Doctor Who: The Sensorites

 
  • Original-Titel: Doctor Who: The Sensorites
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  • Regie: Mervyn Pinfield (Ep. 1 - 4), Frank Cox (Ep. 5 - 6)
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1964
  • Darsteller:

    William Hartnell (Doktor), Carole Ann Ford (Susan), Jacqueline Hill (Barbara), William Russell (Ian), Stephen Dartnell (John), Ilona Rodgers (Carol), Eric Francis (First Elder), Bartlett Mullins (Second Elder), Peter Glaze (City Administrator), Joe Greig, Ken Tyllssen, Arthur Newall, Anthony Rogers, Gerry Martin (Sensorites)


Vorwort

Die TARDIS materialisiert zu des Doktors Überraschung im Inneren eines Raumschiffs. Nachdem es gelungen ist, die scheinbar toten Crewmitglieder in der Zentrale des Schiffs wiederzubeleben, erfahren die TARDISnauten, was Sache ist – das Schiff befindet sich in einem erzwungenen Orbit um den Planeten Sense-Sphere, dessen Bewohner, die Sensorites, die Menschen an Bord des Raumschiffs mit telepathischen Kräften angreifen, sie aber offensichtlich nicht töten wollen, sondern sogar mit Nahrungsmitteln versorgen – weglassen wollen sie das Schiff allerdings offenkundig nicht mehr. Das, stellt der Doktor wenig später fest, trifft auch auf die Neuankömmlinge zu: die Sensorites entwenden das Schloss zur TARDIS, womit die vier Reisenden jetzt ebenfalls festsitzen.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten gelingt es aber, mit den Sensorites in Verhandlungen zu treten. Die haben aus ihrer Sicht einen guten Grund, den Menschen gegenüber misstraurisch zu sein. Vor einigen Jahren bekamen sie schon einmal Besuch von Menschen, die es auf die reichen Mineralvorkommen von Sense-Sphere abgesehen hatten. Das Schiff der Menschen explodierte beim Start – und seither leidet Sense-Sphere unter einer tödlichen Seuche. Als die Sensorites via ihrer mentalen Kräfte feststellten, dass dieses neuerliche Raumschiff der Menschen es wieder auf wertvolle Erze abgesehen hat, war man begreiflicherweise eher ultravorsichtig.

Dem Doktor gelingt ein Handel mit dem „First Elder“, dem Chef der kastenmäßig organisierten Sensorites. Gelingt es dem Doktor, die Seuche zu heilen – die mittlerweilse auch Ian befallen hat -, könnte der Elder sich vorstellen, den TARDIS-Schlüssel wieder rauszurücken. Und den von den Sensorite-Mentalattacken arg mitgenommenen Astronauten John, ja, den kann man sowieso wieder auf Vordermann bringen.

Nur sind nicht alle Sensorites den Menschen so aufgeschlossen gegenüber eingestellt wie der First Elder und sein Chefberater, der zwar etwas skeptischere, nichtsdestotrotz loyale Second Elder. Der Stadtadministrator sieht in den Menschen ausschließlich Feinde, die es schnellstmöglich auszuschalten gilt – und als er erkennt, dass seine Warnungen an die Elder ungehört verhallen, greift er zu drastischen Maßnahmen. Doch auf die entscheidende Idee bringt ihn ausgerechnet die Astronautin Carol durch eine leichtfertige Bemerkung. Die Sensorites, die keine Namen kennen, sondern sich durch ihre Beschäftigung bzw. ihren administrativen Rang identifizieren, sind selbst für ihresgleichen kaum auseinanderzuhalten – so ist es ein leichtes für den Stadtadministrator, den Second Elder auszuschalten, seine Rolle einzunehmen und so gegen die Menschen zu intrigieren.

Der Doktor hat indes die Ursache der Seuche ermittelt – es ist keine Krankheit, es ist eine Vergiftung, eine Vergiftung, die nach Ansicht des Doktors kein Zufall ist. Aber wer sollte die Sensorites vergiften wollen?


Inhalt

Zurück zu den klassischen Who-Serials und zum ersten Doktor. Im direkten Anschluss an The Aztecs – dem, den Daleks zum Trotz vielleicht ersten großen Höhepunkt der Show – war gemäß der strikten Konzeption nun wieder ein reinrassiges Science-fiction-Stück fällig. Es konnte eigentlich nur besser werden als das letzte SF-Serial, der Ultralangweiler The Keys of Marinus.

„The Sensorites“ ist eine der Storys, die im Who-Kanon keine ganz großen Spuren hinterlassen hat (in der neuen Serie hat Russell T. Davis nur die Ood – die in „The Impossible Planet/The Satan Pit“ auftauchten, auf einem Nachbarplaneten von Sense-Sphere angesiedelt) – es ist weder besonders beliebt noch verhasst, und wie „Doctor Who Magazine“-Schreiberling Tony Hadoke sich im Zusatzmaterial auszudrücken beliebt, „it didn’t even have the decency to get wiped so we could mourn how great it must have been“. Klingt nicht nach einem Burner, doch dafür offenbart sich „The Sensorites“ bei Betrachtung als erstaunlich komplexes Stück SF, das sich im direkten Vergleich zum von mir hochgelobten „The Aztecs“ gar nicht mal so schlecht macht.

Geschrieben wurde die Story vom „enigmatischen“ Peter R. Newman, einem Kriegsveteranen, der sich mit „Yesterday’s Enemies“ einen Namen gemacht hatte. Diesen Kriegsfilm hatten die ehrwürdigen Hammer Studios 1959 produziert, als man dort zwar erfreut über den Reibach war, den man mit Horrorfilmen machte, andererseits aber besorgt über den guten Ruf der Firma war und gezielt einige „anspruchsvolle“ Stoffe machen wollte. Newman adaptierte für Hammer ein Theaterstück, das auf seinen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg, wo er in Burma stationiert war, basierte und – zum Leidwesen mancher Veteranenverbände – britische Kriegsverbrechen thematisierte. Der Streifen war kein kommerzieller Erfolg, wurde aber für vier BAFTA-Awards (die britischen „Oscars“) nominiert und beeindruckte Hammer offensichtlich so sehr, dass Newman mit weiteren Aufträgen versorgt wurde. Allerdings gestaltete sich die Zusammenarbeit offenkundig als recht schwierig seitens Newmans, so dass kein weiteres seiner Drehbücher tatsächlich umgesetzt wurde und Hammer nach einigen Jahren dann auch die Arbeitsbeziehung beendete. Und so ist „The Sensorites“ auch Newmans einziger weiterer Screencredit neben „Yesterday’s Enemies“.

Auch in seinem Doctor-Who-Script verarbeitete er Kriegserfahrungen, in diesem Fall jedoch eher positiverer Art; er hatte sich im Krieg mit einem japanischen Offizier angefreundet und ersichtlich am eigenen Leib verspürt, dass es auch auf Seiten des Feindes „anständige Menschen“ geben kann (wie auch auf der eigenen Seite verbrecherische Schweine). Und so spielt sich „The Sensorites“ als eine Folge von Missverständnissen, falschen Erwartungen/Befürchtungen, schlechten Erfahrungen, die rationale Entscheidungen be- und verhindern, dem Wunsch, vertrauen zu können und dem Missbrauch dieses Vertrauens, und das so ziemlich bei allen Konfliktparteien.

Die Sensorites haben aus ihrer Sicht allen Grund, ultravorsichtig bis feindselig zu reagieren – sie wissen, dass die Menschen es auf die Bodenschätze abgesehen haben und natürlich liegt auch der Zusammenhang zwischen erstem Besuch der Menschen und dem Ausbruch der Seuche nahe. Trotzdem versucht der First Elder, der einer Gesellschaft vorsteht, die grundsätzlich auf uneingeschränktem Vertrauen untereinander basiert, dieses Vertrauen soweit wie möglich auch den Neuankömmlingen entgegenzubringen – obwohl der Doktor, durch den Diebstahl des TARDIS-Schlosses auf die Palme gebracht, für den status quo der Serie recht uncharakteristisch aggressiv auftritt (d.h. erstmals eine Eigenschaft pflegt, die für viele der nachfolgenden Doktoren typisch werden sollte – in die Enge getrieben, werden sie gerne laut) und damit erst mal nicht viel tut, die Bedenken der skeptischeren Sensorites auszuräumen (auch weil er schnell ihre „Schwachpunkte“, Dunkelheit und laute Geräusche, herausgefunden hat und gegen sie einsetzt). Umgekehrt sieht sich der nominelle Schurke, der Stadtadministrator, in der Pflicht, „seine“ Leute vor den von ihm als tödliche Bedrohung eingestuften Menschen zu schützen, weil er der Ansicht ist, die ihm vorgesetzten Elders würden nicht angemessen reagieren (ironischerweise entwickelt sich sein persönliches Machtstreben erst, als Carol ihn durch die unbedachte Bemerkung, dass ja nicht mal Sensorites einander ohne ihre Rang- bzw. Berufsinsignien unterscheiden können – und als er den Second Elder ausgeschaltet hat, sind es ausgerechnet der Doktor und Ian, die ihn, freilich ahnungslos, dass er hinter allen gegen sie gerichteten Intrigen stellt, für die Beförderung auf den nunmehr vakanten Posten empfehlen und ihn damit in eine Position bringen, in der ihnen *legitim* schaden kann).

Wie schon bei „The Aztecs“ ist der Verzicht auf pure schwarz-weiß-Malerei (auch wenn der „Stadtadministrator“ am Ende des Tages ein „böserer“ Bösewicht ist als der aus seiner Sicht völlig richtig handelnde Tlotoxl bei den Azteken) ein Gewinn für die Story, die sich dadurch nicht der Gefangennahme-Flucht-Gefangennahme-Formel ergeben muss (für den größten Teil der Story wissen der Doktor und seine Gefährten nicht mal, dass es für sie nicht nur darum geht, durch vertrauenswürdige Handlungen das TARDIS-Schloss zurückzubekommen, sondern ihnen wirklich jemand terminal ans Leder will) *und* in der letzten Folge noch eine Überraschung (naja, man kann sich’s mit heutiger Zuschauererfahrung denken – SPOILER: es gibt Überlebende der ersten menschlichen Expedition und die glauben sich im Kriegszustand) auspacken. Der gewohnt langsame Erzählrhythmus kommt der Geschichte ebenfalls entgegen – so kann Newman in den Dialogen relativ viel über die Sensorites-Kultur und ihre „perfekte“ Gesellschaft (hierarchisch, aber nicht diskriminierend, da jeder seinen Fähigkeiten entsprechend „eingesetzt wird) erzählen, mit John (der dank der stärkeren mentalen Verbindung zu den Sensorites die bösen Pläne des Stadtadministrators mitbekommen hat, jedoch aufgrund seines derangierten Geisteszustandes keine kohärente Warnung aussprechen kann) eine der interessanteren Nebenfiguren einzubringen, dem Doktor einige seiner besten Szenen der bisherigen Serie zuschanzen und sogar mal Susan gewinnbringend einsetzen (in einer Art Rückgriff auf die nicht verwendete ursprüngliche Konzeption ihres Charakters macht sich eine latente telepathische Begabung bemerkbar, die es ihr erlaubt, überhaupt erst den Kontakt zu den Sensorites herzustellen), ohne sie als dummes kreischendes Teenie-Girl, das sich ständig in Schwierigkeiten bringt, abzukanzeln (wohin Susan in einigen vorhergehenden Serials ja schon degeneriert war), und dabei noch anzudeuten, dass sie langsam erwachsen wird und sich von ihrem Großvater emanzipiert.

Trotzdem gibt’s bei zweieinhalb Stunden Laufzeit (6 Episoden) natürlich Längen – den Auftakt auf dem Raumschiff hätte man sicher zwingender gestalten können. Vier Episoden hätten, wie wohl bei den meisten Hartnell-Serials, durchaus gelangt, um zum Punkt zu kommen, aber – gerade im Vergleich zu „The Keys of Marinus“ oder „The Daleks“ – entwickelt „The Sensorites“ doch ordentlich Spannung und lässt sich idealerweise in zwei Sitzungen bequem konsumieren.

Auf der technischen Seite machen sich die üblichen Beschränkungen eines „shot-as-live“-Teleplays bemerkbar, auch wenn die Regisseure Mervyn Pinefield und Frank Cox sich bemühen, verhältnismäßig flott zu inszenieren, öfter Kamerapositionen zu ändern als gewohnt und stärker auf Schauplatzwechsel zu setzen. Das Raumschiff-Set kann abseits der „Zentrale“ kaum überzeugen (man sieht deutlich, wie z.B. die Schotte aus Sperrholz ausgesägt wurden) – dafür gibt’s aber zum Ende der letzten Folge sogar den, wenn mich nicht alles täuscht, ersten „Space-Effekt“ der Serie. Sense-Sphere ist nicht übermäßig reichhaltig ausgestattet, dafür aber bewusst mit vielen Rundungen gestaltet. Abzüge gibt’s für die recht albernen Sensorites-Kostüme (die Plattfüße sind herrlich!) und die recht lieblosen haariger-Kartoffelkopf-Masken. Bemerkenswert ist noch der Einsatz von dramatischen Musik-Cues, der mir bis dato beim Doktor noch nicht so frappierend aufgefallen war und manchmal in der Tat etwas stört.

William Hartnell hat, wie schon gesagt, einige seiner bislang besten Szenen zu spielen (natürlich verhaut er mal wieder ein paar Lines, aber das passiert auch diversen Sensorites und sogar William Russell einmal). Carole Ann Ford hat auch endlich mal ein bisschen was zu tun (sie war ja sehr enttäuscht darüber, wie wenig Entwicklung man ihrer Figur zusprach – es muss für sie beinahe erlösend gewesen sein, dass sie hier mal auch mal ein paar Charakterszenen hat). Russell ist mittlerweile in seinem Abenteurer-Self angekommen (was sogar kurz thematisiert wird, als die TARDIS-Gefährten rekapitulieren, dass ihre gemeinsamen Erlebnisse sie alle verändert haben) – nur Jacqueline Hill hat dieses Mal nicht viel zu tun (da sie für zwei Episoden komplett fehlt, nehme ich an, dass sie während dieses Serials Urlaub hatte). Zu den Sensorites kann man nicht viel sagen – sie sind hinter unbeweglichen Masken verborgen und in die größtenteils identischen Kostüme gehüllt (Joe Greig spielt deswegen auch mehrere Sensorites-Rollen).

Bildqualität: Die übliche passable 4:3-s/w-Bildqualität mit gelegentlichen Schlieren und Verschmutzungen. Man weiß ja mittlerweile, was man von diesen alten Serials zu erwarten hat.

Tonqualität: Englisch Mono. Gut verständlich, manchmal leicht übersteuert wirkend, leichtes Grundrauschen.

Extras: Neben einem Audiokommentar, an dem neben diversen Darstellern auch Regisseur Cox, Production Designer Cusick und Make-up-Designerin Markham beteiligt sind, gibt’s eine gut 20-minütige, nette Featurette, in der Toby Hadoke dem geheimnisvollen Peter R. Newman nachspürt, und wieder einige technische Einblicke in die damaligen Produktionsmethoden, wobei dieses Mal erklärt wird, was bei einer Produktion wie dieser die Aufgabe eines „vision mixers“ ist. Dazu gibt’s das übliche Assortment an Trailern, PDF-Materialien und Fotogalerie.

Fazit: Auch wenn „The Sensorites“ bei den Whovians offenkundig nicht hoch im Kurs steht – es ist ein recht gute Story, die vielleicht dadurch beeinträchtigt wird, dass sie in einigen Punkten ähnliche Themen angreift wie der direkte Vorgänger „The Aztecs“, der insgesamt doch noch deutlich eindrucksvoller ist. Für sich alleine genommen ist die Geschichte aber eine solide, intelligente SF-Plotte (die fraglos ihr Potential nicht voll ausschöpft) und deutlich besser als die bis hierhin realisierten reinen Science-fiction-Serials. Ich bin nicht unbedingt überrascht, dass die Sensorites keine Stammgäste der Show wurden – dafür fällt auch mir nicht wirklich viel an Geschichten ein, die man mit ihnen oder über sie erzählen könnte -, für einen „one-off“ sind sie aber interessant genug, silly costumes notwithstanding. Kuckbar!


BOMBEN-Skala: 5

BIER-Skala: 6


mm
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Daniel
Daniel
18. Juni 2018 15:31

Hier fehlt das Review