Die Wikinger

 
  • Deutscher Titel: Die Wikinger
  • Original-Titel: The Vikings
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  • Regie: Richard Fleischer
  • Land: USA/BR Deutschland
  • Jahr: 1958
  • Darsteller:

    Kirk Douglas (Einar), Tony Curtis (Eric), Ernest Borgnine (Ragnar), Janet Leigh (Morgana), James Donald (Egbert), Alexander Knox (Vater Godwin), Maxine Audley (Enid), Frank Thring (Aella)


Vorwort

England, im 8. oder 9. Jahrhundert – die Wikinger sind mal wieder auf Beutezug und fallen im Königreich Northumbria ein. Auf der Strecke bleibt der örtliche König, und weil’s bei Königs bislang keinen Nachwuchs gab, einigt man sich auf den Vetter des Verblichenen, einen gewissen Aella, als Nachfolger. Zwar gibt’s bei der Krönung gleich ein böses Omen (dem königlichen Schwert fällt ein Zacken aus der Krone), aber Aella ist selbstbewusst genug für drei – und dass er z.B. auf Königin Enids weitere Mitwirkung keinen gesteigerten Wert legt, lässt er klar durchblicken.

Was er nicht weiß – Wikinger haben’s ja nicht nur mit Morden und Plündern, sondern auch mit Schänden, und so hat Oberwikinger Ragnar Enid erfolgreich geschwängert. Ein daraus resultierender Knabe hätte, bindet man zumindest niemandem auf die Nase, wer der Papa ist, einen ganz handfesten Anspruch auf den Thron. Wenn Aella das herausbekäme, wäre der Kleene natürlich in akuter Lebensgefahr, und so wird das Kind vom Priester Godwin zu wohlmeinenden Verwandten aus dem Festland ausgeschmuggelt. Zwecks zukünftiger Identifikation gibt man ihm das abgebrochene Schwertstück als Halskette mit.

Zwanzig Jahre später – Enid ist längst hinüber, Aella erwartungsgemäß ein rechter Tyrann geworden, und die Wikinger plündern immer noch. Aealla plant seine Position durch eine strategische Heirat mit Morgana, der Tochter von Roderick, König von Wales, zu stärken. Im nächsten Frühling soll geheiratet werden. Und wer ihm auf den Keks geht, der wird beseitigt – so soll Lord Egbert als angeblicher Verräter, der mit den Wikingern im Bund stehe, eliminiert werden. Egbert gelingt die Flucht – zu den Wikingern, mit denen er *tatsächlich* im Bunde steht, um Aella abzuservieren.

Ragnar nimmt Egbert freundlich auf, denn auch wenn er kein Insider am Hofe mehr ist, so kann er doch Karten anfertigen und über die Befestigungen der englischen Burgen Auskunft geben. Eine herzliche Abneigung gegen den Engländer pflegt Ragnars Sohn Einar, aber eine noch tiefere muss der Sklave Eric ausbaden, der, hört-hört, als Kind von einem Schiff geraubt wurde und eine Halskette mit einem gewissen Stein trägt. Egbert blickt durch, aber er behält sein Wissen für sich, zumal Eric erst mal akut am Leben bleiben muss – bei einer kleinen Auseinandersetzung mit Einar bezüglich Jagdfalken hat Einar nämlich bedauerlicherweise ein Auge verloren und ist nun reichlich pissed. Nur eine spontane Runenlesung der örtlichen Seherin verhindert, dass Eric sofort gekillt wird. Aber ein Gottesurteil kann nicht umgangen werden – Odin allerdings ist auf Erics Seite und Egbert, bezugnehmend auf eine Suff-Entscheidung Ragnars, beansprucht den Sklaven für sich.

Nachdem das geklärt ist, wird wieder Politik Viking Style gemacht. Egbert weiß natürlich von der Verlobung und wenn man Morgana auf dem Weg von Wales nach Northumbria kidnappen würde, könnte ein ordentliches Lösegeld rausspringen. Gesagt, getan – doch das erfolgreiche Bridenapping hat gleich zwei unerwartete Konsequenzen. Sowohl Einar als auch Eric verkucken sich Hals über Kopf in die schöne Prinzessin. Weil Einar so schön schwärmt, lässt sich Ragnar breitschlagen und schenkt ihm Morgana. Nicht mit Eric, der Einar k.o. schlägt und mit Morgana in einer Nussschale stiften geht. Bei der Verfolgung läuft Ragnars Schiff auf ein Riff und sinkt. Der Wikingerhäuptling wird ausgerechnet von Eric gerettet, der Ragnar als zusätzliches Geschenk für Aella einpackt. Der ist ganz erfreut, nur nicht über den zart geäußerten Wunsch Erics, Morgana heiraten zu dürfen. Aber auch dafür findet sich eine Lösung in Aellas Sinn – weil Eric Ragnar erlaubt, als Wikinger mit dem Schwert in der Hand zu sterben und damit königlichen Willen ignoriert, ist Eric des Todes. Nur Morganas Versprechen, nun doch Aella zu heiraten, rettet ihm das Leben, nicht aber die linke Flosse. Als einhändiger Bandit wird Eric auf dem Meer ausgesetzt, doch es gelingt ihm, zu den Wikingern zurückzunavigieren.

Einer würde ihn ganz gern immer noch umbringen, aber das gemeinsame Interesse an Morgana veranlaßt die bitteren Rivalen – immer noch in Unkenntnis ihrer Blutsverwandschaft – ein temporäres Zweckbündnis zu schließen. Ragnar muss gerächt und Morgana, für wen auch immer, befreit werden…


Inhalt

Der gute alte Hollywood-Kintopp… sowas wird heute nicht mehr gemacht (und wenn, dann ist es „dark and gritty“, und kein Mensch will es sehen. Remember „King Arthur“). In den 50ern war die Welt noch in Ordnung, kein Schwein interessierte sich dafür, ob ein Ritter- oder Wikingerfilm historisch und/oder politisch korrekt war, and a good time was had by all.

Ich habe „Die Wikinger“ sicher dreißig Jahre nicht mehr gesehen (wie auch der Kollege Wortvogel neulich feststellt – sowas lief in meiner Jugend alle Nase lang in der Glotze, und das bei drei Programmen, heute haben wir 300 Sender und was nirgendwo läuft, ist der gute alte Abenteuerkintopp) – seit ich aber beschlossen habe, meine zwei Mega-Sammlerboxen, die United Artists vor einigen Jahren zum Centennial herausbrachte, mal durchzuackern, fällt mir eben auch mal wieder Qualität vor die Füße.

Und bei „Die Wikinger“ wurde ein Gesamtpaket geschnürt, das sich sehen lassen kann. Kirk Douglas und Tony Curtis in den Hauptrollen, Janet Leigh als Objekt der Begierde, Ernest Borgnine in tragender Nebenrolle als bärtiger Wikingerhäuptling, Richard Fleischer auf dem Regiestuhl – einer der großen Hollywood-Regisseure, der mehr Klassiker auf dem Kerbholz hat als die Polizei erlaubt: „20000 Meilen unter dem Meer“, „Jahr 2022… die überleben wollen“, „Tora! Tora! Tora!“, „Doctor Doolittle“, „Die phantastische Reise“, „Der Frauenmörder von Boston“, „Das Gesetz bin ich“ und natürlich „Red Sonja“ (kiddin‘, of course) – ein Mann, der vom SF-Reißer über Monumntalfilm, Western, Musicalkomödie bis zum Kriegsfilm alles drehen konnte und alles auf hohem Niveau (wärmstens empfohlen wurden mir, dank des 35mm Retrofilmmagazin, das hier nicht nur wegen meiner Mitarbeit dort geplugged werden soll, seine B-Noirs).

Als Vorlage diente ein Roman von Edison Marshall, und Kirk Douglas himself übernahm die Produktion. Heraus kam einer der essentiellen Abenteuer-Actionfilme aus Hollywoods goldener Ära. Sicher erfindet das Script nichts grundsätzlich neues, aber der Gedanke, dass der eigentlich elemantare Umstand, dass Eric und Einar Halbbrüder sind, bis kurz vor Toresschluß keinem der beiden Kämpen bekannt gemacht wird, ist ein netter Zug, der ein zu süßliches Happy End verhindert. Auch der Kampf um die Frau ist sicher kein filmisches Neuland, aber durch die „Vierecksbeziehung“ kommt eine gewisse originelle Dynamik ins Prozedere und interessant ist auch die Rolle Egberts, der – unwidersprochen – in der Tat ein Verräter an seinem König ist (aber wenn der König evil ist, ist das halt erlaubt) und mit dem Erbfeind kollaboriert, weil es seinen eigenen politischen Zielen nützlich erscheint.

Aber das ist letztlich alles nur Beiwerk für das ultimative Männlichkeitsduell zwischen Kirk Douglas und Tony Curtis als geradezu archetypische Gegenentwürfe – der fesche, schneidige und clevere Tony Curtis und der grobe, vernarbte, aber starke Kirk, beides ordentliche Mannsbilder, die ggf. bewundert respektive angeschmachtet werden können, aber letztlich auch erkennen müssen, dass sie ihre Ziele nur durch (widerstrebende) Zusammenarbeit erreichen können. Allein der Kontrast zwischen dem bärtig-eleganten Tony und dem fies-glattrasierten Kirk sorgt dafür, dass dem Streifen zwischen seinen sehr dosiert eingesetzten Actionszenen nie die Puste ausgeht – der Kampf der Egos sorgt für Unterhaltungswert, auch wenn die besten Lines des Films Ernest Borgnine abbekommt (der schon in gewisser Weise in der Lage ist, den nominellen Hauptdarstellern als jovialer-grobschlächtiger Stammeshäuptling die Schau zu stehlen).

Die großen set pieces sind ausgezeichnet – sowohl der Kampf um Morganas Schiff wie auch die breit ausgewalzte Schlacht um Aellas Schlos sind gespickt mit originellen Einfällen und von respektablem Aufwand (während die Wikinger-Exteriors in Norwegen gedreht wurden, entstanden die Studioaufnahmen übrigens in den Bavaria-Studios in Geiselgasteig; Aellas Schloss steht im echten Leben in Frankreich. Wo wirklich nix gedreht wurde, war England…). Die Kamera von Jack Cardiff ist ausgezeichnet (und Cardiff gefiel der Stoff wohl so gut, dass er 1964 mit „The Long Ships“ mit Richard Widmark seinen eigenen Wikingerfilm drehte), ebenso der Score von Mario Nascimbene (wenn man gut hinhört, kann man erahnen, wo Jerry Goldsmith Inspiration für das ein oder andere seiner großen Themes her hat. Vermute ich jedenfalls).

Während Tony Curtis als Eric das tut, was er tun muss, um ein Held zu sein und von Frauen bewundert zu werden, bewundere ich hingegen Kirk Douglas, der in der Rolle des, sagen wir mal, Antihelden Einar voll aufgeht und eine seiner großen Performances bringt. Ernest Borgnine habe ich bereits als scene stealer gewürdigt. Janet Leigh, die spätere Mrs. Tony Curtis, kann sich in ihrer Prinzessinennrolle nicht sonderlich auszeichnen, das hätte praktisch jede andere Hollywoodblondine sicher auch gekonnt, aber das die Bücher damals nicht unbedingt angetan waren, Frauenrollen, speziell im Abenteuer-/Actiongenre, sonderlich hervorzuheben, ist eine Binsenweisheit. James Donald („Die Brücke am River Kwai“, „Das grüne Blut der Dämonen“) ist ein guter Egbert, und Frank Thring (Pilatus in „Ben Hur“ und noch 1985 in „Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel“ als „Collector“ am Start) ist ein überzeugend fieser Aella (auch wenn man nicht umhinkommt, ein gewisses… feminines Gehabe in seinen Mannerismen zu konstatieren).

Der Print, den die MGM/UA-DVD, verwendet, ist sagenhaft. Sieht nicht aus wie Baujahr 1958, sondern 2008. Nicht ganz mithalten kann der deutsche Synchronton, der etwas dumpf aus den Lautsprechern klingt. Als Extras gibt’s leider nur den Trailer.

Summa summarum – wer wie ich immer noch wehmütig an die Goldene Ära des Hollywood-Kinos zurückdenkt, als Männer noch Männer, Frauen noch Frauen und kleine pelzige Tierchen von Alpha Centauri… äh, ja, wo war ich? – jedenfalls als Hollywood noch Herz und Seele in seine Produktionen legte, der muss „Die Wikinger“ lieben. Es ist ganz einfach großartiges Kino!


BOMBEN-Skala: 2

BIER-Skala: 8


mm
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