Die Sklaven der Semiramis

 
  • Deutscher Titel: Die Sklaven der Semiramis
  • Original-Titel: Io Semiramide
  • Alternative Titel: Sklaven der Semiramis | Slave Queen of Babylon |
  • Regie: Primo Zeglio
  • Land: Italien
  • Jahr: 1963
  • Darsteller:

    Yvonne Furneaux (Semiramis), John Ericson (Kir), Renzo Ricci (Minurte), Gianni Rizzo (Ghelas), Germano Longo (Omnos), John Bartha (Althar, als Gian Barta), Nino Di Napoli (Adath), Valerie Camille (Ballerina), Mario Laurentino (Oerte), Piero Pastore (Shabil), Harold Bradley (Semiramis‘ Sklave)


Vorwort

Wir wissen ja, die Italiener sind die Könige des Rip-offs. Was immer mit geringem Aufwand produziert werden konnte und ein paar Lire Gewinn versprach, beuteten die Stiefeljungs aus, bis die nächste Welle angestoßen wurde. Wenn’s dabei aber ein Genre oder Sujet gab, das die Italiener quasi „erfanden“ und komplett ihr Eigen nennen konnten, dann das des „Sandalenfilms“ – ja, Historienfilme wurden überall gedreht, aber mit HERKULES prägten die Italiener ihre eigene Blaupause – ohne sich sklavisch daran zu halten, denn neben diesen Muskelmannfilmen, die quasi die italienische Version von Superheldenfilmen darstellten, drehten sie durchaus auch „seriöse“ Historienabenteuer in Hollywood-Manier, die nicht nur auf die Muckis ihrer Hauptdarsteller abstellten – Sergio Leone z.B. stieß sich seine Regisseurshörner mit dem KOLOSS VON RHODOS ab.

Ein Regisseur, der ganz gewiss nicht in der gleichen Liga wie Sergio, der mit S beginnt, spielt, ist Primo Zeglio, den wir hier ja ganz besonders dafür lieben, den Perry-Rhodan-Film SOS AUS DEM WELTALL eigenhändig ruiniert zu haben. Sicher, Signor Zeglio war dafür nicht allein verantwortlich, da halfen ein miserables Drehbuch, gruslige Spezialeffekte und ein fehlbesetzter Hauptdarsteller schon kräftig mit, aber Glückwunschkarten von Perry-Rhodan-Fanclubs bekam Primo sicher nie zum Geburtstag.

Nun kann es natürlich sein, dass jemand, der, wenngleich er keine besonders umfangreiche Vita vorgelegt hat, über drei Jahrzehnte hinweg im Geschäft ist, einfach zu einem Stoff keinen intellektuellen oder sonstige Zugang findet, in anderen Gefilden aber vielleicht ganz patente Arbeit abliefern kann. Und einen ordentlichen Sandalenfilm sollte ein Italo-Regisseur ja eigentlich im Schlaf runterkurbeln können. Also werfen wir mal einen Blick auf DIE SKLAVEN DER SEMIRAMIS, den man sich, scheut man die Investition in eine zweifelhafte White-Pearl-DVD, mit zumindest etwas leichterem Gewissen auf amazon prime glotzen kann. Film ab!


Inhalt

Wir befinden uns in einer vorchristlichen Zeit, in der es echt prima ist, Assyrer zu sein – die Assur und Ishtar Anbetenden sind die absoluten Chefs im Nahen Osten, und damit mehr oder weniger dem, was man um 1000 vor Christus die zivilisierte Welt nennt. In fact warten König Minotaurus, eh, Minurte (Renzo Ricci, VIVA L’ITALIA, DIE MIT DER LIEBE SPIELEN), der mittlerweile leider ein bisschen zu alt geworden ist, um seine Truppen höchstpersönlich in die Schlacht zu führen, und sein Hofstaat gespannt auf die Rückkehr des großen Feldherrn Omnos (Germano Longo, SIEGFRIED – DIE NIBELUNGENSAGA, REVANCHE FÜR SPARTACUS), der sich auf dem Rückweg von einem erfolgreichen Feldzug befindet, in dessen Verlauf er den Sumerern und Dardaniern übel aufs Haupt geschlagen hat. Bis Omnos seinen ordnungsgemäßen triumphalen Einlauf feiert, geht das Leben am Hofe von Ninive seinen gewohnten luxuriösen Gang. Minurtes Chef-Berater Ghelas (Gianni Rizzo, DER NAME DER ROSE, SPARTACUS UND DIE ZEHN GLADIATOREN), den ich als Herrscher sofort auf Basis seines heimtückischen Barts als Verräter hinrichten lassen würde, macht sich Sorgen über die Kriegskasse, sein vielleicht achtjähriger Stammhalter Adath (Nino Di Napoli, DIE GEWALTIGEN SIEBEN, AUF ST. PAULI IST DER TEUFEL LOS) versucht sich an die Rolle des Königseins heranzutasten, und des Kinis Lieblings-Beraterin und –non-sexueller-Gefährtin, die schöne Semiramis (Yvonne Furneaux, DIE RACHE DER PHARAONEN, EKEL, DAS SÜSSE LEBEN), Erfinderin des Blumendüngers, geht ihren eigenen Plänen nach.

Woher wissen wir das? Nun, als ein Bote in die abendliche Soiree platzt, gilt seine Nachricht Semiramis, und die veranstaltet sofort ein Ablenkungsmanöver – einer ihrer Getreuen stellt einem Mundschenk (Amerigo Santarelli, DER FLUCH DES PHARAO, HERKULES GEGEN DIE TYRANNEN VON BABYLON) ein Bein, und der verschüttet eine Amphore Wein. Und, das muss man wissen, das Verschütten von Wein stellt in Ninive ein absolut unglaublich niederschmetterndes böses Omen dar (jeder Alkoholiker fühlt mit). Dieweil der arme Mundschenk einer brutalen Bestrafung zugeführt wird (man teert seine Arme und hält sie dann ins Feuer – das ist so garstig, dass in der alten deutschen Kinofassung geschnitten wurde), bietet das Gelegenheit für Semiramis, eine „Vision“ zu erleben, wonach eine feindliche Armee vor der schwächsten Stelle der Stadtmauer kampieren und auf den Angriff warten würde. Ghelas hält das für Blödsinn, aber der König ist vorsichtig genug, sicherheitshalber – obwohl er nur wenige Soldaten in der Stadt zur Verfügung hat – die Wachen verstärken zu lassen und erhöhte Alarmbereitschaft auszurufen.

Es lagert auch tatsächlich eine Armee an entsprechender Stelle, allerdings die eigene assyrische von Omnos. Warum das heimliche Lager? Weil Omnos und seine Generäle der Ansicht nachhängen, dass Minurte als König zwar seine unbestreitbaren Verdienste hat, aber jetzt alt ist und einem aufstrebenden Jungdynamiker, z.B. Omnos, den Thron überlassen sollte, und dies nicht auf Basis vernünftiger bilateraler Gespräche, sondern der Kraft einiger tausend Schwerter. Omnos ist allerdings durchaus gewillt, Minurte einen angenehmen Lebensabend zu spendieren. Die Besprechung des Verrats und des Angriffs wird durch Semiramis und einige ihren Vertrauten gestört. Wie sich zeigt, sind Omnos und die Semi-Rama sich in romantischer Zuneigung verbunden, und deswegen warnt Semiramis ihren Lover auch, dass das Überraschungsmoment verloren sei und ein Angriff auf Ninive wenig erfolgversprechend ist. Okay, I get it – Semiramis ist eine femme fatale ersten Ranges und kocht ein Süppchen, dessen Zutaten weder der König noch ihr Geliebter en detail kennen – warnt sie doch Omnos vor einer Gefahr, die sich selbst erst für ihn geschaffen hat. Wir werden sicher noch rausfinden, worauf das hinausläuft.

Zunächst einmal läuft es darauf hinaus, dass Omnos sich doch auf einen ordnungsgemäßen feierlichen Einzug nach Ninive beschränkt und dem König die erbeuteten Reichtümer und ein paar tausende Sklaven vorführt. Minurte – der ja bekanntlich nichts davon ahnt, dass Omnos ihn vom Thron schubsen will – ist begeistert und überschüttet Omnos mit Ehrungen und Reichtümern. Der Feldherr darf die Hälfte der Beute selbst behalten, ein Viertel geht an die restlichen Generäle, das restliche Viertel an das Volk. Ich schätze, Ghelas in seiner Funktion als Kassenwart ist von dieser Großzügigkeit eher so mittelmäßig begeistert.

Was die Sklaven angeht… naja, die hiesigen Götter bräuchten mal wieder ein zünftiges Opfer (nicht, dass uns die Assyrer noch zu sympathisch werden), die Hälfte der Gefangenen soll daher getötet werden. In seiner unermesslichen Weisheit verkündet Minurte, dass die Frage, WER sich opfern lassen darf, durch einen Zweikampf zwischen den besten Kämpfern der Sumerer und Dardanier ausgeknobelt wird. Für Sumer meldet sich ein richtiger Kampfschinken (angeblich Jeff Cameron, AUCH DJANGOS KOPF HAT SEINEN PREIS, SARTANA – IM SCHATTEN DES TODES), für Dardanien fühlt sich dessen (nunmehriger Ex-) König Kir (John Ericson, STADT IN ANGST, DIE TOLLKÜHNE HEXE IN IHREM FLIEGENDEN BETT) per königlicher Verantwortung für sein Volk zuständig (eh, Sekunde mal. Kir, ein Mann königlichen Geblüts? Dann ist er ja praktisch ein… KIR ROYAL! BADUMM-TSS!). Da John Ericson im Vorspann weit vorne steht und Cameron eher nicht, herrscht am Ausgang dieses Kampfs kein großer Zweifel, noch nicht mal, als Omnos, der Kir ganz persönlich gefressen hat, noch einen zweiten Sumerer in den Fight schickt, als es so aussieht, als wäre Kir am Gewinnen. Nun, alle Unfairness hilft nix, Vier, eh, Kir gewinnt und rettet damit seinem Volk erst mal das Leben.

Semiramis geht ihrem König mit einem bescheidenen Wunsch auf die Nerven – wo Omnos doch so reich belohnt wurde, wie wäre es denn mit einer kleinen Aufdringlichkeit für loyale schöne Hofdamen? Sie dächte da an eine kleine, abgelegene und unwirtliche Provinz… Minurte zuckt die königlichen Schultern und gewährt den Wunsch.

Die Dardanier erweisen sich als genügsame und arbeitsame Sklaven und spülen ihrem Besitzer Omnos ordentlich Penunze in die Kasse. Auch Ghelas würde gern ein paar Sklaven einkaufen, im Auftrag von Semiramis und, was die Stückzahl angeht, denkt er an so alle. Wenn der Preis stimmt, kann man mit Omnos über fast alles reden, aber Semiramis will auch das, was unter „nicht fast alles“ fällt, und das ist Kir. Kir, besteht Omnos allerdings, ist unverkäuflich, weil den fiesen Wichtel will der Feldherr langsam und genüsslich zu Tode foltern. Momentan hängt er seit drei Tagen an einem Wasserrad und ist schon so gut wie tot. Semiramis Interesse an dem Dardanier geht Omnos nun ganz besonders auf den Waffenrock. Nur um seine Geliebte zu nerven, beschließt Omnos seine persönliche Rache abzukürzen, lässt Kir vom Rad abspannen, aber nur, um ihn vor die Stadtmauer zu schaffen, an einen toten Baum zu fesseln und der damnatio ad bestias zuzuführen. Gut, dass die Assyrer es offenbar auch geschafft haben, vor ihrer Haustür ein paar Löwen aus Afrika auszuwildern. Die sollen also Kir ausweiden, aber Semiramis lässt zwei ihrer Sklaven den waidwunden Ex-Monarchen retten und in ihre Gemächer schaffen, wo sie den verdutzten und anfänglich nicht sonderlich dankbaren Knaben gesundpflegen lässt.

Wie nicht anders zu erwarten, bringt es Omnos mindestens auf einen ganzen Palmenhain, dass sein persönlicher Lieblingsfeind nicht zu Katzenfutter geworden ist (wie er’s rausgefunden hat, bleibt sein Geheimnis). Und weil einer von Semiramis‘ ausführenden Sklavenschergen seinen Armreif bei der Aktion verloren hat, hat Omnos auch eine ziemlich präzise Vorstellung davon, wer hinter dieser speziellen Beleidigung steckt. Also marschiert er an den Königshof und erhebt formell Anklage wegen Diebstahls. Zunächst nur gegen Semiramis‘ Sklaven, aber dessen Besitzerin ist selbstbewusst genug, Omnos aufzufordern, Butter bei de Fische zu geben und sie direkt zu beschuldigen. Ghelas und Minurte müssen also eine juristische Entscheidung treffen – ja, Semiramis hat sich mit Kir einen von Omnos‘ Sklaven widerrechtlich angeeignet, aber auch die Verteidigungslinie der Angeklagten ist zutreffend – nach assyrischem Recht ist das mutwillige Kaputtmachen von Sklaven auch ein Straftatbestand und durch das Aussetzen Kirs vor den Stadtmauern kann auch von einer Eigentumsaufgabeabsicht Omnos‘ ausgegangen werden. Minurte entscheidet salomonisch, dass beide Recht haben, und sich die Vorwürfe gegenseitig aufheben. Semiramis darf Kir behalten, muss Omnos aber einen angemessenen Preis bezahlen. Pragmatische Juristerei, wie ich sie mag.

Semiramis‘ Sklave zu sein ist zweifellos besser als der von Omnos – Kir hat jetzt am Hofleben Teilhabe und wird sogar als Adaths Mentor eingesetzt. Er soll dem Knaben beibringen, was man als König so wissen und können muss, um vom Volk respektiert zu werden. In Zeiten wie diesen ist das natürlich primär die Kunst, im Krieg nicht vom erstbesten Feindsoldaten abgemurkst zu werden oder, man höre und staune, Schwimmen zu können. Omnos ist das alles gar nicht recht, schon gar nicht, dass Kir sich auch die eine oder andere Extrawurst braten lässt. Semiramis lässt z.B. zu, dass Kir weder vor ihr noch vor Adath, wie das einem Sklaven eigentlich eingebläut wird, auf die Knie geht, dadurch begründet, dass Kir immer noch darauf besteht, ein König zu sein, und Könige knien nun mal nicht. Semiramis ist aber auch auf einer intimeren Ebene ein Kir-Fan und versucht, den Dardanier im Rahmen der regelmäßigen Schäferstündchen in ihrem Schlafgemach nicht nur ihre innige Liebe zu gestehen, sondern ihn auch auf Basis gegenseitiger Zuneigung in ihre politischen Ränkespiele einzubinden. Kir ist nicht interessiert und verlässt die Schlafstatt der Semiramis auf dem üblichen Wege, per Sprung über den Balkon. Heute aber wartet unten die Palastwache auf ihn und überwältigt ihn.

Ehe Kir noch weiß, wie ihm geschieht, steht er am Rande einer Klippe über einem Fluss und kuckt einem zweiköpfigen Erschießungskommando in die Augen (Pfeil und Bogen, versteht sich). Nach kurzem Überdenken der Sach- und Rechtslage denkt sich Kir ein „Geronimo“ und stürzt sich freiwillig vom Felsen. Einer der Soldaten wäre der Ansicht, damit wäre eigentlich auch alles erledigt, solange man sich darauf einigt, Kir wie befohlen durchpfeilt zu haben, aber der andere ist ein elender Prinzipienreiter und besteht darauf, Kirs Kopfsprung als solchen zu melden. Sein Kamerad kann solche Komplikationen nicht ausstehen und rammt ihm sein Schwert mittschiffs in die Eingeweide. Keine Solidarität mehr unter Waffenbrüdern.

Omnos plant indessen erneut die feindliche Übernahme des Königsthrons. Seine Mitverschwörer weisen auf einen empfindlichen Schwachpunkt seines Vorhabens hin. Im Gegensatz zum letzten Mal, als die Feldherren den Sturm auf den Palast planten, haben sie jetzt keine unter Waffen stehende Armee. Das, so Omnos‘ Auskunft, sollen die Generäle mal seine Sorge sein lassen. Erst mal hat Omnos allerdings andere Sorgen, denn Semiramis stürmt seine Bude und ist mightily pissed. Kirs Hinrichtung ist natürlich auch ihr nicht verborgen geblieben, und angesichts ihrer gemeinsamen Geschichte geht Semiramis verständlicherweise davon aus, dass die Exekution auf Omnos‘ Mist gewachsen ist. Omnos allerdings verneint – gerne würde er sich den Ruhm für Kirs Tod auf die Soutane pinseln lassen, aber in dem Punkt ist er tatsächlich mal unschuldig, Kirs Tod wurde vom König selbst befohlen, dem das Techtelmechtel seiner Lieblings-Hofdame mit dem Dardanier-König ein wenig unheimlich wurde. Semiramis hält Minurte zwar für zu tattergreisig für Entscheidungen dieses Zuschnitts, aber Omnos kann’s beweisen, im Nebenzimmer lässt er nämlich gerade den entsprechenden Soldaten abfüllen, auf das der süße Wein dessen Zunge lockert. Die Aussage lässt keine Zweifel. Vielleicht, so becirct Omnos seine immer noch Angebetete, wäre Semiramis jetzt dem Gedanken an einen kleinen Regierungswechsel etwas aufgeschlossener? Die Angesprochene gibt sich unverbindlich, aber auch nicht prinzipiell ablehnend.

Indes hat Minurte ein Orakel aufgesucht – auch dem greisen König ist aufgegangen, dass er nicht mehr ewig regieren wird und Adath noch zu jung für die Krone ist. Die Götter lassen ausrichten, dass eine Frau die Antwort auf Minurtes diverse Probleme ist, und der König ist felsenfest sicher, dass damit nur Semiramis gemeint sein kann und er die umgehend heiraten soll. Semiramis kann dann, sobald Minurte zu den Göttern wandelt, den Thron für Adath warmhalten. Semiramis erklärt sich natürlich einverstanden – das kann auch nur gut sein für ihr aktuelles Lieblingsprojekt, den Bau einer Stadt in ihrer Wüstenprovinz…

Auch Omnos nimmt die Heiratspläne des Königs als ein Zeichen. Was wäre besser geeignet als die offizielle Trauung des Kronenträgers, um die Machtübernahme zu vollziehen? Durch geschicktes Rochieren deichselt er es, das am Tag der Tage praktisch ausschließlich seine loyalen Anhänger im Thronraum sein werden. Nach wie vor gilt die Devise, dass dem König kein Barthaar gekrümmt werden soll, der alte Knacker also weiterhin zwangsfreiwillig den Thron räumen soll. Nett gemeint, ändert aber nichts daran, dass der angeblich geniale Stratege Omnos wieder mal der Angeschissene ist, denn als er bei der Trauung schwertfuchtelnd Minurtes Abdankung verlangt, winkt der nur seine eigenen loyalen Truppen herein. Ich denke, auch wenn der Film sich hier um eine explizite Aussage drückt, ist es verdammt naheliegend, dass Semiramis dem König ins Öhrchen geflüstert hat, was Omnos vorhat.

Nichtsdestotrotz entbrennt ein heftiges Gefecht zwischen den Fraktionen und der König, Semiramis, Adath und Ghelas suchen Schutz in einem Tempel, wo Minurte, der auch spürt, dass seine alte Pumpe nicht mehr lang mitspielen wird, göttlichen Beistand sucht, dies aber, bitte schön, alleine. Semiramis und Adath verpissen sich wunschgemäß, nicht aber Ghelas, dem Semiramis noch ein ominöses „mögen die Götter deine Klinge führen“ auf den Weg gibt. Und sieh mal einer kuck, Ghelas überrascht seinen König maßlos, indem er ihm seinen Dolch in den Rücken jagt. Als Omnos in den Tempel eindringt, entdeckt er die schöne und von ihm ungewollte Bescherung und wird vom krakeelenden Ghelas noch zum Jamie Lannister, sprich Königsmörder, gemacht. Jeglicher Chance auf eine halbwegs schiedlich-friedliche Machtübernahme und Akzeptanz durchs Volk beraubt, nimmt Omnos die Hammelbeine in die Hand, dieweil Ghelas vor dem versammelten Volk, das den Vollzug der Eheschließung erwartet, Semiramis zur Königin und Regentin proklamiert.

Man könnte meinen, die Intrigantin wäre nun am Ziel ihrer Wünsche, aber weit gefehlt. Zum einen gehen ihr die Arbeiten an ihrer neuen Stadt Babylon trotz tausender daran schuftender Sklaven erheblich zu langsam von der Hand (auch wenn ihre Sonderwünsche wie die Umleitung eines Flusses zur Bewässerung der City den Architekten schlaflose Nächte bereiten), wohingegen die mit schöner Regelmäßigkeit vorgetragenen Angriffe von Omnos mit einem jeweils zusammengekauften Söldnerheer ihr keine grauen Haare wachsen lassen, vielmehr erweist sich Omnos so als nützlicher Idiot, dessen fortgesetzte Existenz Semiramis‘ laufende Kriegszüge rechtfertigt, aber ihr Herz ist einsam, ihr fehlt der geliebte Kir (ihr erinnert Euch düster an ihn?). Seine Leiche wurde nie gefunden, und daher hegt Semiramis die zarte Hoffnung, ihr Geliebter wäre noch am Leben. Man müsste ihn nur finden. Zu diesem Behufe beschäftigt die Königin einen Wahrsager – nicht den ersten, denn es ist kein Job mit ausnehmend langer Lebenserwartung, so die Wahrsagungen nicht das wahrsagen, was die Königin gern hören würde). Der aktuelle Sterndeuter beschränkt sich daher wohl sicherheitshalber auf vage Allgemeinplätze, aus denen ihm hoffentlich niemand einen Strick drehen kann, in diesem Moment sogar das sprichwörtliche „ich sehe eine lange Reise auf Sie zukommen“. Das ist der Königin zwar vage genug, um den Astrologen aus purer Angenervtheit hinrichten zu lassen, der rettet für den Moment seinen Hals aber mit der „erst mal probieren, vielleicht kommt ja was raus“-Karte.

Schalten wir für einen Moment um nach Babylons, wo der klägliche Restbestand an Dardaniern (nicht mal mehr 200 Peoples) die offenkundig besonders schwierige und gefährliche Aufgabe des Gräben Aushebens bestreiten darf. Dem einen oder anderen Dardanier geht die jahrelange Versklavung mittlerweile dezent auf den Keks, es kommt zu meist erfolglosen Fluchtversuchen. Ein Kerl namens Zagros (Antonio Corevi, THE LAST MAN ON EARTH, ROBIN HOOD UND DIE PIRATEN) versucht trotzdem sein Glück, wird jedoch von einem Landsmann abgehalten. Und wer ist dieser Landsmann? Niemand anderes als… Trommelwirbel… Kir, der sich nach seinem Klippensprung bis Babylon durchgeschlagen und sich dann inkognito hat gefangen nehmen lassen, um den traurigen Überresten seines Volks beistehen zu können! Kir versichert Zagros, dass der Tag der Erhebung gegen die Sklaventreiber bald kommen wird (allzu lang würd ich aber nicht mehr warten, bei 185 gezählten übrigen Dardaniern). Zagros lenkt grummelnd ein, aber bei einer nächtlichen Spontaninspektion der Sklavenquartiere bemerken die aufmerksamen assyrischen Wachen trotzdem, dass Zagros nicht mehr ordentlich angekettet, mithin also in akuten Fluchtvorbereitungen stand. Das kann man natürlich nicht so durchgehen lassen und so wird verkündet, dass Zagros nebst vier Landsleuten hingerichtet werden soll (noch so ein paar gute Ratschläge von Kir, und er ist bald in Personalunion ein Volk, ein Reich, ein Führer, ähm…).

Justament den nächsten Tag sucht sich Semiramis für ihren Besuch aus (die „lange Reise“, die der Astrologe prophezeit hat), und sie will erstaunlicherweise nicht den Stand der Bauarbeiten überprüfen, sondern die dardanischen Sklaven begutachten. Kann sie haben, meint der Aufseher, man will ja eh ein paar hinrichten, da lässt sich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Die Weise, auf der die Assyrer ihre Hinrichtungsopfer aussuchen, ist mit das Beknackteste, was ich je gesehen habe. Zehn Gefangene (darunter Zagros und Kir) werden mit stabilen Brettern um den Hals in eine Grube geführt. Nun erscheinen zwei assyrische Reiter, die sich nacheinander jeweils einen Speer greifen, an der Grube vorbeigaloppieren und den Speer auf eines der Bretter schleudern. Wer sich mit seinem Brett einen Speer einfängt, ist des Todes. Ich will jetzt nicht meckern, aber der Sinn der Übung soll doch wohl angeblich sein, die Opfer „zufällig“ aus den Kandidaten auszusuchen – wie „zufällig“ ist es aber, wenn ein Reiter sich beim direkt neben der Grube vorbeitraben sein Opfer aussuchen kann? Andere Länder, andere Sitten, schön und gut, aber dämliche Sitten? Sei’s drum. Wider Erwarten zählt Kir, der sich mittlerweile einen Bart hat stehen lassen und daher von Semiramis nicht auf Anhieb erkannt wird, nicht zu den Verlierern des lustigen Spiels. Bevor die Unglückseligen aber ihrem unschönen Schicksal zugeführt werden können, naht ein weiterer Besucher, und der ist nicht auf eine freundschaftliche Baustellenvisite aus – es ist Omnos mit seinem neuesten Rudel gedungener Mordbrenner!

Omnos‘ Kalkül ist prinzipiell nicht falsch – er ruft die Sklavenbefreiung auf und erwartet, nicht völlig neben den Spur liegend, dass die befreiten Sklaven zu den Waffen greifen und auf seiner Seite gegen die Assyrer kämpfen. Würden die glatt auch tun, wäre da nicht Kir, der seine Dardanier dazu anhält, mit den Assyrern gegen Omnos zu fighten!

Da ist Semiramis gleich doppelt entzückt – sie hat ihren Geliebten wieder und der erlegt mit einem gut gezielten Schwerthieb zwischen die Rippen auch ihren nervigen Quälgeist Omnos! Happy End?

Naja, nicht so wirklich. Semiramis erneuert ihr Angebot an Kir, gemeinsam zu herrschen und die Völker Assyriens und Dardaniens zu vereinen, aber der, durch die langjährige (wenn auch einigermaßen freiwillige) Gefangenschaft abgehärtet, stellt klar, dass er kein Verlangen verspürt, König von Semiramis‘ Gnaden zu werden. Einer gemeinsamen Herrschaft ist er zwar nicht abgeneigt, lässt er durchblicken, aber der Chef wird er sein. Damit, behauptet Semiramis, könnte sie leben. Aber natürlich spielen mittlerweile beide falsch. Kir hat längst seine loyalen Anhänger unter Waffen vor der Stadt stehen, um die Alleinherrschaft an sich zu reißen. Und Semiramis ist natürlich nicht dumm genug, das nicht mitzukriegen. Bei einem weiteren Treffen schlägt Semiramis vor, auf die gemeinsame Zukunft zu trinken. Und Kir wiederum IST dumm genug, den angebotenen Wein unkritisch anzunehmen. Selbstverständlich ist die Plörre vergiftet und Kir verröchelt menschlich und persönlich schwer enttäuscht.

Die Missetat hält Semiramis nicht davon ab, Kir ein Helden- und Staatsbegräbnis zu spendieren, selbstredend die Verantwortung für den Mord auf dardanische Verräter zu schieben, trotzdem aber auf Schönwetter zu machen und die Verbrüderung von Assyrern und Dardaniern zu proklamieren. Es kann der Frömmste genauso wenig proklamieren wie die Intriganteste, wenn es dem loyalen dardanischen Königstreuen nicht gefällt. Auf einem Turm sitzt ein Heckenschütze und legt an – Semiramis wird von einem Pfeil durchbohrt. Sie kann Ghelas nur noch ihren letzten Wunsch ins Ohr hauchen – gemeinsam mit Kir verbrannt zu werden. Der Dame kann geholfen werden. Und Ghelas hat jetzt den Dreck, der muss jetzt irgendwie schauen, dass er Adath regierungstauglich bekommt… THE END.

Die versammelten Häuser aus „Game of Thrones“ sind verdammte Amateure – in DIE SKLAVEN DER SEMIRAMIS wird intrigiert, sich hintergangen, doppelt- bis dreifaches Spiel getrieben und jeder von jedem betrogen und verraten, bis die Schwarte kracht und George R.R. Martin einen Weinkrampf bekommt. Ich hab ja meinen Teil Peplums gesehen und weiß, dass es dem Genre sicher nicht fern liegt, jeden gegen jeden aufzuhetzen, aber Zeglios Film postuliert eine Welt, in der J.R. Ewing und Alexis Carrington keine zwei Minuten überleben würden – die einzige Figur, die in diesem Film nicht intrigiert, verrät und ein eigenes Spiel spielt, ist, glaub ich, Adath, und ich denke, auch der würde, wenn er könnte…

Das Ränkespiel hat natürlich mit der historischen Realität geringfügig mehr zu tun wie Donald Trump mit einem intelligenten Menschen, aber italienische Sandalenschinken sind nun mal auch keine Geschichtsstunden. Neben Zeglio selbst werkelten Alberto Liberati (EINE HANDVOLL BLANKER MESSER, DIE VERGELTUNG DES ROTEN KORSAREN) und Fede Arnaud (CASTLE OF THE LIVING DEAD) am Drehbuch – die größte Leistung des Autorenkollektivs ist es sicherlich, dass am Ende tatsächlich alle gegenseitigen Verschwörungen aufgedeckt und abgehandelt wurden und alles zu einem einigermaßen schlüssigen Abschluss gebracht wird. Kann man bei Italo-Schmu ja nicht von Haus aus `von ausgehen.

Semiramis, die Hauptfigur, ist dabei sicherlich eine Anti-Heldin, die ausschließlich ihre eigenen Ziele verfolgt und gerade durch ihren unbedingten eigensinnigen Machtwillen letztlich selbst ihre Pläne torpediert – das macht sie freilich nicht zu einem sonderlich sympathischen Charakter, bei aller Anerkennung für eine proto-feministische starke Frauenrolle, die sicherlich einiges der klassischen 40er-Noir-femme-fatale schuldet, aber auch nicht nur dieses Motiv aufgreift. Selbstredend reden wir immer noch von einem Film von 1963, und das bedeutet, dass im weniger metaphorischen Sinn natürlich die Liebe der Intrigantin Untergang ist – sie ist halt am Ende doch „nur“ eine Frau und kann ohne den Mann ihrer Träume nicht sein…

Was dem Film auffällig fehlt, ist eine typische Heldenfigur. Kir wird zunächst so eingeführt, der klassische Underdog, der sich seiner Haut zu wehren weiß, sich nicht unterkriegen lässt, aber auch anpassungsfähig genug ist, um in der feindlichen Umgebung zu überleben – aber auch er macht, sich von Semiramis hintergangen fühlend (obwohl’s ausnahmsweise nicht ihre Schuld ist) einen 180-Grad-Schwenk und wird im Finale zum genauso grausamen Opportunisten, als sich die Chance bietet, die totale Macht zu erringen.

Die weiteren Hauptfiguren sind da nicht anders – Omnos hat zunächst auch keine besonders boshaften Motive, sondern sorgt sich primär um die Fähigkeit seines Landes, die Eroberungen zu halten, wenn der König selbst schwach und alt ist – und er will Minurte ja auch nicht umbringen, nur zur Abdankung bewegen. Semiramis‘ fortschreitende Intrigen stoßen ihn immer tiefer auf die „dunkle Seite“, und selbst Ghelas, seinem fiesen Fieslings-Barte zum Trotz in Ninive derjenige, der als einziger wirklich konsistent die Interessen des Landes zu vertreten scheint, wird zum Königsmörder.

In seiner nihilistischen Stimmung nimmt DIE SKLAVEN DER SEMIRAMIS beinahe schon Motive und Konstellationen des Italo-Westerns voraus (in der Tat könnte man die Story des Films relativ problemlos in ein Wildwest-Szenario umtopfen und als Krieg zwischen verschiedenen Outlaw-Banden um die Herrschaft in Tombstone schildern), und das macht den Film schon zu einer kleinen Besonderheit im Genre.

Zeglio fühlt sich als Regisseur hier auch deutlich wohler als bei der SF-/Eurospy-Mischung des Perry-Rhodan-Films. Er treibt die Nummer zügig voran, wobei die Episodenhaftigkeit des Scripts, das wirklich drei formal extrem getrennte Akte zelebriert, dem Tempo entgegenkommt; praktisch erzählt jedes Filmdrittel eine eigene Geschichte, so dass gar kein Leerlauf aufkommen kann. Sich mehr als Drama denn als Actionfilm verstehend setzt DIE SKLAVEN DER SEMIRAMIS Action dosiert, wenn, dann aber gekonnt ein. Wir haben drei große Actionszenen – zunächst den Kampf Kirs gegen die beiden sumerischen Champions, dann den Kampf im Thronsaal rund um Minurtes Hochzeit und die große Schlussschlacht auf der Baustelle Babylon; alle drei Szenen sind ordentlich inszeniert und choreographiert – nicht herausragend, aber zumindest sehen die Stuntmen so aus, als wüssten sie, was sie tun und hätten nicht mit dem „Action!“ des Regisseurs zum ersten Mal im Leben ein Schwert in die Hand gedrückt bekommen.

Die Bauten sind nicht weltbewegend, aber zweckmäßig – nichts davon sieht aus, als wäre es etwas anders als Pappmaché, aber zumindest sind die Kulissen nett ausgestattet und auch die Kostüme sind durchaus überzeugend. Kameraarbeit und Schnitt sind ebenfalls nicht weltbewegend, aber praktikabel.

Bei den darstellerischen Leistungen… naja, man würde sich wünschen, gerade Semiramis würde von einer Schauspielerin mit etwas mehr Feuer und Leidenschaft gespielt. Yvonne Furneaux müht sich redlich, aber es fehlt ihr sowohl an der Ausstrahlung und, sagen wir mal, überirdischen Schönheit, die verständlich macht, dass sich jeder Mann von ihr um den Finger wickeln lässt, aber auch an der Screenpräsenz, die der Persönlichkeit der Figur entspricht. John Ericson ist okay als Kir – in seinen physischen Szenen tauglich, in den dramatischeren Momenten nicht immer ganz auf der Höhe, das hat man aber auch schon schlimmer gesehen. Germano Longo ist als Omnos und damit als Schurke, der zwar ein Bösewicht ist, aber aus seiner Sicht schon nachvollziehbare Beweggründe für seine Handlungen hat, durchaus in Ordnung, Renzo Ricci trägt als Minurte hauptsächlich seinen Bart spazieren.

Der auf amazon prime verfügbare Print ist ganz brauchbar – sicherlich nicht state-of-the-art-4K-HD, aber für einmal Streamen schon vertretbar. Könnte natürlich alles eine Nummer schärfer sein, aber die Farben kommen gut zur Geltung und, wie schon erwähnt, ist die amazon-Fassung tatsächlich etwas länger als die bisherige deutsche Fassung (die entsprechende Szene wurde im italienischen Original ohne Untertitel belassen, es ist aber auch ohne Sprachkenntnisse klar, was da passiert…).

DIE SKLAVEN DER SEMIRAMIS kann man am Ende als ganz handelsüblichen und durchaus kompetent gemachten Historienschinken made in Italy konsumieren, ohne dass einem dabei ein graues Haar wachsen muss, man kann aber auch staunen, wie die Italiener in 90 Minuten genug Plot für drei „Game of Thrones“-Staffeln durchprügeln und sich dabei nicht verheddern… Das allein reicht mir fü reine sanfte Empfehlung!

© 2019 Dr. Acula


BOMBEN-Skala: 4

BIER-Skala: 7


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