Doctor Who: The Keys of Marinus

 
  • Original-Titel: Doctor Who: The Keys of Marinus
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  • Regie: John Gorrie
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 1964
  • Darsteller:

    William Hartnell (Doktor), Carole Ann Ford (Susan), Jacqueline Hill (Barbara), William Russell (Ian), George Coulouris (Arbitan), Robin Phillips (Altos), Katherine Schofield (Sabetha), Edmund Warwick (Darrius), Francis de Wolff (Vasor), Henley Thomas (Tarron), Fiona Walker (Kala), Donald Pickering (Eyseen)


Vorwort

Die TARDIS landet auf einer seltsamen Insel – der vermeintliche Sandstrand besteht aus scharfkantigem Glas und das einladende Meer aus ätzender Säure. Verteidigungsmechanismen der großen Pyramide gegen die mit Ein-Mann-U-Booten angelandeten Froschmänner? Offenkundig – die TARDIS-Crew rettet den Pyramidenbewohner Arbitan vor den Angriffen der Invasoren. Arbitan erklärt, dass er Wächter einer Maschine, des „Bewusstseins von Marinus“ ist, einst geschaffen, um mit seinen Strahlen das Böse aus den Bewusstseinen der Marinus-Bewohner zu entfernen. Eine Gruppe Rebellen, die Voord, erwiesen sich als immun und bekämpften die so Beeinflussten, die, da ihnen jegliche Fähigkeit zur Gewalt, auch zur Selbstverteidigung, von der Maschine genommen wurde, keine Gegenwehr leisten konnten. In seiner Verzweiflung entschied sich Arbitan, die Maschine abzuschalten und vier der fünf „Mikro-Schlüssel“, die ihrem Betrieb gebraucht werden, zu verstecken, damit die Voord die Maschine nicht in ihrem Sinn umprogrammieren können.

Arbitan hält den Zeitpunkt für gekommen, die Maschine wieder einzuschalten, doch von seinen Boten, die die Schlüssel zurückbringen sollten, hat er nie wieder etwas gehört, nicht mal von seiner Tochter. Da hat er eine Idee – sollen doch die Fremden die Schlüssel holen. Doktor & Co. haben jedoch keinen Bock auf Abenteuer ungewissen Ausgangs und wollen sich mit freundlichen Wünschen für die Zukunft verabschieden. Arbitan muss die TARDIS schon mit einem Kraftfeld abriegeln, um die TARDIS-Crew zum Spuren zu bewegen.

Mit von Arbitan gestifteten Transportarmbändern geht’s zunächst in die Stadt Morphoton, wo die Mission gleich mal in Vergessen zu geraten droht – denn die überaus freundlichen Bewohner der Stadt erfüllen ihren Gästen jeden Herzenswunsch, vom Seidenkleid für Susan bis hin zum voll ausgerüsteten Labor für den Doktor. Nur Barbara entdeckt die Wahrheit – die erfüllten „Wünsche“ sind nur Illusionen, mit denen die eigentlichen Herrscher der Stadt, entkörperte Gehirne, ihre Sklaven bei Laune halten. Zu diesen Sklaven gehörten auch Arbitans Kurier Altus und seine Tochter Sabetha…

Von Morphoton aus reist der Doktor gleich zum vierten Schlüssel, Nummer 2 und 3 sollen Ian, Barbara, Susan, Altus und Sabetha organisieren. Der dritte Schlüssel liegt in einem geheimnisvollen Dschungel, dort in einer Tempelanlage, die mit tödlichen Fallensystemen gespickt ist. Barbara und Ian stoßen auf Darrius, den Wächter des Schlüssels.

Die Reise zum dritten Schlüssel führt unsere Helden auf getrennten Wegen in eine kalte, winterliche Welt. Ian und Barbara werden von Vasor, einem brummigen Fallensteller, gerettet. Der hat auch von Altus und den Mädchen gehört. Ian macht sich auch die Suche nach Altus, der angeblich auf dem Weg zu den Mädchen war – doch Barbara findet in Vasors Hütte die Transportarmbänder des Teams und Sabethas Kette…
Susan müsst ihr kein Hypnosedingsi auf die Stirn kleben. Die ist schon alleine doof genug.
Man kann nicht behaupten, die Regierenden dieser Stadt hätten kein Hirn.

Schließlich landen alle Beteiligten glücklich in Millennius, wo Ian über den Diebstahl des letzten Schlüssels aus einer Hochsicherheitskammer stolpert. Dabei wird ein Wachtposten getötet und unglückliche Umstände führen dazu, dass Ian als Täter verhaftet wird. Und dank des fiesen Rechtssystems in der Stadt ist man hier schuldig, bis das Gegenteil zweifelsfrei bewiesen ist. Ian droht die Exekution – doch der Doktor hat einen Plan…


Inhalt

Und wieder zurück zur chronologischen Who-Besprechung (wie lang ich das durchhalte, kann ich übrigens nicht sagen. Drückt die Daumen in die eine oder andere Richtung, je nach Eurer Interesselage…). Nach „Marco Polo“ war jedenfalls in der ersten Staffel nun wieder eine SF-Geschichte dran, und nach dem Erfolg mit The Daleks war es keine große Sensation, dass man sich wieder in der Autorenfrage wieder an Terry Nation hielt.

Nation wagte sich an für den Doktor neues Terrain – zwar ist die gute alte Heldenreise, der „Quest“, das wohl älteste Motiv der Narrative überhaupt (wahrscheinlich haben schon die ersten Cro-Magnon-Menschen sich Geschichten von Ugh, der auszog, das Feuer zu holen, gepantomimt), aber es ist auch wieder eins, das sich für die typische Doctor-Who-Konstellation nicht unbedingt anbietet (schließlich ist der Doktor, in welcher Inkarnation auch immer, ein elender Besserwisser, der jeden Versuch eines Quests mit dreihundertölfzig Argumenten, warum das eine saudämliche Idee wäre, totquatschen würde). Ich kenne nun wirklich nicht den ganzen Who-Kanon, aber die einzige Quest-ähnliche Idee, die mir einfallen würde, wäre die abgelehnte Douglas-Adams-Geschichte „Doctor Who and the Krikkitmen“, die der geneigte Autor, nicht gewillt, einen Einfall einfach wegzuwerfen (gerade ein Autor wie Adams, der froh war, wenn ihm überhaupt mal *etwas* einfiel, das einer schlüssigen Geschichte mit Anfang, Mitte und Schluss ähnlich sah), kurzerhand in den dritten Anhalter-Band umbaute – im Original-Who-Expose nimmt der Quest aber auch bestenfalls die Hälfte der Geschichte in Anspruch, ehe das übliche Prozedere mit Gefangennahme, Flucht, neuerlicher Gefangenennahme etc. sich Bahn bricht.

Langer Rede kurzer Sinn – ich halte dieses Motiv mindestens mal für untypisch (und der Wikipedia-Eintrag dieses Serials stimmt mir zu. Eat me). Muss ja nichts schlechtes sein, wir sind uns ja überwiegend einig, dass Classic Doctor Who eh sehr nach Formel funktioniert, und ein Ausbrechen daraus könnte erfrischend sein. Aber halt nicht unbedingt bei Serial Nummer Fünf, wo wir gerade eben so konstatieren, dass die Serie ihren Groove gefunden hat, die Charaktere sich langsam eingepegelt haben – da muss man noch nicht anfangen, den Status Quo wieder aufzuweichen…

Aber egal – Terry Nation will es so, und sein Quest ist, da dürfte kaum jemand widersprechen, der eines klassischen Rollenspiels (ob das nun Pen & Paper ist oder in Videospielform ist sich eigentlich gleich). Vier höchst unterschiedliche Aufgaben warten auf die bestenfalls viertelfreiwilligen Protagonisten – zunächst mal gilt es die hypnoseinduzierten Trugbilder der Gehirne in Morphoton zu durchschauen (hier allerdings ist’s wirklich nur der reine Zufall, der den Helden in die Karten spielt), dann einen Tempel des Todes zu überwinden, der Indiana Jones alle Ehre machen würde (naja, von der Idee her, sagen wir mal) und danach noch ein Rätsel zu lösen, Etappe Nummer 3 ist dann klassisches Fantasy-Abenteuer mit Kampf gegen den bösen Waldschrat und die noch gefährlicheren Eiskrieger, ehe sich die vierte Etappe überraschenderweise als Courtroom Drama mit Detektivspiel entpuppt. Theoretisch könnte man sich unter „viel-Spaß-für-wenig-Geld“ (und das „wenig Geld“ kann man bei „Doctor Who“s mageren Budgets ja wörtlich nehmen) über viel Abwechslung freuen, leider aber ist „The Keys of Marinus“ das, was die Anglophilen so wunderschön „a disjointed mess“ nennen – nichts passt zusammen, alles wirkt schludrig zusammengestoppelt, keine einzige Idee wird richtig ausgearbeitet. Und das allerschlimmste – die TARDIS-Crew, die sich vor unseren Augen über die letzten vier Serials endlich in so etwas wie ein funktionierendes, einander ergänzendes Team entwickelt hat, degeneriert in ein Rudel verblödeter Vollpfosten vom Feinsten.

Gut, dass Susan letzten Endes nur die Existenzberechtigung hat, dass sich irgendjemand aus der Crew einigermaßen glaubhaft in Schwierigkeiten und damit den jeweiligen Plot ins Rollen bringen kann (bzw. den Doktor dazu bewegt, sich an dem, was der Autor diese Woche an Plot vorgesehen hat, zu beteiligen), daran haben wir uns gewöhnt, auch wenn aus dem recht aufgeweckten Mädchen der ersten Folgen nun wirklich eine doofe Göre geworden ist, die grundsätzlich das Gegenteil von dem macht, was man ihr sagt (oder wenigstens für die Handlung gesunden Menschenverstands halten würde), und jeglicher Gefahr oder auch nur leichten Schwierigkeit mit Plärren und Greinen entgegentritt. Devolution bei der Arbeit. Wie gesagt, schlimm genug, aber vom Plotting her als Autorenkrücke noch halbwegs verständlich, doch dass auch Barbara und Ian der plötzlichen Debilität anfallen, das schmerzt (ganz besonders dämlich verhalten sich unsere „Freunde“ in der Episode mit Vasor – da überwältigen sie den Kerl, nehmen aber die von ihm geklauten Transportarmbänder nicht wieder an sich, dann lässt Ian Vasor auf der „falschen Seite“ einer Hängebrücke allein und wundert sich, dass der prompt die Brücke demontiert und abhaut).

Dramaturgisch problematisch ist auch die Abwesenheit des Doktors in Episode 3 und 4 – die ist zwar leicht erklärt (Bill Hartnell hatte schlicht zwei Wochen Urlaub und da die frühen Doctor-Who-Staffeln tatsächlich noch so ca. 48 Folgen hatten, ergo eine Hauptrollenverpflichtung ein Ganzjahresjob war, ist das nicht so doof, wie es sich anhört), aber es hilft dem Serial nicht weiter (in Verbindung mit der Verblödung der anderen Hauptfiguren und dem bedauerlichen Umstand, dass die „lokalen“ Nebenfiguren Altus und Sabetha langweilige Pappkameraden ohne Persönlichkeit sind), wenn seine Hauptfigur und, zugegeben, der Hauptquell des Entertainments, für große Teile der Geschichte fehlt.

Aber ich schätze, selbst ein durchgängig agierender Doktor könnte die Zerrissenheit des Serials kaum übertünchen. Klar, auch ich kritisiere viele der klassischen Serials als „zu lang“ und wenn die Autoren und Produzenten dann versuchen, „mehr“ Stoff in einen Sechsteiler zu packen, ist’s auch nicht recht, aber wie oben schon angedeutet, kann sich von den verschiedenen Stories und Settings nichts so recht entwickeln, zumal Marinus ein fürchterlich unlogischer Planet ist, in dem hochzivilisierte Gesellschaften, die mit Strahlenwaffen hantieren, ebenso existieren wie primitive Fallensteller und Einsiedler in den Wäldern und per Hypnosetechnik über Sklaven herrschende Gehirne (die aussehen, als hätte Jörg Buttgereit für Captain Berlin versus Hitler mal genau hingekuckt). Da fügt sich nichts zusammen (ein „durchgängiger“ Schuft, der konsequent versucht, die TARDIS-Crew zu behindern, hätte geholfen), zumal das ganze Konstrukt dann auch noch in sich unschlüssig ist – niemand abseits von Arbitan scheint die Voord zu kennen, und Arbitans Argument, dass die Marinusse sich nicht gegen die Voord wehren könnten, weil ihnen die Fähigkeit zur Gewalt abgehe, wird von so ziemlich *allen* nachfolgenden Episoden konterkariert…

Wirklichen Drive gewinnt das Serial nur in den beiden Schlussepisoden – auch wenn der Prozess gegen Ian nicht wirklich dieses Courtroom Drama mit einem eloquenten Doktor, der die Anklage ausargumentiert wird, auf das man vielleicht offen mag, es gibt hier die ein oder andere interessante und überraschende Wendung (auch wenn die Motivation der Schurken sehr sehr billig ist); der eigentliche Showdown gegen die Voord, der in einer halbe Episode abgefrühstückt werden muss, ist dagegen wieder ziemlich mau. Was z.B. dagegen wieder übel aufstößt, ist, dass ein paar Wochen nach den Daleks wieder mal ein gar gräßlicher Abgrund zu überwinden ist (also, so ungefähr 2 m breit) – Designer Raymond Cusick äußerte sich schon mal (und auch im hiesigen Bonusmaterial), dass Terry Nation nicht gerade ein sprudelnder Quell großartiger Einfälle war, aber sich so schnell zu wiederholen, ist ziemlich arm.

Dieweil Regisseur John Gorrie versucht, das Prozedere flott voranzutreiben, aber im Endeffekt nur durch die Schauplatzwechsel Tempo reinbekommt (im Mittelpart fehlen halt einfach auch die Lines des Doktors, die normalerweise die witzigsten und spritzigsten sind), leidet das Serial unter akuter Geldknappheit. Barry Cusick beschwert sich im Bonusmaterial, dass von ihm unter den finanziellen Bedingungen Unmögliches verlangt wurde. Es gelang ihm, mit Geldern aus dem eigentlich für die Spezialeffekte vorgesehenen Budget einige Sets wie das der Conscience-Maschine von externen Kräften bauen zu lassen (bei der BBC selbst herrschte damals noch überwiegend die Schule, einfach irgendwas zusammenzuimprovisieren), aber „stolz“ ist er auf kein Set dieses Serials – das ist fast etwas zu selbstkritisch, denn das Morphoton-Set, in dem quasi gleichzeitig ein üppig ausgestattetes Gemach und eine heruntergekommene Halbruine zu sehen sein musste, ist zumindest okay (und dafür, aus den Richtern in Millenius griechisch-orthodoxe Priester zu machen – bzw. umgekehrt – verleihe ich einen Frechheitspunkt).

Auf der schauspielerischen Sorte macht Bill Hartnell grad durch seine Absenz im Mittelpart klar, was man an ihm hat – Russell und Hill allein können das Serial nicht tragen (gerade auch, weil Carole Ann Ford zu einem rumkreischenden Doofnager reduziert wird). Robin Phillips (teilt sich mit Henley Thomas die Goldene William-Hartnell-Verhasplungsmedaille – Hartnell selbst hält sich hier mal mit Line-Stolperern zurück) führte der Weg noch in „Die Forsyte Saga“, die Titelrolle in der 69er-Adaption von „David Copperfield“ und das letzte Segment des Amicus-Gruslers „Geschichten aus der Gruft“, ehe er hauptamtlich auf die Bühne wechselte und 2005 für seine Verdienste um das kanadische Drama zum „Officer of the Order of Canada“ berufen wurde. Sein Altus ist leider ziemlich blah – das Script gibt ihm aber auch nichts wirklich interessantes zu spielen, was auch für Katherine Schofield („Lifeforce“, „The Lion of Africa“) als Sabetha gilt. Donald Pickering macht aus seinem Material als Eyseen das Bestmögliche – er taucht dann auch beinahe logischerweise in zwei späteren Who-Serials wieder auf (zuletzt 1987 im McCoy-Debüt-Serial „Time and the Rani“). Außerdem ist er in „Zulu Dawn“, „Die Brücke von Arnheim“, „Agent Null Null Nix“ und der 79er-TV-Serie „Sherlock Holmes und Dr. Watson“ als Watson zu sehen. Der legendäre britische Radio- und TV-Schurkendarsteller Francis de Wolff („Liebesgrüße aus Moskau“, „Das Grauen auf Black Torment“, „Ivanhoe – Der schwarze Ritter“) gibt sich in einer Episode als fieser Trapper die Ehre.

Bildqualität: Das übliche softe s/w-4:3-Vollbild – nicht besser oder schlechter als die anderen Serials aus der Hartnell-Ära.

Tonqualität: Gleiches gilt für den verständlichen, aber dumpfen Mono-Ton (Englisch, optionale englische Untertitel).

Extras: Wohl weils ein relativ langes Serial ist, für de Verhältnisse der Reihe „wenig“. Audiokommentar, Fotogalerie, Trivia-Untertitelspur und PDF-Material werden wie „immer“ mitgeliefert, an bewegten Bildern gibt’s nur eine kurze Featurette über die Bauten des Serials, in der sich Raymond Cusick äußert.

Fazit: Ein ziemlich schwaches Serial, das unter seiner all-over-the-place-Konzeption, einem ebenso langweiligen wie unausgegorenen Script und der Abwesenheit der Titelfigur für viel zu lange Zeit leidet. Mangels „historischer“ Gründe, sich ausführlich damit zu beschäftigen, „skippable“ und nur für Komplettisten essentiell.


mm
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