- Original-Titel: Doctor Who: The Sontaran Experiment
- Regie: Rodney Bennett
- Land: Großbritannien
- Jahr: 1975
- Darsteller:
Tom Baker (Doctor), Elisabeth Sladen (Sarah Jane), Ian Marter (Harry), Kevin Lindsay (Styre), Donald Douglas (Vural), Glyn Jones (Krans), Peter Walshe (Erak), Peter Rutherford (Roth)
Vorwort
Der Doktor, Sarah Jane und Harry beamen von der Raumstation Nerva (The Ark in Space) auf die nach allen Erkenntnissen unbewohnte Erde des 11. Jahrtausends, um die Rückkehr der Schläfer der Weltraumkolonie vorzubereiten. Während der Doktor an den beschädigten Rezeptoren der Transmat-Strahl-Empfangsstation herumbastelt, erkunden Sarah Jane und Harry die Landschaft. Harry stürzt in eine Falle – etwas, was auf einer unbewohnten Erde nicht vorkommen sollte. Sarah Jane will den Doktor suchen, doch der ist mittlerweile von einer Gruppe schiffbrüchiger Soldaten des GalSec-Imperiums, einem Sternenreich der Menschen, für die die Nerva-Arche nur eine alte Legende ist, gefangen worden. Sarah Jane läuft einem Kerl namens Roth in die Hände, einem Kameraden der GalSec-Leute, der sie vor einem fiesen Roboter rettet, berichtet, von einem noch fieseren Alien gefoltert worden zu sein, und panische Angst vor seinem nominellen Kommandanten Vural hat. Auch der Doktor stellt gerade fest, dass Vural an seinem Raumanzug auch eindeutig nicht-menschliche Technologie spazieren trägt..
Sarah Jane und Roth gelingt es, den Doktor zu befreien, dieweil Harry sinnfrei durch die Landschaft stapft und dumm kuckt. Dem leicht vertrottelten Doktor gelingt es, bei der Suche nach Harry in die gleiche Falle zu stürzen wie Harry zuvor. Roth und Sarah Jane werden vom Roboter gefangen, der sie zu seinem Meister führt – Styre, dem Späher einer sontaranischen Invasionsflotte, der auf der Erde an einigen hergelockten Menschen (der GalSec-Crew) herumexperimentiert, um Stärken und Schwächen dieser unserer Rasse herauszufinden. Wie Menschen auf Flüssigkeitsentzug und Verbrennungen reagieren, hat Styre schon herausgefunden, aber ein weibliches Versuchsobjekt eröffnet ihm jetzt ganz neue Testmöglichkeiten…
Inhalt
Wie so viele Serials des klassischen „Doctor Who“ ist auch „The Sontaran Experiment“ das Resultat einer ziemlich spontan improvisierten Produzentenentscheidung. Philip Hinchcliffe, der nach Tom Bakers Debüt-Episode Robot übernommen hatte, sollte eigentlich zwei Sechsteiler auf die Beine stellen – der eine wurde Genesis of the Daleks, mit dem anderen war Hinchcliffe, so wie er vorgesehen war, unzufrieden. Radikal teilte der Produzent den Story Arc in zwei getrennte Serials – einen Vierteiler („The Ark in Space“), der komplett im Studio gedreht werden konnte, und einen Zweiteiler (was es seit 1965 nicht mehr gegeben hatte), nämlich eben „The Sontaran Experiment“, der hingegen komplett on location entstehen sollte – beides kostensparende Maßnahmen. Und ein Sontaraner wurde als Gegner ausgesucht, weil das Kostüm eh noch im BBC-Fundus rumlag – in der Eile, in der das Script von Bob Baker und Dave Martin heruntergeschrieben werden musste, hätte niemand Zeit gehabt, einen von Grund auf neuen, neu zu designenden und natürlich auch neu herzustellenden Alien-Charakter zu entwickeln.
Also machte sich das Team auf in die sumpfigen Landschaften von Dartmoor (wo auch „Der Hund von Baskerville“ spielt), die hier „London im 11. Jahrtausend“ spielen (das ursprüngliche Script sah vor, dass die Statue von Lord Nelson noch aus den Sumpf rauskuckt, aber wie üblich hatte „Doctor Who“ kein Geld für solche Sonderwünsche). Das Script ist nicht der Rede Wert – „The Sontaran Experiment“ ist das Paradebeispiel für eine „filler“-Episode. Der Invasionsplan der Sontaraner ist ziemlich undurchschaubar (weswegen müssen sie Erdlinge auf die unbewohnte Erde locken und dort testhalber durchfoltern, wenn die Erde doch eben *unbewohnt* und damit finders-keepers-tauglich ist? Oder wollen sie anderweitige humanoid bewohnte Planeten erobern? Davon ist aber nie die Rede… und von den Re-Kolonialisierungsplänen der Nerva-Bewohner können sie ja gar nichts wissen) – ein bisschen drollig ist, dass das ganze Setup mich zumindest stark an Robot Monster erinnert: hier wie dort wird ein geplagter Solo-Invasor von seinem Vorgesetzten per Tele-Monitor gepiesackt, dass er doch gefälligst zu Potte kommen soll (ich hatte echt erwartet, dass Styre eine Line im Sinne von „where on the graph do must and cannot meet“ von sich gibt).
Ansonsten sind von einem Serial, das sich quasi als eine einzige ununterbrochene Actionszene spielt (tatsächlich sind die beiden Folgen for practical purposes mehr oder weniger als „Echtzeit“ zu verstehen), keine tiefschürfenden psychologischen Erkenntnisse zu erwarten. Es werden ein paar interessante Sachen angedeutet (Roths folterbedingter Halbwahnsinn, Vurals Kollaboration), aber nicht wirklich ausgespielt – wie auch in gut 45 Minuten? Immerhin – Styres sadistische Experimente, orientiert an denen von KZ-Ärzten im Nazi-Regime, weswegen Styre auch einen vage deutsch klingenden Namen trägt, riefen die selbsternannte britische „Medienwächterin“ (read: Moralapostelin) Mary Whitehouse auf den Plan, die in der Folge eine Kampagne gegen die oh-so-gewaltverherrlichende Serie lancierte. Obschon Elisabeth Sladen (Sarah Jane) kommentierte, dass jemand, der sich über Doctor Who aufregt, sich über ALLES aufregt, gab die BBC in Sorge um ihr öffentliches Image an Hinchcliffes Nachfolger als Who-Produzent, Graham Williams, die Direktive aus, die Serie gefälligst weniger gewalttätig und insgesamt etwas heiterer zu gestalten (dabei vergessen wir bitte nicht: wir reden über klassischen „Doctor Who“, eine Serie, der einen richtig sadistischen Effekt nicht hinbekommen hätte, wenn er beabsichtigt gewesen wäre, weil kein Geld dafür da gewesen wäre – was Miss Whitehouse u.a. bemängelte, war eine Szene, in der zwei Männer so tun, als würde ein billiges Plastik-Prop – das nach nichts anderem aussieht als nach einem billigen Plastik-Prop – hunderte Kilo schwer sein und auf den Brustkorb eines dritten Mannes „gepresst“ werden).
Der kurzen Laufzeit zum Trotz bieten sich einige Möglichkeiten (und werden genutzt), dass diverse Charaktere von anderen Charakteren gefangen genommen werden, fliehen und ggf. in anderer Konstellation wieder gefangen genommen werden, insoweit also Who-Dienst-nach-Vorschrift. Halt mit dem Unterschied, dass die Gefangennehmerei und das Rumgefliehe unter freiem Himmel stattfindet – Tom Baker wär’s wahrscheinlich lieber gewesen, man wär im Studio geblieben, dann wäre er nicht von einem Felsen gefallen und hätte sich das Schlüsselbein gebrochen. Der spontane Einfall des Kostümdepartments mit dem Zwei-Meter-Schal erwies sich als Segen – so konnte die Verletzung und die Schlinge, die Baker tragen musste, in Nahaufnahmen unproblematisch verborgen werden. Für die wide shots und die Actionszenen sprang dann Nebendarsteller und Stuntman Terry Walsh ein. Was auch irgendwie passte, weil der herzkranke Kevin Lindsay, der un-be-dingt nach The Time Warrior wieder den Sontaraner spielen wollte, in den vergangenen zwei Jahren nicht gesünder geworden war (er starb dann auch kurze Zeit nach den Dreharbeiten) und Actionszenen im schweren Kostüm und Make-up eh nicht mehr bewältigen konnte.
Das Sontaran-Make-up ist seit „The Time Warrior“ eher schlechter geworden (der Trend würde sich mit den weiteren Sontaraner-Episoden fortsetzen. Was nicht überrascht, weil eine der patentierten BBC-Methoden, an Geld zu kommen, offensichtlich „Doctor Who-Budget kürzen“ war). Die Prop-Waffen (mal wieder Lasergewehre aller Art mit unsichtbaren – weil billigen – Strahlen) sind wie üblich recht drollig; vom Sontaraner-Schiff gibt’s nur Außenansichten und der Hilfsroboter des Alien ist auch mehr Lachschlager denn bedrohliches Monster (auch hier machten Budget- und Location-Einschränkungen dem Team einen Strich durch die Rechnung. Laut Script sollte der Roboter „schweben“, sowas war im Budget aber natürlich nicht mal ansatzweise drin, weswegen das Ding auf Rollen durch die Prärie geschoben wurde. Und weil’s in Dartmoor eher uneben ist, limitierte das die Einsatzmöglichkeiten für den Robbie gewaltig).
Auf Darstellerseite ist zu vermelden, dass keiner der „regulars“ wirklich großartige Szenen zu spielen hat – obwohl das Tempo sicherlich nicht gerade raketenmäßig ist (wir reden bei aller Freundschaft von einer BBC-Serie von 1975), dient nichts der Charakterentwickung. Tom Baker hat ein-zwei Lines, die zum Schmunzeln anregen, Elisabeth Sladen hat einen guten Moment, als sie den Sontaraner zum ersten Mal sieht und sich schockiert an Linx („The Time Warrior“) erinnert, und Ian Marter leidet unter dem Problem, dass man ihn als Companion gecasted hatte, als man noch an einen älteren „neuen“ Doktor dachte und meinte, man bräuchte jemanden für die Actionszenen, die Tom Baker, der tatsächliche „neue“ Doktor aber bequem selbst drehen konnte (wenn er sich nicht gerade die Knochen brach), und die Schreiberlinge demzufolge nicht ganz sicher war, wozu sie den Harry-Charakter überhaupt brauchen konnten. Die GalSec-Astronauten wurden durchgängig von südafrikanischen Schauspielern gemimt (die Produzenten wollten einen „fremdartig“ klingenden Akzent, der halbwegs glaubwürdig eine „zukünftige“ Entwicklung der englischen Sprache darstellen konnte. Lustig bei einer Serie, die explizit davon ausgeht, dass JEDE Kreatur im Universum Englisch spricht). Donald Douglas („Bridget Jones“) und Peter Rutherford (Der Hund von Baskerville) hinterlassen den besten Eindruck
Bildqualität: Das Übliche für einen BBC-Release der Tom-Baker-Ära. 4:3-Vollbild mit satten Farben, gelegentlichen Unschärfen (im Gegensatz zum BBC-Usus wurde „The Sontaran Experiment“ auf Video gedreht, nicht auf dem üblichen 16 mm). Das Team kämpft ersichtlich ein wenig mit der neuen Technik und den Unwägbarkeiten, sie in freier Wildbahn einzusetzen, daher wirkt alles ein wenig ungeschliffen und stellenweise ein bissi amateurish.
Tonqualität Auch hier das Standardprogramm – gut verständliche englischer O-Ton (Dolby Mono) nebst optionalen Untertiteln.
Extras: Der obligatorische Audiokommentar wird von Elisabeth Sladen, Philip Hinchcliffe und Bob Baker bestritten, dazu gibt’s eine 36 Minuten lange Featurette über die Entwicklung der Sontaraner in der klassischen Serie von „The Time Warrior“ bis hin zu einem Sketch für die Show des bekannten Kindesmißbrauchers und Vergewaltigers Jimmy Savile (ich weiß nicht, ob es auf den erst kürzlich posthum aufgeklärten Sexskandal bezogen ist, wenn Colin Baker im Interview sagt, dass Jimmy Savile „the most scary thing“ in diesem Sketch gewesen ist. In einem dieser wunderbaren bösartig-ironischen Twists, die das Leben für uns alle bereit hält, wurde Savile zu Lebzeiten von Mary Whitehouse für sein anständiges Familienfernsehen ausgezeichnet). Abgerundet wird die Sache von einer Fotogalerie und dem üblichen Trivia-Untertiteltrack. Ist jetzt nicht sooo viel, wie wir gewohnt sind, da man die DVD vermutlich kostensparend im „Bred for War“-Boxset mit allen Sontaraner-Episoden erwerben wird, ist das jetzt auch nicht so tragisch.
Fazit: Skippable. Ja, ich weiß, für Ein-Wort-Fazite werde ich hier nicht bezahlt (eh, ich werde hier überhaupt nicht bezahlt, fällt mir grad ein). Es fasst die Chose aber gut zusammen – hier passiert nichts essentielles, nichts historisch wichtiges für den Who-Kanon, auch nichts besonders lustiges oder besonders spannendes. Ist man nicht Hardcore-Sontaraner-Fan (und dann kauft man sich die Box ja eh) braucht man die Scheibe nicht.
Anmerkung: ich nehme hier Bezug auf die unmittelbar vorherigen Who-Serials. Derzeit gibt’s dafür noch keine Reviews, weil diese zwar praktisch fertig sind, jedoch auf meinem defekten Notebook ruhen, dessen Datensicherung mir noch nicht wieder zur Verfügung steht. Kommen aber irgendwann…