Die wilden Siebziger – Staffel 1

 
  • Deutscher Titel: Die wilden Siebziger
  • Original-Titel: That 70's Show
  •  
  • Regie: V.A.
  • Land: USA
  • Jahr: 1998
  • Darsteller:

    Topher Grace (Eric Forman), Laura Prepon (Donna Pinciotti), Danny Masterson (Steven Hyde), Ashton Kutcher (Michael Kelso), Wilmer Valderrama (Fez), Mila Kunis (Jackie Burkhart), Kurtwood Smith (Red Forman), Debra Jo Rupp (Kitty Forman), Don Stark (Bob Pinciotti), Tanya Roberts (Midge Pinciotti)


Vorwort

Wisconsin in den 70ern – spießbürgerliche amerikanische Provinz, in der es für einen typischen Siebzehnjährigen gar nicht so einfach ist, aufzuwachsen, die Erwartungen der Eltern zu erfüllen und trotzdem Spaß zu haben. Eric Forman versucht’s wenigstens. „Sein“ Keller ist dann auch Treffpunkt einer Clique mehr oder weniger durchgeknallter Gestalten. Steven wäre herzlich gern der Protoyp des coolen Kiffer-Rockers, Michael ist leider Gottes etwas verblödet, hat aber dafür als einziger der Jungs mit Jackie eine feste Freundin, die allerdings aufgrund ihrer Zickigkeit niemand leiden kann, Fez ist der Austauschstudent aus exotischen Landen, der mit dem American Way of Life erst noch vertraut gemacht werden muss und da wäre da noch Donna, Erics Sandkastenfreundin, für die er langsam, aber sicher, Gefühle entwickelt, die über eine Kumpelfreundschaft hinausgehen. Außerdem plagen seine oberflächlich fürchterlich spießigen Eltern unseren Helden, der mit seinen Freunden etliche Alltagsabenteuer überstehen muss – die heimliche Fahrt mit dem eben dem Vater abgeluchsten Auto zu einem Konzert, peinliche Geburtstagsfeiern, Präsidentenbesuche mit Protestaktionen, den ersten Aushilfsjob etc. etc. Da geht natürlich nichts ohne humorige Komplikationen ab…


Inhalt

Vermutlich war niemand so überrascht wie das auftraggebende Fox-Network, dass ausgerechnet „Die wilden Siebziger“, eigentlich nicht „mehr“ als eine weitere Sitcom aus der Werkstatt der „Cosby Show“-, „Roseanne“- und „Hinter’m Mond gleich links“-Macher sich zum wohl größten Comedy-Erfolg seit „Friends“ mausern sollte – von allen neuen Shows, die Fox zur Saison 98/99 ins Programm hievte, überlebte nur „That 70’s Show“ und geht mittlerweile in der achten Season schwer auf die zweihundertste Episode zu.

Ich habe mich lange gefragt, was den offenbar vorliegenden „Appeal“ der Serie ausmacht, denn immer wieder, wenn ich RTL einschaltete und mir eine Folge zu Gemüte führte, kam ich zu dem Schluß „erstaunlich unlustig“. Geschichten ohne Überraschungsmomente, Charaktere, für die „eindimensionale Stereotypen“ eine zu wohlmeinende Umschreibung wäre und, wie so oft, eine deutschsprachige Bearbeitung, die erfolgreich auch die letzten Reste funktionierender Gags aus dem Dargebotenen saugt. Da blieb ich dann doch lieber bei der außerirdischen Familie Solomon…

Nun, Sunfilm hat nach der erfolgreichen Veröffentlichung von „Hinter’m Mond gleich links“ nun die nächste Sitcom in eine DVD-Box gepackt, also kam ich nicht umhin, meine Einschätzung zu überdenken. Und ich gebe zu, ich habe mich zumindest teilweise geirrt. Ich halte „Die wilden Siebziger“ nach wie vor nicht für das beste an situation comedy seit der Erfindung von geschnitten Brot, aber nachdem ich mich kreuz und quer durch die erste Staffel gekuckt habe, räume ich ein, doch, das ist streckenweise recht witzig – wenn man sich der englischsprachigen Originalfassung zuwendet. Die Story-Ideen werden deswegen nicht besser und die Hauptfiguren sind nach wie vor langweilig und einfallslos (da hat man einfach die Schubladen „Kiffer, Trottel, Ausländer, Zicke“ aufgemacht), aber es gibt jenseits davon Lichtblicke – zum einen die wirklich extrem liebevolle Ausstattung, die den Zeitgeist der 70er (den ich grade noch so ein Stück weit mitbekommen habe) und bis ins letzte Detail (naja, gut, ein paar Anachronismen rutschen auch den Besten durch) stimmig ist, ein exzellente Ensemble an Nebendarstellern (dazu weiter unten noch ein-zwei Takte) und, das ist für eine Sitcom besonders bemerkenswert, den erklärten Willen zu optischen Experimenten.

„Die wilden Siebziger“ beschränkt sich nämlich nicht auf schlichtes Abfilmen eines Bühnenbildes, sondern baut den ein oder anderen visuellen Kniff ein – Rückprojektionstechniken und gekippte Kamerawinkel symbolisieren gerne mal den „bekifften“ Zustand und das Gimmick, die Kamera in der „Mitte“ eines Tisches positionieren und von Gesprächsteilnehmer zu Gesprächsteilnehmer zu schwenken, wird sogar zu einem elementaren Stilmittel (das man aber auch leicht überbeanspruchen kann). Aber wir konstatieren – man bemüht sich um Abwechslung aus dem Sitcom-Einheitsbrei (verzichten könnte ich aber gut und gerne immer wieder auf ausschweifende Animationen als „Szenenübergänge“, das trifft aber auch auf „Hinter’m Mond“ zu).

Die Plotten selbst sind meist nicht der Rede wert – ungefähr so würde ich mir eine hypothetische „Wayne’s World“-Sitcom, halt in die 70er versetzt, vorstellen. Ich * persönlich * halte das Serien-Setup nicht für so ergiebig, daraus eine Endlosserie stricken zu können, aber das Publikum sieht’s offensichtlich anders und Millionen, äh, Zuschauer, können nicht irren, gelle? Ja, jede Folge hat ihre Dosis Lacher, aber über den Daumen gepeilt zünden weniger Gags (bei mir) als funktionieren – ein-zwei Schenkelklopfer und ein halbes Dutzend Grinser sind *mir* nicht genug (aber das sind mehr als die deutsche Fassung zu bieten hat).

Immerhin verdankt die Menschheit dieser Serie den Durchbruch von Mr. Demi Moore, Ashton Kutcher, himself, zum Star. Kutcher treibt zwar für meine Begriffe den stereotypen „likeable doofus“-Charakter, den ich per se für ziemlich nervig halte, in Dimensionen der Unlustigkeit, die bislang Sasha Mitchells Performance in der (auch sonst bodenlosen) Patrick-Duffy-Sitcom „Eine starke Familie“ vorbehalten war, aber seiner Karriere hat’s ersichtlich nicht geschadet.

Hauptdarsteller Topher Grace (Eric) spielt seinen Charakter reichlich farblos und uncharismatisch – man wird abwarten müssen, was Grace als Eddie Brock im anstehenden „Spider-Man 3“ abliefert. Nur anhand der hiesigen Show hätte ich ihm keine große Filmkarriere prophezeit (allerdings auch Kutcer nicht, so what do I know…). Wilmer Valderrama (Fez, dessen Charakter offenkundig dazu gedacht ist, durch seine Naivität den Amerikanern den Spiegel vorzuhalten – quasi eine Solo-Ausgabe des Solomon-Clans aus „Hinter’m Mond…“), agiert gewollt steif, Danny Masterson („Dracula 2000“) hat den Möchtegern-Stoner ganz gut drauf, die Storys wissen (zumindest in Season 1) noch nicht viel mit ihm anzufangen. Laura Prepon, die zuletzt in „Karla“ auch ihre dramatischen Fähigkeiten bewies, ist als Erics Freundin Donna zumindest ein Hinkucker und Mila Kunis, die sich die Rolle durch strategisches Schwindeln beim Alter „ergaunerte“, agiert als Zicke, die man ständig an die Wand klatschen möchte, überzeugend.

Die Highlights darstellerischen Könnens finden sich allerdings in den Nebenrollen. Charakterkopf Kurtwood Smith („Robocop“) rockt als Erics Vater Red so derbe die Hütte, dass man nur ständig dem Schöpfer auf Knien danken möchte, dass der ursprünglich vorgesehene Chuck Norris wegen „Walker, Texas Ranger“-Verpflichtungen unabkömmlich war. Smith versteht sich darüber hinaus bestens mit seiner Serien-Ehefrau Debra Jo Rupp („Big“, „Sergeant Bilko“). Man würde sich wünschen, die beiden wären die wirklichen STARS der Show. Und wem das nicht reicht, bekommt zumindest in den ersten Staffeln witzige Auftritte von Ex-Bond-Girl und „Sheena“ Tanya Roberts als Donnas Mutter Midge.

Bildqualität: Sitcoms werden eher selten im Hinblick auf Top-Qualität für spätere DVD-Auswertungen produziert und auch „Die wilden Siebziger“ wird High-End-Freunde kaum in Ekstase versetzen. Der Vollbildtransfer ist zweckmäßig – mehr nicht. Schärfe- und Kontrastwerte könnten besser sein und die Kompression knickt (angesichts der gut vollgepackten Scheiben) ziemlich ein und verursacht Nachzieher bei beinahe jedem Kameraschwenk. Prädikat „brauchbar“, aber nicht unbedingt besser als Fernsehen…

Tonqualität: Deutscher und englischer Ton wird jeweils in Dolby Digital 2.0 geboten. Aus grundsätzlichen und (oben angedeutet) speziellen Erwägungen bevorzuge ich den O-Ton, der durchaus zufriedenstellend ist, allerdings schleichen sich zumindest bei meinem Rezensionsexemplar (z.B. bei Folge 6 und 7) einige Totalaussetzer der englischen Tonspur ein. Daher muss ich pauschal ein paar Punkte abziehen. Die deutschen Untertitel liegen, Sunfilm-gewohnt, ab und an mal doch deutlich daneben.

Extras: Die vollmundig angekündigten „vielen groovy Extras“ sind bei näherer Betrachtung nicht so arg der Rede wert. Neben einem Episode Guide-Booklet findet sich auf DVD 4 ein gut zwanzigminütiges Making-of mit Ausschnitten und nicht wirklich informativen Interviewfitzelchen, eine Zusammenstellung diverser Fox-Promoclips, eine erstaunlich miserabel gestaltete „Trivia-Show“ (Frage- und Antwortspielchen sind ja ganz nett, aber vielleicht sollte man dem Zuschauer so anderthalb Sekunden Bedenkzeit geben, ehe die Antwort eingespielt wird) und der Serien-Trailer. Dazu gibt’s die obligate Sunfilm-Trailershow.

Fazit: Ich erhebe „Die wilden Siebziger“ weiterhin nicht in den Rang einer olympwürdigen Sitcom, die man gesehen haben muss, aber in der englischen Sprachfassung kann ich zumindest andeutungsweise verstehen, warum die Show derart langlebig ist. Hin und wieder schlägt ein Gag ein, schmunzeln kann man zumindest desöfteren, und Kurtwood Smith hat dringend eine EIGENE Sitcom verdient. Ich bleibe allerdings dann doch lieber bei „Hinter’m Mond gleich links“, das deutlich anarchischer und, ta-daa, witziger daherkommt als die volle Nostalgia-Dröhnung einer Ära, die wir, die uns daran erinnern können, wohl noch lieber vergessen würden als die 80er (übrigens war ein Spin-off, „The 80’s Show“, so heftig schlecht, dass er schon nach 13 Episoden eingestampft wurde). Die nett aufgemachte Sunfilm-DVD-Box bietet bild- und tonmäßig solide Hausmannskost (mit den Abstrichen des erwähnten Tonbugs) und ist extramäßig etwas schwächlich auf der Brust. Bei einem Listenpreis von knapp über 20 Euronen für vier DVDs darf man aber auch nicht meckern…

3/5
(c) 2004 Dr. Acula


mm
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