Doctor Who: The Day of the Doctor

 
  • Original-Titel: Doctor Who: The Day of the Doctor
  •  
  • Regie: Nick Hurran
  • Land: Großbritannien
  • Jahr: 2013
  • Darsteller:

    Matt Smith (11. Doktor), David Tennant (10. Doktor), John Hurt (War Doctor), Jenna Coleman (Clara), Billie Piper (Rose Tyler/Bad Wolf/The Moment), Jemma Redgrave (Karen Stewart), Joanna Page (Queen Elizabeth I.), Ingrid Oliver (Osgood)


Vorwort

Eigentlich wollte der Doktor (der 11.) nur seine Gefährtin Clara für neue Abenteuer abholen, doch ehe er sich’s versieht, hängen er, Clara und die TARDIS am Haken eines Helikopters. U.N.I.T. ruft – Chefin Karen Stewart, die Tochter des guten alten Brigadiers Lethbridge-Stewart hat eine Botschaft für den Doktor – von Königin Elizabeth I. gerichtet an den Doktor, ihren „geliebten Ehemann“! Die Botschaft ist eine Warnung vor einer Bedrohung und die Bitte an den Doktor, zum Schutz des Empire einzugreifen. Auslöser des Dramas scheint ein auf rätselhaften Wegen in die Geheimabteilung der britischen Nationalgalerie gelangtes Kunstwerk von Gallifrey, ein 3D-Ölgemälde, zu sein.

Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort – im ewig währenden Krieg zwischen Timelords und Daleks scheint die Entscheidung bevorzustehen; die Daleks überziehen den Heimatplaneten der Timelords, Gallifrey, mit einem vernichtenden Angriff. Doch einer mischt sich ein – der Ex-Doktor, der – geschildert in der Miniepisode „Night of the Doctor“ – gezwungen wurde, Stellung zu beziehen und sich als „Krieger“ regeneriert hat. Er stiehlt eine Timelord-Superwaffe, die derart komplex ist, dass sie ein eigenes Bewusstsein und Gewissen entwickelt hat, und so verheerende Wirkung hat, dass die Timelords, die alles aus ihrem Arsenal gegen die Daleks geworfen hatten, auf ihren Einsatz dankend verzichtet hatten. Der Krieger-Doktor hat diese Bedenken nicht – der Einsatz des „Moments“ würde Daleks und Timelords vollständig vernichten. Der „Moment“ gewährt ihm aber, bevor er die Entscheidung trifft, einen Blick in die Zukunft…

Und so finden sich durch den vom „Moment“ geschaffenen Zeitriss elfter Doktor und Kriegs-Doktor im England des Jahres 1562 wieder – wo der zehnte Doktor gerade mit der Queen anbändelt. Nicht aus rein romantischem Interesse, denn eigentlich ist er nur hinter einem gestaltwandelnden Alien, einem Zygon, her. Trotz anfänglicher gegenseitiger Ressentiments erkennen die drei Doktoren schnell, dass sie zusammenarbeiten müssen, um eine Zygon-Invasion der Gegenwart, die im elizabethanischen England vorbereitet wird, zu verhindern – ein Teamwork, das auch Auswirkungen auf die Entscheidungen des Kriegs-Doktors haben wird…


Inhalt

Zunächst mal – es ist relativ sinnlos, von mir ein objektives Review zu erwarten. I’m unashamed to admit – I’m a Whovian, von Hartnell bis Smith, von den s/w-„Live“-Fernsehspielen der frühen 60er bis hin zum Effektbonanza der Steven-Moffat-Ära. Und als solcher hibbelte und kribbelte es bei mir, seit ich mir Tickets für das Kino-Screening des 50th Anniversary-Specials sichern konnte. Die schiere Überzeugung, dass Moffat für das große Jubiläum alle Register ziehen würde und die durch die Mini-Episode „Night of the Doctor“ geteaserte Ankündigung, dass das in der Neuauflage der Serie vielfach referenzierte Ende des „Time War“, für das der Doktor verantwortlich zeichnet (und damit für die Auslöschung zweier Spezies. Sort-of, natürlich, denn die Daleks waren nicht totzukriegen), endlich aufgeklärt werden würde, ließen die Erwartungshaltung in stratosphärische Höhen steigen.

Und so fand ich mich dann mit einigen hundert anderen bestens gelaunten Whovians in einem restlos gefüllten IMAX-Saal ein und harrte der Dinge, die da kommen würden. Um eineinhalb Stunden später festzustellen: Gratuliere, Moffat, alles richtig gemacht.

Oft dafür kritisiert, dass unter seiner Herrschaft die Gigantomanie ausbrach, das Schicksal des ganzen Universums auf wöchentlicher Basis auf dem Spiel steht und der unter-charakterisierte Doktor als personifiziertes deus-ex-machina missbraucht wird, hält Moffat in „The Day of the Doctor“ wunderbar die Balance. Von den ersten Bildern (der Original-Titel und die ersten Szenen aus der allerersten Doctor-Who-Folge von 1963) und der Überleitung in die „Gegenwart“ trifft er die richtige Stimmung zwischen Nostalgie und Aufbruch, Erinnerung und Erwartung, Witz und Drama. Die „Stakes“ sind hoch, wie es eines Jubiläumsspecials würdig ist, aber nicht übertrieben, die drei Zeitlinien der Story fügen sich harmonisch zusammen, und die Charaktere der drei Doktoren haben alle ihre ausprägten, schlüssigen Nuancen – der ambivalente Tennant-Doktor, der hinter seiner leutseligen Oberfläche mit Schmerz und Schuld erfüllt ist, der Smith-Doktor, der seine düsteren Erinnerungen ganz tief in seinem Unterbewusstsein verrammelt hat (und in den 80 Minuten dieses Specials vielleicht mehr Charakter-Background erhält als in den ganzen drei Staffeln zuvor) und der zerbrochene Hurt-Doktor, der am Konflikt, all seine Prinzipien, seine Ideale verraten zu müssen, weil er sonst keinen Ausweg sieht, den Krieg zu beenden, verzweifelt. Sie ergänzen sich, geben einer angemessen epischen Science-fiction-Geschichte den dramatischen Tiefgang. Kann sein, dass darunter die Nebenfiguren – speziell Clara als offizieller Companion – in den HIntergrund gedrängt werden, aber es ist ja auch „Der Tag des Doktors“, es ist also völlig angemessen, dass er, in seinen diversen Inkarnationen, uneingeschränkt im Mittelpunkt steht und seine inneren „trials and tribulations“ den dramaturgischen Kontrapunkt zum Kriegs- und Invasionsszenario der vordergründigen Plotte darstellen.

Was nicht heißt, dass „The Day of the Doctor“ nur große Tragödie ist – mit Nebenfiguren wie der hemdsärmeligen Königin Elizabeth I. oder der U.N.I.T.-Mitarbeiterin Osgood lässt sich Spaß haben, und die Dialoge sprühen nur so vor launigen Referenzen, in-jokes und one-linern (ich würde ja gerne ein paar spoileriffice Beispiele bringen, halte mich aber nach Kräften zurück). Dass trotz des Backdrops des Dalek-/Timelord-Kriegs mit den Zygons die zentralen Antagonisten eher aus der zweiten Reihe des Who-Kanons kommen (sie wurden bis dato nur bei Tom Baker im Serial „Terror of the Zygons“ gesichtet), stört nicht, ist im Gegenteil eine wunderbare Abwechslung vom ewigen Rückgriff auf bewährte Dauergegner wie Cybermen oder eben Daleks. Und nicht zu vergessen – dass (okay, Mini-Spoiler) hier schließlich und endlich der gute alte Doktor-„wit“, der Intellekt, triumphiert, tut dem alten Fan sehr sehr wohl.

Unübersehbar ist auch, welche Fortschritte „Doctor Who“ generell technisch gemacht hat – selbst die ersten Staffeln des Neustarts hatten immer wieder Schwächen bei den FX, aber „Day of the Doctor“ hat in jeder Hinsicht, und nicht nur, weil in (im positiven Sinne unauffälligen) 3D gedreht, das Format eines großen Kinofilms – die FX bei der Schlacht um Gallifrey sind schlichtweg ausgezeichnet. Auch vom Timing her stimmt alles – die Ruhepausen, die humorigen Einlagen, die großen Actionszenen; es zahlt sich aus, dass mit Nick Hurran ein Regisseur am Werke ist, der nicht nur einschlägige Doctor-Erfahrung hat, sondern auch auf der großen Kinoleinwand bereits seine Pinselstriche hinterlassen hat (die großartige schwarze Britcom Grabgeflüster ist wohl sein bekanntestes Werk). Keine Sekunde wird verschenkt, keine ist überflüssig. Kameraarbeit, Schnitt, Score – alles erfüllt seinen Zweck auf hohem Niveau.

Und natürlich sind die Darsteller bestens aufgelegt. David Tennant ist eh einer meiner Lieblings-Doktoren, ihn in der Rolle wiederzusehen (und seinen bittersüßen Abschied etwas zu relativieren), macht Frohsinn und erinnert in jeder Sekunde daran, *warum* er seinen hohen Status bei den Whovians genießt, ob jovial, scherzend, grüblerisch oder schuldgepeinigt, Tennant steht seinen Mann. Matt Smith, dessen hyperaktive Art manch einem auf die Nerven gehen kann (z.B. dem Kriegsdoktor…), liefert hier seine wahrscheinlich beste Leistung hinter der Fliege ab. Und John Hurt… der Veteran, der in seinem Karriereabschnitt den Auftritt in einem TV-Franchise sicher auch mit minimalem Aufwand hintelefonieren könnte, ist schier großartig – ich wäre nicht abgeneigt, Hurt in einem spin-off über seine Kriegsabenteuer zuzusehen. Schön auch das Wiedersehen mit Billie Piper, die technisch gesehen nicht „Rose Tyler“ spielt (sondern nur eine Art Manifestation zukünftiger Erinnerungen des Doktors, vom „Moment“ getriggered) und in dieser Rolle des „Gewissens“ quasi eine Kommentarfunktion übernimmt, und seit ihrem Ausstieg aus der Serie eher noch hübscher geworden zu sein scheint…

Ein Highlight wäre es sicherlich noch geworden, wären die BBC und Christopher Ecclestone sich einig geworden, aber da scheinen die Brücken unwiderruflich verbrannt zu sein. Was nicht heißt, dass nicht *alle* Doktoren via stock footage ihren kurzen Auftritt haben – und EINEN richtigen (und umjubelten) Classic-Doctor-Cameo gibt’s obendrauf.

Fazit: Es war nicht nur das umwerfende Gemeinschaftserlebnis, in ausverkauftem Haus (und mit den großartigen „Sontarans-erklären-die-Verhaltensregeln-im-Kino“ und „Zwei-Doktoren-moderieren-an“-Vorprogramm), was mich in nerdgastische Verzückung versetzt – „The Day of the Doctor“ IST, sofern man für die Abenteuer des zeitreisenden Schraubenzieherschwingers auch nur eine Kleinigkeit übrig hat, ein mehr als nur würdiges, nein, ein perfektes Geburtstagsgeschenk für das Franchise – clever, witzig und berührend geschrieben, episch in der Umsertzung und richtungsweisend für die Zukunft (mit dem angedeuteten Story Arc für die nächste Staffel bin ich voll und ganz einverstanden). Nur eins sei angemerkt: für Newbies ist das Special ein wohl ungeeigneter Einstiegspunkt, da hier viel an Wissen über das Whoniverse vorausgesetzt wird, um vollen Genuss zu erreichen. Aber wer ist schon Who-Newbie?

5/5
(c) 2013 Dr. Acula


mm
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