Doctor Who: The Time Warrior

 
  • Original-Titel: Doctor Who: The Time Warrior
  •  
  • Regie: Alan Bromly
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1973
  • Darsteller:

    Jon Pertwee (Doktor), Elisabeth Sladen (Sarah Jane Smith), Nicholas Courtney (Brigadier Lethbridge Stewart), Kevin Lindsay (Linx), Donald Pelmear (Professor Rubeish), June Brown (Lady Eleonor), Alan Rowe (Edward of Wessex), David Daker (Irongron), John J. Carney (Bloodaxe), Jeremy Bulloch (Hal), Sheila Fey (Meg)


Vorwort

Im 11. oder 12. Jahrhundert bruchlandet ein UFO im angelsächsischen Hinterland, direkt vor der Tür des lokalen Warlords Irongron, der, begünstigt dadurch, dass die umliegend herrschenden Lords und Ladies ihre Soldaten für einen nicht näher bezeichneten Krieg an den König abstellen mussten, im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten eine Terrorherrschaft ausübt. Im UFO sitzt Linx, ein Sontaraner und damit Angehöriger einer Rasse, die ausschließlich für Krieg und Eroberung lebt. Linx, der als erste Amtshandlung erst mal die Erde für das sontaranische Imperium in Besitz nimmt, wird sich mit Irongron schnell handelseinig – so Irongron Arbeitskräfte für die Raumschiffsreparatur stellt, wird sich Linx mit fortschrittlichen Waffen, die Irongron für Eroberungen aller Art nutzen kann, revanchieren. Blöderweise hat das finstere Mittelalter kaum die Materialien und das know-how, das Linx braucht…

Und in 1973 verschwinden reihenweise Wissenschaftler spurlos – UNIT ist hochgradig besorgt und zieht die klügsten Eierköpfe daher in einer Hochsicherheitseinrichtung zusammen und der Doktor soll aufpassen. Er kann weitere Entführungen nicht verhindern – aber zumindest hat er eine Spur, und die führt in die Vergangenheit! Der Doktor wirft die Tardis an, ohne zu ahnen, dass er einen blinden Passagier an Bord hat – die investegative Reporterin Sarah Jane Smith. Man landet nah bei Irongrons Burg, wo Bogenschütze Hal gerade ein Attentat auf den Warlord vorbereitet, aber von Sarah Jane entscheidend gestört wird. Reporterin und Möchtegernmeuchler werden gefangen. Nach diversen Verwicklungen und der Vorführung von Linx‘ neuester Erfindung, einem Kampfroboter, gelingt es dem Doktor, Hal und Sarah Jane zur Flucht zu verhelfen, während er selbst Teil der Wissenschaftler-Sammlung wird, die Linx in seinem Workshop unterhält, auf dass diese, aus der Zukunft herbeigeschafft, unter Hypnose sein Schiff reparieren.

Sarah Jane (die natürlich erst mal ein Weilchen braucht, um zu begreifen, dass sie nicht auf einer etwas elaborateren Renaissance faire gelandet ist) versteht natürlich alles falsch und vermutet am Hofe des benachbarten Lords Edward of Wessex, dass der Doktor Irongrons Komplize sei. Zum Glück laufen der von ihr angeleierte Versuch, den „Zauberer“ gewaltsam aus Irongrons Dienst zu befreien, und dessen Fluchtversuch perfekt zusammen und wenig später hat der Doktor das Missverständnis immerhin soweit aufgeklärt, als dass er nun offiziell für Lord Edward arbeitet. Schließlich könnten Linx‘ anachronistische Waffen den Lauf der menschlichen Entwicklung verändern und as Timelord hat der Doc quasi von Geburts wegen da was dagegen (schließlich ist nach Doktor-Meinung der einzige, der an der Geschichte herumfuhrwerken darf, er selbst)…


Inhalt

Etwas außer der Reihe – eigentlich wollte ich den Doktor ja nach Möglichkeit in chronologisch richtiger Reihenfolge abarbeiten – ein Abenteuer des dritten Doktors Jon Pertwee aus dessen Abschieds-Staffel.

Anno 1973 hatte „Doctor Who“ eine gewisse Routine erreicht – mit Pertwee hatte man einen beliebten Schauspieler als Doktor, mittlerweile drehte man in Farbe, ein Großteil der Doctor-Mythologie war etabliert, und dank des konzeptionellen Kunstgriffs, den dritten Doktor auf die Erde zu „verbannen“, auf dass er dort für die Spezialorganisation UNIT arbeite, hatte man auch die Budgets einigermaßen in den Griff bekommen. Nach vier Jahren dritter Doktor machten sich aber Auflösungserscheinungen bemerkbar – Produzent Barry Letts und Script Editor Terrance Dicks wollten langsam mal wieder was anderes machen, Companion Katy Manning war bereits ausgesteigen und auch Jon Pertwee machte sich Sorgen – zwar bekam er regelmäßig Film- und Bühnenangebote (die er wegen seiner Fernsehverpflichtungen nicht annehmen konnte), befürchtete aber, dass diese Produzenten ob seiner ständigen „Neins“ irgendwann mal nicht mehr fragen würden. Es mussten also Weichen für die Zukunft gestellt werden…

Und so ist der vielleicht wichtigste Verdienst von „The Time Warrior“, dem ersten Serial der elften Staffel, dass er Sarah Jane Smith einführt, den womöglich populärsten Companion der Reihe und Star einer eigenen Spin-off-Serie („The Sarah Jane Adventures“) – womit wir wieder mal einen „historischen“ Grund gefunden haben, weshalb man als „Doctor Who“-Fan dieses Serial *braucht*. Nebeneher debütiert Autor Robert Holmes (der seit 1968 für die Serie schrieb und speziell in der Tom-Baker-Ära zum Stammautoren der Reihe avancierte) mit den Sontaranern eine neue Gegner-Spezies, mit der sich Tom und Colin Baker noch herumkloppen sollten und die auch in der Neuauflage aufgegriffen wurde, sowohl David Tennant als auch Matt Smith bekamen es mit der kriegslüsternen Klon-Rasse zu tun. Und außerdem – historische „firsts“ allenorten – wird hier zum ersten Mal der Heimatplanet des Doktors als Gallifrey konkretisiert.

Für die Staffeleröffnung wollten Holmes und Dicks sich etwas Besonderes einfallen lassen – die Idee war dann, eins der eigentlich endlich erfolgreich entsorgten historischen Serials zu machen, aber mit einem explizit-starken SF-Twist, was die früheren historischen Geschichten des edukativen Anspruchs wegen ja vermieden hatten. Das Resultat könnte man „Black Adder meets Doctor Who“ nennen – und damit eigentlich alles gesagt haben. Aber ich kenn Euch ja…

Selbstredend zieht „The Time Warrior“ den Großteil seines Humors aus dem Kontrast zwischen dem galaktischen Elitesoldaten Linx und dem primitiven Halb-Barbaren Irongron, der sich für Linx mindestens so überlegen hält wie es Linx tatsächlich ihm gegenüber ist. Dass sein Versucht, Linx so für seine Zwecke auszunutzen wie Linx es mit ihm tut, zum Scheitern verurteilt ist, liegt auf der Hand – noch lustiger wird diese Konstellation durch Irongrons rechte-Hand-Mann Bloodaxe, der entgegen jeglichen Augenscheinsbeweis seinen Herrn und Meister für die Weisheit und Intelligenz in Tüten hält; das hat dann wirklich etwas von einer Baldrick-Black Adder-Beziehung (zumal auch Bloodaxe eine gewisse Vorliebe für das Wort „cunning“ hat).

Die Methode, um den Doktor ins Prozedere zu ziehen, erscheint mir zwar selbst für Classic-Doctor-Verhältnisse recht weit hergeholt (irgendwie stelle ich mir vor, wenn Linx die technischen Möglichkeiten hat, um Wissenschaftler aus dem 20. Jahrhundert ins Mittelalter zu holen, müsste er auch *andere* Mittel haben, um sein Schiff zu reparieren), aber sobald der Doktor und sein neuer Companion mal im alten Angelsachsen angekommen sind, entwickelt sich ein munteres Hauen & Stechen mit einer Menge witziger Ideen. Pertwee, der „Dandy-Doktor“, ist genau der Richtige, um einen „Zauberer“ zu spielen (eine seiner Lines aus diesem Serial charakterisiert den dritten Doktor geradezu perfekt: „I’m serious about what I do, but not necessarily about the way I do it!“) und die Situationen, in die Drehbuchautor Holmes ihn wirft, bieten ihm auch die Gelegenheit für ein paar Actionszenen (der dritte Doktor ist ja durchaus gewillt, einen Gegner oder jemanden, der ihm sonst im Weg steht, auch einfach mal zu verprügeln). Sarah Jane ihrerseits deutet bereits an, dass sie ein sehr selbständiger Companion werden würde, der zur Eigeninitiative neigt – wie Terrance Dicks im Begleitmaterial verrät, durchaus ein Zugeständnis an die aufkommenden Feministinnen, und sehr gegen Dicks‘ Überzeugung, nach der Heroinen unter Kreissägen oder auf Bahngleise gefesselt sein sollten, damit der Held sie ordnungsgemäß retten kann; zu ihr passt Lady Eleonor, die wesentlich energischer und entschlussfreudiger ist als Lord Edward (sowohl Dicks als auch Letts bedauern, dass dieser Charakter nicht weiter ausgearbeitet wurde).

Wie üblich bei klassischen Who-Serials ist die ganze Angelegenheit etwas zu lang (auch wenn Letts im Nachhinein gern einen Sechsteiler draus gemacht hätte, um eben mehr Charakterkrams treiben zu können), findet aber eine gute Balance zwischen Humor, Action und Spannung – dass Linx‘ Einfluss auf die Weltgeschichte ausgesprochen ungut sein könnte, wenn er Irongron Jahrhunderte „zu früh“ mit Steinschlossgewehren ausrüstet, ist klar; damit ist ein nachvollziehbares Bedrohungspotential geschaffen, aber das alles passiert auf sehr entspannte, leichtgewichtige Weise, mit recht spritzigen Dialogen, mit leichten Schlenkern ins Alberne (wenn z.B. Irongrons Schergen den Doktor per Erschießungskommando plätten sollen, allerdings aufgrund fehlender Praxis überall hinschießen, nur nicht auf den Delinquenten). Bis auf den ersten (die Demaskierung des Sontaraners – und das ist für Classic-Who ein wirklich gutes Make-up) sind die Cliffhanger nicht übermäßig aufregend, und in Form von Professor Rubeish, einem entführten Wissenschaftler, der allerdings ohne Brille blind wie ein Maulwurf ist, daher für Linx nicht von Nutzen, und ganz ersichtlich in Linx‘ Labor schalten und walten kann wie er will, öffnet sich ein gigantisches personifiziertes Plothole – *nachdenken* sollte man mal wieder eher nicht…

Die Regieleistung ist mittelprächtig – Barry Letts und Terrance Dicks sind mit der Arbeit des Who-Neulings Alan Bromly nicht wirklich zufrieden, denn, wie sie sich ausdrücken, Bromlys Anspruch war es nicht, eine Szene unter den gegebenen Bedingungen bestmöglich zu drehen, sondern so, „dass es die Geschichte erzählt“. Das wirkte sich insbesondere auf die FX aus – die Landung des UFOs realisierte Bromly mit einer Tennisball-Taschenlampe-Kombination und für die finale Burgexplosion suchte er einfach nach einer Stock-Footage-Aufnahme herumfliegender Mauerstücke, ohne gesteigert darauf zu achten, ob die zu der realen Szenerie (gedreht wurde auf einer echten Burg) passt (Spoiler: tut sie nicht); konsequenterweise wurde Bromly nur noch einmal bei „Doctor Who“ eingesetzt und verdingte sich in der Folge mehr bei Soaps wie „Coronation Street“. Aber die Geschichte selbst inszeniert er ganz okay – es gibt eine größere Actionszene (des Doktors Flucht aus der Burg), die er komplett aus Vogelperspektive und ohne Schnitte filmt (wohl auch, um Pertwees Stunt-Double zu tarnen) und die da durch völlig die Dynamik verliert, aber ansonsten hält das durchaus 70er-Jahre-TV-Standard.

Ziemlich traurig war Designer Keith Cheetham, der, nachdem er eine Weile für die „Dave Allen“-Comedy-Show arbeitete und dort hauptsächlich period pieces wie Ritterburgen oder Saloons zu bauen hatte, begeistert war, endlich mal für „Doctor Who“ werkeln zu dürfen, und nach der ersten Script-Zeile „Zwei Ritter reiten durch die Wald“ frustriert „schon wieder period“ murmelte. Dafür aber bemühte er sich, wenigstens das sontaranische Raumschiff mit einer eigenen Note zu versehen.

Pertwee hat im fünften Jahr seinen Dandy-Doktor (man erinnere sich: Tom Bakers Zwei-Meter-Schal-Jellybaby-mampfender-vierter-Doktor gilt gegen Pertwees Interpretation als „darker“) natürlich perfekt drauf. Liz Sladen lässt bereits durchblicken, warum sie der wohl bedeutendste Companion des Doktors werden würde. Die Rolle des Bösewichts Irongron sollte ursprünglich an Bob Hoskins (before he went famous) gehen, der aber war verhindert und empfahl David Daker (später in „Time Bandits“ und „Iron Thunder“), der sich nicht lumpen lässt und eine großartige Schurkenperformance hinlegt (ganz besonders im Zusammenspiel mit „Bloodaxe“ John J. Carney [„Shogun“, „Top Secret“]). Kevin Lindsay (der leider 1975, kurz nachdem er in „The Sontaran Experiment“ den zweiten Sontaraner im Who-Kanon spielte, verstarb), verleiht unter dem wie gesagt für Classic-Who-Verhältnisse coolen (und schweren) Make-up dem Linx Persönlichkeit. Jeremy Bulloch, der den Bogenschützen Hal mit Gusto spielt, erlangte ein paar Jahre später Weltruhm als Boba Fett (George Lucas gab ihm 2005 auch eine kleine Rolle in „Die Rache der Sith“; außerdem war er in einigen Folgen der 80er-„Robin Hood“-Serie dabei). June Brown („Bean“) und Alan Rowe (später in „Horror of Fang Rock“ und „Full Circle“ wieder Who-Gaststar) ergänzen sich exzellent als Lord- und Lady-Wessex-Pärchen.

Bildqualität: 4:3-Farbe, halt natürlich keinen Vergleich mit aktuellen Produktionen aus – zumal auch „Doctor Who“ diese typisch britische Diskrepanz zwischen kristallklaren Studio- und schwammig-unscharfen Außenaufnahmen aufweist.

Tonqaulität: Englisch Mono Dolby 1.0, gut verständlich und wie üblich mit optionalen Untertiteln versehen.

Extras: Audiokommentar mit Liz Sladen, Barry Letts und Terrance Dicks, ein 30-minütiges neu (d.h. 2007) produziertes Making-of, in dem u.a. Sladen, Letts, Dicks, Bulloch und Cheetham zu Wort kommen, die Möglichkeit, sich das Serial mit neu produzierten CGI-Effekten anzusehen, zeitgenössische Fernsehtrailer, Bildergalerie, Trivia-Untertitelspur und diverse PDF-Dokumente.

Fazit: Ein ganz flottes, unterhaltsames Serial, das zwar einige Klimmzüge nimmt, um History und SF verbinden zu können, aber sobald es mal in Fahrt gekommen ist, viel Spaß macht. Dank der diversen „firsts“ mal wieder ein „Who-historisch“ wichtiger Bestandteil der Continuity, für den „ernsthaften“ Who-Sammler daher unverzichtbar, aber auch für Einsteiger oder Querkucker dank sehr frohsinnstiftender darstellerischer Leistungen und einem einfach verständlichen „standalone“-plot gut geeignet. Die wenigen Längen und die schwachen (und per DVD korrigierbaren) FX stören da eigentlich kaum. Thumbs up!


mm
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