- Original-Titel: Doctor Who: The Daleks
- Regie: Christopher Barry, Richard Martin
- Land: Großbritannien
- Jahr: 1963/64
- Darsteller:
William Hartnell (Doktor), William Russell (Ian Chesterton), Jacqueline Hill (Barbara Wright), Carole Ann Ford (Susan), Alan Wheatley (Temmosus), John Lee (Alydon), Virginia Wetherell (Dyoni), Philip Bond (Ganatus), Marcus Hammond (Antodus), Jonathan Crane (Kristas)
Vorwort
Die TARDIS materialisiert in einem versteinerten Dschungel – die Überreste von Flora und Fauna lassen den Schluss zu, dass das Grüppchen unfreiwilliger Raum-Zeit-Abenteurer nicht auf der Erde gelandet ist. Prinzipiell wären alle dafür, so schnell wie möglich weiterzureisen, doch als Susan eine Stadt entdeckt, erwacht im Doktor der Forschergeist. Er will die Stadt unbedingt erkunden, doch Ian und Barbara drängt es zurück zur Erde. Der Doktor greift zu einer List und täuscht vor, dass ein TARDIS-Defekt es nötig mache, in der Stadt Quecksilber zu suchen. Notgedrungen macht sich das Team auf den Weg und landet schnell in den saugnapfbewehrten Armen der Daleks, eindeutig nicht-menschlicher Maschinenwesen. Unpraktisch genug, doch darüber hinaus haben die Menschen sich die tödliche Strahlenkrankheit eingefangen, weil der ganze Planet nach einem Atomkrieg radioaktiv verseucht ist. Unsere Helden erinnern sich an eine Metallbox voller Phiolen, die sie vor der TARDIS gefunden haben und auf die sie sich keinen Reim machen konnten. Kann es sein, dass es sich dabei um von unbekannter Hand deponierte Medikamente gegen die Verstrahlung handelt? Die Daleks, jedenfalls, glauben es und so darf Susan – noch am Besten in Form – die Box holen gehen. Dabei stößt sie auf Alydon, Vertreter der Thals und Dalek-Erzfeinde. Der bestätigt, dass es sich beim Boxinhalt um Anti-Strahlen-Medizin handelt und, da er zurecht vermutet, dass die Daleks den Kram selbst behalten und ihre Gefangenen verrecken lassen wollen, gibt ihr noch eine zweite Portion mit.
Nachdem Doktor & Co. sich geheilt haben, behaupten die Daleks, mit den Thals, die ihre angestammten Gefilde aus akutem Nahrungsmangel verlassen haben, Frieden schließen zu wollen und als Goodwill-Geste lecker Happa für die Thals bereitzustellen – Susans Name den Thals für die Ehrlichkeit der Offerte. Natürlich wollen die Daleks die Thals exterminieren – den TARDIS-Reisenden, denen es gelungen ist, einen Dalek zu überwältigen und zu fliehen, gelingt es, wenn auch ein wenig zu spät, die vertrauensseligen Thals zu warnen.
Aus Sicht des Doktors wäre die Angelegenheit damit erledigt – den Rest sollen Thals und Daleks unter sich ausmachen. Nur leider hat Ian das ihm anvertraute angeblich kaputte TARDIS-Teil in der Stadt an die Daleks verloren – und die Thals sind als erklärte Pazifisten nicht sonderlich motiviert, mit der TARDIS-Crew einen Angriff auf die Stadt zu starten…
Inhalt
Nachdem An Unearthly Child sich ja als denkbar ungünstiges Eröffnungsserial für die brandneue und lehrreiche BBC-Jugendserie „Doctor Who“ erwiesen hatte, sollte der zweite Story-Arc Maßstäbe setzen – und eine Gegnerrasse einführen, mit der sich noch der Doktor noch zehn Regenerationen weiter in schöner Regelmäßigkeit herumschlagen würde – die Daleks kamen!
Erfunden vom eigentlich in Comedy-Gefilden umtriebigen Autoren Terry Nation und im Wesentlichen gestaltet von Raymond Cusick (in einem dieser unglaublichen Zufälle, die die Branche so prägen, wäre der Job des Dalek-Designs eigentlich an einen gewissen Ridley Scott gefallen, doch der war, obschon schon für das Serial eingeteilt, kurzfristig unabkömmlich), fanden die Daleks als „Maschinen“ das Wohlgefallen von BBC-Drama-Chef Sydney Newman, der explizit keine klischeehaften „bug-eyed monsters“ in seiner neuen Serie haben wollte. Nation hatte keine spezifischen Angaben über das Aussehen seiner Kreation gemacht (das war, wie Cusick sich erinnerte, typisch für Nation. Als Cusick ihn fragte, warum die Figuren in seinen Drehbüchern immer in einen „white and featureless room“ stolpern würden, entgegnete Nation schlicht, dass ihm nix anderes einfalle) – Cusick hatte also weitgehend freie Hand und ließ sich von georgischen Balletttänzerinnen (die bodenlange Röcke tragen und daher anscheinend über die Bühne „gleiten“) und dem vielbesungenen Salzstreuer in der BBC-Kantine inspirieren; gesteuert wurden die Daleks von klein gebauten und dabei körperlich fitten Schauspielern (da sie auf Positionen und Lines zu achten hatten, wurden keine Komparsen verwendet), die dabei alle möglichen Hebel und Schalter für die Extremitäten, das „Auge“ und die Blinklichter (die dem Regisseur und später dem Publikum anzeigten, welcher Dalek gerade spricht) der Daleks zu bedienen (wie sich einer der Dalek-Darsteller erinnerte, „half es, mit einem Oktopus verwandt zu sein“).
Die Daleks machten aus der wohlwollend aufgenommenen Kinderserie ein nationales Phänomen – während der Ausstrahlung des Serials stieg die Zuschauerzahl von etwas über 6 auf deutlich über 10 Millionen. Und als Milton Subotsky und Amicus 1965 daran gingen, für den internationalen Markt eine Kinoversion des Doktors auf die Beine zu stellen, hielten sie sich, man ist geneigt zu brüllen „was auch sonst“, an die Daleks und filmten ein einigermaßen getreuliches Remake (wenn man von der Umwidmung des Dottores vom Alien zum senilen irdischen Erfinder-Opa absehen kann).
Zum grundsätzlichen Inhalt und meiner Meinung hierzu kann man daher das Film-Review heranziehen; die faktischen Unterschiede sind gering – der Doktor ist weniger trottelig und das Serial ist bemühter, allen vier nominellen Hauptfiguren „gute Szenen“ zuzuschanzen. Das wirkt allerdings gerne mal arg gekünstelt (besonders bei Barbara – es gibt keinen vernünftigen Grund, warum sie beim Angriff auf die Stadt mit Ians „Sumpftrupp“ unterwegs ist) und führt vor allen Dingen dazu, dass Szenen unnötig aufgebläht werden – sieben Episoden und damit fast drei Stunden Spielzeit ist schon eine ganze Menge Holz (kein Wunder, dass der Kinofilm, der noch dazu einen „origin“ dranpappen musste, das in der Hälfte der Zeit erledigen konnte). Es ist schlicht viel überflüssig – fast eine ganze Episode geht z.B. dafür drauf, wie sich Ian, Barbara und ihre Truppe durch ein Höhlen- und Tunnelsystem in die Stadt einschleichen – eine Sequenz, die im Kinofilm keine fünf Minuten in Anspruch nimmt (und auch dramaturgisch nicht mehr wert ist).
Ganz nett gedacht, aber dramaturgisch auch weitgehend unausgereizt bleibt eine angedeutete Romanze zwischen Barbara und dem Thal Ganatus – wäre ganz reizvoll gewesen, wenn sich daraus ein Dreieck mit Ian, der ja offenkundig auch zu Babsi hin tendiert, entwickelt hätte, aber das bleibt unausgegoren (vielleicht ist das auch dem Dasein der Serie als für ein jugendliches Publikum gedacht geschuldet), ebenso wie der deutlich weiter gefasste Subplot um Ganatus „feigen“ Bruder Antodus. Generell erfolgt ein ausführerlicher Blick in die „internen“ Verhältnisse der Thals, ihrer Geschichte und Philosophie, ebenso wie die, wie will man’s nennen, „innenpolitischen“ Verhältnisse und taktischen Erwägungen der Daleks breiteren Raum finden. Das ist alles nett gemeint und versucht vor allem – das ist ein Erbe von Terry Nation, der als WK-Zwo-Knd die Daleks explizit als Metapher für Nazi-Faschismus verstanden haben will – deutlich zu machen (und gibt damit mehr Geschichtsunterricht als die hierfür eigentlich vorgesehenen historischen Serials), dass und warum Appeasement gegen einen rein auf Vernichtung und Dominanz ausgerichteten Gegner nix bringt und man, selbst wenn man aus guten Gründen pazifistisch eingestellt ist, sich manchmal trotzdem für den Krieg entscheiden muss – der auf „leichte Unterhaltung“ programmierte Kinofilm hakte zwar grundsätzlich die gleichen Plotpunkte ab, ließ aber die explizite „Message“ außen vor (dafür allerdings ist im Kinofilm der „wir löschen eine ganze Spezies, die uns auslöschen will, weil wir für sie fremdartig sind und wir sie hassen, aus, weil sie für uns fremdartig ist und uns hasst“-Widerspruch wesentlich drastischer als im Serial).
Im Vergleich zum vorhergehenden Serial ist „The Daleks“ trotz der unnötigen Plotaufblähungen schon merklich flotter unterwegs, kann aber (wegen der unnötigen Plotaufblähungen) trotzdem noch einen merklichen Tritt in den Hintern verkraften. Die beiden Regisseure Christopher Barry (bis 1979 bei „Doctor Who“ tätig, aber auch bei „Poldark“, „Z Cars“, „Der Doktor und das liebe Vieh“ und den kultigen „Dreibeinigen Herrschern“) und Richard Martin („King Monster“, „Legend of Loch Ness“, „Der Doktor und das liebe Vieh“) kämpfen mit den üblichen Widrigkeiten des „videotaped-as-live“-Business (es gibt auch wieder einiges an „flubbed lines“) und den begrenzten Möglichkeiten, das Prozedere über den Schnitt zu beschleunigen (wenn man den Aussagen der Beteiligten trauen darf, erlaubte die BBC maximal drei bis vier Schnitte pro Episode. Kostet schließlich alles Geld). Die Kulissen für die Exteriors sind wieder mal eher lächerlich (das gilt für den „versteinerten Dschungel“ ebenso wie für die Modellstadt der Daleks), die Interior-Sets sind okay – man muss gewisse Zugeständnisse machen – dass die Dalek-Geräte ganz normale irdische Skalen haben und auf Englisch beschriftet sind, man halt nicht ansatzweise versucht, den Krempel „alien“ aussehen zu lassen, ist halt bei „Doctor Who“ anno ’63 so, und dass die Hintergründe, gerade bei Korridoren o.ä., durchschaubar bemalte Vorhänge sind, ebenso. Wegen der Schauwerte sollte man klassischen „Doctor Who“ nicht kucken… Und *dieses* Serial nicht, um großartige Doktor-Action zu erwarten. Hartnell ist altersbedingt grundsätzlich nicht der Doktor für’s Grobe, und auch wenn der Charakter langsam zu der freundlich-schelmisch-leutseligeren Interpretation, wie sie ab Staffel 2 aufwärts auch von Hartnell selbst betrieben wurde, hinentwickelt, so muss man auch festhalten – von den vier Hauptfiguren ist der Doktor auch hier wieder einmal der, der über den Daumen gepeilt am Wenigsten zu tun hat (zunächst weil er von der Strahlenkrankheit heftig getroffen wird, später weil er bei der Haupt-„Streitmacht“ der Thal bleibt, die von der Kamera nur halbherzig verolgt wird). Immerhin, wie schon gesagt, er ist nicht so verkalkt wie sein Peter-Cushing-Äquivalent im Kinofilm (und sogar sein Spiegel-Plan, der im Kinofilm so lächerlich wirkte, macht im Serial einigermaßen Sinn).
Die Daleks dagegen sehen schon bei ihrem ersten Auftritt grandios aus (obschon zum nächsten Serial einige Detailverbesserungen vorgenommen wurden) und machen dem geneigten Zuschauer auch fünfzig Jahre später noch klar, warum 1964 in England die „Dalekmania“ ausbrach…
Auch wenn „Doctor Who“ aus den 70ern der Ruf der „gewalttätigsten BBC-Fernsehserie“ vorauseilt – es ist dieses Serial, das ein rares „nicht unter 12“-Rating der britischen Filmbehörde kassiert hat, dieweil der Löwenanteil der Serie mit „PG“ oder „U“ (für „geeignet für alle“) aus dem TÜV kam. Mag an der Thematik und Kriegsrechtfertigungsrhetorik liegen oder auch daran, dass die Daleks mit ihren Strahlenkanonen (im Kinofilm bekanntlich gegen Gaspistolen ausgetauscht) ordentlich rumballern und Thals killen (ungraphisch, versteht sich, durch das altbekannte Mordmittel des negativen Films. Das wusste schon Ro-Man).
Die Hauptdarsteller wachsen langsam in ihre Rollen hinein – Jacqueline Hill ist immer noch eine gewisse Verunsicherung anzusehen, wo genau sie da jetzt reingeraten ist, aber das restliche Trio ist ganz gut in der Lage, seinen Mann (bzw. seine Frau) zu stehen. Bei den Gaststars darf John Lee seinen Alydon etwas weniger tuntig anlegen als Barry Ingham im Kinofilm. Lee gab sich in diversesten britischen TV-Serien die Ehre und war im Kino u.a. in „Sprengkommando Atlantik“ zu sehen. Philip Bond, ein wesentlich aktiverer Ganatus als sein Film-Kollege Michael Coles, spielte eine gewichtige Rolle in der „Onedin-Linie“, Virginia Wetherall, dank eines ziemlich enthüllenden Kostüms für eine Jugendserie sichtlich als „production value“ angelegt, hatte einen kleinen Part in „Uhrwerk Orange“ und ist ansonsten in Horrorfilmen wie „Schwarze Messe auf blutrotem Altar“, „Dr. Jekyll and Sister Hyde“, „Das Monster mit der Teufelsklaue“ und der Dan-Curtis-Version von Dracula zu sehen. Marcus Hammond (der feige Antodus) trieb sich beinahe ausschließlich im TV rum und unternahm nur mit dem lesser Hammer-Horror „Im Bann des Voodoo-Priesters“ einen Kinoausflug.
Bildqualität: Wie schon beim Vorgängerserial gilt die Devise – wir können froh sein, dass wir überhaupt vorzeigbare Master haben, da die bei der BBC genauso gut in den 70ern gelöscht hätten worden können… 4:3-s/w, auf der ziemlich soften und kontrastarmen Seite, aber weitgehend verschmutzungsfrei.
Tonqualität: Der englische Mono-Ton ist begreiflicherweise auch relativ dumpf, aber noch gut verständlich, zur Not helfen die optionalen englischen Untertitel.
Extras: Nicht gar so viel wie erhofft – ein kurzes (ca. 14 Min.) Feature über die Entstehung und Gestaltung der Daleks mit interessanten Interviews (u.a. ein rares Interview mit BBC-Dramachef Sydney Newman), eine Bildergalerie, ein zuschaltbarer Trivia-Untertiteltrack und Audiokommentare für drei Episoden. Aber als Bestandteil der „The Beginning“-Box kann man die Scheibe eh nicht individuell erwerben.
Fazit: Mit „The Daleks“ nimmt die Show durchaus Fahrt auf – andererseits nach der Nullnummer von „An Unearthly Child“ auch kein großes Kunststück. Im Endeffekt lebt das Serial aber wirklich ausschließlich von den großartigen Daleks, die nicht zu Unrecht der größte aller Who-Adversaries wurden. Dramaturgisch ist das Serial aufgrund seiner Zeitverschwendung mit „Nebenkriegsschauplätzen“ dem Kinofilm unterlegen, allerdings bevorzuge ich deutlich die Charakterisierungen des Serials. Das hiesige Team und das Tempo des Kinofilms, das wäre die ideale Kombination…