Doctor Who: The Movie

 
  • Original-Titel: Doctor Who: The Movie
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  • Regie: Geoffrey Sax
  • Land: USA/Großbritannien
  • Jahr: 1996
  • Darsteller:

    Paul McGann (The Doctor), Eric Roberts (Bruce/The Master), Daphne Ashbrook (Dr. Grace Holloway), Sylvester McCoy (The Doctor), Yee Jee Tso (Chang Lee), John Novak (Salinger)


Vorwort

Eigentlich sollte der Doktor nicht unzufrieden sein- sein Erzfeind, der Master, ist von den Daleks zum Tode verurteilt und exekutiert worden, und da der böse Timelord seine Regenerationen vollständig aufgebraucht hat, ist das nach allgemeiner Einschätzung eine ziemlich endgültige Sache. Gut, der Doktor ist etwas überrascht, dass der Master als letzten Wunsch darum gebeten hat, seine sterblichen Überreste mögen nach Gallifrey gebracht werden, aber man ist ja kein Unmensch. Vielleicht hätte er aber etwas besser auf die Kassette aufpassen sollen, in der des Masters Reste verwahrt sind…

So aber kann *etwas* sich aus der Urne befreien und eine Bruchlandung der TARDIS verursachen. Die Police Box materialisiert in San Franciscos Chinatown, am 30.12.1999. Der Doktor hat gerade noch die Gelegenheit, die TARDIS-Tür zu öffnen und einen ersten Blick nach draußen zu werfen, da wird er schon von einer Straßengang, die sich gerade im Gefecht mit einer rivalisierenden Gang befindet, niedergeschossen. Das ursprünglich ausgekuckte Opfer, ein junger Chinabursche namens Chang Lee, ist herzensgut genug, um den schwer verwundenten Doktor ins Krankenhaus zu bringen, wo Dr. Grace Holloway allerdings und ihr gesammeltes medizinisches Wissen allerdings vor des Doktors unkonventioneller innerer Verdrahtung fatalerweise kapitulieren muss. Während Chang Lee sich mit den Habseligkeiten des Doktors aus dem Staub macht, passiert merkwürdiges…

Bruce, der Ambulanzfahrer, wird von einer schlangenartiken Kreatur, die verdächtig der Essenz des Masters ähnelt, infiltriert – und in einer Leichenhalle des Krankenhauses regeneriert der Doktor in seine neue Form. Es gibt aber einen entscheidenen Unterschied – während der Doktor aufgrund der durch Graces Eingreifen verpfuschten Regeneration nicht nur unte der üblichen Verwirrung leidet, sondern komplett amnesisch ist, weiß Bruce bzw. der neue Master, ganz genau, was Sache ist. Der menschliche Körper, den er annektiert hat, wird nicht lange halten – er braucht den Körper des Doktors, um sich dessen weitere Regenerationen anzueignen. Einen Komplizen findet er in Chang Lee, der mittlerweile die TARDIS gefunden und festgestellt hat, dass die ihn gut leiden kann. Eine Lügengeschichte später ist Chang Lee fest auf des Masters Seite und öffnet für ihn das „Eye of Harmony“, die Energiequelle der TARDIS.

Der immer noch gedächtnislose Doktor drängt sich in das Leben von Grace Holloway, der einzigen Person, die ihm irgendwie bekannt vorkommt. Die hält den Typen, der entgegen jeglichen Augenscheinsbeweis behauptet, der gleiche Doppelherztyp zu sein, der ihr unter’m Skalpell weggestorben ist, mindestens für einen entlaufenen Irren. Doch mit der Zeit kommen die Erinnerungen des Doktors wieder zum Vorschein und die Öffnung des „Eye of Harmony“ setzt die letzten Puzzlestücke zusammen. Und nun weiß der Doktor: wird das Auge nicht wieder geschlossen, wird es die ganze Erde in sich aufsaugen…


Inhalt

Der Film: Es ist schon komisch, dass das vielleicht bedeutendste Franchise, das die BBC in ihrer langen Existenz jemals geschaffen hat, das in ihren eigenen Reihen mit Sicherheit unbeliebteste ist. Die Versuche mißgünstiger BBC-Bosse, die populäre Serie mit allen möglichen Mitteln (und am allerliebsten mit Budgetkürzungen) aus dem Programm zu schubsen, sind legendär – 1989 hatten sie’s dann endlich geschafft. Mikroskopische Budgets, die dafür sorgten, dass die Sets manchmal sprichwörtlich leer waren, mit John Nathan-Turner ein verantwortlicher Produzent, der schon seit Jahren keinen Bock mehr auf die Serie hatte, und die Tatsache, dass angeblich im ganzen bürokratischen Monstrum der BBC kein anderer Produzent willens gewesen sein soll, die sieche Show, die seit Tom Bakers Zeiten die Hälfte ihres Publikums verloren hatten, wieder auf Vordermann zu bringen, ließen die Senderverantwortlichen, obwohl Sylvester McCoy als Doktor und Companion Ace an und für sich bei den Fans wohlgelitten waren, die Axt fallen.

Doch schon drei Monate, bevor die letzte Episode über die Bildschirme flimmerte, hatte ein junger englischer TV-Produzent, den die Wirren des Schicksals nach Amerika verschlagen hatten, bei der BBC angefragt, ob es nicht möglich wäre, eine amerikanisch-britische Koproduktion auf die Beine zu stellen – der Auftakt zu einem siebenjährigen Kampf, den dieser Produzent, Phillip Segal, führen musste, bis die neue Version des Doktors in den USA und in Großbritannien Premiere feiern konnte. Die Irrungen und Wirrungen, bis Segal tatsächlich daran gehen konnte, den Film zu machen, wären alleine schon einen Film wert (die Dokumentation auf der UK-DVD dauert dann auch knapp eine Stunde) – einige Zeit lang war sogar Steven Spielberg, für dessen Company Amblin Segal einige Jahre arbeitete, involviert und interessiert, und immer wieder musste Segal Obstruktionen aus dem Hause der BBC (wo es mit der eigentlichen Sendeanstalt und BBC Worldwide, zuständig für die Auslandsgeschäfte, schon allein zwei Parteien gab, die traditionell miteinander auf Kriegsfuss standen) aus dem Weg räumen; auch ein Drehbuch finden, mit dem sich alle Beteiligten halbwegs anfreunden konnten, gestaltete sich als schwierig, bis schließlich der Deal stand, dass Segal als unabhängiger Produzent den Film mit den Universal Studios für das neue Fox-Network drehen konnte.

Während der Film im heimischen England gut ankam, wurde er in den USA gegen das Serienfinale von „Roseanne“ programmiert und konnte natürlich kein Land sehen. Segals Hoffnung, den TV-Film als inoffiziellen Pilotfilm für eine kommende neue Serie zu nutzen, zerschlugen sich – bis zum Revival 2005 sollte es des Doktors letzter Fernsehauftritt bleiben.

Wie nicht anders zu erwarten, ist der Fernsehfilm sichtbares Resultat von mühselig ausgehandelten Kompromissen, vom Script (das „amerikanische“ Actioneinlagen wie eine Verfolgungsjagd Motorrad/Krankenwagen einbaut), Setting bis hin zum Casting. Während die BBC, zumindest dafür darf man dankbar sein, unnachgiebig auf einem britischen Doktor bestand (sich aber mit Händen und Füßen dagegen sträubte, Sylvester McCoy, den man dort mit dem Quotenniedergang assozierte, als Bindeglied zum klassischen Who-Kanon einzusetzen), sind die Co-Stars Amerikaner. Wie Segal in der Dokumentation ausführt, kam es irgendwann nicht mehr darauf an, zur Rolle „passende“ Schauspieler zu engagieren, sondern solche, mit denen die US-Firmen vom name value her leben konnten. So kam dann Eric „ich spiel alles“ Roberts an die Master-Rolle, für die er, da sind wir uns vermutlich einig, nicht wirklich geschaffen ist.

Aber zunächst zur Story – für Fans ist es natürlich zu begrüßen, dass es Segal gelang, keinen „Reboot“ durchziehen zu müssen, sondern den Film als direkte Fortsetzung der klassischen Serie zu konzipieren. Das hat aber natürlich – speziell bezogen auf den US-Markt – die Konsequenz, dass Neueinsteiger gleich in den ersten Minuten mit Daleks, Timelords, TARDIS, dem Master und Regenerationen konfrontiert wird, ohne dafür einen echten Kontext zu haben. Das Script von Matthew Jacobs („Paperhouse“, „Young Indiana Jones“) versucht zwar, 25 Jahre etablierte Mythologie in den knapp 90 Minuten so gut wie möglich zu erklären (und dabei ein paar neue Facetten einzubauen, die sich allerdings als kontrovers erwiesen – der Doktor erklärt hier z.B. er wäre „halb menschlich“, und die ganze „Eye-of-Harmony“-Geschichte ist nicht unbedingt konsistent mit dem, was davor und danach zum Thema gesagt wurde), aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass Zuschauer, die unbelastet von Vorkenntnissen über die Serie eine Art „Star Trek“ erwarteten, bei der zweiten Werbepause das Handtuch warfen. Die Folge ist ein gewisser Widerspruch zwischen einer eigentlich simplen Story (der Master braucht den Doktor, der Doktor braucht – aus unerfindlichen Gründen – eine Atomuhr, um die TARDIS wieder in Gang zu setzen) und der komplexen Hintergrundmythologie und ihrer eigenen Terminologie (die man natürlich analog zum typischen Star-Trek-Technobabble mental ausblenden kann, aber dann eher noch weniger verstehen wird).

Generell bin ich kein großer Freund von Amnesie-Geschichten – sie wirken auf mich fast immer wie eine Autorenkrücke, mit der Suche des Protagonisten nach seiner Identität Laufzeit zu schinden, bis man sich dem eigentlichen Plot widmen kann. Es ist hier, wo die Figur des Doktors einem neuen Publikum vorgestellt werden soll, nicht ganz sinnfrei, da der Zuschauer den Charakter nun quasi parallel mit diesem selbst kennenlernen kann, ist für hartgesottene Whovians aber größtenteils Zeitverschwendung und riecht insgesamt doch nach „wir müssen im Mittelakt ein bisschen Fillermaterial reinbringen“. Manche Script-Entscheidungen sind fragwürdig – warum Eric Roberts sich nach der Übernahme durch den Master erst mal zum Terminator stilisieren muss, ist ’ne berechtigte Frage (naja, die Antwort liegt auf der Hand: für das amerikanische Publikum), die Penetranz, mit der die Auferstehungsmetaphorik christlich konnotiert wird, hat die Subtilität eines Tagebaubaggers, und, naja, wer durchblickt, was im Showdown wirklich passiert (insbesondere bezüglich Grace und Chang Lee), der möge mir das bitteschön plausibel auf einer Postkarte aufmalen. Ich bin durchaus gewohnt, dass „Doctor Who“ für seine Auflösungen gerne mal auf das Äquivalent eines „pff… magic!“ zurückgreift, hier ist es aber schon eine extrem unerklärte deus-ex-machina-Lösung.

Was dagegen durchaus passt, sind die Dialoge und die Charakterisierungen (auch wenn der Doktor wenig Zeit hat, eine eigenständige Persönlichkeit zu entwickeln und sich wie ein Amalgam aus Pertwee, Baker und Davison präsentiert – aber er ist ja auch nur für den halben Film „der Doktor“), wobei ich es dem Autor übel nehme, Charaktere namens „Bruce“ und „Lee“ zusammenzuspannen und dann keinen einzigen Bruce-Lee-Gag einzubauen. Das wäre mir nicht passiert.

Regisseur Geoffrey Sax („White Noise“) stand ein Budget von 5 Millionen Dollar (was, unke ich mal, vermutlich mehr war als sämtliche bis dato gedrehten Doctor-Who-Folgen zusammengerechnet an Kohle verbraten konnten) zur Verfügung – obwohl auch er mit Budgetkürzungen und gestrichenen Drehtagen zu kämpfen hatte, ist sein Werk visuell durchaus auf Augenhöhe mit anderen Fernsehfilmen der gleichen Preisklasse. Nicht auf Kino-Niveau, aber mit einigen memorablen Shots, sauber inszenierter Action und, vor allem, einem großartigen TARDIS-Set, das erstmals so wirklich die prinzipiell unbegrenzten Dimensionen (pun intended) der TARDIS deutlich macht (sogar zur Verblüffung des Drehbuchautors, der für den cloister room und das Eye of Harmony eigentlich ganz andere, viel viel kleinere Ausmaße vorgesehen hatte); für die zentrale Konsole und die „Wohnräume“ des Doktors entschied man sich für einen coolen Steampunk-Look.

Wie schon gesagt muss sich der Film schon am amerikanischen Markt orientieren und ist daher deutlich action-lastiger als ein herkömmliches „classic Doctor“-Serial (und Puristen können bemängeln, dass es ein „companion saves the day“-Stück ist, also nix mit dem „Doctor outwits his opponents“, das wir ja eigentlich schätzen und lieben) und seine 90 Minuten daher sehr flott mit einigen apostrophierten aufwendigen set pieces bewältigt. Sax und Jacobs lassen allerdings Raum für einige „typisch britische“ Exzentritäten. Der BBC war’s dann prompt etwas zuviel der Action, weswegen der Film bei seiner UK-Premiere in einer heftig beschnittenen Form ausgestrahlt wurde. Die DVD-Fassungen sind ungeschnitten. Wiewohl der Streifen kein VFX-Bonanza abbrennt, gibt’s einige schöne und memorable Einstellungen (vor allem, wenn der Doktor die TARDIS-„Decke“ zum Sichtschirm umfunktioniert. Und auch die Szene mit dem Doktor und Grace im Park ist schön).

Paul McGann muss dagegen ankämpfen, dass er hier wenig Möglichkeiten hat, der Figur einen eigenen, unikaten Stempel aufzudrücken und sich, wie oben schon angedeutet, ein wenig aus dem vorhandenen Doktor-Baukasten bedienen muss. Die größte Eigenständigkeit, die er darstellen darf, ist die Andeutung einer romantischen Beziehung zu Daphne Ashbrook – insgesamt schlägt er sich allerdings wacker und im Laufe einer richtigen Serie wäre er sicher noch in die Figur hineingewachsen (darauf lässt ja auch die „Night of the Doctor“-Mini-Episode im Vorlauf zum Day of the Doctor schließen. Sylvester McCoys kurzer – und dialogarmer – Auftritt verschafft dem Film die notwendige Kanon-Credibility. Daphne Ashbrook („Intruders“, „Automatic“) und McGann verbindet gute Chemie – sie hätte einen patenten Companion abgegeben, und Yee Jee Tso („Startup“, „Da Vinci’s Inquest“), der in einem animierten Sixth-Doctor-Abenteuer noch mal, mit einem anderen Charakter, eine voice-Rolle übernehmen durfte, wäre ein interessanter weiterer Gefährte gewesen (dass er hier überwiegend auf der Seite des Bösen amtiert, ist ja nicht sein Fehler…).

Und Eric Roberts… ich mag mich bei den Hardcore-Fans in die Nesseln setzen, aber ich finde ihn nicht schlecht. Ja, er ist nicht der „Master“, wie wir ihn kennen – aber dass das Drehbuch den Master in einen recht generischen sprücheklopfenden Klischeeschurken verwandelt, ist nicht seine Schuld. Roberts wirft sich durchaus mit Elan in die Rolle, überzeugt gerade bei den „kleineren“ Momenten (die Beiläufigkeit, mit der er „seine“ Frau umbringt oder das artige „thank you“, dass er einer Krankenschwester entgegenbringt, als die ihm ein „you’re sick“ an den Kopf wirft) – und im Finale, wenn er im voll herausgeputzten gallifreyschen Timelord-Ornat seinen Plan zu vollenden gedenkt, dann ist sogar für einen Moment diese Master-typische Flamboyanz zu spüren. Hätte schlimmer kommen können…

Bildqualität: Obwohl ich schon die Special Edition mit überarbeiteter Bildqualität vorliegen habe, ist das trotzdem nicht berühmt – in manchen Passagen recht grieselig und nicht gerade messerscharf. Da gibt’s Pertwee-Serials, die zwanzig Jahre älter sind und besser aussehen.

Tonqualität: Solider, aber unaufregender englischer Dolby-Stereo-Ton.

Extras: Na, da hat die Special Edition wieder mal jede Menge. Zwei Audiokommentare (einer mit Regisseur Sax, einer mit den beiden vertretenen Doktoren), das erwähnte knapp einstündige Documentary über den langen Weg bis zur Realisierung des Films, eine kleine Fan-Diskussionsrunde über die Meriten und Schwächen des Films, eine Behind-the-Scenes-Featurette, das elektronische Presseheft, eine von Phillip Segal „geführte“ TARDIS-Tour, diverse alternative Takes, eine Dokumentation über die Zusammenhänge zwischen dem BBC-Kindermagazin „Blue Peter“ und „Doctor Who“ über den Zeitraum 1989 bis 2009, Effekt-Tests, eine Doku über die Who-Zeiten zwischen dem Ende der Serie und dem Film, eine Featurette über die Comic-Abenteuer des Achten Doktors, eine Presseschau zum Film und vier isolierte Soundtrack-Stücke. Zwei rappelvolle DVDs summa summarum.

Fazit: Eins ist sicher – der „Doctor Who“-Film ist ein unterhaltsamer Film in der Oberklasse des US-TV-Movie-Genres; aber es ist halt auch unverkennbar ein US-TV-Movie, in der „action“ mehr zählt als „wit“ und Intellekt. Der Streifen hat genug Gutzis für Whovians, um sich nicht gänzlich einem Kulturschock ausgeliefert sehen zu müssen, aber er ist halt „anders“ – „Doctor Who“ ist nunmal normalerweise urbritisch, mit allen Stärken, Marotten und Schwächen, und *dieser* Doktor hat ganz einfach einen anderen, amerikanisierten Hintergrund. Das ist nicht per se schlecht, aber gewöhnungsbedürftig und insgesamt, dank seines one-off-Status, am Ende dann „nur“ eine Fußnote im Franchise-Stammbuch. Aber eine kuckbare…


mm
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