RIESENSPINNE (1975) zu sehen.

Seine Deutschland-Premiere feierte DONOVANS HIRN erst 1992 im TV, zu einem hiesigen Kino-Einsatz in den 50ern hatte es nicht gereicht. Hier wurde der Film auch synchronisiert, sehr solide und gut anhörbar. Das Blu-ray/DVD-Kombo als zweiter Film des Fluch der Galerie des Grauens ist die erste Veröffentlichung für den Heimkinomarkt. Und wie gewohnt, liefert Anolis Entertainment einwandfreie Arbeit ab – das Bild ist gestochen scharf und die deutsche Synchronspur klar und rauschfrei. Als Extras gesellt sich zu der Bildergallerie und dem Kinotrailer, sowie den übliche Audio-Kommentaren, noch die deutsche TV-Fassung, die in einigen Dialogen gekürzt war. Eine nette Dreingabe, unter Fans immer gern genommen. Der Veröffentlichung liegt außerdem ein informatives Booklet bei, verfasst von Dr. Rolf Gießen, das den Werdegangs Siodmaks nach seiner Emigration in die USA bis hin zu seinem Roman DONOVAN’S BRAIN nachzeichnet und dann einen Schwenk auf die Geschichte der Verfilmungen macht. Sehr lesenswert, ohne Frage, wie auch die Veröffentlichung selbst insgesamt sehr zu empfehlen ist.

Jetzt wird es Zeit zu resümieren, und als erstes muss einfach mal festhalten, dass DONOVANS HIRN ein guter Film nun nicht wirklich ist. Er schafft es schlicht nicht, in seinen Nebenbaustellen Akzente zu setzen, erzählt seine Plotte dafür recht flott und gibt an vielen Stellen einen Ausblick darauf, wie viel mehr in dem Stoff gesteckt hätte, was einen ein wenig mit Wehmut erfüllt. Dank eines charismatischen Lew Ayres hält der Film das Interesse aber stets hoch und gibt während der gut 80 Minuten keinen Anlass zur Langeweile. Gerade wenn es aufs Ende zugeht, sich die Ereignisse zuspitzen und einem der Plan des bösen Donovan dämmert (was einen durchaus mit den Ohren schlackern lässt), nimmt das Ganze an Fahrt auf und donnert schon beinahe überpünktlich auf die Schlussgerade. Insgesamt gesehen also wahrscheinlich keine gelungene Umsetzung von Siodmaks Roman, aber auch keine Zeitverschwendung. Ich hab die 80 Minuten mit DONOVANS HIRN gewiss nicht bereut. Einen Faible für B-Movies der 50er sollte man (eigentlich selbstredend bei Filmen aus den Anolis-Galerien) allerdings schon von Haus aus mitbringen.


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 6


mm
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